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   BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19   

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BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19 (https://dejure.org/2022,11147)
BVerfG, Entscheidung vom 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19 (https://dejure.org/2022,11147)
BVerfG, Entscheidung vom 21. März 2022 - 1 BvR 2650/19 (https://dejure.org/2022,11147)
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Volltextveröffentlichungen (8)

  • HRR Strafrecht

    Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG; Art. 10 Abs. 2 EMRK; § 185 StGB; § 193 StGB
    Schutz der Meinungsfreiheit und Strafbarkeit wegen Beleidigung (ehrbeeinträchtigende Äußerungen über kommunale Amtsträger im Onlineforum einer Regionalzeitung; grundsätzliches Erfordernis einer Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht; kein genereller ...

  • openjur.de
  • Bundesverfassungsgericht

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Beleidigung von Amtsträgern

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 5 Abs 1 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 185 StGB
    Stattgebender Kammerbeschluss: Strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung unter verfehlter Bejahung von Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit (Art 5 Abs 1 S 1 GG) - Gegenstandswertfestsetzung

  • Wolters Kluwer

    Strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung unter verfehlter Bejahung von Schmähkritik; Gewichtung der durch eine Äußerung berührten grundrechtlichen Interessen

  • rewis.io

    Stattgebender Kammerbeschluss: Strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung unter verfehlter Bejahung von Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit (Art 5 Abs 1 S 1 GG) - Gegenstandswertfestsetzung

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung unter verfehlter Bejahung von Schmähkritik; Gewichtung der durch eine Äußerung berührten grundrechtlichen Interessen

  • datenbank.nwb.de

    Stattgebender Kammerbeschluss: Strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung unter verfehlter Bejahung von Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit (Art 5 Abs 1 S 1 GG) - Gegenstandswertfestsetzung

Kurzfassungen/Presse

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Beleidigung von Amtsträgern - Meinungsfreiheit und Machtkritik

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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NJW 2022, 1931
  • NVwZ-RR 2022, 561
 
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Wird zitiert von ... (7)Neu Zitiert selbst (25)

  • BVerfG, 19.05.2020 - 1 BvR 2397/19

    Klarstellung verfassungsrechtlicher Maßgaben für strafrechtliche Verurteilungen

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    (1) Auf der zutreffenden Sinnermittlung einer Äußerung aufbauend erfordert die Annahme einer Beleidigung nach § 185 StGB grundsätzlich eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen, hier also der Meinungsfreiheit und der persönlichen Ehre, drohen (vgl. BVerfGE 7, 198 ; 85, 1 ; 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 15; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2016 - 1 BvR 2646/15 -, Rn. 12; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2009 - 1 BvR 2272/04 -, Rn. 28).

    Eine Abwägung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die streitgegenständliche Äußerung sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 17 mit Verweisung auf BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ).

    Sie können persönlich nicht bekannte Personen, auch des öffentlichen Lebens, betreffen, die im Schutz der Anonymität des Internets ohne jeden nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik grundlos aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen heraus verunglimpft und verächtlich gemacht werden (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 19; vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

    Voraussetzung einer strafrechtlichen Sanktion ist dann allerdings - wie es der Normalfall für den Ausgleich von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht ist - eine grundrechtlich angeleitete Abwägung, die an die wertungsoffenen Tatbestandsmerkmale und Strafbarkeitsvoraussetzungen des Strafgesetzbuchs, insbesondere die Begriffe der "Beleidigung" und der "Wahrnehmung berechtigter Interessen", anknüpft (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 26; vgl. BVerfGE 12, 113 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

    Das Ergebnis der von den Fachgerichten vorzunehmenden Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 1094/19 -, Rn. 19 f. und - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 27; stRspr).

    Zu den hierbei zu berücksichtigenden Umständen können insbesondere Inhalt, Form, Anlass und Wirkung der betreffenden Äußerung sowie Person und Anzahl der Äußernden, der Betroffenen und der Rezipienten gehören (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 27).

