Weitere Entscheidung unten: EuGH, 26.11.2015

Rechtsprechung
   BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2015,42905
BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14 (https://dejure.org/2015,42905)
BVerfG, Entscheidung vom 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14 (https://dejure.org/2015,42905)
BVerfG, Entscheidung vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 (https://dejure.org/2015,42905)
Tipp: Um den Kurzlink (hier: https://dejure.org/2015,42905) schnell in die Zwischenablage zu kopieren, können Sie die Tastenkombination Alt + R verwenden - auch ohne diesen Bereich zu öffnen.

Volltextveröffentlichungen (12)

  • HRR Strafrecht

    Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 20 Abs. 3 G... G; Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG; Art. 79 Abs. 3 GG; Art. 4 EUV; Art. 4a Abs. 1 RbEuHb; Art. 6 EMRK; Art. 47 Abs. 2 GRCh; Art. 48 GRCh; Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh; § 73 IRG; § 83 IRG
    Auslieferung eines in Abwesenheit verurteilten US-amerikanischen Staatsangehörigen nach Italien aufgrund eines Europäischen Haftbefehls; Anwendungsvorrang des Unionsrechts (Anwendungsvorrang grundsätzlich auch vor nationalem Verfassungsrecht; Verfassungsidentität als ...

  • lexetius.com
  • openjur.de
  • Bundesverfassungsgericht

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 23 Abs 1 S 3 GG, Art 79 Abs 3 GG, Art 4a Abs 1 Buchst d EGRaBes 584/2002
    Zur Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle gem Art 23 Abs 1 S 3 GG iVm Art 79 Abs 3 GG, Art 1 Abs 1 GG - Zulässigkeitsanforderungen an Verfassungsbeschwerden zur Aktivierung der Identitätskontrolle - Schuldgrundsatz als Teil ...

  • Wolters Kluwer

    Verfassungsbeschwerde betreffend die Auslieferung eines amerikanischen Staatsangehörigen nach Italien auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls; Gewährleistung von unabdingbar gebotenem Grundrechtsschutz uneingeschränkt und im Einzelfall durch das ...

  • rewis.io

    Zur Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle gem Art 23 Abs 1 S 3 GG iVm Art 79 Abs 3 GG, Art 1 Abs 1 GG - Zulässigkeitsanforderungen an Verfassungsbeschwerden zur Aktivierung der Identitätskontrolle - Schuldgrundsatz als Teil ...

  • ra.de
  • degruyter.com(kostenpflichtig, erste Seite frei)

    Rechtshilfe

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Verfassungsbeschwerde betreffend die Auslieferung eines amerikanischen Staatsangehörigen nach Italien auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls; Gewährleistung von unabdingbar gebotenem Grundrechtsschutz uneingeschränkt und im Einzelfall durch das ...

  • datenbank.nwb.de
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse (11)

  • Bundesverfassungsgericht (Pressemitteilung)

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle

  • faz.net (Pressebericht, 26.01.2016)

    Bundesverfassungsgericht unterstreicht seinen Anspruch im europäischen Recht

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Europäischer Haftbefehl - Menschenwürde und Verfassungsidentität

  • lto.de (Kurzinformation)

    Auslieferung nach Italien: Verfassungsidentität als Grenze des EU-Rechts

  • archive.is (Pressebericht, 27.01.2016)

    EU-Haftbefehl: Wer bestimmt über den Grundrechtsschutz?

  • wolterskluwer-online.de (Kurzinformation)

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle

  • Akte Recht (Lehrstuhl Prof. Safferling) PDF (Kurzinformation)

    Schuldgrundsatz gehört zur Verfassungsidentität

  • taz.de (Pressebericht, 26.01.2016)

    Deutsches Recht und Europarecht: Das Grundgesetz geht vor

  • sueddeutsche.de (Pressebericht, 26.01.2016)

    Europagericht herausgefordert

  • onleihe.de PDF (Pressebericht, 27.01.2016)

    Karlsruhe setzt dem Europarecht Grenzen

  • bundestag.de PDF (Kurzinformation)

    Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Identitätskontrolle

Besprechungen u.ä. (20)

