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   OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19   

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OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 (https://dejure.org/2020,23364)
OVG Hamburg, Entscheidung vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 (https://dejure.org/2020,23364)
OVG Hamburg, Entscheidung vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 (https://dejure.org/2020,23364)
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Volltextveröffentlichungen (5)

Kurzfassungen/Presse (3)

  • Justiz Hamburg (Pressemitteilung)

    Betreten der zur privaten Nutzung überlassenen Zimmer einer Wohnunterkunft zum Zwecke der Abschiebung ohne richterliche Anordnung rechtswidrig

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter

  • kostenlose-urteile.de (Kurzmitteilung)

    Betreten der zur privaten Nutzung überlassenen Zimmer einer Wohnunterkunft zum Zwecke der Abschiebung ohne richterliche Anordnung rechtswidrig - Zimmer einer Wohnunterkunft gilt als eine Wohnung

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NVwZ-RR 2021, 322
 
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Wird zitiert von ... (11)Neu Zitiert selbst (24)

  • OVG Hamburg, 23.10.1996 - Bf V 21/96

    Grundrechte; Unverletzlichkeit der Wohnung; Betretungsrecht; Besichtigungsrecht;

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Die Durchsuchung erschöpft sich nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (BVerfG, Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 26; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 12).

    Eine Durchsuchung liegt daher nicht vor, wenn der Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung nicht über ein Betreten und das Besichtigen offenliegender Gegenstände hinausgeht, auch wenn der Inhaber der Wohnung diese lieber dem Blick entzogen hätte (OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 12).

    Die Betretungs- und Besichtigungsrechte der Bauaufsichtsbehörden (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4) sowie der Überwachungsbehörden auf den Gebieten des Apotheken-, Handwerks-, Lebensmittel- und Wohnraumschutzrechts (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.2.1964, 1 BvL 17/61 u.a., BVerfGE 17, 232, juris Rn. 70; Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 48; BVerwG, Urt. v. 5.11.1987, 3 C 52.85, BVerwGE 78, 251, juris Rn. 25; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 13) sind deshalb von der Rechtsprechung nicht als Durchsuchung eingeordnet worden.

    Die in der Rechtsprechung anerkannten Betretungsfälle zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass das bloße Betreten typischerweise der Feststellung eines Sachverhalts zur Vorbereitung einer behördlichen Maßnahme diente (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 6.6.2012, 11 A 3099/12, juris Rn. 22; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 8).

  • BVerwG, 07.06.2006 - 4 B 36.06

    Betreten einer Wohnung; Durchsuchung; Bauzustandsbesichtigung.

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Durchsuchungen sind danach Mittel zum Auffinden und Ergreifen einer Person, zum Auffinden, Sicherstellen oder zur Beschlagnahme einer Sache oder zur Verfolgung von Spuren; "Durchsuchen" bedeutet in diesem Zusammenhang, in der Wohnung etwas nicht klar zutage Liegendes, vielleicht Verborgenes aufzudecken oder ein Geheimnis zu lüften (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 3).

    Deshalb handelt es sich nicht immer schon dann um eine Durchsuchung, wenn bei dem Betreten und der Besichtigung einer Wohnung Dinge wahrgenommen werden, die offen zutage liegen, die der Wohnungsinhaber aber vor den zuständigen Behörden geheim halten möchte (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4).

    Die Betretungs- und Besichtigungsrechte der Bauaufsichtsbehörden (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4) sowie der Überwachungsbehörden auf den Gebieten des Apotheken-, Handwerks-, Lebensmittel- und Wohnraumschutzrechts (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.2.1964, 1 BvL 17/61 u.a., BVerfGE 17, 232, juris Rn. 70; Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 48; BVerwG, Urt. v. 5.11.1987, 3 C 52.85, BVerwGE 78, 251, juris Rn. 25; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 13) sind deshalb von der Rechtsprechung nicht als Durchsuchung eingeordnet worden.

  • BVerfG, 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00

    Wohnungsdurchsuchung

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Dies widerspräche dem Sinn und Zweck von Art. 13 Abs. 2 GG, der auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz abzielt (BVerfG, Urt. v. 20.2.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, juris Rn. 33 und Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 31).

    Die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung hätte den Erfolg der Durchsuchung nicht gefährdet (vgl. BVerfG, Urt. v. 20.2.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, juris Rn. 42).

  • BVerfG, 16.06.1987 - 1 BvR 1202/84

    Zwangsvollstreckung III

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Die Durchsuchung erschöpft sich nicht in einem Betreten der Wohnung, sondern umfasst als zweites Element die Vornahme von Handlungen in den Räumen (BVerfG, Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 26; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 12).

