Rechtsprechung
OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09 |
Volltextveröffentlichungen (5)
- openjur.de
Verschulden bei Vertragsschluss: Haftung für Mietprognosen in einem Beteiligungsprospekt; Zurechnung der Kenntnis eines "Wissensvertreters" bei Steuersparmodellen; Verwirkungseinwand nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist für Handelsbücher
- Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei)
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
- rechtsportal.de
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Besprechungen u.ä.
- WuB Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht(Abodienst; oder: Einzelerwerb 12,79 €) (Entscheidungsbesprechung)
Pflichtverletzung; Strukturvertrieb; Wissenszurechnung
Verfahrensgang
- LG Deggendorf, 17.06.2009 - 2 O 21/07
- OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
- BGH, 05.07.2011 - XI ZR 306/10
Papierfundstellen
- ZIP 2010, 1963 (Ls.)
- WM 2010, 1834
Wird zitiert von ... (3) Neu Zitiert selbst (7)
- BGH, 03.06.2008 - XI ZR 319/06
Zu den subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Dies kann der Fall sein, wenn die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (…Urteil vom 20.03.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876, Rn. 15; Urteil vom 03.06.2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, Rn. 12, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).c) Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass für den Nachweis des Wissensvorsprungs der Beklagten über diese vom Vertrieb begangene arglistige Täuschung den Klägern ohnehin Erleichterungen zur Seite stehen (BGH, Urteil vom 03.06.2008, a.a.O., Rn. 15 ff.).
Diese Evidenz ist nämlich ausweislich der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 03.06.2008, a.a.O., Rn. 18: Evidenz bejaht bei einem Unterschied von tatsächlich erzielten 3, 80 DM, 6,30 DM und 4, 40 DM zu prognostizierten 8, 60 DM qm-Miete) angesichts der hier vorliegenden Diskrepanz zu bejahen (s.o. II 2 a) bb): der Gesamtertrag liegt bei rund der Hälfte des Betrages, der als Ertrag laut Prognose schon nach drei Jahren erwirtschaftet sein müsste).
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten (Bl. 137 d. A.) reicht es für eine Kenntnis oder ein Kennenmüssen iSd § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nämlich nicht aus, dass - wie zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitig ist - schon in den 1990er Jahren die prognostizierten Mieterträge bei weitem nicht erreicht wurden (BGH, Urteil vom 03.06.2008, a.a.O., Rn. 25).
Dieses Zurückbleiben hinter der Prognose kann nämlich auch andere Ursachen als deren Fehlerhaftigkeit haben (BGH, Urteil vom 03.06.2008, a.a.O., Rn. 31), wie etwa die sinkende Attraktivität der Hotelanlage aufgrund einer insgesamt steigenden Bettenzahl in der Fremdenverkehrsregion oder etwa Baumängel (...); dies räumt auch die Beklagte selbst ein (...).
bb) Überdies setzt der Verjährungsbeginn im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 03.06.2008, a.a.O., Rn. 30 und 32) eine hinreichende Kenntnis des Gläubigers über die Person des Schuldners voraus.
- BGH, 31.05.2010 - II ZR 30/09
Verschulden bei Vertragsschluss: Haftung für Fehler des Emissionsprospekts; …
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Dies gilt auch für Prognosen über Mieten, die in dem Anlageobjekt erzielt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2010 - II ZR 30/09, Rn. 9, DB 2010, 1524).32 Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen (siehe zuletzt BGH, Urteil vom 31.05.2010 - II ZR 30/09, Rn. 9, m.w.N.) hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, welcher im allgemeinen die entscheidende Unterrichtungsmöglichkeit für einen Beitrittsinteressenten, hier: die Kläger, darstellt, ein zutreffendes und vollständiges Bild über sämtliche Umstände zu vermitteln, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind.
Deshalb müssen auch Prognosen in Prospekten ausreichend durch Tatsachen gestützt sein, auf einer sorgfältigen Analyse aller hierfür maßgebenden Voraussetzungen beruhen und kaufmännisch vertretbar sein (BGH, Urteil vom 31.05.2010, a.a.O., Rn. 11).
cc) Eine Fehlerhaftigkeit des Prospekts kann freilich nicht schon aus der schlichten Tatsache hergeleitet werden, dass die prospektierten Mieten nicht erreicht wurden (BGH, Urteil vom 31.05.2010, a.a.O., Rn. 10).