    (a) Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 29 m.w.N., und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 31).

    In die Abwägung ist daher einzustellen, ob die Privatsphäre der Betroffenen oder ihr öffentliches Wirken mit seinen - unter Umständen weitreichenden - gesellschaftlichen Folgen Gegenstand der Äußerung ist und welche Rückwirkungen auf die persönliche Integrität der Betroffenen von einer Äußerung ausgehen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 30, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 32).

    Insofern Politikerinnen und Politiker bewusst in die Öffentlichkeit treten, unterscheidet sich ihre Situation von derjenigen staatlicher Amtswalter, denen ohne ihr besonderes Zutun im Rahmen ihrer Berufsausübung eine Aufgabe mit Bürgerkontakt übertragen wurde (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 31, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 33).

    Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 152, 152 - Recht auf Vergessen I; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 32, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 35).

    In diesem Zusammenhang ist ebenfalls erheblich, ob und inwieweit für die betreffende Äußerung ein konkreter und nachvollziehbarer Anlass bestand oder ob sie aus nichtigen oder vorgeschobenen Gründen getätigt wurde (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 33, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 36).

    Ein solches die ehrbeeinträchtigende Wirkung einer Äußerung verstärkendes Medium kann insbesondere das Internet sein, wobei auch hier nicht allgemein auf das Medium als solches, sondern auf die konkrete Breitenwirkung abzustellen ist (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 34).

    Maßgeblich ist, dass die konkrete Situation der Äußerung erfasst und unter Berücksichtigung der auf beiden Seiten betroffenen Grundrechte hinreichend gewürdigt wird (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 35, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 38).

    Die vom Landgericht aufgestellte Behauptung, der vom Beschwerdeführer aufgestellte Vergleich überschreite die Grenze zur Schmähkritik, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung der Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik nicht (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 23).

    Eine solche ist erst dann gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 19).

    Bei der Bezeichnung als "unfähig" sowie dem Vergleich mit Schwerbehinderten handelte es sich nicht um kontextunabhängig gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeiten (zur Formalbeleidigung vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 21).

  • BVerfG, 10.10.1995 - 1 BvR 1476/91

    "Soldaten sind Mörder"

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 61, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

    Dies gilt namentlich für den Einfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit bei Auslegung und Anwendung der grundrechtsbeschränkenden Vorschriften der §§ 185 ff. StGB (vgl. BVerfGE 82, 43 ; 85, 23 ; 93, 266 ).

    Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 ; 61, 1 ; 93, 266 ; stRspr).

    Dazu gehören auch die §§ 185, 193 StGB (vgl. BVerfGE 93, 266 ), auf die sich die angegriffenen Entscheidungen stützen.

    (1) Auf der zutreffenden Sinnermittlung einer Äußerung aufbauend erfordert die Annahme einer Beleidigung nach § 185 StGB grundsätzlich eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen, hier also der Meinungsfreiheit und der persönlichen Ehre, drohen (vgl. BVerfGE 7, 198 ; 85, 1 ; 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 15; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2016 - 1 BvR 2646/15 -, Rn. 12; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2009 - 1 BvR 2272/04 -, Rn. 28).

    Eine Abwägung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die streitgegenständliche Äußerung sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 17 mit Verweisung auf BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ).

    Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde (vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

    Sie können persönlich nicht bekannte Personen, auch des öffentlichen Lebens, betreffen, die im Schutz der Anonymität des Internets ohne jeden nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik grundlos aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen heraus verunglimpft und verächtlich gemacht werden (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 19; vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

    Voraussetzung einer strafrechtlichen Sanktion ist dann allerdings - wie es der Normalfall für den Ausgleich von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht ist - eine grundrechtlich angeleitete Abwägung, die an die wertungsoffenen Tatbestandsmerkmale und Strafbarkeitsvoraussetzungen des Strafgesetzbuchs, insbesondere die Begriffe der "Beleidigung" und der "Wahrnehmung berechtigter Interessen", anknüpft (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 26; vgl. BVerfGE 12, 113 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

  • BVerfG, 19.12.2021 - 1 BvR 1073/20

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen fachgerichtliche Versagung der Auskunft

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Sie können persönlich nicht bekannte Personen, auch des öffentlichen Lebens, betreffen, die im Schutz der Anonymität des Internets ohne jeden nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik grundlos aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen heraus verunglimpft und verächtlich gemacht werden (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 19; vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

    (a) Das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit ist umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 29 m.w.N., und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 31).

