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   EuGH, 23.03.2023 - C-412/21   

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EuGH, 23.03.2023 - C-412/21 (https://dejure.org/2023,5256)
EuGH, Entscheidung vom 23.03.2023 - C-412/21 (https://dejure.org/2023,5256)
EuGH, Entscheidung vom 23. März 2023 - C-412/21 (https://dejure.org/2023,5256)
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Volltextveröffentlichungen (2)

  • Europäischer Gerichtshof

    Dual Prod

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbrauchsteuern - Richtlinie 2008/118/EG - Art. 16 Abs. 1 - Zulassung zum Betrieb eines Steuerlagers für verbrauchsteuerpflichtige Waren - Aufeinanderfolgende Aussetzungsmaßnahmen - Strafrechtlicher Charakter - Art. 48 und 50 der Charta der ...

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbrauchsteuern - Richtlinie 2008/118/EG - Art. 16 Abs. 1 - Zulassung zum Betrieb eines Steuerlagers für verbrauchsteuerpflichtige Waren - Aufeinanderfolgende Aussetzungsmaßnahmen - Strafrechtlicher Charakter - Art. 48 und 50 der Charta der ...

Sonstiges (3)

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Wird zitiert von ... (6)Neu Zitiert selbst (15)

  • EuGH, 22.03.2022 - C-117/20

    Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur im

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Erstens die rechtliche Einordnung der Zuwiderhandlung im innerstaatlichen Recht, zweitens die Art der Zuwiderhandlung und drittens der Schweregrad der dem Betroffenen drohenden Sanktion (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2012, Bonda, C-489/10, EU:C:2012:319, Rn. 37, und vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 25).

    Zunächst ist festzustellen, dass der in Art. 50 der Charta verankerte Grundsatz ne bis in idem eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen, die strafrechtlicher Natur im Sinne dieses Artikels sind, gegenüber derselben Person wegen derselben Tat verbietet (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Vorbehaltlich dieser Klarstellung ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem zweierlei voraussetzt, nämlich zum einen, dass es eine frühere endgültige Entscheidung gibt (Voraussetzung " bis "), und zum anderen, dass bei der früheren Entscheidung und bei den späteren Verfolgungsmaßnahmen oder Entscheidungen auf denselben Sachverhalt abgestellt wird (Voraussetzung " idem ") (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 28).

    Die Identität der materiellen Tat ist als die Gesamtheit der konkreten Umstände zu verstehen, die sich aus Ereignissen ergeben, bei denen es sich im Wesentlichen um dieselben handelt, da dieselbe Person gehandelt hat und sie zeitlich sowie räumlich unlösbar miteinander verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 36 und 37).

    Was zweitens die Voraussetzung " bis " anbelangt, ist es für die Annahme, dass mit einer Entscheidung über den einem zweiten Verfahren unterliegenden Sachverhalt endgültig entschieden worden ist, nicht nur erforderlich, dass diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist, sondern auch, dass sie nach einer Prüfung in der Sache ergangen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 29).

    Allerdings könnte eine solche Beschränkung noch auf der Grundlage von Art. 52 Abs. 1 der Charta gerechtfertigt werden (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 40).

    Zum anderen wahrt diese Möglichkeit, Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen zu kumulieren, den Wesensgehalt von Art. 50 der Charta nur, sofern die nationale Regelung es nicht ermöglicht, denselben Sachverhalt aufgrund desselben Verstoßes oder zur Verfolgung desselben Ziels zu verfolgen und zu ahnden, sondern nur die Möglichkeit einer Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen aufgrund unterschiedlicher Regelungen vorsieht (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 43).

    Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist festzustellen, dass nach diesem Grundsatz die in der nationalen Regelung vorgesehene Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen nicht die Grenzen dessen überschreiten darf, was zur Erreichung der mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; stehen mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl, ist die am wenigsten belastende zu wählen, und die durch sie bedingten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 48).

    Hinsichtlich der zwingenden Erforderlichkeit einer solchen Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen ist konkret zu prüfen, ob es klare und präzise Regeln gibt, anhand deren sich vorhersehen lässt, bei welchen Handlungen und Unterlassungen eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen in Frage kommt, und die eine Koordinierung zwischen den verschiedenen Behörden ermöglichen; weiter ist zu prüfen, ob die beiden Verfahren in hinreichend koordinierter Weise und in einem engen zeitlichen Zusammenhang geführt wurden und ob die gegebenenfalls im Rahmen des chronologisch zuerst geführten Verfahrens verhängte Sanktion bei der Bestimmung der zweiten Sanktion berücksichtigt wurde, so dass die Belastungen, die sich aus einer solchen Kumulierung für die Betroffenen ergeben, auf das zwingend Erforderliche beschränkt bleiben und die Gesamtheit der verhängten Sanktionen der Schwere der begangenen Straftaten entspricht (Urteil vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • EuGH, 18.07.2013 - C-501/11

