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   EuGH, 27.02.2020 - C-773/18 bis C-775/18, C-773/18, C-774/18, C-775/18   

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EuGH, 27.02.2020 - C-773/18 bis C-775/18, C-773/18, C-774/18, C-775/18 (https://dejure.org/2020,3082)
EuGH, Entscheidung vom 27.02.2020 - C-773/18 bis C-775/18, C-773/18, C-774/18, C-775/18 (https://dejure.org/2020,3082)
EuGH, Entscheidung vom 27. Februar 2020 - C-773/18 bis C-775/18, C-773/18, C-774/18, C-775/18 (https://dejure.org/2020,3082)
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Volltextveröffentlichungen (4)

  • Europäischer Gerichtshof

    Land Sachsen-Anhalt () und juges)

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Sozialpolitik - Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - Richtlinie 2000/78/EG - Art. 2 und 6 - Verbot jeder Diskriminierung wegen des Alters Besoldung der Beamten - Diskriminierendes Besoldungssystem - Auf der Grundlage einer ...

  • doev.de PDF

    TK u.a. - Beamten- und Richterbesoldung; Altersdiskriminierung

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Sozialpolitik - Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - Richtlinie 2000/78/EG - Art. 2 und 6 - Verbot jeder Diskriminierung wegen des Alters Besoldung der Beamten - Diskriminierendes Besoldungssystem - Auf der Grundlage einer ...

  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse

  • anwaltonline.com (Kurzinformation)

    Besoldung von Beamten und Richtern: Diskriminierung wegen des Alters

Sonstiges (3)

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NVwZ 2020, 944
 
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Wird zitiert von ... (10)Neu Zitiert selbst (10)

  • EuGH, 08.09.2011 - C-297/10

    Hennigs - Richtlinie 2000/78/EG - Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 - Charta der

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    In seinem Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), hat der Gerichtshof entschieden, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta verankert und durch die Richtlinie 2000/78, insbesondere deren Art. 2 und Art. 6 Abs. 1, konkretisiert worden ist, es verbietet, innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter zu bemessen.

    Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt sich ebenfalls, dass die deutschen Verwaltungsgerichte die Übertragbarkeit der im Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), entwickelten Grundsätze auf die Besoldungsbedingungen der Beamten und Richter unterschiedlich beurteilt haben.

    Das Land Sachsen-Anhalt führte hierzu u. a. aus, sie hätten die Zahlung der in § 15 Abs. 2 AGG vorgesehenen Entschädigung innerhalb der Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen müssen, die am 8. September 2011, dem Tag der Verkündung des Urteils Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), begonnen habe.

    Zum anderen sei fraglich, ob die Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), für die Kläger der Ausgangsverfahren die Zweimonatsfrist nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung ihrer Rechte, im vorliegenden Fall durch Erhebung von Widersprüchen, in Lauf setzen konnte.

    - die Frist mit der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), beginnt, obwohl der Betroffene nicht unter den Bundesangestelltentarifvertrag fällt, sondern seine persönliche Situation der in der Rechtssache entspricht, in der das Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), ergangen ist, oder der in der Rechtssache, in der das Urteil vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen ist;.

    - das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), von den betroffenen Beamten und Richtern (Arbeitnehmern) nur aus allgemeinen öffentlichen Quellen entnommen werden kann;.

    Der Beginn dieser Frist in Fällen wie den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden wurde gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Deutschland) auf den Tag der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), festgesetzt.

    Es stellt sich daher die Frage, ob die Kläger der Ausgangsverfahren ab dem Tag der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), in der Lage waren, diesen diskriminierenden Charakter zu erkennen, wie das Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung entschieden hat, dass die einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkte in diesem Urteil hinreichend klar dargelegt worden seien.

    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem BBesG a. F. obliegenden Verpflichtung mit der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), erläutert und verdeutlicht worden sind (Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a., C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 104).