    Dies widerspräche dem Sinn und Zweck von Art. 13 Abs. 2 GG, der auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz abzielt (BVerfG, Urt. v. 20.2.2001, 2 BvR 1444/00, BVerfGE 103, 142, juris Rn. 33 und Beschl. v. 16.6.1987, 1 BvR 1202/84, BVerfGE 76, 83, juris Rn. 31).

  • OVG Bremen, 30.09.2019 - 2 S 262/19
    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Vielmehr spielte sich in den Zimmern der Kläger ihr Privatleben ab, insbesondere hatten sie dort ihre Schlafstätte (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 30.9.2019, 2 S 262/19, NordÖR 2020, 122, juris Rn. 18).

    Bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Kläger die Wohnung wegen der Abschiebung verließen, diente sie ihnen weiterhin als Lebensmittelpunkt und zur Verwirklichung ihrer Privatsphäre (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 30.9.2019, 2 S 262/19, NordÖR 2020, 122, juris Rn. 18).

  • LG Verden, 25.08.2004 - 6 T 120/04

    Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung einer Wohnung;

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    In Anwendung dieses Maßstabs stellt das Betreten einer Wohnung durch Behördenmitarbeiter, um dort Personen zum Zwecke der Abschiebung aufzufinden und zu ergreifen, eine Durchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG dar (so auch VG Berlin, Beschl. v. 16.2.2018, 19 M 62.18, juris Rn. 9, bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.2.2018, OVG 6 L 14.18, juris Rn. 2; LG Verden, Beschl. v. 25.8.2004, 6 T 120/04, InfAuslR 2004, 453, Leitsatz in juris; vgl. AG Kerpen, Beschl. v. 22.1.2004, 68 XIV 3/04, juris Rn. 3).

    Die Beklagte hat die Wohnung der Kläger nicht nur betreten, um darin zu verweilen und einen bestimmten Sachverhalt festzustellen, sondern einen - wenn auch geringen - darüberhinausgehenden Aufwand betrieben, indem sie die Räumlichkeiten der Kläger in Augenschein genommen hat, um festzustellen, ob sich - was sie nicht wusste - die Kläger in der Wohnung befinden oder nicht (vgl. LG Verden, Beschl. v. 25.8.2004, 6 T 120/04, InfAuslR 2004, 453, Leitsatz in juris).

  • BVerfG, 18.09.2008 - 2 BvR 683/08

    Anforderungen an den effektiven Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren gegen eine

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    In den Tatbestand der Wohnung fallen alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten, in denen der Mensch das Recht hat, in Ruhe gelassen zu werden (BVerfG, Beschl. v. 9.8.2018, 2 BvR 1684/18, NJW 2019, 3633, juris Rn. 29; Beschl. v. 18.9.2008, 2 BvR 683/08, ZIP 2008, 2027, juris Rn. 14).

    Zweck der Durchsuchung ist es, etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht herausgeben oder offenlegen will (BVerfG, Beschl. v. 18.9.2008, 2 BvR 683/08, ZIP 2008, 2027, juris Rn. 17; Beschl. v. 5.5.1987, 1 BvR 1113/85, BVerfGE 75, 318, juris Rn. 26).

  • BVerfG, 13.10.1971 - 1 BvR 280/66

    Betriebsbetretungsrecht

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Art. 13 GG schützt die räumliche Privatsphäre (BVerfG, Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 45).

    Die Betretungs- und Besichtigungsrechte der Bauaufsichtsbehörden (BVerwG, Beschl. v. 7.6.2006, 4 B 36.06, NJW 2006, 2504, juris Rn. 4) sowie der Überwachungsbehörden auf den Gebieten des Apotheken-, Handwerks-, Lebensmittel- und Wohnraumschutzrechts (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.2.1964, 1 BvL 17/61 u.a., BVerfGE 17, 232, juris Rn. 70; Beschl. v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54, juris Rn. 48; BVerwG, Urt. v. 5.11.1987, 3 C 52.85, BVerwGE 78, 251, juris Rn. 25; OVG Hamburg, Beschl. v. 23.10.1996, Bf V 21/96, NJW 1997, 2193, juris Rn. 13) sind deshalb von der Rechtsprechung nicht als Durchsuchung eingeordnet worden.

