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   BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90, 2 BvR 493/90, 2 BvR 618/92, 2 BvR 212/93, 2 BvL 17/94   

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BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90, 2 BvR 493/90, 2 BvR 618/92, 2 BvR 212/93, 2 BvL 17/94 (https://dejure.org/1998,35)
BVerfG, Entscheidung vom 01.07.1998 - 2 BvR 441/90, 2 BvR 493/90, 2 BvR 618/92, 2 BvR 212/93, 2 BvL 17/94 (https://dejure.org/1998,35)
BVerfG, Entscheidung vom 01. Juli 1998 - 2 BvR 441/90, 2 BvR 493/90, 2 BvR 618/92, 2 BvR 212/93, 2 BvL 17/94 (https://dejure.org/1998,35)
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Arbeitsentgelt für Gefangene

Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Verpflichtung des Gesetzgebers, ein wirksames Konzept zur Resozialisierung zu entwickeln;

Art. 12 Abs. 3 GG, Zwangsarbeit nur unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung;

verfassungskonforme Auslegung von §§ 41 Abs. 1 Satz 1, 130 StVollzG i.V.m. §§ 37 Abs. 2, Abs. 4, 43 Abs. 1, Abs. 2, 198 Abs. 3 StVollzG

Volltextveröffentlichungen (10)

  • Bundesverfassungsgericht

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Höhe des für Gefangenenarbeit im Strafvollzug gewährten Entgelts unter Beachtung des vom Gesetzgeber entwickelten Resozialisierungskonzepts

  • Wolters Kluwer

    Umfang der Arbeitspflicht im Strafvollzug, Bemessung des Arbeitsentgelts für die Ausübung zugewiesener Arbeit und sozialversicherungsrechtliche Stellung der Gefangenen und der Sicherungsverwahrten - Grundgesetzliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Entwicklung eines ...

  • Wolters Kluwer

    Umfang der Arbeitspflicht im Strafvollzug, Bemessung des Arbeitsentgelts für die Ausübung zugewiesener Arbeit und sozialversicherungsrechtliche Stellung der Gefangenen und der Sicherungsverwahrten; Grundgesetzliche Verpflichtung des Gesetzgebers zur Entwicklung eines ...

  • Judicialis

    GG Art. 1 Abs. 1; ; GG Art. 2 Abs. 1... und Abs. 2; ; GG Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3; ; GG Art. 12; ; GG Art. 12 Abs. 3; ; GG Art. 19 Abs. 2 und Abs. 4; ; GG Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3; ; GG Art. 104 Abs. 1 und Abs. 2; ; Europäischen Menschenrechtskonvention; ; ILO-Übereinkommens Nr. 29

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    GG Art. 12 Abs. 3; StVollzG §§ 43, 200

  • datenbank.nwb.de
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Besprechungen u.ä.

  • jurafuchs.de (Fallmäßige Aufbereitung - für Studienzwecke)

    Recht auf Selbstbestimmung: Recht des Straftäters auf Resozialisierung

Sonstiges

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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 98, 169
  • NJW 1998, 3337
  • NStZ 1998, 478 (Ls.)
  • NJ 1998, 473
  • StV 1998, 438
  • StV 1998, 604 (Ls.)
 
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Wird zitiert von ... (295)Neu Zitiert selbst (21)

  • BVerfG, 13.01.1987 - 2 BvR 209/84

    Erziehungsmaßregeln

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Den in diesem Bereich praktizierten Maßnahmen, die sich in der Vergangenheit bewährt hatten, sollte nicht die rechtliche Grundlage entzogen werden (vgl. BVerfGE 74, 102 mit weiteren Ausführungen zur Entstehungsgeschichte des Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG; vgl. auch BVerfGE 83, 119 ).

    Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 13. Januar 1987 (BVerfGE 74, 102 ) die enge Beziehung zwischen Arbeitspflicht und Menschenwürde anerkannt und ungerechte Arbeit ausgeschlossen.