    Dem vorlegenden Gericht zufolge fielen die Beamten und Richter des Landes Sachsen-Anhalt in dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nicht unter die Regelung, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), ergangen sei, sondern unter die Regelung, um die es in den Rechtssachen ging, in denen die Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen sind.

    Nach der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), habe das Land Sachsen-Anhalt ebenso wie das Bundesministerium des Innern in seinen Rundschreiben vom 27. Januar und 23. März 2012 die Auffassung vertreten, dass dieses Urteil nicht auf seine Beamten oder Richter übertragbar sei, da es nur Angestellte betreffe.

    Schließlich geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass die Kläger der Ausgangsverfahren weder zeitnah vom Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), Kenntnis genommen noch dessen Bedeutung in Bezug auf ihre eigene Besoldung erkannt haben.

    In den Rn. 81 bis 84 des vorliegenden Urteils ist nämlich darauf hingewiesen worden, dass das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), nicht die für die Kläger des Ausgangsverfahrens geltende nationale Regelung betraf, dass das Land Sachsen-Anhalt und die zuständigen Bundesbehörden im Anschluss an die Verkündung dieses Urteils die Auffassung vertraten, dass dieses nicht auf Beamte und Richter übertragbar sei, und dass diese Auffassung bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 51), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561, Rn. 33 und 34), von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt wurde.

    Daher scheint das vorlegende Gericht zu Recht davon auszugehen, dass die Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), trotz der Klarstellungen und Präzisierungen in Bezug auf Art und Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 obliegenden Verpflichtung, die darin vorgenommen wurden, die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte für die Beurteilung der Vereinbarkeit der Vorschriften über die Besoldung der Beamten und Richter des Landes Sachsen-Anhalt mit diesen Bestimmungen weder für die zuständigen Behörden des Landes Sachsen-Anhalt noch für die zuständigen Bundesbehörden oder für die Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte hinreichend geklärt hat.

    Unter diesen Umständen bestand die Gefahr, dass die Beamten und selbst die Richter des Landes Sachsen-Anhalt nicht innerhalb von zwei Monaten nach Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), erkennen konnten, dass oder in welchem Umfang sie diskriminiert worden waren.

    Diese Umstände begründen somit Zweifel daran, dass die Festsetzung des Beginns der in § 15 Abs. 4 AGG vorgesehenen Frist auf den Tag der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), die in Rn. 69 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien hinreichend berücksichtigte, insbesondere diejenigen in Bezug auf die Komplexität der anzuwendenden Rechtsvorschriften und die Zahl der möglicherweise betroffenen Personen.

  • EuGH, 19.06.2014 - C-501/12

    Specht - Vorabentscheidungsersuchen - Sozialpolitik - Richtlinie 2000/78/EG -

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Mit Urteilen vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), und vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), entschied der Gerichtshof, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich die Grundgehaltsstufe eines Beamten oder Richters innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

    - die Frist mit der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), beginnt, obwohl der Betroffene nicht unter den Bundesangestelltentarifvertrag fällt, sondern seine persönliche Situation der in der Rechtssache entspricht, in der das Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), ergangen ist, oder der in der Rechtssache, in der das Urteil vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen ist;.

    - die Rechtsprechung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte innerhalb der genannten Frist und auch danach bis zur Verkündung des Urteils vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), überwiegend das Vorliegen einer Altersdiskriminierung verneint hat;.

    - obergerichtliche Rechtsprechung innerhalb der Frist nicht existierte und die erste höchstrichterliche Entscheidung erst nach Verkündung des Urteils vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), ergangen ist;.

    Der Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet (Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a., C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 52).

    Sie verfügen nicht nur bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen über ein weites Ermessen (Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a., C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 46).

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Rn. 63, 72 und 86 des Urteils vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), entschieden hat, dass die Art. 2 und 6 der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die darauf abzielt, eine Diskriminierung wegen des Alters zu beseitigen und die für einen Übergangszeitraum auf die frühere, auf einer Ungleichbehandlung wegen des Alters beruhende Besoldungsregelung Bezug nimmt, wenn ein solcher Bezug erforderlich ist, um den Schutz erworbener Rechte zu gewährleisten und seine Auswirkungen mit der Zeit abnehmen und verschwinden.