Dies begründet einen Mangel des Prospekts (BGH, Urteil vom 31.05.2010, a.a.O., Rn. 11).
- BGH, 23.01.2007 - XI ZR 44/06
Verjährungsfrist in Überleitungsfällen von subjektiven Voraussetzungen abhängig
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Da diese Verjährungsfrist kürzer ist als die bis zum 1. Januar 2002 geltende Regelverjährung von 30 Jahren, ist sie nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB von dem 1. Januar 2002 an zu berechnen (BGH, Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 18 f.).d) Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ohnehin ausreichender Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten zum Zeitpunkt des Vorliegens der subjektiven Voraussetzungen (zu diesem Erfordernis siehe BGH, Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 20 ff.) für den Beginn der Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) fehlt; diesbezüglich ist daher aufgrund des Zugeständnisses der Kläger (Bl. 80 d.A.) von einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2004 auszugehen.
58 (1) Zwar ist grundsätzlich die Kenntnis eines "Wissensvertreters" dem Gläubiger zuzurechnen (BGH, Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 35).
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ((BGH, Urteil vom 23.01.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 37) eine Wissenszurechnung dann in Betracht, wenn die Anleger und Darlehensnehmer das Handeln des Treuhänders genehmigen.
- BGH, 04.06.2002 - XI ZR 361/01
Verjährung des Rückzahlungsanspruchs nach Kündigung eines Sparkontos
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Entgegen der Auffassung des 19. Zivilsenats (…a.a.O.) ist schon nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 04.06.2002 - XI ZR 361/01, BGHZ 151, 47, Rn. 21) für das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht ausreichend, dass die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist. - BGH, 06.03.2008 - III ZR 298/05
Zur Aufklärungspflicht gegenüber Anlegern
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
h) Steuervorteile sind entgegen der Auffassung der Beklagtenseite nicht abzuziehen, da dies nur dann in Betracht kommt, wenn diese in außergewöhnlicher Höhe anfallen, wozu ausreichender Vortrag der Beklagtenseite fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 06.03.2008 - III ZR 298/05, NJW-RR 2008, 1365, Rn. 28). - OLG Frankfurt, 22.10.2004 - 2 U 12/04
Auszahlungsanspruch für Sparguthaben gegen eine Bank: Beweislast für Guthaben auf …
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Insbesondere angesichts der Tatsache, dass - für die Beklagte erkennbar - die Kläger den Erwerb zu 85 % fremdfinanzierten (...), musste für die Beklagte erkennbar sein, dass sie, gegebenenfalls noch lange Zeiträume innerhalb der damals geltenden Verjährungsfrist, in die Lage kommen würde, auf ihre Unterlagen zurückgreifen zu müssen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2004 - 2 U 12/2004, OLGR Frankfurt 2005, 310, Rn. 27). - BGH, 20.03.2007 - XI ZR 414/04
Zu "Mietpools" bei sogenannten "Schrottimmobilien"
Auszug aus OLG München, 27.07.2010 - 5 U 3796/09
Dies kann der Fall sein, wenn die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (Urteil vom 20.03.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876, Rn. 15;… Urteil vom 03.06.2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, Rn. 12, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
- BGH, 05.07.2011 - XI ZR 306/10
Haftung der finanzierenden Bank wegen vorvertraglicher …
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2010, 1834 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:. - OLG Frankfurt, 08.10.2012 - 23 U 93/11
Bankenhaftung bei finanzierter Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds
Dabei können insoweit Feststellungen durchaus auch aus einer ex-post-Betrachtung getroffen werden, wenn die prognostizierten Erträge durch die tatsächlich erzielten Mieterträge nicht annähernd erreicht werden (vgl. BGH, NJW 2008, 2576; OLG München WM 2010, 1834). - LG Nürnberg-Fürth, 25.11.2010 - 9 O 1481/10
Schadensersatzanspruch des Kapitalanlegers und Verjährungsbeginn: …
Eben diesen letzten Aspekt hat mittlerweile auch der 5. Senat des OLG München in seiner Entscheidung vom 27.07.2010 (Schlussurteil vom 27.07.2010 - 5 U 3796/09) in Abweichung von der Auffassung des 19. Senats zum Anlass genommen, eine Verwirkung basierend auf dem Ablauf von Aufbewahrungsfristen abzulehnen.