  • BVerfG, 08.10.1997 - 1 BvR 9/97

    Integrative Beschulung

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Er kann unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisse, namentlich auf den Gebieten der Anthropologie, Kriminologie, Sozialtherapie und Ökonomie, zu einer Regelung gelangen, die - auch unter Berücksichtigung von Kostenfolgen - mit dem Rang und der Dringlichkeit anderer Staatsaufgaben in Einklang steht (vgl. BVerfGE 82, 60 ; 90, 107 ; 96, 288 ).
  • BSG, 26.05.1988 - 5/5b RJ 20/87

    Ausfallzeit - Zeiten einer Strafhaft - Versicherungspflichtige Beschäftigung -

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Daß dies nicht gegen das Grundgesetz verstoße, habe das Bundessozialgericht mehrfach entschieden (BSGE 27, 197; zuletzt BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 157 = NJW 1989, S. 190).
  • BVerfG, 25.10.1966 - 2 BvR 506/63

    'nulla poena sine culpa'

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Geklärt ist insbesondere, daß die Verhängung von Arrest im Rahmen des Vollzugs einer Freiheitsstrafe nicht dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG unterliegt (vgl. BVerfGE 2, 118 ; 64, 261 und dazu 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, NJW 1994, S. 1339), ferner daß für die Bemessung der Disziplinarmaßnahmen die Grundsätze des verhältnismäßigen Strafens und der Schuldgrundsatz gelten (vgl. BVerfGE 20, 323 ).
  • BVerfG, 28.06.1983 - 2 BvR 539/80

    Hafturlaub

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Geklärt ist insbesondere, daß die Verhängung von Arrest im Rahmen des Vollzugs einer Freiheitsstrafe nicht dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG unterliegt (vgl. BVerfGE 2, 118 ; 64, 261 und dazu 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, NJW 1994, S. 1339), ferner daß für die Bemessung der Disziplinarmaßnahmen die Grundsätze des verhältnismäßigen Strafens und der Schuldgrundsatz gelten (vgl. BVerfGE 20, 323 ).
  • BVerfG, 21.06.1977 - 1 BvL 14/76

    Lebenslange Freiheitsstrafe

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Persönlichkeitsschädigenden Auswirkungen des Freiheitsentzugs, vor allem deformierenden Persönlichkeitsveränderungen ist entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 45, 187 ).
  • BVerfG, 08.07.1993 - 2 BvR 213/93

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Berücksichtigung des

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Geklärt ist insbesondere, daß die Verhängung von Arrest im Rahmen des Vollzugs einer Freiheitsstrafe nicht dem Richtervorbehalt des Art. 104 Abs. 2 GG unterliegt (vgl. BVerfGE 2, 118 ; 64, 261 und dazu 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, NJW 1994, S. 1339), ferner daß für die Bemessung der Disziplinarmaßnahmen die Grundsätze des verhältnismäßigen Strafens und der Schuldgrundsatz gelten (vgl. BVerfGE 20, 323 ).
  • BVerfG, 14.03.1972 - 2 BvR 41/71

    Strafgefangene

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Es richtet sich zunächst an die Gesetzgebung, der es aufgegeben ist, den Strafvollzug normativ zu gestalten (vgl. BVerfGE 33, 1 ).
  • BVerfG, 12.01.1983 - 2 BvL 23/81

    Schornsteinfegerversorgung

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß ein Vorlagebeschluß nur hinreichend deutlich erkennen lassen, daß das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Fall ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 68, 311 ; vgl. auch BVerfGE 58, 300 ; 63, 1 ; 72, 51 ; 80, 59 ).
  • BVerfG, 15.07.1981 - 1 BvL 77/78

    Naßauskiesung

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1998 - 2 BvR 441/90
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß ein Vorlagebeschluß nur hinreichend deutlich erkennen lassen, daß das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Fall ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 68, 311 ; vgl. auch BVerfGE 58, 300 ; 63, 1 ; 72, 51 ; 80, 59 ).
  • BVerfG, 11.12.1984 - 1 BvL 12/78

    Unzulässigkeit einer Richtervorlage mangels eigenständiger Auslegung des

  • BVerfG, 06.04.1989 - 2 BvL 8/87

    Anforderungen an eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG

  • BVerfG, 21.02.1984 - 2 BvR 1242/80

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Arbeitspflicht

  • BVerfG, 05.06.1973 - 1 BvR 536/72

    Der Soldatenmord von Lebach

  • BVerfG, 30.01.1953 - 1 BvR 377/51

    Sicherungsverwahrung

  • BVerfG, 14.11.1990 - 2 BvR 1462/87

    Verfassungsmäßigkeit der Auferlegung gemeinnütziger Leistungen bei der

  • BVerfG, 26.02.1986 - 1 BvL 12/85

    Verfassungswidrigkeit des § 7 Nr. 3 BRAO

  • BVerfG, 30.11.1989 - 2 BvR 3/88

    Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses für die Verfassungsbeschwerde