  • OLG Düsseldorf, 23.12.2014 - 3 Wx 46/14
    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Außerdem vermag allein der Umstand, dass sich - wovon vor dem Betreten der Wohnung nicht ausgegangen werden konnte - nach dem Betreten der Wohnung weitere darüberhinausgehende körperliche Handlungen als nicht erforderlich erweisen, die Einordnung von Eingriffen als Durchsuchung nachträglich nicht zu ändern (anders wohl OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2014, I-3 Wx 46/14, FamRZ 2015, 1047, juris Rn. 28, in einem Fall, in dem der gesuchte Gegenstand vom Bewohner sofort freiwillig herausgegeben wurde).
  • BVerfG, 30.05.1996 - 2 BvR 727/94

    Betreten von Hafträumen ohne vorheriges Anklopfen

    Auszug aus OVG Hamburg, 18.08.2020 - 4 Bf 160/19
    Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, sind zur alleinigen Nutzung zugewiesene Räume in Gemeinschaftsunterkünften aufgrund der unterschiedlichen Zweckrichtung der Unterbringung auch nicht mit Hafträumen vergleichbar, für die der Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG nur eingeschränkt gilt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.5.1996, 2 BvR 727/94 u.a., NJW 1996, 2643, juris Rn. 13).
  • BVerwG, 05.11.1987 - 3 C 52.85

    Lebensmittelbehörde - Recht zum Betreten - Betriebsräume - Geschäftsräume -

  • BVerfG, 31.01.2017 - 1 BvR 1259/16

    Akteneinsicht für die Nebenklägerin (Recht des Angeklagten auf informationelle

  • BVerfG, 27.02.2008 - 1 BvR 370/07

    Grundrecht auf Computerschutz

  • AG Kerpen, 23.01.2004 - 68 XIV 3/04

    Betreten und Durchsuchung einer Wohnung bzw. eines Zimmers einer

  • BVerfG, 09.08.2019 - 2 BvR 1684/18

    Durchsuchung einer Wohnung in einem gegen einen Dritten gerichteten

  • VG Oldenburg, 06.06.2012 - 11 A 3099/12

    Abschiebung; Betreten einer Wohnung; Wohnungsdurchsuchung

  • OVG Berlin-Brandenburg, 19.02.2018 - 6 L 14.18

    Richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung zum Zweck der Abschiebung eines

  • VG Berlin, 16.02.2018 - 19 M 62.18

    Erlass einer Durchsuchungsanordnung zur Durchsetzung der Abschiebung

  • VG Neustadt, 28.06.2002 - 7 N 1804/02

    D (A), Vietnamesen, Aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Abschiebungsvorbereitungen,

  • BVerfG, 05.05.1987 - 1 BvR 1113/85

    Sachverständiger

  • BVerwG, 06.09.1974 - I C 17.73

    Studentenwohnheim - Art. 13 Abs. 2, Abs. 3 GG

  • BVerfG, 05.12.2001 - 2 BvR 527/99

    Rehabilitierung bei Abschiebungshaft

  • VGH Hessen, 26.10.1990 - 4 TH 1480/90

    Betreten von Wohnungen durch mit dem Vollzug der Hessischen Bauordnung

  • BVerfG, 13.02.1964 - 1 BvL 17/61

    Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr. 5 ApoG

  • VG Stuttgart, 18.02.2021 - 1 K 9602/18

    Abschiebung zur Nachtzeit - Personenfeststellung in Erstaufnahmeeinrichtung

    Denn für die in einer solchen Konstellation statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage gelten keine spezielleren Voraussetzungen als für die allgemeine Feststellungsklage (BVerwG, Urteil vom 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, juris Rn. 22; OVG Hamburg, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 -, juris Rn. 25).

    Die konkrete Klageart für einzelne Maßnahmen kann abermals dahinstehen (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 -, juris Rn. 25).

    Anders als in einer Gemeinschaftsunterkunft (dazu OVG Bremen, Beschluss vom 30.09.2019 - 2 S 262/19 -, juris Rn. 18; OVG Hamburg, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 -, juris Rn. 32) hatte der Kläger keinen exklusiven Rückzugsraum, über den er weitestgehend frei verfügen konnte.

    (1) Anders als im Rahmen der Razzia war der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch das Betreten des Zimmers des Klägers während der Abschiebung nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, unabhängig davon, ob das Betreten zugleich eine Durchsuchung im rechtlichen Sinne darstellt (so wohl zutreffend bei Vorliegen einer Wohnung, vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 -, juris Rn. 33 ff.).

  • VGH Baden-Württemberg, 28.03.2022 - 1 S 1265/21

    Abschiebung als spezialgesetzlich geregelte Maßnahme der

    Für die Prüfung, ob der für Wohnungsdurchsuchungen bestehende Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG und § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG verletzt wurde, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Behörde ex ante betrachtet subjektiv eine Durchsuchung durchführen wollte, sondern ob sie ex post betrachtet objektiv eine Durchsuchung durchgeführt hat (entgegen OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322).