  • HRR Strafrecht (Entscheidungsbesprechung)

    Das BVerfG und der Europäische Haftbefehl - ein Gericht auf Identitätssuche (Prof. Dr. Frank Meyer; HRRS 2016, 332-340)

  • HRR Strafrecht (Entscheidungsbesprechung)

    Neuer status quo und offene Fragen (Prof. Dr. Jasper Finke; HRRS 2016, 327-331)

  • zjs-online.com PDF (Entscheidungsbesprechung)

    Einzelfallbezogener, menschenwürderadizierter Grundrechtsschutz im Rahmen der Identitätskontrolle (Philip Bender; ZJS 2016, 260-265)

  • verfassungsblog.de (Entscheidungsbesprechung und Diskussion)

    Europarechtsbruch als Verfassungspflicht: Karlsruhe zündet die Identitätskontrollbombe

  • lto.de (Entscheidungsbesprechung)

    BVerfG aktiviert Identitätskontrolle: Karlsruhe will Kommunikation, nicht Konfrontation

  • Jurion (Entscheidungsbesprechung)

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle

  • Ruhr-Universität Bochum (Entscheidungsbesprechung)

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der Identitätskontrolle

  • zaoerv.de PDF (Entscheidungsbesprechung)

    Die Ausübung der Identitätskontrolle durch das Bundesverfassungsgericht (Dana Burchardt; ZaöRV 2016, 527)

  • Alpmann Schmidt | RÜ(Abo oder Einzelheftbestellung) (Fallmäßige Aufbereitung - für Studienzwecke)

    Art. 1, 23, 79 GG
    Begrenzung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts durch die Identitätskontrolle

  • sueddeutsche.de (Pressekommentar, 26.01.2016)

    EU-Haftbefehl: Vertrauen und Zweifel

  • juwiss.de (Entscheidungsbesprechung)

    Solange Zweieinhalb (Teil I)

  • juwiss.de (Entscheidungsbesprechung)

    Solange Zweieinhalb (Teil II)

  • juwiss.de (Entscheidungsbesprechung)

    Konfrontation statt Kooperation? "Solange III" und die Melloni-Entscheidung des EuGH

  • strafverteidiger-stv.de PDF (Entscheidungsanmerkung)

    Grundrechte im europäisierten Strafverfahren: Sorgfalt statt Kollektivvorbehalt

  • zis-online.com PDF (Aufsatz mit Bezug zur Entscheidung)

    Die Menschenwürde und das Auslieferungsverfahren (Dr. Hans Kromrey, Dr. Christine Morgenstern; ZIS 2017, 106-124)

  • juraexamen.info (Fallbesprechung - aus Ausbildungssicht)

    Identitätskontrolle im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde

  • law-journal.de (Entscheidungsbesprechung)

    Wandel im Kooperationsverhältnis zwischen Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof im grundrechtlichen Mehrebenensystem der Europäischen Union

  • law-journal.de (Aufsatz mit Bezug zur Entscheidung)

    Identitätsschutzklauseln im Verfassungsvergleich

  • zis-online.com PDF (Aufsatz mit Bezug zur Entscheidung)

    Rechtskulturelle Differenzen in der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (Prof. Dr. Stefanie Bock; ZIS 2019, 298-307)

  • verlag-rolf-schmidt.de (Fallbesprechung - aus Ausbildungssicht)

    Staatsorganisationsrecht: Neues zur Identitätskontrolle des BVerfG und zum "Machtverhältnis" zwischen BVerfG und EuGH

In Nachschlagewerken

  • Wikipedia (Wikipedia-Eintrag mit Bezug zur Entscheidung)

    Europäischer Haftbefehl II

Sonstiges

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 140, 317
  • NJW 2016, 1149
  • NStZ 2016, 546
  • StV 2016, 220
  • StV 2016, 299 (Ls.)
  • DÖV 2016, 435
  • JR 2016, 456
 
Sortierung



Kontextvorschau





Hinweis: Klicken Sie auf das Sprechblasensymbol, um eine Kontextvorschau im Fließtext zu sehen. Um alle zu sehen, genügt ein Doppelklick.

