Strafprozeßordnung
1. Buch - Allgemeine Vorschriften (§§ 1 - 150) |
9. Abschnitt - Verhaftung und vorläufige Festnahme (§§ 112 - 130) |
(1) 1Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, können einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegt werden. 2Insbesondere kann angeordnet werden, dass
3Die Anordnungen trifft das Gericht. 4Kann dessen Anordnung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, kann die Staatsanwaltschaft oder die Vollzugsanstalt eine vorläufige Anordnung treffen. 5Die Anordnung ist dem Gericht binnen drei Werktagen zur Genehmigung vorzulegen, es sei denn, sie hat sich zwischenzeitlich erledigt. 6Der Beschuldigte ist über Anordnungen in Kenntnis zu setzen. 7Die Anordnung nach Satz 2 Nr. 2 schließt die Ermächtigung ein, Besuche und Telekommunikation abzubrechen sowie Schreiben und Pakete anzuhalten.
(2) 1Die Ausführung der Anordnungen obliegt der anordnenden Stelle. 2Das Gericht kann die Ausführung von Anordnungen widerruflich auf die Staatsanwaltschaft übertragen, die sich bei der Ausführung der Hilfe durch ihre Ermittlungspersonen und die Vollzugsanstalt bedienen kann. 3Die Übertragung ist unanfechtbar.
(3) 1Ist die Überwachung der Telekommunikation nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 angeordnet, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern des Beschuldigten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mitzuteilen. 2Die Mitteilung kann durch den Beschuldigten selbst erfolgen. 3Der Beschuldigte ist rechtzeitig vor Beginn der Telekommunikation über die Mitteilungspflicht zu unterrichten.
(4) 1Die §§ 148, 148a bleiben unberührt. 2Sie gelten entsprechend für den Verkehr des Beschuldigten mit
1. | der für ihn zuständigen Bewährungshilfe, | ||
2. | der für ihn zuständigen Führungsaufsichtsstelle, | ||
3. | der für ihn zuständigen Gerichtshilfe, | ||
4. | den Volksvertretungen des Bundes und der Länder, | ||
5. | dem Bundesverfassungsgericht und dem für ihn zuständigen Landesverfassungsgericht, | ||
6. | dem für ihn zuständigen Bürgerbeauftragten eines Landes, | ||
7. | dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz in den Ländern zuständigen Stellen der Länder und den Aufsichtsbehörden nach § 40 des Bundesdatenschutzgesetzes, | ||
8. | dem Europäischen Parlament, | ||
9. | dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, | ||
10. | dem Europäischen Gerichtshof, | ||
11. | dem Europäischen Datenschutzbeauftragten, | ||
12. | dem Europäischen Bürgerbeauftragten, | ||
13. | dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, | ||
14. | der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz, | ||
15. | dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen, | ||
16. | den Ausschüssen der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, | ||
17. | dem Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, dem zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismen, | ||
18. | den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 genannten Personen in Bezug auf die dort bezeichneten Inhalte, | ||
19. | soweit das Gericht nichts anderes anordnet, | ||
a) | den Beiräten bei den Justizvollzugsanstalten und | ||
b) | der konsularischen Vertretung seines Heimatstaates. |
3Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 festzustellen, trifft die nach Absatz 2 zuständige Stelle.
(5) 1Gegen nach dieser Vorschrift ergangene Entscheidungen oder sonstige Maßnahmen kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden, soweit nicht das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. 2Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. 3Das Gericht kann jedoch vorläufige Anordnungen treffen.