    Der Gerichtshof bestätigt die gegen die Schindler-Gruppe wegen ihrer Beteiligung

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Zwar steht diese Bestimmung der Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C-501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 35), gegen diese Bestimmung wird hingegen verstoßen, wenn eine Verwaltungsbehörde eine strafrechtliche Sanktion erlässt, ohne zuvor die Verletzung einer vorher aufgestellten Regel festgestellt und der betroffenen Person Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu entlasten, wobei dieser Person ein bestehender Zweifel zugutekommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C-607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 234, 235 und 237 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Außerdem verlangt Art. 47 der Charta, dass jeder Adressat einer verwaltungsrechtlichen Sanktion mit strafrechtlichem Charakter über einen Rechtsbehelf verfügt, der es ihm ermöglicht, diese Sanktion von einem Gericht mit Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung überprüfen zu lassen (Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C-501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 32 bis 35), wobei dieser Rechtsbehelf u. a. die Prüfung ermöglicht, ob die Verwaltungsbehörde nicht gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen hat.

  • EuGH, 13.01.2022 - C-326/20

    MONO - Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbrauchsteuern - Richtlinie 2008/118/EG

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Denn zum einen haben die Mitgliedstaaten ein legitimes Interesse daran, geeignete Maßnahmen zum Schutz ihrer finanziellen Interessen zu ergreifen, und zum anderen ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein mit dieser Richtlinie verfolgtes Ziel, wie die Erwägungsgründe 15 und 16 sowie Art. 16 dieser Richtlinie bestätigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Januar 2022, MONO, C-326/20, EU:C:2022:7, Rn. 28 und 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Der Gerichtshof stellt insoweit in seiner Rechtsprechung klar, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C-331/88, EU:C:1990:391, Rn. 13, und vom 13. Januar 2022, MONO, C-326/20, EU:C:2022:7, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • EuGH, 13.11.1990 - 331/88

    The Queen / Ministry of Agriculture, Fisheries und Food, ex parte FEDESA u.a.

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Der Gerichtshof stellt insoweit in seiner Rechtsprechung klar, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C-331/88, EU:C:1990:391, Rn. 13, und vom 13. Januar 2022, MONO, C-326/20, EU:C:2022:7, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • EGMR, 08.07.2019 - 54012/10

    MIHALACHE v. ROMANIA

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Was zum anderen die Voraussetzung der Prüfung in der Sache betrifft, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Beachtung des Grundsatzes ne bis in idem , dass, wenn die zuständige Behörde eine Sanktion als Folge des dem Betroffenen vorgeworfenen Verhaltens verhängt hat, vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass die zuständige Behörde zuvor die Umstände der Rechtssache und die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Betroffenen beurteilt hat (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil vom 8. Juli 2019, Mihalache/Rumänien, CE:ECHR:2019:0708JUD005401210, § 98).
  • EuGH, 14.05.2020 - C-607/18

    NKT Verwaltung und NKT/ Kommission

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Zwar steht diese Bestimmung der Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion durch eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C-501/11 P, EU:C:2013:522, Rn. 35), gegen diese Bestimmung wird hingegen verstoßen, wenn eine Verwaltungsbehörde eine strafrechtliche Sanktion erlässt, ohne zuvor die Verletzung einer vorher aufgestellten Regel festgestellt und der betroffenen Person Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu entlasten, wobei dieser Person ein bestehender Zweifel zugutekommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Mai 2020, NKT Verwaltung und NKT/Kommission, C-607/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:385, Rn. 234, 235 und 237 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • EuGH, 22.03.2022 - C-151/20

    Nordzucker u.a. - Vorlage zur Vorabentscheidung - Wettbewerb - Art. 101 AEUV -

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    In Anbetracht der Bedeutung dieser dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung kann eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur gerechtfertigt sein, wenn zur Erreichung des betreffenden Ziels mit diesen Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen komplementäre Zwecke verfolgt werden, die gegebenenfalls verschiedene Aspekte desselben rechtswidrigen Verhaltens betreffen (Urteil vom 22. März 2022, Nordzucker u. a., C-151/20, EU:C:2022:203, Rn. 52).
  • EuGH, 16.07.2009 - C-344/08

    Rubach - Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten - In Anhang B der Verordnung

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    48 Abs. 1 der Charta soll jedermann gewährleisten, nicht als Straftäter bezeichnet oder behandelt zu werden, bevor nicht seine Schuld nachgewiesen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Rubach, C-344/08, EU:C:2009:482, Rn. 31).
  • EuGH, 22.06.2021 - C-439/19