Wird zitiert von ... (139)Neu Zitiert selbst (146)

  • BVerfG, 30.06.2009 - 2 BvE 2/08

    Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon mit Grundgesetz vereinbar;

    Auszug aus BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14
    Wird die Verletzung der Menschenwürdegarantie geltend gemacht, so prüft das Bundesverfassungsgericht - ungeachtet der bisherigen Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Verfassungsbeschwerden und Vorlagen, mit denen die Verletzung in Grundrechten des Grundgesetzes durch sekundäres Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht gerügt wurde (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 102, 147 ) - einen solchen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß im Rahmen der Identitätskontrolle (vgl. BVerfGE 113, 273 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ; dazu sogleich unter C.I.2.bis 5.).

    Für den Erfolg der Europäischen Union ist die einheitliche Geltung ihres Rechts von zentraler Bedeutung (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 123, 267 ; 126, 286 ).

    Der Anwendungsvorrang reicht jedoch nur soweit, wie das Grundgesetz und das Zustimmungsgesetz die Übertragung von Hoheitsrechten erlauben oder vorsehen (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Der im Zustimmungsgesetz enthaltene Rechtsanwendungsbefehl kann nur im Rahmen der geltenden Verfassungsordnung erteilt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Auf einer primärrechtlichen Ermächtigung kann eine derartige Maßnahme nicht beruhen, weil auch der mit der Mehrheit des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 GG entscheidende Integrationsgesetzgeber der Europäischen Union keine Hoheitsrechte übertragen kann, mit deren Inanspruchnahme eine Berührung der von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Verfassungsidentität einherginge (vgl. BVerfGE 113, 273 ; 123, 267 ; 134, 366 ).

    bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle ist zu prüfen, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze durch eine Maßnahme der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Diese Prüfung kann - wie der Solange-Vorbehalt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 102, 147 ) oder die Ultra-vires-Kontrolle (BVerfGE 58, 1 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ) - im Ergebnis dazu führen, dass Unionsrecht in Deutschland in eng begrenzten Einzelfällen für unanwendbar erklärt werden muss.

    Um zu verhindern, dass sich deutsche Behörden und Gerichte ohne weiteres über den Geltungsanspruch des Unionsrechts hinwegsetzen, verlangt die europarechtsfreundliche Anwendung von Art. 79 Abs. 3 GG zum Schutz der Funktionsfähigkeit der unionalen Rechtsordnung und bei Beachtung des in Art. 100 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens aber, dass die Feststellung einer Verletzung der Verfassungsidentität dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten bleibt (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Mit der Identitätskontrolle kann das Bundesverfassungsgericht auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) befasst werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Als Herren der Verträge entscheiden diese durch nationale Geltungsanordnungen darüber, ob und inwieweit das Unionsrecht im jeweiligen Mitgliedstaat Geltung und Vorrang beanspruchen kann (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ).

    Es bedeutet daher keinen Widerspruch zur Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Präambel, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn das Bundesverfassungsgericht unter eng begrenzten Voraussetzungen die Maßnahme eines Organs oder einer Stelle der Europäischen Union für in Deutschland ausnahmsweise nicht anwendbar erklärt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 102, 147 ; 123, 267 ).

    Das gilt nicht nur im Rahmen der Ultravires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ).

    Zu den Schutzgütern der in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegten Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt sind, gehören die Grundsätze des Art. 1 GG, also die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG), aber auch der in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Die in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Schutzgüter dulden auch keine Relativierung im Einzelfall (vgl. BVerfGE 113, 273 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Ihre Achtung und ihr Schutz gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 131, 268 ; stRspr), denen auch der in der Präambel und in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Integrationsauftrag und die Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 287 ) Rechnung tragen müssen.

    a) Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz (BVerfGE 123, 267 ; 133, 168 ).

    Mit seiner Grundlage in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG gehört der Schuldgrundsatz zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 123, 267 ; 133, 168 ).

    Deshalb bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG auf dem Gebiet der Strafrechtspflege die Auffassung vom Wesen der Strafe und dem Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 ) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 ; 80, 367 ; 90, 145 ; 123, 267 ; 133, 168 ).