    In die Abwägung ist daher einzustellen, ob die Privatsphäre der Betroffenen oder ihr öffentliches Wirken mit seinen - unter Umständen weitreichenden - gesellschaftlichen Folgen Gegenstand der Äußerung ist und welche Rückwirkungen auf die persönliche Integrität der Betroffenen von einer Äußerung ausgehen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 30, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 32).

    Insofern Politikerinnen und Politiker bewusst in die Öffentlichkeit treten, unterscheidet sich ihre Situation von derjenigen staatlicher Amtswalter, denen ohne ihr besonderes Zutun im Rahmen ihrer Berufsausübung eine Aufgabe mit Bürgerkontakt übertragen wurde (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 31, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 33).

    Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 152, 152 - Recht auf Vergessen I; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 32, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 35).

    In diesem Zusammenhang ist ebenfalls erheblich, ob und inwieweit für die betreffende Äußerung ein konkreter und nachvollziehbarer Anlass bestand oder ob sie aus nichtigen oder vorgeschobenen Gründen getätigt wurde (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 33, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 36).

    Maßgeblich ist, dass die konkrete Situation der Äußerung erfasst und unter Berücksichtigung der auf beiden Seiten betroffenen Grundrechte hinreichend gewürdigt wird (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 35, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 38).

  • BVerfG, 13.04.1994 - 1 BvR 23/94

    Auschwitzlüge

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 61, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

    Eine Abwägung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die streitgegenständliche Äußerung sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 17 mit Verweisung auf BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ).

    Voraussetzung einer strafrechtlichen Sanktion ist dann allerdings - wie es der Normalfall für den Ausgleich von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht ist - eine grundrechtlich angeleitete Abwägung, die an die wertungsoffenen Tatbestandsmerkmale und Strafbarkeitsvoraussetzungen des Strafgesetzbuchs, insbesondere die Begriffe der "Beleidigung" und der "Wahrnehmung berechtigter Interessen", anknüpft (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 26; vgl. BVerfGE 12, 113 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

  • BVerfG, 06.11.2019 - 1 BvR 16/13

    Recht auf Vergessen I - Auch bei gleichzeitiger Geltung der Unionsgrundrechte

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Denn eine Bereitschaft zur Mitwirkung in Staat und Gesellschaft kann nur erwartet werden, wenn für diejenigen, die sich engagieren und öffentlich einbringen, ein hinreichender Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 152, 152 - Recht auf Vergessen I; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 32, und vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 35).

    (d) Ebenfalls bei der Abwägung in Rechnung zu stellen ist die konkrete Verbreitung und Wirkung einer Äußerung (vgl. ebenso für zivilrechtliche Löschungsverlangen und Unterlassungsansprüche BVerfGE 152, 152 - Recht auf Vergessen I).

  • BVerfG, 13.05.1980 - 1 BvR 103/77

    Kunstkritik

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 ; 61, 1 ; 93, 266 ; stRspr).

    Weiter geht es zutreffend davon aus, dass im öffentlichen Meinungskampf bei öffentlich zur Diskussion gestellten, gesellschaftliches Interesse erregenden Beiträgen scharfe Äußerungen gebraucht werden dürfen (vgl. BVerfGE 54, 129 ; 68, 226 ; 82, 236 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2021 - 1 BvR 11/20 -, Rn. 18).