    Hierzu hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem BBesG a. F. obliegenden Verpflichtung mit der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), erläutert und verdeutlicht worden sind (Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a., C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 104).

    Dem vorlegenden Gericht zufolge fielen die Beamten und Richter des Landes Sachsen-Anhalt in dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nicht unter die Regelung, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), ergangen sei, sondern unter die Regelung, um die es in den Rechtssachen ging, in denen die Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen sind.

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass diese Auffassung bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt worden sei und eine Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht erst nach Verkündung des Urteils vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-540/12), erfolgt sei.

    So seien die in den Ausgangsverfahren einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkte erst nach und nach im Zuge der aufeinanderfolgenden Urteile des Gerichtshofs geklärt worden und bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 51), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561, Rn. 33 und 34), nicht in hinreichender Klarheit festgestellt worden.

    In den Rn. 81 bis 84 des vorliegenden Urteils ist nämlich darauf hingewiesen worden, dass das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), nicht die für die Kläger des Ausgangsverfahrens geltende nationale Regelung betraf, dass das Land Sachsen-Anhalt und die zuständigen Bundesbehörden im Anschluss an die Verkündung dieses Urteils die Auffassung vertraten, dass dieses nicht auf Beamte und Richter übertragbar sei, und dass diese Auffassung bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 51), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561, Rn. 33 und 34), von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt wurde.

  • EuGH, 08.07.2010 - C-246/09

    Bulicke - Richtlinie 2000/78/EG - Art. 8 und 9 - Nationales Verfahren zur

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Somit ergibt sich aus dieser Bestimmung, dass die Frage der Fristen für die Einleitung von Verfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Richtlinie vom Unionsrecht nicht geregelt wird (Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 24).

    Nach ständiger Rechtsprechung ist es daher Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, solche Verfahrensmodalitäten zu regeln, wobei diese nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die entsprechender innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 25).

    Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass Art. 9 der Richtlinie 2000/78 einer Frist wie der in § 15 Abs. 4 AGG vorgesehenen nicht entgegensteht, sofern zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe und zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der durch diese Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 42).

    In Bezug auf die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 AGG mit dem Äquivalenzprinzip hat der Gerichtshof außerdem festgestellt, dass die Möglichkeit, für Vermögens- und Nichtvermögensschäden, die infolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität entstanden sind, entschädigt zu werden, mit dem AGG geschaffen worden ist und dass es daher vor dem Erlass dieses Gesetzes keine im eigentlichen Sinne entsprechenden Verfahren gab (Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 30).

    Unter diesen Umständen ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die in der dritten Vorlagefrage genannten Ansprüche, die sämtlich an finanzielle Ansprüche anzuknüpfen scheinen, die speziell in Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst bestehen, dem nach § 15 AGG geltend gemachten Entschädigungsanspruch vergleichbar sind und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der in Rede stehenden Verfahren günstigeren Verfahrensmodalitäten unterliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 29).

    Allein das vorlegende Gericht besitzt nämlich eine unmittelbare Kenntnis der Verfahrensmodalitäten solcher Ansprüche im Bereich des öffentlichen Dienstrechts und ist daher am besten in der Lage, sowohl den Gegenstand als auch die wesentlichen Merkmale der als vergleichbar dargestellten Verfahren des innerstaatlichen Rechts zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 28).

    Was insbesondere § 15 Abs. 4 AGG betrifft, der eine Frist von zwei Monaten für die Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber vorsieht, hat der Gerichtshof entschieden, dass nicht ersichtlich ist, dass die Länge dieser Ausschlussfrist die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 38 und 39).

    Hinsichtlich des Beginns der Ausschlussfrist hat der Gerichtshof ausgeführt, dass dieser nicht in der Weise festgesetzt werden darf, dass ein Arbeitnehmer möglicherweise nicht innerhalb dieser Frist erkennen kann, dass und in welchem Umfang er diskriminiert wurde, so dass ihm die Geltendmachung seiner Ansprüche unmöglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 40).