    Mit Strafe im Sinne des Grundgesetzes ist also nicht nur der Vorwurf irgendeiner Rechtsverletzung gemeint, sondern die Verletzung eines Teils des Rechts, das eine tiefere, nämlich eine sozial-ethische Fundierung besitzt (vgl. BVerfGE 25, 269 ; 90, 145 ; 95, 96 ; 96, 10 ; 96, 245 ; 109, 133 ; 109, 190 ; 120, 224 ; 123, 267 ; siehe im Vergleich hierzu die Bewertung von Geldbußen in BVerfGE 42, 261 ; aus der Literatur siehe nur Weigend, in: Leipziger Kommentar, Band 1, 12. Aufl. 2007, Einleitung Rn. 1; Radtke, in: MüKo, StGB, 2. Aufl. 2012, Vorbem. zu §§ 38 ff., Rn. 14; ders., GA 2011, S. 636 ; Roxin, Strafrecht AT, Band 1, 4. Aufl. 2006, § 3 Rn. 46, S. 89).

  • BVerfG, 19.03.2013 - 2 BvR 2628/10

    Verständigungsgesetz

    Auszug aus BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14
    a) Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz (BVerfGE 123, 267 ; 133, 168 ).

    Dieser den gesamten Bereich staatlichen Strafens beherrschende Grundsatz ist in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 86, 288 ; 95, 96 ; 120, 224 ; 130, 1 ; 133, 168 ).

    Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 123, 267 ; 133, 168 ).

    Deshalb bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG auf dem Gebiet der Strafrechtspflege die Auffassung vom Wesen der Strafe und dem Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 ) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 ; 80, 367 ; 90, 145 ; 123, 267 ; 133, 168 ).

    Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (vgl. BVerfGE 20, 323 ; 95, 96 ; 110, 1 ; 133, 168 ).

    Eine solche staatliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 20, 323 ; 95, 96 ; 133, 168 ).

    Das Rechtsstaatsprinzip ist eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes (BVerfGE 20, 323 ; 133, 168 ).

    Für den Bereich des Strafrechts werden diese rechtsstaatlichen Anliegen in dem Grundsatz aufgenommen, dass keine Strafe ohne Schuld verwirkt wird (BVerfGE 95, 96 ; 133, 168 ).

    Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 20, 323 ; 45, 187 ; 50, 5 ; 73, 206 ; 86, 288 ; 96, 245 ; 109, 133 ; 110, 1 ; 120, 224 ; 133, 168 ).

    In diesem Sinne hat die Strafe die Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 109, 133 ; 120, 224 ; 133, 168 ).

    aa) Die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt, ist zentrales Anliegen des Strafprozesses (vgl. BVerfGE 57, 250 ; 118, 212 ; 122, 248 ; 130, 1 ; 133, 168 ).

    Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf, zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen (vgl. BVerfGE 122, 248 ; 133, 168 ).

    Dem Täter müssen Tat und Schuld prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden (vgl. BVerfGE 9, 167 ; 74, 358 ; 133, 168 ).

  • BVerfG, 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06

    Ultra-vires-Kontrolle Mangold

    Auszug aus BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14
    Wird die Verletzung der Menschenwürdegarantie geltend gemacht, so prüft das Bundesverfassungsgericht - ungeachtet der bisherigen Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Verfassungsbeschwerden und Vorlagen, mit denen die Verletzung in Grundrechten des Grundgesetzes durch sekundäres Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht gerügt wurde (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 102, 147 ) - einen solchen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß im Rahmen der Identitätskontrolle (vgl. BVerfGE 113, 273 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ; dazu sogleich unter C.I.2.bis 5.).

    Für den Erfolg der Europäischen Union ist die einheitliche Geltung ihres Rechts von zentraler Bedeutung (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 123, 267 ; 126, 286 ).

    Art. 23 Abs. 1 GG enthält insoweit auch ein Wirksamkeits- und Durchsetzungsversprechen für das unionale Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 ).

    Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht gilt grundsätzlich auch mit Blick auf entgegenstehendes nationales Verfassungsrecht (vgl. BVerfGE 129, 78 ) und führt bei einer Kollision im konkreten Fall in aller Regel zu dessen Unanwendbarkeit (vgl. BVerfGE 126, 286 ).