  • BSG, 31.10.1967 - 3 RK 84/65

    Versicherungspflicht - Strafgefangene - Sicherungsverwahrte - Strafanstaltsarbeit

  • BVerfG, 29.05.1990 - 1 BvL 20/84

    Steuerfreies Existenzminimum

  • BVerfG, 09.03.1994 - 1 BvR 682/88

    Waldorfschule/Bayern

  • BVerfG, 20.06.2023 - 2 BvR 166/16

    Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Vergütung von Gefangenenarbeit in

    I. 1. Vor dem Urteil des Zweiten Senats vom 1. Juli 1998 zu der Vergütung von Gefangenenarbeit (BVerfGE 98, 169 ff.) legten § 43 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 200 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz - StVollzG) vom 16. März 1976 (BGBl I S. 581, berichtigte Fassung S. 2088, und BGBl I 1977 S. 436) eine Bemessung des Arbeitsentgelts von 5 % der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) fest.

    Das Arbeitsentgelt führe dem Gefangenen die Früchte seiner Arbeit vor Augen und diene zugleich seiner Eingliederung, indem es ihm ermögliche, zum Lebensunterhalt seiner Angehörigen beizutragen, einen Tatschaden wiedergutzumachen und Ersparnisse für den Übergang in das Leben nach der Entlassung zurückzulegen (BTDrucks 7/918, S. 67; vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 1. Juli 1998 die Vergütungshöhe von 5 % der Bezugsgröße gemäß § 200 Abs. 1 StVollzG a.F. für mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG nicht vereinbar erklärt hatte (BVerfGE 98, 169 ff.), trat durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27. Dezember 2000 (BGBl I S. 2043) zum 1. Januar 2001 die Neuregelung der §§ 43 und 200 StVollzG in Kraft.

    c) Der Sachverständigenausschuss für die Durchführung der Übereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), deren Übereinkommen Nr. 29 vom 28. Juni 1930 (BGBl II 1956, S. 640; in der Bundesrepublik in Kraft seit dem 13. Juni 1957) bei der Beratung des Grundgesetzes als internationaler Standard dem Willen des Verfassungsgebers zugrunde lag und Auslegungshilfe auch für das Grundgesetz ist (vgl. BVerfGE 98, 169 ), forderte Deutschland mit Blick auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c des ILO-Übereinkommens Nr. 29 mehrfach dazu auf, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeitsbedingungen für Strafgefangene soweit wie möglich den Bedingungen in freien Arbeitsverhältnissen anzupassen.

    Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169 ff.) zur Höhe der erforderlichen Arbeitsentlohnung keine konkreten Vorgaben gemacht.

    Die Bestimmungen verfolgen nach ihrem Regelungsinhalt und -zusammenhang sowie der Gesetzesbegründung allein das Ziel, geleistete Arbeit von Strafgefangenen anzuerkennen und die monetäre Vergütungskomponente in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1998 zur Gefangenenvergütung zu ergänzen, wonach eine angemessene Anerkennung auch dadurch vorgesehen werden kann, dass Gefangene - sofern general- oder spezialpräventive Gründe nicht entgegenstehen - durch Arbeit ihre Haftzeit verkürzen ("good time") oder sonst erleichtern können (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 34; LTDrucks BAY 15/8101, S. 60; LTDrucks NRW 16/5413, S. 116).

    Der einzelne Gefangene hat aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass dieser Zielsetzung bei ihn belastenden Maßnahmen genügt wird (vgl. BVerfGE 98, 169 ; 116, 69 ).

    Die Notwendigkeit, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung auszurichten, dient zugleich dem Schutz und der Sicherheit der Gemeinschaft selbst: Diese hat ein unmittelbares eigenes Interesse daran, dass Straftäter nicht wieder rückfällig werden und erneut ihre Mitmenschen und die Gemeinschaft schädigen (vgl. BVerfGE 35, 202 ; 98, 169 ; vgl. auch BVerfGE 116, 69 ).