    Der Gerichtshof hat insoweit klargestellt, dass § 15 Abs. 4 AGG, falls die darin vorgesehene Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Arbeitnehmer von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt, nicht geeignet ist, die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Bulicke, C-246/09, EU:C:2010:418, Rn. 41).

  • EuGH, 09.09.2015 - C-20/13

    Unland - Vorlage zur Vorabentscheidung - Sozialpolitik - Richtlinie 2000/78/EG -

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Mit Urteilen vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), und vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), entschied der Gerichtshof, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Maßnahme entgegenstehen, nach der sich die Grundgehaltsstufe eines Beamten oder Richters innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

    - die Frist mit der Verkündung des Urteils vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), beginnt, obwohl der Betroffene nicht unter den Bundesangestelltentarifvertrag fällt, sondern seine persönliche Situation der in der Rechtssache entspricht, in der das Urteil vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), ergangen ist, oder der in der Rechtssache, in der das Urteil vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen ist;.

    Dem vorlegenden Gericht zufolge fielen die Beamten und Richter des Landes Sachsen-Anhalt in dem in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nicht unter die Regelung, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), ergangen sei, sondern unter die Regelung, um die es in den Rechtssachen ging, in denen die Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), ergangen sind.

    Das vorlegende Gericht führt aus, dass diese Auffassung bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561), von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt worden sei und eine Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht erst nach Verkündung des Urteils vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-540/12), erfolgt sei.

    So seien die in den Ausgangsverfahren einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkte erst nach und nach im Zuge der aufeinanderfolgenden Urteile des Gerichtshofs geklärt worden und bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 51), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561, Rn. 33 und 34), nicht in hinreichender Klarheit festgestellt worden.

    In den Rn. 81 bis 84 des vorliegenden Urteils ist nämlich darauf hingewiesen worden, dass das Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C-297/10 und C-298/10, EU:C:2011:560), nicht die für die Kläger des Ausgangsverfahrens geltende nationale Regelung betraf, dass das Land Sachsen-Anhalt und die zuständigen Bundesbehörden im Anschluss an die Verkündung dieses Urteils die Auffassung vertraten, dass dieses nicht auf Beamte und Richter übertragbar sei, und dass diese Auffassung bis zur Verkündung der Urteile vom 19. Juni 2014, Specht u. a. (C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12, EU:C:2014:2005, Rn. 51), sowie vom 9. September 2015, Unland (C-20/13, EU:C:2015:561, Rn. 33 und 34), von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt wurde.

  • EuGH - C-774/18 (anhängig)

    Land Sachsen-Anhalt

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    UL (C-774/18),.

    Sie ergehen im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten zwischen TK (C-773/18), UL (C-774/18) und VM (C-775/18) auf der einen und dem Land Sachsen-Anhalt (Deutschland) auf der anderen Seite wegen Entschädigung wegen Altersdiskriminierung, die sie bei ihrer Einstufung in Grundgehaltsstufen anlässlich ihrer Einstellung als Richter oder Beamter dieses Landes erlitten haben sollen.

    Die Kläger der Ausgangsverfahren in den Rechtssachen C-774/18 und C-775/18 sind seit dem 1. August 2006 bzw. dem 1. Januar 2009 Beamte dieses Bundeslandes.

    Die Kläger der Ausgangsverfahren legten am 16. Dezember 2013 (C-773/18), am 17. Februar 2012 (C-774/18) und am 21. Dezember 2012 (C-775/18) beim Land Sachsen-Anhalt Widerspruch gegen die Festsetzung ihrer Besoldung bis zum 31. März 2011 ein und machten eine Diskriminierung wegen des Alters geltend.

    Am 24. März (C-773/18), 27. Juni (C-774/18) und 24. Februar 2016 (C-775/18) wurden die Widersprüche der Kläger der Ausgangsverfahren wegen verspäteter Erhebung zurückgewiesen.