    Der Anwendungsvorrang reicht jedoch nur soweit, wie das Grundgesetz und das Zustimmungsgesetz die Übertragung von Hoheitsrechten erlauben oder vorsehen (vgl. BVerfGE 73, 339 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle ist zu prüfen, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze durch eine Maßnahme der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Diese Prüfung kann - wie der Solange-Vorbehalt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 102, 147 ) oder die Ultra-vires-Kontrolle (BVerfGE 58, 1 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ) - im Ergebnis dazu führen, dass Unionsrecht in Deutschland in eng begrenzten Einzelfällen für unanwendbar erklärt werden muss.

    Als Herren der Verträge entscheiden diese durch nationale Geltungsanordnungen darüber, ob und inwieweit das Unionsrecht im jeweiligen Mitgliedstaat Geltung und Vorrang beanspruchen kann (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ).

    Zum anderen sind die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Kontrollbefugnisse zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben (vgl. BVerfGE 126, 286 ).

    Das gilt nicht nur im Rahmen der Ultravires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ).

    Die in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Schutzgüter dulden auch keine Relativierung im Einzelfall (vgl. BVerfGE 113, 273 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Ihre Achtung und ihr Schutz gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 187 ; 131, 268 ; stRspr), denen auch der in der Präambel und in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Integrationsauftrag und die Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 287 ) Rechnung tragen müssen.

  • BVerfG, 26.02.2020 - 2 BvR 2347/15

    Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

    Mit der Androhung einer Freiheitsstrafe verletzt das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung die Beschwerdeführer zu III. 3. bis III. 6., IV., V. 1. bis V. 4. sowie VI. 2. und VI. 3., die als natürliche Personen unmittelbare Normadressaten des § 217 StGB sind, zudem in ihrem Freiheitsrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 96, 245 ; 101, 275 ; 140, 317 ).
  • BVerfG, 20.04.2016 - 1 BvR 966/09

    Bundeskriminalamtsgesetz - Teilweise erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen

    Keinesfalls darf der Staat seine Hand zu Verletzungen der Menschenwürde reichen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, Rn. 62 m.w.N.).

    Diese kann so lange Geltung beanspruchen, wie sie nicht durch entgegenstehende Tatsachen in besonders gelagerten Fällen erschüttert wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, Rn. 69 m.w.N.).

    Grundsätzlich ist eine verbindliche Zusicherung geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Datenübermittlung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 ; 109, 38 ; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, Rn. 70).

  • BVerfG, 06.11.2019 - 1 BvR 16/13

    Recht auf Vergessen I - Auch bei gleichzeitiger Geltung der Unionsgrundrechte

    Sind die Fragen demgegenüber im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus sich heraus derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt, oder durch dessen Rechtsprechung bereits geklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Cilfit, C-283/81, EU:C:1982:335, Rn. 14; BVerfGE 140, 317 ; 142, 74 ) und geht es nur noch um deren konkretisierende Anwendung, hat das Bundesverfassungsgericht die Unionsgrundrechte in seinen Prüfungsmaßstab einzubeziehen und grundsätzlich auch zur Geltung zu bringen (vgl. hierzu - wie auch zu insoweit verbleibenden Reservevorbehalten - BVerfG, Beschluss vom selben Tag - 1 BvR 276/17 -, dort Rn. 42 ff., 50 ff.).
Haben Sie eine Ergänzung? Oder haben Sie einen Fehler gefunden? Schreiben Sie uns.

Rechtsprechung
   EuGH, 26.11.2015 - C-166/14   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2015,35203
EuGH, 26.11.2015 - C-166/14 (https://dejure.org/2015,35203)
EuGH, Entscheidung vom 26.11.2015 - C-166/14 (https://dejure.org/2015,35203)
EuGH, Entscheidung vom 26. November 2015 - C-166/14 (https://dejure.org/2015,35203)
Tipp: Um den Kurzlink (hier: https://dejure.org/2015,35203) schnell in die Zwischenablage zu kopieren, können Sie die Tastenkombination Alt + R verwenden - auch ohne diesen Bereich zu öffnen.