    Auch die dort Untergebrachten können der Freiheit wieder teilhaftig werden, wenn sie nicht mehr gefährlich sind (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    Es richtet sich zunächst an den Gesetzgeber, dem die Aufgabe zukommt, den Strafvollzug normativ zu gestalten (vgl. BVerfGE 33, 1 ; 98, 169 ) und ihn auf das Ziel der sozialen Integration auszurichten (vgl. BVerfGE 116, 69 ).

    Dabei ist der Gesetzgeber selbst verpflichtet, ein wirksames Resozialisierungskonzept zu entwickeln und den Strafvollzug darauf aufzubauen (vgl. BVerfGE 98, 169 ; 116, 69 ).

    cc) Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot verpflichtet den Gesetzgeber dazu, ein wirksames und in sich schlüssiges, am Stand der Wissenschaft ausgerichtetes Resozialisierungskonzept zu entwickeln und dieses mit hinreichend konkretisierten Regelungen des Strafvollzugs umzusetzen (vgl. BVerfGE 98, 169 ; 116, 69 ).

    Er kann unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisse, insbesondere auf den Gebieten der Anthropologie, Kriminologie, Sozialtherapie und Ökonomie, zu Regelungen gelangen, die - auch unter Berücksichtigung von Kostenfolgen - mit dem Rang und der Dringlichkeit anderer Staatsaufgaben in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 82, 60 ; 90, 107 ; 96, 288 ; 98, 169 ; 116, 69 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 37).

    Der Gesetzgeber ist verpflichtet, vorhandene Erkenntnisquellen, zu denen auch das in der Vollzugspraxis verfügbare Erfahrungswissen gehört, auszuschöpfen (vgl. BVerfGE 50, 290 ) und sich am aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu orientieren (vgl. BVerfGE 98, 169 ; 116, 69 ).

    f) Die Frage nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Höhe des für Gefangenenarbeit im Strafvollzug gewährten Entgelts kann nur aus dem Zusammenhang mit dem vom Gesetzgeber entwickelten Resozialisierungskonzept beantwortet werden (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    aa) Aus dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot folgt, dass Arbeit im Strafvollzug nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel ist, wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1017/14 -, Rn. 16).

    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 erging zwar im Hinblick auf die angemessene Anerkennung von Pflichtarbeit, dies aber nur deshalb, weil Gegenstand der Entscheidung eine gesetzgeberische Konzeption war, die ausschließlich Pflichtarbeit vorsah (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1017/14 -, Rn. 16).

    Wegen der gleichgerichteten Zielsetzung muss die Anerkennung daher in beiden Fällen in gleicher Weise geeignet sein, den Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines greifbaren Vorteils vor Augen zu führen (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 32 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1017/14 -, Rn. 16 m.w.N.).

    bb) Die Arbeit im Strafvollzug bereitet vor allem dann auf das Erwerbsleben in Freiheit vor, wenn sie durch ein Entgelt vergütet wird (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    Im Strafvollzug kommen neben oder anstelle eines Entgelts etwa auch der Aufbau einer sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaft beziehungsweise die Einbindung in den Schutz sozialer Sicherungssysteme (vgl. hierzu BVerfGE 98, 169 ; Nr. 26.17 der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze 2020; Report of the Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations, Application of International Labour Standards, 2019, Report III , S. 211) oder Hilfen zur Schuldentilgung in Betracht (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 33 f.).

    Der Gesetzgeber kann eine angemessene Anerkennung von Arbeit, wie in Art. 46 Abs. 6 BayStVollzG und § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sowie den Strafvollzugsgesetzen der meisten anderen Länder (§ 48 Abs. 1, § 49 Abs. 1, Abs. 6-9 JVollzGB III; § 63 Abs. 1, Abs. 3 StVollzG Bln; § 32 Abs. 1 BbgJVollzG; § 24 Abs. 1, § 55 Abs. 7 BremStVollzG; § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 3-5 HmbStVollzG; § 27 Abs. 9, § 39 Abs. 1 S.1, Abs. 2 HStVollzG; § 24 Abs. 1, § 55 Abs. 7 StVollzG MV; § 40 Abs. 5-8 NJVollzG; § 31 Abs. 1 JVollzG; § 24 Abs. 1, Abs. 2 SLStVollzG; § 24 Abs. 1 SächsStVollzG; § 31 Abs. 1 JVollzGB I LSA; § 39, § 40 Abs. 1 LStVollzG SH; § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 ThürJVollzGB) festgelegt, auch dadurch vorsehen, dass Gefangene - sofern general- oder spezialpräventive Gründe nicht entgegenstehen - durch Arbeit ihre Haftzeit verkürzen ("good time") oder in sonstiger Weise erleichtern können (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 34).