    Am 18. April (C-773/18), 22. Juli (C-774/18) und 23. März 2016 (C-775/18) erhoben die Kläger der Ausgangsverfahren beim vorlegenden Gericht Klage und beantragten u. a., das Land Sachsen-Anhalt zur Zahlung der in § 15 Abs. 2 AGG vorgesehenen Entschädigung zu verurteilen.

  • EuGH, 27.06.2017 - C-74/16

    Die Steuerbefreiungen, in deren Genuss die katholische Kirche in Spanien kommt,

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Der Gerichtshof kann die Beantwortung einer Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C-74/16, EU:C:2017:496, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • EuGH, 21.12.2016 - C-327/15

    TDC - Vorlage zur Vorabentscheidung - Elektronische Kommunikationsnetze und

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Zu berücksichtigen sind dabei gegebenenfalls u. a. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (Urteil vom 21. Dezember 2016, TDC, C-327/15, EU:C:2016:974, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Unter diesem Vorbehalt ist es den Mitgliedstaaten unbenommen, mehr oder weniger lange Fristen vorzusehen (Urteil vom 21. Dezember 2016, TDC, C-327/15, EU:C:2016:974, Rn. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • EuGH, 07.11.2019 - C-280/18

    Wenn der Öffentlichkeit nicht ermöglicht wird, sich an der

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Der Gerichtshof sieht es nämlich nicht als übermäßige Behinderung an, eine Ausschlussfrist erst ab dem Zeitpunkt laufen zu lassen, zu dem der Betroffene von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis genommen hat oder sie zumindest hätte zur Kenntnis nehmen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2019, Flausch u. a., C-280/18, EU:C:2019:928, Rn. 55).
  • EuGH, 07.02.2019 - C-49/18

    Escribano Vindel

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Das Ziel, den Beamten und den Richtern dieses Landes eine Besoldung zu gewährleisten, die der Bedeutung der ausgeübten Funktionen entspricht, ist als legitimes Ziel anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Februar 2019, Escribano Vindel, C-49/18, EU:C:2019:106, Rn. 66).
  • EuGH, 20.09.2018 - C-518/17

    Rudigier - Vorlage zur Vorabentscheidung - Öffentliche Aufträge - Öffentliche

    Auszug aus EuGH, 27.02.2020 - C-773/18
    Im Rahmen dieser Prüfung setzt die Wahrung des Grundsatzes der Äquivalenz voraus, dass die betreffende Regelung in gleicher Weise für Verfahren gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern sie einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2018, Rudigier, C-518/17, EU:C:2018:757, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • OVG Niedersachsen, 28.09.2022 - 5 LC 208/17

    Altersdiskriminierende Besoldung; Ausschlussfrist; Begründungspflichten;

    Hieraus ergibt sich, dass die Frage der Fristen für die Einleitung von Verfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der Richtlinie vom Unionsrecht nicht geregelt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 8.7.2010 - C-246/09, Bulicke -, juris Rn. 24; Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 59 f.).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 8.7.2010 - C-246/09, Bulicke -, juris Rn. 25 m. w. N.; Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 61) ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen, wobei diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die allein innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität).

    Der Europäische Gerichtshof hat in seinen Urteilen vom 27. Februar 2020 (C-773/18 bis C-775/18, juris), welche die altersdiskriminierende Besoldung betreffen, Bezug auf sein Urteil in der Sache Bulicke genommen und wiederum ausgeführt, dass Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG einer Frist wie der in § 15 Abs. 4 AGG vorgesehenen grundsätzlich nicht entgegenstehe, sofern der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz nicht verletzt seien (EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 62).

    Es ist nach wie vor nicht ersichtlich, dass die Länge dieser Ausschlussfrist die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte (EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 70), wobei in diesem Zusammenhang der Bestimmung des Fristbeginns wesentliche Bedeutung zukommt (siehe dazu unter B.I.3.b.).