Volltextveröffentlichungen (8)

  • Europäischer Gerichtshof

    MedEval

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche Aufträge - Richtlinie 89/665/EWG - Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz - Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge - Rechtsbehelfsfrist - Nationale Regelung, die die Schadensersatzklage von ...

  • Europäischer Gerichtshof

    MedEval

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche Aufträge - Richtlinie 89/665/EWG - Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz - Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge - Rechtsbehelfsfrist - Nationale Regelung, die die Schadensersatzklage von ...

  • VERIS(Abodienst, Leitsatz ggf. frei)
  • Reguvis VergabePortal - Veris(Abodienst, Leitsatz ggf. frei)
  • degruyter.com(kostenpflichtig, erste Seite frei)

    Vorabentscheidungsersuchen; Rechtsschutz; Schadensersatz; Feststellung des Vergabeverstoßes; Klagefrist; Grundsatz der Effektivität und Äquivalenz

  • rechtsportal.de

    Ausschlussfrist für Schadenersatzansprüche eines Unternehmens gegen den öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge; Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs

  • ibr-online(Abodienst, kostenloses Probeabo, Leitsatz frei)

    Schadensersatz erst nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vergabe?

  • juris (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse

  • heuking.de (Kurzinformation)

    Schadensersatz nur nach Nachprüfungsverfahren?

Besprechungen u.ä.

  • vergabeblog.de (Entscheidungsbesprechung)

    Keine vergaberechtliche Ausschlussfrist für Schadensersatzansprüche

Sonstiges (2)

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NJW 2016, 1149
  • EuZW 2016, 140
  • NZBau 2016, 182
  • VergabeR 2016, 221
  • ZfBR 2016, 182
 
Sortierung



Kontextvorschau





Hinweis: Klicken Sie auf das Sprechblasensymbol, um eine Kontextvorschau im Fließtext zu sehen. Um alle zu sehen, genügt ein Doppelklick.

Wird zitiert von ... (10)Neu Zitiert selbst (3)

  • EuGH, 06.10.2015 - C-61/14

    Orizzonte Salute - Vorlage zur Vorabentscheidung - Richtlinie 89/665/EWG -

    Auszug aus EuGH, 26.11.2015 - C-166/14
    1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665 verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass gegen Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber, die mit dem Unionsrecht unvereinbar sind, wirksam und möglichst rasch vorgegangen werden kann und dass jede Person, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, umfassenden Zugang zu Nachprüfungen hat (Urteil Orizzonte Salute, C-61/14, EU:C:2015:655, Rn. 43).

    Diese Verfahrensmodalitäten dürfen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Rechtsbehelfe (Grundsatz der Äquivalenz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne Urteile eVigilo, C-538/13, EU:C:2015:166, Rn. 39, und Orizzonte Salute, C-61/14, EU:C:2015:655, Rn. 46).

  • EuGH, 28.01.2010 - C-406/08

    Uniplex (UK) - Richtlinie 89/665/EWG - Nachprüfungsverfahren im Rahmen der

    Auszug aus EuGH, 26.11.2015 - C-166/14
    Im Zusammenhang mit dieser Frage stützt es sich u. a. auf das Urteil Uniplex (UK) (C-406/08, EU:C:2010:45), nach dem die Frist für die Einleitung eines Verfahrens zur Erlangung von Schadensersatz erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginne, zu dem der Antragsteller von der behaupteten Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen.
  • EuGH, 12.03.2015 - C-538/13

    eVigilo - Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliches Auftragswesen -

    Auszug aus EuGH, 26.11.2015 - C-166/14
    Diese Verfahrensmodalitäten dürfen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Rechtsbehelfe (Grundsatz der Äquivalenz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne Urteile eVigilo, C-538/13, EU:C:2015:166, Rn. 39, und Orizzonte Salute, C-61/14, EU:C:2015:655, Rn. 46).
  • Generalanwalt beim EuGH, 07.06.2018 - C-300/17

    Hochtief

    Das vorlegende Gericht führt im Wesentlichen aus, nach der Richtlinie 89/665 könne die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen davon abhängig gemacht werden, dass die angefochtene Entscheidung zuvor von einem Verwaltungsorgan oder einem Gericht aufgehoben worden sei (Urteil vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 35), so dass Art. 2 dieser Richtlinie einer nationalen Rechtsvorschrift wie § 350 des Vergabegesetzes grundsätzlich nicht entgegenstehe.