    Das Recht der Union über den Datenschutz steht der lettischen Regelung entgegen,

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Dagegen ist eine Maßnahme, die nur den durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schaden ersetzen soll, nicht strafrechtlicher Natur (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2021, Latvijas Republikas Saeima [Strafpunkte], C-439/19, EU:C:2021:504, Rn. 89).
  • EuGH, 20.03.2018 - C-524/15

    Der Grundsatz ne bis in idem kann zum Schutz der finanziellen Interessen der

    Auszug aus EuGH, 23.03.2023 - C-412/21
    Allerdings ist erstens hervorzuheben, dass sich die Anwendung der Bestimmungen der Charta, die einer Straftat beschuldigte Personen schützen, nicht allein auf Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen beschränkt, die im nationalen Recht als "strafrechtlich" eingestuft werden, sondern sich - unabhängig von einer solchen innerstaatlichen Einordnung - auf Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen erstreckt, die nach den beiden anderen in Rn. 27 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien strafrechtlicher Natur sind (Urteil vom 20. März 2018, Menci, C-524/15, EU:C:2018:197" Rn. 30).
  • EuGH, 02.06.2016 - C-81/15

    Kapnoviomichania Karelia - Vorlage zur Vorabentscheidung - Steuerwesen -

  • EuGH, 19.11.2019 - C-585/18

    Das vorlegende Gericht hat zu prüfen, ob die neue Disziplinarkammer des

  • EuGH, 05.06.2012 - C-489/10

    Der Ausschluss eines Betriebsinhabers von der Gewährung von Agrarbeihilfen wegen

  • EuGH, 28.03.1985 - 91/84

    Director of Public Prosecutions / Hackett

  • EGMR, 12.12.2017 - 92/12

    BUKOWSKI v. POLAND

  • EuGH, 14.09.2023 - C-820/21

    Vinal

    Denn zum einen haben die Mitgliedstaaten ein legitimes Interesse daran, geeignete Maßnahmen zum Schutz ihrer finanziellen Interessen zu ergreifen, und zum anderen ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein mit dieser Richtlinie verfolgtes Ziel, wie die Erwägungsgründe 15 und 16 sowie Art. 16 dieser Richtlinie bestätigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Januar 2022, MONO, C-326/20, EU:C:2022:7, Rn. 28 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 25).

    Er muss daher die Bestimmungen der Charta beachten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 26).

    Die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem setzt zweierlei voraus, nämlich zum einen, dass es eine frühere endgültige Entscheidung gibt (Voraussetzung " bis "), und zum anderen, dass bei der früheren Entscheidung und bei den späteren Verfolgungsmaßnahmen oder Entscheidungen auf denselben Sachverhalt abgestellt wird (Voraussetzung " idem ") (Urteile vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 28, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 51).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind für die Frage, ob Sanktionen für die Zwecke der Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem als strafrechtlich eingestuft werden können, drei Kriterien maßgebend, und zwar erstens die rechtliche Einordnung der Zuwiderhandlung im innerstaatlichen Recht, zweitens die Art der Zuwiderhandlung und drittens der Schweregrad der dem Betroffenen drohenden Sanktion (Urteile vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 27, und vom 4. Mai 2023, MV - 98, C-97/21, EU:C:2023:371, Rn. 38).

    Die Anwendung von Art. 50 der Charta erstreckt sich jedoch unabhängig von der Einstufung strafrechtlicher Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen nach innerstaatlichem Recht auf Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen, die nach den beiden anderen in Rn. 47 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterien strafrechtlicher Natur sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 29, und vom 4. Mai 2023, MV - 98, C-97/21, EU:C:2023:371, Rn. 41).

    Dagegen ist eine Maßnahme, die nur den durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schaden ersetzen soll, nicht strafrechtlicher Natur (Urteile vom 22. Juni 2021, Latvijas Republikas Saeima [Strafpunkte], C-439/19, EU:C:2021:504, Rn. 89, vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 30, und vom 4. Mai 2023, MV - 98, C-97/21, EU:C:2023:371, Rn. 42).

    Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich hervor, dass eine solche Entscheidung nur auf Wirtschaftsteilnehmer Anwendung finden soll, die zugelassene Lagerinhaber für verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne dieser Richtlinie sind, indem ihnen die sich aus einer solchen Zulassung ergebenden Vorteile genommen werden (vgl. entsprechend Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 32).

    Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob Vinal durch eine solche Entscheidung von der Ausübung dieser Vorrechte ausgeschlossen wird, weil die zuständige Verwaltungsbehörde der Ansicht war, dass die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Zulassung nicht mehr erfüllt sind, was dafür spräche, dass mit dieser Entscheidung keine repressive Zielsetzung verfolgt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 33).

