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   AG Bernau, 11.03.2002 - 3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01)   

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AG Bernau, 11.03.2002 - 3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01) (https://dejure.org/2002,5793)
AG Bernau, Entscheidung vom 11.03.2002 - 3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01) (https://dejure.org/2002,5793)
AG Bernau, Entscheidung vom 11. März 2002 - 3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01) (https://dejure.org/2002,5793)
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Wird zitiert von ... (2)Neu Zitiert selbst (36)

  • BVerfG, 09.03.1994 - 2 BvL 43/92

    Cannabis

    Auszug aus AG Bernau, 11.03.2002 - 3 Cs 387/01
    Mit seinem Beschluss vom 09.03.1994 - 2 BvL 43/49 - (BVerfGE 90, 145 ff) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, soweit sie Verhaltensweisen im Umgang mit Cannabisprodukten mit Strafe bedrohen, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen und hat diesbezügliche strafrechtliche Eingriffe in die Grundrechte aller Bürger als verfassungsgemäß angesehen.

    (vgl. BVerfGE 90, 145 [196]).

    Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der seinerzeit "offenen kriminalpolitischen und wissenschaftlichen Diskussion über die vom Cannabiskonsum ausgehenden Gefahren und den richtigen Weg ihrer Bekämpfung" den Gesetzgeber angewiesen, "die Auswirkung des geltenden Rechts unter Einschluss der Erfahrung des Auslandes zu beobachten und zu überprüfen" (BVerfGE 90, 145, 194).

    Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht bereits seinerzeit die stark uneinheitliche Einstellungspraxis in den Ländern beanstandet und eine einheitliche Anwendung des § 31a BtMG bei Cannabisdelikten sowie eine Angleichung der Grenzwerte auf Bundesebene durch eine einheitliche Richtlinie gefordert (vgl. BVerfGE 90, 145 [190, 191]).

    Da es den Ländern trotz Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 nicht gelungen ist, eine Angleichung der Grenzwerte auf Bundesebene herbeizuführen, ist das eingetreten, was das Bundesverfassungsgericht bereits 1994 als letztlich nicht hinnehmbar betrachtete, nämlich, dass Behörden in den Ländern durch allgemeine Weisungen die Verfolgung bestimmter Verhaltensweisen nach abstrakt-generellen Merkmalen wesentlich unterschiedlich festlegen (vgl. BVerfGE 90, 145 [191] s. auch abweichende Ansicht Sommer S. 224).

    Der Umgang mit Cannabisprodukten gehört jedoch nicht zum absolut geschützten Kernbereich des Grundrechts, weil der Umgang mit Cannabis und das Sichberauschen hiermit auf Grund seiner vielfältigen sozialen Aus- und Wechselwirkungen über den Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltungen hinausgehen (vgl. BVerfGE 90, 145 [171]).

    Schließlich dürfen die an sich geeigneten und erforderlichen Mittel keine Grundrechtseingriffe bei den Betroffenen bewirken, die im Vergleich mit der durch sie möglichen Zweckerreichung oder wenigstens Annäherung unangemessen sind (so das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip, vgl. m. w. N.: BVerfGE 61, 291 [312]; 76, 196 [207]; 83, 1 [16]; 90, 145 [172 ff.]).

    Das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994: "Jedoch ist auch die den Vorlagebeschlüssen zu Grunde liegende Annahme mangelnder Gefährlichkeit von Cannabisprodukten ungesichert" (vgl. BVerfGE 90, 145 [177]).

    Auf Grund der seinerzeit vom Senat eingeholten fachbehördlichen Stellungnahmen des Bundesministers für Gesundheit sowie des Bundeskriminalamtes verblieben - so das Bundesverfassungsgericht 1994 - nicht unbeträchtliche Gefahren und Risiken, so dass die Gesamtkonzeption im Bezug auf Cannabisprodukte als verfassungsgemäß einzustufen war (vgl. BVerfGE 90, 145 [181]).