    In Anlehnung an die vom Gerichtshof in Rn. 43 des Urteils vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779), gebrauchte Wendung lässt sich sagen, dass das Zusammenwirken der im Ausgangsverfahren anwendbaren Verfahrensbestimmungen dazu führen könnte, dass der geschädigten Person nicht nur die Möglichkeit, die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers aufheben zu lassen, sondern auch sämtliche in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 vorgesehenen Rechtsbehelfe genommen würden.

    13 Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 36), Hervorhebung nur hier.

    14 Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 35).

    16 So hat der Gerichtshof entschieden, "dass das Unionsrecht, insbesondere der Grundsatz der Effektivität, einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Erhebung einer Klage auf Schadensersatz wegen eines vergaberechtlichen Verstoßes von der vorherigen Feststellung abhängig gemacht wird, dass das Vergabeverfahren mangels vorheriger Bekanntgabe rechtswidrig war, und der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit binnen einer sechsmonatigen Ausschlussfrist gestellt werden muss, die ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag zu laufen beginnt - und zwar unabhängig davon, ob der Antragsteller von der Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers Kenntnis haben konnte" (Urteil vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 46 und Tenor).

    26 Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 40).

    40 Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 39 und 40).

    42 Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 43).

  • EuGH, 07.08.2018 - C-300/17

    Hochtief - Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche Aufträge -

    Das vorlegende Gericht führt im Wesentlichen aus, nach der Richtlinie 89/665 könne die Erhebung von Schadensersatzklagen davon abhängig gemacht werden, dass die angefochtene Entscheidung zuvor von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht aufgehoben worden sei (Urteil vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 35), so dass Art. 2 dieser Richtlinie einer nationalen Rechtsvorschrift wie § 350 des Vergabegesetzes grundsätzlich nicht entgegenzustehen scheine.

    Damit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich befugt sind, eine nationale Verfahrensregelung wie § 350 des Vergabegesetzes zu erlassen, die die Möglichkeit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs im Fall des Verstoßes gegen Rechtsnormen über öffentliche Aufträge der Voraussetzung unterwirft, dass eine Schiedsstelle wie die im Ausgangsverfahren bzw. - bei einer gerichtlichen Überprüfung des Beschlusses einer solchen Schiedsstelle - ein Gericht die Rechtsverletzung rechtskräftig feststellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 36).

    Der Gerichtshof hat insoweit festgestellt, dass die den Mitgliedstaaten durch Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie 89/665 eingeräumte Möglichkeit nicht unbegrenzt ist und der Voraussetzung unterworfen bleibt, dass die Nichtigkeitsklage vor einer Schadensersatzklage effektiv sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 36 bis 44).

    Es betont hierzu unter Bezugnahme auf Rn. 39 des Urteils vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779), dass die Anforderungen an die Rechtssicherheit betreffend die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Klagen unterschiedlich hoch seien, je nachdem, ob es sich um Schadensersatzklagen oder um Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel handelt, einem Vertrag die Wirksamkeit zu entziehen.

    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Rn. 41 bis 44 des Urteils vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779), zwar bereits festgestellt hat, dass der Grundsatz der Effektivität unter bestimmten Umständen einer nationalen Verfahrensregelung entgegensteht, nach der die Zulässigkeit von Schadensersatzklagen im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge von der vorherigen Feststellung abhängig gemacht wird, dass das betreffende Vergabeverfahren rechtswidrig war.

    Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation unterscheidet sich jedoch deutlich von der, um die es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779), ergangen ist.

    Wie der Generalanwalt in den Nrn. 47 bis 49 seiner Schlussanträge feststellt, beeinträchtigt die Verfahrensvorschrift in § 339/A der Zivilprozessordnung - im Unterschied zu der Präklusionsregel in der Rechtssache, in der das Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779), ergangen ist - nämlich nicht den Wesensgehalt des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren gemäß Art. 47 Abs. 1 und 2 der Charta (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Texdata Software, C-418/11, EU:C:2013:588, Rn. 87).