    Zum Äquivalenzgrundsatz hat der Europäische Gerichtshof zusammenfassend ausgeführt, dass es Sache der nationalen Gerichte sei, festzustellen, ob es vergleichbare nationale Ansprüche mit günstigeren Modalitäten gebe (EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 63 ff.).

    Entsprechend hat auch der Europäische Gerichtshof in Bezug auf die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 AGG mit dem Äquivalenzgrundsatz entschieden, dass die Möglichkeit, für Vermögens- und Nichtvermögensschäden, die infolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität entstanden sind, entschädigt zu werden, mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geschaffen worden ist und dass es daher vor dem Erlass dieses Gesetzes keine im eigentlichen Sinne entsprechenden Verfahren gegeben hat (EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 63).

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 27.2.2020, u. a. - C-773/18 -, juris Rn. 71 ff.) darf der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht in der Weise festgesetzt werden, dass ein Arbeitnehmer möglicherweise nicht innerhalb dieser Frist erkennen kann, dass und in welchem Umfang er diskriminiert worden ist, so dass ihm die Geltendmachung seiner Ansprüche unmöglich ist.

    Dafür, dass den Beamten die Ausübung ihrer insoweit bestehenden Rechte dadurch übermäßig erschwert würde, wenn als Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG auf die Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 abgestellt würde, spricht ferner, dass - worauf der Europäische Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Feststellungen des vorlegenden Verwaltungsgerichts Halle abgestellt hat - über 60 % der von Beamten und Richtern des Landes Sachsen-Anhalt gestellten Entschädigungsanträge wegen altersdiskriminierender Besoldung wegen Verfristung zurückgewiesen wurden, und selbst Juristen die Bedeutung des Urteils in den Sachen Hennigs und Mai für die eigene Besoldung nicht sofort erkannten (vgl. EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 91).

    Allgemeine weitere einschlägige tatsächliche und rechtliche Umstände, die entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei der Prüfung der Frage, ob der Beginn der in § 15 Abs. 4 AGG vorgesehenen Frist so festgelegt wurde, dass den Beamten die Ausübung der ihnen durch § 15 Abs. 2 AGG verliehenen Rechte übermäßig erschwert wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 93), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

    Es ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 8.7.2010 - C-246/09, Bulicke -, juris Rn. 25 m. w. N.; Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 61) Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen, wobei diese Verfahren die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität).

    Der Senat ist zwar nunmehr der Überzeugung, dass erst durch die Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Specht am 19. Juni 2014 (- C-773/18 -, juris) die Rechtslage betreffend die altersdiskriminierende Beamtenbesoldung hinreichend geklärt worden ist (siehe dazu B. I. 3. c.).

    Als Bestätigung dieser Rechtsprechung ist sein Urteil vom 27. Februar 2020 (- C-773/18 -, juris Rn. 53) anzusehen (ergangen zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt).

    Die Mitgliedstaaten verfügten nicht nur bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel von mehreren sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollten, sondern auch bei der Festlegung der zu seiner Erreichung geeigneten Maßnahmen über ein weites Ermessen (EuGH, Urteil vom 19.6.2014 - C-501/12, Specht -, juris Rn. 46 m. w. N.; Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 42).

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfügen die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der zur Erreichung des jeweiligen legitimen Ziels - hier der Honorierung der Berufserfahrung und des Besitzstandschutzes - geeigneten Maßnahmen/Mittel über ein weites Ermessen (vgl. EuGH, Urteil vom 19.6.2014 - C-501/12, Specht -, juris Rn. 46 m. w. N.; Urteil vom 27.2.2020 - C-773/18 -, juris Rn. 42; Schleuser/Suckow/Plum, a. a. O., § 10 AGG Rn. 28).

  • BVerfG, 18.03.2022 - 2 BvR 1232/20

    Verfassungsbeschwerde betreffend die Richterbesoldung nach Altersstufen wegen

    Nachdem das Verfahren zum Ruhen gebracht worden war, beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26. Mai 2020 die Wiederaufnahme des Verfahrens und wies auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Februar 2020 - C-773/18 u.a. - hin.