    Insoweit - so seinerzeit der Bundesminister für Gesundheit - sei die Strafbarkeit des Umgangs mit Cannabis wohl ein notwendiges Mittel, um den Verkehr mit dieser riskanten Droge zu unterbinden oder jedenfalls sobald als möglich zurückzudrängen und dadurch vor allem junge Menschen vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren (vgl. hierzu BVerfGE 90, 145 [163 ff.]).

    Zusammenfassend führte der Sachverständige Prof. Dr. Kleiber aus, dass die mit dem Cannabiskonsum verbundenen Risiken im Verhältnis zur Zahl der Konsumenten - die er und andere auf in der Bundesrepublik Deutschland bis zu 4 Millionen schätzten - geringer sein, als bei jeder anderen Droge, letztlich sogar als bei einem übermäßigen Verbrauch von Zucker, Schokolade oder infolge sonstiger gesundheitswidriger Ernährung (vgl. zu den Schätzungen auch BVerfGE 90, 145, 178; vgl. Körner, BtMG , 5. Auflage, Anhang C 1 Rndr. 251).

    Die Strafrechtsgesetzgebung darf unter Berücksichtigung einer modernen Verfassung nicht den Selbstzweck der Gesetzgebung geopfert werden; dies zumal es sich bei dem Wirkstoff Cannabis mittlerweile um die besterforschteste psychotrope Substanz handelt (vgl. auch Körner a.a.O., Betäubungsmittelgesetz Anhang C. 1 Rdnr. 275; BVerfGE 90, 145 [221] Sondervotum Sommer).

    Ziel war mithin von Anfang an, wie auch heute, die Verbreitung der Droge in der Gesellschaft einzuschränken und die damit angeblich vorhandenen Gefahren im Ganzen zu verringern (vgl. BVerfGE 90, 145, 182).

    So hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1994 (BVerfGE 90, 145 [183]) angedeutet, dass es sein könne, dass gesicherte kriminologische und wissenschaftliche Erkenntnisse den Gesetzgeber im Rahmen einer erneuten Normenkontrolle dazu bringen könnten, die ehemals getroffene Regelung abzuändern und durch eine neue zu ersetzen.

    Seinerzeit ging das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass kriminalpolitisch gesicherte Erkenntnisse noch keinen solchen Festigkeitsgrad erlangt hätten (vgl. BVerfGE 90, 145 [183]).

    regelmäßig die Droge von bis zu 4 Millionen Menschen konsumiert wird (vgl. BVerfGE 90, 145 a.a.O.; Körner a.a.O., Anhang C1 Rdnr. 251).

    Das Übermaßverbot kann dazu führen, dass ein ursprünglich geeignetes und erforderliches Mittel des Rechtsgüterschutzes nicht mehr angewandt werden darf, weil die davon ausgehenden Beeinträchtigungen der Grundrechte des oder der Betroffenen den Zuwachs an Rechtsgüterschutz deutlich überwiegen dies mit der Folge, dass der Einsatz des Schutzmittels unangemessen ist (vgl. BVerfGE 90, 145 [185]).

    Die Strafe könnte dann im Blick auf die Freiheitsrechte des Betroffenen und unter Berücksichtigung der individuellen Schuld des Täters und der sich hieraus ergebenden spezialpräventiven kriminalpolitischen Ziele eine übermäßige und deshalb verfassungswidrige Sanktion darstellen (vgl. BVerfGE 90, 145 [185]).

    Das Bundesverfassungsgericht hielt damals die unterschiedliche Behandlung von Cannabisprodukten und Alkohol für gerechtfertigt, weil sich der Konsum von Alkohol dadurch von dem Konsum von Cannabis unterscheide, dass er in der Regel und im Rahmen einer Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten erfolge (vgl. BVerfGE 90, 145 [197]).

    Dagegen - so das Bundesverfassungsgericht 1994 - stehe beim Konsum von Cannabisprodukten typischerweise die Erzielung einer berauschenden Wirkung im Vordergrund (vgl. BVerfGE 90, 145 [197]).

