Rechtsprechung
OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05 |
Volltextveröffentlichungen (5)
- openjur.de
- Justiz Hessen
§ 23 GVGEG, § 28 Abs 1 S 4 GVGEG, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 3 Abs 1 GG
Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Erlass und/oder Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls: Zulässigkeit bei Vorliegen eines schweren Grundrechtseingriffs; begrenzter Prüfungsumfang des Gerichts; Verstoß der Strafvollstreckungsbehörde gegen das Willkürverbot - Judicialis
EGGVG § 23; ; EGGVG § 28 I 4; ; GG Art. 1 I; ; GG Art. 2 II 2; ; GG Art. 3 I; ; GG Art. 19 I; ; GG Art. 19 IV; ; StrVollStrO § 27 II
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
Besonderes Feststellungsinteresse bei schwerwiegendem Grundrechtseingriff durch Vollstreckungshaftbefehl - Einwendungen und Prüfungsumfang im Feststellungsverfahren - unverhältnismäßiger Vollstreckungshaftbefehls bei unterbliebener Ladung zum Strafantritt
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Kurzfassungen/Presse
- Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei) (Leitsatz)
Grundrechtseingriff durch Erlass oder Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls; Notwendigkeit einer vorgängigen Ladung
Verfahrensgang
- StA Kassel - 8811 Js 34602/01
- LG Kassel, 26.07.2004 - 8811 Js 34602/01
- OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05
Papierfundstellen
- NStZ-RR 2005, 325
- StV 2005, 449 (Ls.)
Wird zitiert von ... (3) Neu Zitiert selbst (4)
- OLG Frankfurt, 03.03.2005 - 3 VAs 1/05
Anfechtung von Justizverwaltungsakten: Erlass und Vollzug eines …
Auszug aus OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05
Der Vollstreckungshaftbefehl ist prozessual überholt, weil er durch die Festnahme des Verurteilten am 9.2.2005 und seine anschließende Überführung in die Justizvollzugsanstalten C und A gegenstandslos geworden ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 4.6.1997 - 3 VAs 10/97 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05; OLG Hamm, NStZ 1992, 524;… Paulus in: KMR StPO, § 457 Rdnr. 22, 28 - jeweils m.w.N.).Indes kann in solchen Fällen eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Vollstreckungshaftbefehls unter den besonderen Vorraussetzungen des § 28 I 4 EGGVG erfolgen (st. Rspr. d. Senats, vgl. Beschlüsse vom 12.7.2004 - 3 VAs 25/04 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05; OLG Hamm, NStZ 1987, 517).
Diese Bestimmung gebietet einen umfassenden Rechtsschutz des Bürgers gegen staatliche Hoheitsakte jedenfalls dann, wenn dieser einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff - namentlich einen Verstoß gegen Art. 1 I GG, 2 II GG oder das Willkürverbot des Art. 3 I GG - bewirken und der Betroffenen hiergegen - wie es beim Erlass und Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls in der Regel der Fall ist (vgl. hierzu Senat, Beschlüsse vom 12.7.2004 - 3 VAs 25/04 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05) - nicht rechtzeitig bei Eintritt der Erledigung - hier durch Inhaftierung - Rechtschutz erlangen kann (vgl. hierzu BVerfG, NStZ-RR 2004, 252;… Senat a.a.O.).
Die Freiheitsbeschränkung hat ihre Grundlage nämlich nicht in dem Vollstreckungshaftbefehl, sondern in dem zu vollstreckenden Strafausspruch, hier also dem Urteil vom 5.7.2004 (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2004, 252 ; Senat, Beschlüsse vom 11.4.2002 - 3 VAs 7/02 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05).
Sie sind mithin gemäß § 23 III EGGVG der - zusätzlichen - Nachprüfung durch den Senat entzogen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 15.6.2000 - 3 VAs 28/00, vom 19.12.2000 - 3 VAs 58/00 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05).
- BVerfG, 08.04.2004 - 2 BvR 1811/03
Zum Rechtsschutz gegen den Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls
Auszug aus OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05
Diese Bestimmung gebietet einen umfassenden Rechtsschutz des Bürgers gegen staatliche Hoheitsakte jedenfalls dann, wenn dieser einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff - namentlich einen Verstoß gegen Art. 1 I GG, 2 II GG oder das Willkürverbot des Art. 3 I GG - bewirken und der Betroffenen hiergegen - wie es beim Erlass und Vollzug eines Vollstreckungshaftbefehls in der Regel der Fall ist (vgl. hierzu Senat, Beschlüsse vom 12.7.2004 - 3 VAs 25/04 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05) - nicht rechtzeitig bei Eintritt der Erledigung - hier durch Inhaftierung - Rechtschutz erlangen kann (vgl. hierzu BVerfG, NStZ-RR 2004, 252;… Senat a.a.O.).Die Freiheitsbeschränkung hat ihre Grundlage nämlich nicht in dem Vollstreckungshaftbefehl, sondern in dem zu vollstreckenden Strafausspruch, hier also dem Urteil vom 5.7.2004 (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2004, 252 ; Senat, Beschlüsse vom 11.4.2002 - 3 VAs 7/02 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05).