  • OLG Bremen, 14.12.2021 - 2 Verg 1/21

    Anforderungen an mehrfache Dringlichkeitsvergaben von Corona-Schnelltests -

    Im Gegenteil wäre es mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz unvereinbar, Schadenersatzklagen von der vorherigen Feststellung eines Vergaberechtsverstoßes in einem Nachprüfungsverfahren - und damit auch von der Einhaltung der dort geltenden Fristen - abhängig zu machen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. November 2015 - C-166/14 -, Rn. 35 ff., juris; Beck VergabeR/Dreher/Hoffmann, 3. Aufl. 2017, GWB § 135 Rn. 89).
  • EuGH, 05.04.2017 - C-391/15

    Marina del Mediterráneo u.a. - Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche

    Diese Verfahrensmodalitäten dürfen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Rechtsbehelfe (Grundsatz der Äquivalenz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (Urteile vom 30. September 2010, Strabag u. a., C-314/09, EU:C:2010:567, Rn. 34, vom 6. Oktober 2015, 0rizzonte Salute, C-61/14, EU:C:2015:655, Rn. 46, sowie vom 26. November 2015, MedEval, C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 32, 35 und 37).
  • Generalanwalt beim EuGH, 23.11.2017 - C-572/16

    INEOS

    52 Vgl. u. a. Urteile vom 7. Januar 2004, Wells (C-201/02, EU:C:2004:12, Rn. 67), vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 37), und vom 20. Oktober 2016, Danqua (C-429/15, EU:C:2016:789, Rn. 29).
  • Generalanwalt beim EuGH, 07.12.2023 - C-547/22

    INGSTEEL - Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliches Auftragswesen -

    18 Urteile vom 9. Dezember 2010, Combinatie Spijker Infrabouw-De Jonge Konstruktie u. a. (C-568/08, EU:C:2010:751, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 37).
  • Generalanwalt beim EuGH, 28.04.2016 - C-439/14

    Star Storage - Vergabe öffentlicher Aufträge - Richtlinien 89/665/EWG und

    20 - Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • Generalanwalt beim EuGH, 21.11.2019 - C-496/18

    HUNGEOD u.a.

    44 Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 39 bis 44).
  • VK Bund, 19.02.2021 - VK 1-120/20

    De-facto Vergabe

    Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck wird nur dann erreicht, wenn diese Fristen jeweils absolut (also als formelle Ausschlussfristen) gelten (so auch OLG Schleswig, Beschluss vom 4. November 2014, 1 Verg 1/14 m.w.N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2011, Verg W 14/11; OLG München, Beschluss vom 10. März 2011, Verg 1/11; vgl. auch EuGH, Urteil vom 26. November 2015, Rs. C- 166/14).
  • Generalanwalt beim EuGH, 07.09.2023 - C-303/22

    CROSS Zlín - Vorlage zur Vorabentscheidung - Nachprüfungsverfahren in Bezug auf

    30 Urteil vom 26. November 2015, MedEval (C-166/14, EU:C:2015:779, Rn. 40): "[E]inem Vertrag im Anschluss an ein Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe die Wirksamkeit [zu entziehen], ... [stellt] einen wesentlichen Eingriff der Verwaltungsbehörde oder des Gerichts in die vertraglichen Beziehungen zwischen den Einzelnen und den staatlichen Stellen dar ... Eine solche Entscheidung kann daher zu einer beträchtlichen Störung und zu wirtschaftlichen Verlusten nicht nur auf Seiten des Empfängers des Zuschlags für den betreffenden öffentlichen Auftrag, sondern auch auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers und folglich der Öffentlichkeit als dem durch die Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen, die Gegenstand des betreffenden öffentlichen Auftrags sind, letztlich Begünstigten führen.
Haben Sie eine Ergänzung? Oder haben Sie einen Fehler gefunden? Schreiben Sie uns.
Sie können auswählen (Maus oder Pfeiltasten):
(Liste aufgrund Ihrer bisherigen Eingabe)
Komplette Übersicht