    Das Bundesverfassungsgericht führte jedoch weiter aus, dass von der Verfolgung der bezeichneten Straftaten regelmäßig abzusehen sei und mahnte zugleich eine einheitliche Regelung auf der gesamten Bundesebene an (vgl. BVerfGE 90, 145 [190/191]).

    Acht Jahre nach Ergehen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts und unter Berücksichtigung der oben dargelegten neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen ist das Amtsgericht Bernau zu der festen Überzeugung gelangt, dass die damals durch das Bundesverfassungsgericht gewählte sogenannte prozessuale Lösung verfassungswidrige Eingriffe in die Rechte von Bürgern nicht zu verhindern mochte (vgl. insoweit BVerfGE 90, 145 , abweichende Ansicht Sommer S. 212 ff.).

    Wenn sich - wie bei Strafverfolgungen wegen einer nur als gering zu bezeichneten Menge Cannabis - die Staatsanwaltschaft unter Verstoß gegen das Übermaßverbot weigert, ein Ermittlungsverfahren einzustellen, hat der Beschuldigte keinerlei Möglichkeit, hiergegen vorzugehen (vgl. auch BVerfGE 90, 145 [225] Sondervotum Sommer; Büttner a. a. O., S. 148 ).

    Bereits 1994 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Abwägung zwischen dem Eingriff in die Grundrechte und dem Schutz von Rechtsgütern hinsichtlich des Umgangs mit geringen Mengen Cannabis die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der diesbezüglichen Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zur Folge haben könne (vgl. BVerfGE 90, 145 [185]).

    Als zentrale Differenzpunkte wurden dabei die Bestimmungen zur geringen Menge und die rechtliche Behandlung von Wiederholungstätern genannt (vgl. BVerfGE 90, 145 [190]).

    Eine solche im wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis sei nicht gewährleistet, sofern "die Behörden in den Ländern durch allgemeine Weisungen die Verfolgung bestimmter Verhaltensweisen nach abstrakt - generellen Merkmalen wesentlich unterschiedlich vorschrieben oder unterbänden" (BVerfGE 90, 145 [191]).

    Denn die Grenzen der Strafbarkeit werden nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch die Staatsanwaltschaften als Teil der Exekutive bestimmt (vgl. auch Sondervotum Sommer BVerfGE 90, 145 [224]).

  • LG Lübeck, 19.12.1991 - 2 Ns (Kl) 167/90
    Auszug aus AG Bernau, 11.03.2002 - 3 Cs 387/01
    Sofern man jedoch nach wie vor der Ansicht sein sollte auch die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse führten nicht dazu, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.1994 entsprechend der Vorlage des Landgerichts Lübeck vom 19.12.1991 (vgl. NJW 1992, 1571 ff), auf die Bezug genommen wird, geändert werden müsste, ist die Vorlage des Amtsgerichts Bernau gleichwohl bezüglich der hilfsweise zur Überprüfung gestellten Vorschriften zulässig.

    Damit bestätigt und bekräftigt das Ergebnis der Beweisaufnahme letztlich auch die Feststellung des Landgerichts Lübeck in seinem Vorlagebeschluss vom 19.12.1991 (NJW 1992, 1571 [1572]).

    Dies ist die kontraproduktive Begleiterscheinung des bisherigen Cannabisverbots (vgl. LG Lübeck NJW 1992, 1571 [1575]).

    Schließlich steht dem Staat auch die Möglichkeit der Abgabe über Apotheken zur Verfügung (vgl. insoweit LG Lübeck NJW 1992, 1571 [1575], vgl. auch den Gesetzesentwurf der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 21.01.1993 BR-.Drs.

    Im Rahmen der Vorlagebeschlüsse des Landgerichts Lübeck (vgl. NJW 1992, 1571 ff.) und des Landgerichts Frankfurt (Main) (vgl. StV 1993, 77 [81]) wurde bereits seinerzeit umfassend dargelegt, dass im konkreten Vergleich zwischen der Droge Alkohol einerseits und der Droge Cannabis anderseits das Gefahrdungspotenzial bei Alkohol erheblich größer ist.