    Zum anderen hat der Entzug der Zulassung für den Betrieb eines Steuerlagers zwar nur zur Folge, dem betroffenen zugelassenen Lagerinhaber die mit dem Steuerlagerverfahren verbundenen Vorrechte zu entziehen, und hindert diesen nicht daran, weiterhin wirtschaftliche Tätigkeiten auszuüben, die keine solche Zulassung erfordern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 37).

    Sollte das vorlegende Gericht nach Prüfung der oben genannten Voraussetzungen der Auffassung sein, dass die Kumulierung der beiden im Ausgangsverfahren fraglichen Maßnahmen das in Art. 50 der Charta verankerte Grundrecht einschränkt, obliegt es ihm daher, festzustellen, ob diese Einschränkung gleichwohl auf der Grundlage von Art. 52 Abs. 1 der Charta als gerechtfertigt angesehen werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 40, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 58 und 59).

    Zum anderen ergibt sich aus der Rechtsprechung außerdem, dass diese Möglichkeit, Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen zu kumulieren, den Wesensgehalt von Art. 50 der Charta nur wahrt, sofern die nationale Regelung es nicht ermöglicht, denselben Sachverhalt aufgrund desselben Verstoßes oder zur Verfolgung desselben Ziels zu verfolgen und zu ahnden, sondern nur die Möglichkeit einer Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen aufgrund unterschiedlicher Regelungen vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 43, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 63).

    Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist schließlich festzustellen, dass nach diesem Grundsatz die in der nationalen Regelung vorgesehene Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen nicht die Grenzen dessen überschreiten darf, was zur Erreichung der mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; stehen mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl, ist die am wenigsten belastende zu wählen, und die durch sie bedingten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 48, vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 66, und vom 4. Mai 2023, MV - 98, C-97/21, EU:C:2023:371, Rn. 56).

    Zum anderen ist hinsichtlich der zwingenden Erforderlichkeit einer solchen Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen konkret zu prüfen, ob es klare und präzise Regeln gibt, anhand deren die Steuerpflichtigen vorhersehen können, bei welchen Handlungen und Unterlassungen eine Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen in Frage kommt, und die eine Koordinierung zwischen den verschiedenen Behörden sicherstellen; weiter ist zu prüfen, ob die beiden Verfahren in hinreichend koordinierter Weise und in einem engen zeitlichen Zusammenhang geführt wurden und ob die gegebenenfalls im Rahmen des chronologisch zuerst geführten Verfahrens verhängte Sanktion bei der Bestimmung der zweiten Sanktion berücksichtigt wurde, so dass die Belastungen, die sich aus einer solchen Kumulierung für die Betroffenen ergeben, auf das zwingend Erforderliche beschränkt bleiben und die Gesamtheit der verhängten Sanktionen der Schwere der begangenen Straftaten entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. März 2022, bpost, C-117/20, EU:C:2022:202, Rn. 51, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 67).

    Der Gerichtshof stellt insoweit in seiner Rechtsprechung klar, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die dadurch bedingten Nachteile in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen müssen (Urteile vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C-331/88, EU:C:1990:391, Rn. 13, und vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 71).

  • EuGH, 14.09.2023 - C-27/22

    Auf wegen unlauterer Geschäftspraktiken verhängte Sanktionen, die als

    Danach gilt sie für die Mitgliedstaaten nur bei der Durchführung des Rechts der Union; diese Bestimmung bestätigt die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung finden (Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • EuGH, 25.01.2024 - C-58/22

    Parchetul de pe lânga Curtea de Apel Craiova

    Aus dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich, dass, wenn die zuständige Behörde eine Sanktion als Folge des dem Betroffenen vorgeworfenen Verhaltens verhängt hat, vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass die zuständige Behörde zuvor die Umstände der Rechtssache und die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Betroffenen beurteilt hat (vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • Generalanwalt beim EuGH, 08.06.2023 - C-58/22

    Parchetul de pe lânga Curtea de Apel Craiova - Ersuchen um Vorabentscheidung -

    19 Vgl. z. B. Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod (C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    51 Vgl. z. B. Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod (C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • EuGH, 19.10.2023 - C-147/22

    Központi Nyomozó Főügyészség - Vorlage zur Vorabentscheidung - Übereinkommen

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem zweierlei voraussetzt, nämlich zum einen, dass es eine frühere endgültige Entscheidung gibt (Voraussetzung " bis "), und zum anderen, dass bei der früheren Entscheidung und bei den späteren Verfolgungsmaßnahmen oder Entscheidungen auf denselben Sachverhalt abgestellt wird (Voraussetzung " idem ") (Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod, C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • Generalanwalt beim EuGH, 06.07.2023 - C-147/22

    Központi Nyomozó Főügyészség

    9 Vgl. z. B. Urteil vom 23. März 2023, Dual Prod (C-412/21, EU:C:2023:234, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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