    Bei der Gestaltung des Vollzugs und der Entlassungsvorbereitung können auch neuartige Formen der Anerkennung - zum Beispiel unter Einbeziehung privater Initiativen - entwickelt werden (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    Auch auf dem freien Arbeitsmarkt werden neben dem Entgelt nicht monetäre Gegenleistungen für die geleistete Arbeit vereinbart (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 35; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1017/14 -, Rn. 16).

    dd) Die Anerkennung muss jedoch auch dann, wenn sie nicht allein in Geld, sondern zusätzlich durch nicht monetäre Vorteile erfolgt, einen Gegenwertcharakter für die geleistete Arbeit haben, der auch für die Gefangenen unmittelbar erkennbar ist (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 ).

    Dies folgt aus der engen Beziehung zwischen der Arbeitspflicht nach Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Achtung der Menschenwürde (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 unter Verweis auf BVerfGE 74, 102 ).

    Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Gefangene, die sich einer Ordnung ausgesetzt sehen, in der für sie der Zusammenhang zwischen abverlangter Arbeit und angemessenem (gerechtem) Lohn prinzipiell aufgehoben ist, zu Objekten staatlicher Gewalt degradiert würden (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 ).

    Nur wenn die Gefangenen eine als sinnvoll erlebbare Arbeitsleistung erbringen können, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich bei der Entwicklung beruflicher Fähigkeiten sowie bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit auf ein positives Verhältnis zur Arbeit zu stützen vermögen (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1017/14 -, Rn. 16).

    Ist dies der Fall, sind solche Kostenbeiträge mit dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot vereinbar (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfGK 17, 415 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2017 - 2 BvR 2221/16 -, Rn. 19 f. m.w.N.).

    dd) Der Gesetzgeber wäre auch nicht gehindert, die Gefangenenvergütung - wie etwa in Frankreich und Italien geschehen (s.o. Rn. 18 f., 20 ff.) - mit der Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung zu verbinden (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BTDrucks 19/8234).

    Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Gefangene in die Rentenversicherung oder andere soziale Sicherungssysteme einzubeziehen, besteht allerdings nicht (vgl. BVerfGE 98, 169 ; vgl. auch EGMR , Stummer v. Austria, Urteil vom 7. Juli 2011, Nr. 37452/02, §§ 130 ff. unter Bezugnahme auf EKMR, Twenty-One Detained Persons v. Germany, Entscheidung vom 6. April 1968, Nr. 3134/67 u.a.; EGMR, Meier v. Switzerland, Urteil vom 9. Februar 2016, Nr. 10109/14, § 67).

    aa) Ein gesetzliches Konzept der Resozialisierung (auch) durch Gefangenenarbeit, die ausschließlich oder hauptsächlich finanziell entgolten wird, kann zur verfassungsrechtlich gebotenen Resozialisierung nur beitragen, wenn den Gefangenen durch die Höhe des ihnen zukommenden Entgelts in einem Mindestmaß bewusstgemacht werden kann, dass Erwerbsarbeit zur Herstellung der Lebensgrundlage sinnvoll ist (vgl. BVerfGE 98, 169 ; vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 36).

    Bei der Regelung dessen, was angemessen ist, kann und muss der Gesetzgeber zahlreiche objektive wie subjektive Kriterien heranziehen (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 36, 38).