  • BVerfG, 22.06.1982 - 1 BvR 1376/79

    Wahlkampf/'CSU : NPD Europas'

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 61, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ).

    Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 ; 61, 1 ; 93, 266 ; stRspr).

  • BVerfG, 19.04.1990 - 1 BvR 40/86

    Meinungsfreiheit und Ehrenschutz - Franz Josef Strauß

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Dies gilt namentlich für den Einfluss des Grundrechts auf Meinungsfreiheit bei Auslegung und Anwendung der grundrechtsbeschränkenden Vorschriften der §§ 185 ff. StGB (vgl. BVerfGE 82, 43 ; 85, 23 ; 93, 266 ).

    Eine Abwägung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die streitgegenständliche Äußerung sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 17 mit Verweisung auf BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ).

  • BVerfG, 17.09.2012 - 1 BvR 2979/10

    Die Bezeichnung anderer als "rechtsradikal" ist ein Werturteil und fällt unter

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde (vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

    Sie können persönlich nicht bekannte Personen, auch des öffentlichen Lebens, betreffen, die im Schutz der Anonymität des Internets ohne jeden nachvollziehbaren Bezug zu einer Sachkritik grundlos aus verwerflichen Motiven wie Hass- oder Wutgefühlen heraus verunglimpft und verächtlich gemacht werden (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 19; vgl. BVerfGE 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Dezember 2021 - 1 BvR 1073/20 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, Rn. 30).

  • BVerfG, 09.10.1991 - 1 BvR 1555/88

    Bayer-Aktionäre

    Auszug aus BVerfG, 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19
    (1) Auf der zutreffenden Sinnermittlung einer Äußerung aufbauend erfordert die Annahme einer Beleidigung nach § 185 StGB grundsätzlich eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die den betroffenen Rechtsgütern und Interessen, hier also der Meinungsfreiheit und der persönlichen Ehre, drohen (vgl. BVerfGE 7, 198 ; 85, 1 ; 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 15; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2016 - 1 BvR 2646/15 -, Rn. 12; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 12. Mai 2009 - 1 BvR 2272/04 -, Rn. 28).

    Eine Abwägung ist nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn die streitgegenständliche Äußerung sich als Schmähung oder Schmähkritik, als Formalbeleidigung oder als Angriff auf die Menschenwürde darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 17 mit Verweisung auf BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ).

  • BVerfG, 31.10.1984 - 1 BvR 753/83

    Aus aus Bild und Schrift zusammengesetzte Meinungsäußerung - "Recht & Ordnung -

  • BVerfG, 11.11.2021 - 1 BvR 11/20

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen fachgerichtliche Verurteilung zur

  • BVerfG, 26.06.1990 - 1 BvR 776/84

    Schubart

  • BVerfG, 28.02.1989 - 1 BvR 1291/85

    Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerde-Verfahren

  • BVerfG, 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96

    Scientology, Helnwein, Anspruch auf Unterlassung rufschädigender Äußerungen

  • BVerfG, 15.01.1958 - 1 BvR 400/51

    Lüth - Boykottaufruf, mittelbare Drittwirkung der Grundrechte

  • EGMR, 08.07.1986 - 9815/82

    LINGENS v. AUSTRIA

  • BVerfG, 12.05.2009 - 1 BvR 2272/04

    Meinungsfreiheit ("durchgeknallter Staatsanwalt"; Beleidigung; Schmähung; Kontext

  • BVerfG, 25.01.1961 - 1 BvR 9/57

    Richard Schmid ./. DER SPIEGEL

  • BVerfG, 29.06.2016 - 1 BvR 2646/15

    Die falsche Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik verkürzt den

  • BVerfG, 09.10.1991 - 1 BvR 221/90

    Rhetorische Fragen und Meinungsfreiheit

  • EGMR, 23.05.1991 - 11662/85

    Oberschlick ./. Österreich

  • EGMR, 01.07.1997 - 20834/92

    OBERSCHLICK v. AUSTRIA (No. 2)