    Im Laufe des Zulassungsverfahrens hat der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung jedoch präzisiert und auf Vorlage des Verwaltungsgerichts Halle entschieden, dass der Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sei, dass er es einem Mitgliedstaat verbiete, den Beginn einer Ausschlussfrist von zwei Monaten für die Stellung eines Antrags auf Ersatz des Schadens, der aus einer Maßnahme entstanden sei, die eine Diskriminierung wegen des Alters darstelle, auf den Tag der Verkündung eines Urteils des Gerichtshof festzusetzen, mit dem der diskriminierende Charakter einer ähnlichen Regelung festgestellt wurde, wenn die Gefahr bestehe, dass die Betroffenen nicht innerhalb der Frist erkennen könnten, dass oder in welchem Umfang sie diskriminiert wurden; dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat Uneinigkeit bestehe, ob dieses Urteil auf die betreffende Maßnahme übertragbar ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020 - C-773/18 u.a. -, juris).

    Zwar weist das Oberverwaltungsgericht zunächst zutreffend darauf hin, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs insbesondere aus dem Umstand, dass mehrere Tausend Beamte und Richter des Landes Sachsen-Anhalt ihre Anträge innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG vorgesehen Frist eingereicht haben, klar hervorgehe, dass der im vorliegenden Fall festgesetzte Fristbeginn die Ausübung der durch § 15 Abs. 2 AGG verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020, a.a.O., Rn. 86).

    Jedoch hat der Europäische Gerichtshof mit seinen weiteren Ausführungen die Gefahr gesehen, dass die Beamten und selbst die Richter des Landes Sachsen-Anhalt nicht innerhalb von zwei Monaten nach Verkündung des Urteils in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 hätten erkennen können, dass oder in welchem Umfang sie diskriminiert worden seien (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020, a.a.O., Rn. 90).

    Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 27. Februar 2020 ausgeführt, es obliege dem vorlegenden Gericht, das allein über eine unmittelbare Kenntnis der Ausgangsrechtsstreitigkeiten verfüge, anhand sämtlicher einschlägigen tatsächlichen und rechtlichen Umstände die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 AGG so festgelegt worden sei, dass die Ausübung der ihnen durch § 15 Abs. 2 AGG verliehenen Rechte durch die Beamten und Richter des Landes Sachsen-Anhalt übermäßig erschwert worden sei (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020, a.a.O., Rn. 93).

    Daher war insbesondere der vom Europäischen Gerichtshof berücksichtigte Umstand, dass das Land Sachsen-Anhalt und die zuständigen Bundesbehörden im Anschluss an die Verkündung des Urteils vom 8. September 2011 - C-297/10 u.a. - die Auffassung vertreten hätten, dass dieses nicht auf Beamte und Richter übertragbar sei und diese Auffassung von der Mehrheit der deutschen Verwaltungsgerichte geteilt worden sei (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020, a.a.O., Rn. 88), ohne weiteres auf den vorliegenden Fall zu übertragen.

  • BVerwG, 16.06.2020 - 2 C 8.19

    Ausgleichsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit

    An dieser Rechtsprechung hält der Gerichtshof der Europäischen Union bis heute fest (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2020 - C-773/18 u.a., TK u.a. - NVwZ 2020, 944 Rn. 69 m.w.N.).
  • EuGH, 10.02.2022 - C-219/20

    Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld (Délai de prescription) - Vorlage zur

    Was als Erstes den Äquivalenzgrundsatz betrifft, so setzt die Wahrung dieses Grundsatzes voraus, dass die betreffende Regelung in gleicher Weise für Verfahren gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern sie einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2020, Land Sachsen-Anhalt [Besoldung der Beamten und Richter], C-773/18 bis C-775/18, EU:C:2020:125, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • Generalanwalt beim EuGH, 19.11.2020 - C-504/19