(6) 1Die Absätze 1 bis 5 gelten auch, wenn gegen einen Beschuldigten, gegen den Untersuchungshaft angeordnet ist, eine andere freiheitsentziehende Maßnahme vollstreckt wird (§ 116b). 2Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich auch in diesem Fall nach § 126.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 vom 20.11.2019
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
26.11.2019 | Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 | 20.11.2019 | |
01.01.2010 | Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts | 29.07.2009 |
vorschriften § 119Haftgrundbezogene Beschränkungen während der Untersuchungshaft § 119aGerichtliche Entscheidung über eine Maßnahme der Vollzugsbehörde § 120Aufhebung des Haftbefehls § 121Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate § 122Besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht § 122aHöchstdauer der Untersuchungshaft bei Wiederholungsgefahr § 123Aufhebung der Vollzugsaussetzung dienender Maßnahmen § 124Verfall der geleisteten Sicherheit § 125Zuständigkeit für den Erlass des Haftbefehls § 126Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen § 126aEinstweilige Unterbringung § 127Vorläufige Festnahme § 127aAbsehen von der Anordnung oder Aufrechterhaltung der vorläufigen Festnahme § 127bVorläufige Festnahme und Haftbefehl bei beschleunigtem Verfahren § 128Vorführung bei vorläufiger Festnahme § 129Vorführung bei vorläufiger Festnahme nach Anklageerhebung § 130Haftbefehl vor Stellung eines Strafantrags
Rechtsprechung zu § 119 StPO
1.034 Entscheidungen zu § 119 StPO in unserer Datenbank:
- BVerfG, 15.11.2022 - 2 BvR 1139/22
Überwachung von Telefonaten während der Untersuchungshaft (schwerwiegender ...
Zum selben Verfahren:
- OLG München, 25.05.2022 - 2 Ws 283/22
Überwachung der Telekommunikation bei Untersuchungshäftlingen
- OLG München, 25.05.2022 - 2 Ws 283/22
- OLG Frankfurt, 25.01.2024 - 7 Ws 242/23
Haftgrundbezogene Beschränkungen
- VerfGH Rheinland-Pfalz, 19.11.2019 - VGH B 10/19
Versagung eines Rechtsanwaltsbesuchs bei einem Untersuchungshäftling mangels ...
Zum selben Verfahren:
- OLG Koblenz, 29.11.2017 - 2 VAs 18/17
Untersuchungshaftvollzug: Zulässiger Rechtsweg für einen Antrag auf gerichtliche ...
- OLG Koblenz, 29.11.2017 - 2 VAs 18/17
- OLG Hamm, 30.01.2024 - 2 Ws 12/24
Untersuchungshaft, Außervollzugsetzung, Invollzugsetzung, Verurteilung, lange ...
- OLG Frankfurt, 16.11.2023 - 7 Ws 207/23
Versagung einer Dauerbesuchs- und Telefonerlaubnis in der Untersuchungshaft
- OLG Celle, 10.01.2020 - 3 Ws 372/19
Keine Verdunkelungsgefahr bei bloßer Möglichkeit der Gefahr für öffentliche ...
- BVerfG, 18.08.2014 - 2 BvR 1513/14
Folgenabwägung bzgl Beschränkungen der Untersuchungshaft gem § 119 Abs 1 StPO - ...
Zum selben Verfahren:
- BVerfG, 30.10.2014 - 2 BvR 1513/14
Für die Anordnung von Beschränkungen gemäß § 119 StPO müssen konkrete ...
- BVerfG, 30.10.2014 - 2 BvR 1513/14
Querverweise
Auf § 119 StPO verweisen folgende Vorschriften:
- Strafprozeßordnung (StPO)
- Allgemeine Vorschriften
- Verfahren im ersten Rechtszug
- Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung
- § 275a (Einleitung des Verfahrens; Hauptverhandlung; Unterbringungsbefehl)
- Strafvollstreckung und Kosten des Verfahrens
- Strafvollstreckung
- § 453c (Vorläufige Maßnahmen vor Widerruf der Aussetzung)
- Erstes Buch Justizvollzugsgesetzbuch - Gemeinsame Regelungen und Organisation (JVollzGB I)
- Anwendungsbereich und Aufgaben
- § 1 (Anwendungsbereich)
- Strafvollzugsbeauftragte
- § 93 (Strafvollzugsbeauftragte)
- Zweites Buch Justizvollzugsgesetzbuch - Untersuchungshaftvollzug (JVollzGB II)
- Disziplinarmaßnahmen
- § 62 (Voraussetzungen)
- Junge Untersuchungsgefangene
- § 80 (Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen)
- Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)
- Auslieferung an das Ausland
- § 27 (Vollzug der Haft)
Redaktionelle Querverweise zu § 119 StPO:
- Einführungsgesetz GVG (EGGVG)
- Kontaktsperre
- § 31