    (1) So kann der Zweck der konkret ausgeübten Beschäftigung als therapeutische Behandlung, als Erwerbsarbeit (insbesondere in den Eigen- und Unternehmerbetrieben) oder als in der Justizvollzugsanstalt notwendige, selbst ausgeführte Hausarbeit bei der Bestimmung der Entlohnung ebenso Berücksichtigung finden wie das Qualifikationsniveau der Arbeit (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    (2) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten ist es ein legitimes Ziel, zu große Einkommensunterschiede der Gefangenen untereinander und deren negative Auswirkungen auf das Anstaltsleben - wie etwa das Entstehen von Subkulturen, Abhängigkeiten oder der Leih- und Tauschhandel von Gefangenen untereinander - zu vermeiden (vgl. auch BVerfGE 98, 169 ).

    (3) Die Bezahlung vergleichbarer Tätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt, zum Beispiel nach dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns vom 11. August 2014, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28. Juni 2022 (BGBl I S. 969), und der jeweils gültigen Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns, zuletzt vom 9. November 2020 (BGBl I S. 2356), kann ebenso in den Blick genommen und einbezogen werden wie die typischen Bedingungen des Strafvollzugs, insbesondere die in der Regel geringere Produktivität von Gefangenenarbeit (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 36).

    (4) Auch die Kosten der Gefangenenarbeit für die Unternehmerbetriebe, die Konkurrenz durch andere Produktionsmöglichkeiten, etwa im Ausland, und die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt können berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 98, 169 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 - 2 BvR 2175/01 -, Rn. 36).

    Dies erfordert eine gesetzliche Regelung, nach der der Haftkostenbeitrag so bemessen wird, dass dem Gefangenen von der Vergütung jedenfalls ein angemessener Betrag verbleibt (vgl. BVerfGE 98, 169 ), der ihm einen greifbaren Vorteil im Vergleich zu nicht arbeitenden Gefangenen bringt.

    Hierbei handelt es sich aber nicht um Vergünstigungen, die in einem direkten Bezug zu der konkreten Arbeitsleistung eines Gefangenen stehen und als deren Anerkennung im Sinne einer angemessenen Gegenleistung für die geleistete Arbeit bewertet werden können (vgl. BVerfGE 98, 169 ).

    Dies folgt bereits daraus, dass der Zweite Senat in seinem Urteil vom 1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169 ff.) festgestellt hat, dass die angemessene Anerkennung von Arbeit im Rahmen des vom Gesetzgeber zu bestimmenden Resozialisierungskonzepts aus einem monetären und einem nicht monetären Teil bestehen kann, so dass vom Gesetzgeber entsprechend getroffene Regelungen - wie vorliegend - lediglich in ihrer Gesamtheit und im Gefüge des Resozialisierungskonzepts einer verfassungsrechtlichen Kontrolle zugänglich sind und die geforderten Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten sich nur auf beide Komponenten beziehen können.

    Damit erübrigt sich eine Zurückverweisung an die jeweiligen Ausgangsgerichte (vgl. BVerfGE 98, 169 ; 103, 1 ; 107, 133 ; 109, 190 ; 113, 1 ; 158, 282 ).

  • BVerfG, 12.06.2018 - 2 BvR 1738/12

    Streikverbot für Beamte verfassungsgemäß

    In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch anerkannt, dass eine Erledigung nicht zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führt, wenn der gerügte Grundrechtseingriff besonders schwer wiegt und anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe (vgl. BVerfGE 81, 138 ; 91, 125 ; 98, 169 ; 103, 44 ), die gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 99, 129 ) oder ein Rehabilitationsinteresse des Beschwerdeführers besteht (vgl. auch BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11 -, juris, Rn. 183; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 269a ).
  • BVerfG, 04.05.2011 - 2 BvR 2365/09

    Regelungen zur Sicherungsverwahrung verfassungswidrig

    Das Resozialisierungsgebot, dem das Bild des Grundgesetzes von einem zu freier Selbstbestimmung befähigten Menschen zugrunde liegt (BVerfGE 98, 169 ), gilt gleichermaßen für den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung (BVerfGE 109, 133 ).

    (5) Das verfassungsrechtliche Abstandsgebot ist für alle staatliche Gewalt verbindlich und richtet sich zunächst an den Gesetzgeber, dem aufgegeben ist, ein entsprechendes Gesamtkonzept der Sicherungsverwahrung zu entwickeln und normativ festzuschreiben (vgl. zum Erfordernis eines gesetzlichen Resozialisierungskonzepts für den Strafvollzug BVerfGE 98, 169 ; 116, 69 ).

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