  • EGMR, 14.03.2013 - 26118/10

    Eon ./. Frankreich

  • BVerfG, 19.05.2020 - 1 BvR 1094/19

    Klarstellung verfassungsrechtlicher Maßgaben für strafrechtliche Verurteilungen

  • BGH, 28.09.2022 - VIII ZR 319/20

    Zur Zulässigkeit einer negativen Bewertung bei eBay (hier: "Versandkosten

    Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. etwa BGH, Urteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, NJW 2002, 1192 unter II 1 b aa; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, NJW 2015, 773 Rn. 18; vom 24. Juli 2018 - VI ZR 330/17, VersR 2019, 243 Rn. 39; vom 7. Mai 2020 - III ZR 10/19, juris Rn. 17; siehe auch BVerfG, NJW 2020, 2622 Rn. 19; NJW 2022, 680 Rn. 29; Beschluss vom 21. März 2022 - 1 BvR 2650/19, juris Rn. 15; jeweils mwN).
  • KG, 31.10.2022 - 10 W 13/20

    Pädophilen-Trulla

    Gleichfalls erheblich ist in diesem Zusammenhang, ob für die betreffende Äußerung ein konkreter und nachvollziehbarer Anlass bestand (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19 -, juris, Rn. 22; NJW 2022, 1931ff.).
  • BVerfG, 24.11.2023 - 1 BvR 1962/23

    Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen eine im Wege der einstweiligen Verfügung

    Damit lassen die Ausgangsgerichte jede Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen Interessen vermissen, die aber nur ausnahmsweise entbehrlich ist, wenn sich eine Äußerung als Schmähung oder Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinne, als Angriff auf die Menschenwürde oder als Formalbeleidigung darstellt (vgl. BVerfGE 82, 43 ; 85, 1 ; 90, 241 ; 93, 266 ; 99, 185 ; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 -, Rn. 14 ff.; vom 21. März 2022 - 1 BvR 2650/19 -, Rn. 26 ff.).
  • LAG Berlin-Brandenburg, 15.06.2023 - 10 Sa 1143/22

    Außerordentliche Kündigung - Kritik an Corona-Maßnahmen - KZ-Vergleich -

    Teil dieser Freiheit ist, dass Bürgerinnen und Bürger von ihnen als verantwortlich angesehene Amtsträgerinnen und Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angreifen können, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst werden und die Grundlage für einschneidende (gerichtliche) Sanktionen bilden (vgl. BVerfG vom 21. März 2022 -1 BvR 2650/19).

    Teil dieser Freiheit ist, dass Bürgerinnen und Bürger in anklagender und personalisierter Weise die Machtausübung angreifen können, ohne befürchten zu müssen, dass die personenbezogenen Elemente solcher Äußerungen aus diesem Kontext herausgelöst werden und die Grundlage für einschneidende (gerichtliche) Sanktionen bilden (vgl. BVerfG vom 21. März 2022 -1 BvR 2650/19).

  • OLG Köln, 20.01.2023 - 15 U 208/22

    Marie-Luise Vollbrecht

    aa) Der Begriff der sog. Schmähkritik ist anerkanntermaßen eng auszulegen (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG v. 21.03.2022 - 1 BvR 2650/19, NVwZ-RR 2022, 561 Rn. 15 f.); eine solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.
  • VG Berlin, 21.02.2023 - 26 L 15.23
    Doch verfehlt der Antragsgegner die gebotene zutreffende Sinnermittlung jener Äußerungen (dazu etwa Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. März 2022 - 1 BvR 2650/19 -, NJW 2022, 1931 [1932 ab Rn. 15]), indem er nur reflexartig auf diese Symbole nationalsozialistischer Gesinnung reagiert.
  • BVerwG, 11.05.2023 - 2 WD 12.22

    Beförderungsverbot mit Bezügekürzung wegen fahrlässig unterlassener Meldung eines

    Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. März 2022 - 1 BvR 2650/19 - juris Rn. 12 m. w. N.).
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