    Banco de Portugal u.a. - Vorabentscheidungsersuchen - Bankenaufsicht - Sanierung

    63 Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. November 2019, Flausch u. a. (C-280/18, EU:C:2019:928, Rn. 55), und vom 27. Februar 2020, TK u. a. (Besoldung der Beamten und Richter) (C-773/18 bis C-775/18, EU:C:2020:125, Rn. 73).
  • OVG Nordrhein-Westfalen, 18.05.2022 - 6 A 3618/20

    Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahren als eine der Mitwirkung der

    BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 C 8.19 -, a. a. O. Rn. 15 ff. unter Auswertung der jüngeren Rechtsprechung des EuGH, auch des vom Kläger auszugsweise zitierten Urteils vom 27. Februar 2020 - C-773/18 -.
  • Generalanwalt beim EuGH, 10.09.2020 - C-450/19

    Kilpailu- ja kuluttajavirasto

    11 Aus einer umfangreichen Rechtsprechung vgl. Urteile vom 31. Januar 2017, Lounani (C-573/14, EU:C:2017:71, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 27. Februar 2020, Land Sachsen-Anhalt (Besoldung der Beamten und Richter) (C-773/18 bis C-775/18, EU:C:2020:125, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • Generalanwalt beim EuGH, 19.11.2020 - C-511/19

    Olympiako Athlitiko Kentro Athinon - Vorlage zur Vorabentscheidung -

    14 Vgl. u. a. Urteile vom 19. Juli 2017, Abercrombie & Fitch Italia (C-143/16, EU:C:2017:566, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 27. Februar 2020, Land Sachsen-Anhalt (Besoldung der Beamten und Richter) (C-773/18 bis C-775/18, EU:C:2020:125, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
  • OVG Sachsen-Anhalt, 02.05.2022 - 1 L 40/22

    Zulassung der Berufung infolge einer stattgebenden

    Diese Argumentation hat der Senat in seinem Beschluss vom 11. Juni 2020 - 1 L 67/20 -, den das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 18. März 2022 - 2 BvR 1232/20 - (juris) aufgehoben hat, als überzeugend angesehen; auch wenn im Rahmen der Überprüfung des Effektivitätsgrundsatzes der vom Kläger in den Mittelpunkt seines Zulassungsvorbringens gestellte Gesichtspunkt des hohen Anteils der als verspätet zurückgewiesenen Widersprüche mit zu berücksichtigen sei, gebe deshalb die rechnerische Quote der an der Ausschlussfrist gescheiterten Besoldungsempfänger keinen Aufschluss darüber, ob diese Frist die Geltendmachung der Rechte übermäßig erschwert habe, hierfür seien auch nach dem im Laufe des Zulassungsverfahrens ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Februar 2020 - C-773/18 u. a. - (juris Rn. 88 ff.) andere, vom Kläger jedenfalls nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegte Gesichtspunkte maßgebend.
  • OVG Sachsen-Anhalt, 30.05.2022 - 1 L 40/22

    Antrag auf Entschädigung wegen altersdiskriminierender Besoldung; Darlegung

    Diese Argumentation hat der Senat in seinem Beschluss vom 11. Juni 2020 - 1 L 67/20 -, den das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 18. März 2022 - 2 BvR 1232/20 - (juris) aufgehoben hat, als überzeugend angesehen; auch wenn im Rahmen der Überprüfung des Effektivitätsgrundsatzes der vom Kläger in den Mittelpunkt seines Zulassungsvorbringens gestellte Gesichtspunkt des hohen Anteils der als verspätet zurückgewiesenen Widersprüche mit zu berücksichtigen sei, gebe deshalb die rechnerische Quote der an der Ausschlussfrist gescheiterten Besoldungsempfänger keinen Aufschluss darüber, ob diese Frist die Geltendmachung der Rechte übermäßig erschwert habe, hierfür seien auch nach dem im Laufe des Zulassungsverfahrens ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Februar 2020 - C-773/18 u. a. - (juris Rn. 88 ff.) andere, vom Kläger jedenfalls nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegte Gesichtspunkte maßgebend.
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