  • BVerfG, 22.06.1988 - 2 BvR 234/87

    Verfassungswidrigkeit des § 15 Abs. 2 Buchstabe a FAG

    Auszug aus AG Bernau, 11.03.2002 - 3 Cs 387/01
    Durch den Gesetzlichkeitsgrundsatz soll aber sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selber über die Strafbarkeit entscheidet (BVerfGE 78, 374 [382] unter Bezugnahme auf BVerfGE 47, 109 [201]).

    Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend auch für die Knüpfung der Strafandrohung an die Nichtbefolgung eines Verwaltungsaktes (vgl. BVerfGE 78, 374 [382]).

  • AG Bernau, 18.09.2019 - 2 Cs 346/19

    Vorlage an das BVerfG: Sind die Regelungen zum Verkehr/Erwerb von Cannabis

    Auch hat das Gericht insbesondere hinsichtlich der zur hilfsweise gestellten Überprüfung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG teilweise auf wörtliche Begründungen aus der Vorlageentscheidung des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11. März 2002 zurückgegriffen (vgl. - 2 BvL 8/02 -), da diese heute wesentlich mehr Berechtigung haben als noch im Jahre 2002.

    Eine Vorlage der Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11.03.2002 wurde durch eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts mit Datum vom 29.06.2004 als unzulässig eingestuft, da nach Ansicht der Kammer die an eine erneute Vorlage gestellten besonderen Begründungsanforderungen nicht erfüllt gewesen seien.

    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.06.2004 ­- 2 BvL 8/02 ­- auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11.03.2002 stellt fest, dass die Vorlage den Begründungsanforderungen für eine erneute Richtervorlage nicht gerecht wird.

    Auch in seiner ­- auf die Vorlage des Amtsgerichts Bernau vom 11.03.2002 ergangenen ­- Entscheidung vom 29.06.2004 stellt das Bundesverfassungsgericht noch fest, dass "nach damaligem Erkenntnisstand nicht unbeträchtliche Gefahren und Risiken" im Hinblick auf die Wirkung des Cannabiskonsums für den Einzelnen und die Allgemeinheit verblieben.

    Das Amtsgericht Bernau hat nach 1994 im Jahr 2002 eine erneute Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht adressiert.

    Mit Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.06.2004 ­ 2 BvL 8/02 ­ auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11.03.2002 wurde im Ergebnis festgestellt, dass die Vorlage den Begründungsanforderungen für eine erneut Richtervorlage nicht ausgereicht habe.

    Im Auftrag gegeben wurde diese Studie im Herbst des Jahres 2002 und im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 11.03.2002 (vgl. - BVerfGE zu 2 VvL 8/02 -).

  • AG Bernau, 12.07.2004 - 5 Ls 39/03

    Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Cannabis) in nicht geringen

    Aufgrund einer unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau ­ Jugendrichter ­ vom 11.03.2002 (3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01)) durchgeführten Sachverständigenanhörung konnte das Gericht zur festen Überzeugung feststellen, dass es sich bei dem Rauschmittel Cannabis um eine für das Rechtsgut der Volksgesundheit weitgehend ungefährliche Droge handelt.

    So führte die in Cannabisfragen wissenschaftlich forschende Prof. Dr. S. in Übereinstimmung mit den im Verfahren 3 Cs 224 Js 36463/01 (387/01) am 11. März 2002 vor dem Amtsgericht Bernau gehörten Gutachtern Prof. Dr. K. von der Universität B, Prof. Dr. C. von der Universität A. und Prof. U. vom Institut für Suchtforschung in Z. zusammenfassend aus, dass im Rahmen ihrer Untersuchungen sowie der von ihr gesichteten internationalen Studien heute Einverständnis dahin gehend bestehe, dass mit dem Rauschmittel Cannabis nur geringe Risiken verbunden seien und dies auch nur für wenige Personen.

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