Durch diesen Rechtsweg, der auch die Möglichkeit eröffnet, einstweiligen Rechtschutz zu erlangen (§ 458 Abs. 3 StPO), wird der Garantie des Freiheitsgrundrechtes und seiner Absicherung durch Art. 104 GG genügt (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2004, 252 ).
Hingegen kann der Verurteilte geltend machen und demzufolge auch der Senat im Verfahren nach § 28 I 4 EGGVG feststellen, dass die Staatsanwaltschaft bei Erlass des Vollstreckungshaftbefehls nicht nur die einfach-rechtlichen Vorschriften, welche die Voraussetzungen dieser staatlichen Zwangsmaßnahme regeln, verletzt hat, sondern ihre Vorgehensweise zugleich in einem Maße so unverhältnismäßig war, dass das Willkürverbot verletzt ist (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2004, 252).
Wenn die Staatsanwaltschaft diese Vorbereitungs- und Rechtschutzmöglichkeit durch den sofortigen Erlass und Vollzug des Vollstreckungshaftbefehls (zumindest zunächst) faktisch vereitelt, ohne dass der Verurteilte durch sein Verhalten (Missachtung einer Ladung mit Fristsetzung oder Schaffung von Haftgründen) hierzu Anlass gegeben hat, wird der staatlichen Zwangsmaßnahme ein - rechtsschutzvereitelndes - Überraschungsmoment verliehen, auf das sie nach der gesetzlichen Regelung nicht angewiesen ist, was sie als grob unverhältnismäßig und damit objektiv (auf ein Verschulden kommt es nicht an) willkürlich (vgl. BVerfG NStZ-RR 2004, 252) erscheinen lässt.
- BGH, 09.04.1987 - III ZR 3/86
Schadensersatzansprüche des Eigentümers eines als Beweismittel beschlagnahmten …
Auszug aus OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05
Indes kann in solchen Fällen eine Überprüfung der Rechtsmäßigkeit des Vollstreckungshaftbefehls unter den besonderen Vorraussetzungen des § 28 I 4 EGGVG erfolgen (st. Rspr. d. Senats, vgl. Beschlüsse vom 12.7.2004 - 3 VAs 25/04 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05; OLG Hamm, NStZ 1987, 517). - OLG Frankfurt, 11.04.2002 - 3 VAs 7/02
Rechtsschutz gegen vollzogenen Vollstreckungshaftbefehl
Auszug aus OLG Frankfurt, 18.03.2005 - 3 VAs 11/05
Die Freiheitsbeschränkung hat ihre Grundlage nämlich nicht in dem Vollstreckungshaftbefehl, sondern in dem zu vollstreckenden Strafausspruch, hier also dem Urteil vom 5.7.2004 (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2004, 252 ; Senat, Beschlüsse vom 11.4.2002 - 3 VAs 7/02 und vom 3.3.2005 - 3 VAs 1/05).
- KG, 19.01.2009 - 1 Zs 2629/08
Anfechtung von Justizverwaltungsakten: Feststellungsinteresse hinsichtlich der …
Grob fehlerhaft in diesem Sinne kann es sein, wenn die Vollstreckungsbehörde entgegen §§ 457 Abs. 2 StPO, 27 StVollstrO davon absieht, den Verurteilten zum Strafantritt zu laden, sondern sogleich einen Vollstreckungshaftbefehl erlässt (vgl. BVerfG ebenda; OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 325; KG…, Beschluss vom 21. April 2006 aaO). - KG, 22.03.2013 - 4 VAs 1/13
Zum Rechtsschutz gegen einen bereits vollzogenen Vollstreckungshaftbefehl
Grob fehlerhaft in diesem Sinne kann es sein, wenn die Vollstreckungsbehörde entgegen §§ 457 Abs. 2 StPO, 27 StVollstrO davon absieht, den Verurteilten zum Strafantritt zu laden, sondern sogleich einen Vollstreckungshaftbefehl erlässt (…vgl. BVerfG aaO; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2005, 325; KG…, Beschluss vom 21. April 2006 aaO). - OLG Frankfurt, 05.02.2013 - 3 Ws 1112/12
Einzelfallregelungen in der Ordnungshaft
Eine solche Fallkonstellation ist regelmäßig etwa bei Erlass und Vollzug von Vollstreckungshaftbefehlen gegeben, wie der Senat bereits entschieden hat (NStZ-RR 2005, 282 und NStZ-RR 2005, 325).