    Gleichwohl finden auch auf die Durchführung der Abschiebung grundsätzlich die landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts Anwendung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 LVwVG; dazu, dass diese Vorschrift den Anwendungsbereich des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes auf die Vollstreckung von nicht durch Verwaltungsakte geregelten Pflichten erstreckt, LT-Drs. 10/4374, S. 20; zum insoweit entsprechenden Landesrecht anderer Bundesländer OVG Bremen Beschl. v. 18.02.2020 - 2 S 43/20 - NVwZ-RR 2020, 660, v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris, und v. Beschl. v. 05.08.2019 - 2 F 211/19 - juris, m.w.N.; HambOVG, Ur. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - juris; Gordzielik, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 3 m.w.N.; Kluth, a.a.O., § 58 AufenthG Rn. 7 m.w.N.; Albracht/Naujoks, NVwZ 1986, 26 m.w.N.).

    Entscheidend sind vielmehr die Umstände des konkreten Einzelfalls (im Ergebnis ebenso für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung - die Eigenschaft als "Wohnung" dort jeweils bejahend - OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019 - 2 S 262/19 - juris [Fall, in dem einem bestandskräftig abgelehnten Asylbewerber in einer Gemeinschaftsunterkunft ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen und von ihm vor allen zum Schlafen und sonstigen Aufenthalt genutzt wurde]; zust. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/03 -, juris ["jedenfalls nicht fernliegend"]; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322 [Fall, in dem ausreisepflichtigen früheren Asylbewerbern in einem Wohncontainer zwei für sie verschließbare Zimmer zur alleinigen Nutzung zugewiesen worden waren]; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris [Fall, in dem zwei Bewohnern ein ca. 15 qm großes, von ihnen verschließbares Zimmer zugewiesen wurde]).

    Dass der Bewohner die Tür abschließen kann, ist gegebenenfalls ein zusätzliches Indiz für die eingangs genannte Zweckbestimmung (vgl. etwa - für Sammelunterkünfte der Anschlussunterbringung im Sinne von § 53 AsylG - HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322; VG Berlin, Urt. v. 04.10.2021 - 10 K 383.19 - juris), aber keine notwendige Voraussetzung, wie der Vergleich mit einem typischerweise ebenfalls nicht abschließbaren Krankenzimmer oder einem (Wohn-)Zelt zeigt, die, wie gezeigt (oben b)), in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 GG fallen.

    Der Umstand, dass ausreisepflichtige Asylbewerber im Zuge der Abschiebung ihre Unterkunft räumen müssen und deshalb dort anschließend - nach erfolgter Abschiebung - nicht mehr ihr Privatleben entfalten können, vermag den Räumlichkeiten bis zum Verlassen derselben nicht die - falls bis dahin vorhanden - Eigenschaft als räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet, zu nehmen (ebenso HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; OVG Bremen, Beschl. v. 30.09.2019, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019, a.a.O.).

    Hiervon abweichend wird unter anderem in der jüngeren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teils die Auffassung vertreten, dass es für das Bestehen des Richtervorbehalts aus Art. 13 Abs. 2 GG maßgeblich auf eine (hier sog.) subjektive ex ante-Betrachtung ankomme (vgl. in diesem Sinne OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 - OVG 3 M 143/20 u.a. - juris, dort auch zum mit Art. 13 Abs. 2 GG übereinstimmenden Begriff der Durchsuchung i.S.v. § 58 Abs. 6 AufenthG; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322).

    Daraus folge, dass (bereits) dann, wenn die die Abschiebung durchführende Behörde bei der Vorbereitung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen müsse oder zumindest mit solchen ernstlich zu rechnen sei, weil nicht absehbar sei, ob und - wenn ja - wo genau sich der aufzugreifende Ausländer in der Wohnung befinde, die Maßnahme auf eine Durchsuchung abziele, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG greife (vgl. OVG Bln.-Brbg., Beschl. v. 18.03.2021 a.a.O.; HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; VG Hamburg, Urt. v. 15.02.2019 - 9 K 1669/18 - InfAuslR 2019, 257; ähnl.

    Folge man hingegen der Ansicht, dass von einem Durchsuchen nicht gesprochen werden könne, wenn die fraglichen Personen sich nicht verborgen halten, sondern vor Ort bei der jeweiligen Umschau ohne weiteres zu erkennen sind, "hinge es letztlich von Zufällen wie der Größe oder der Überschaubarkeit einer Wohnung oder dem konkreten Aufenthaltsort der Personen innerhalb der Wohnung ab, ob eine Durchsuchung - die dann ggf. mangels richterlicher Anordnung abgebrochen werden müsste - oder ein Betreten vorliegt" (HambOVG, Urt. v. 18.08.2020, a.a.O.; ähnl. Franke/Kerkemeyer, a.a.O, S. 765: "Im Ergebnis ist damit jegliches Betreten privaten Wohnraumes, das entweder dem Auffinden bestimmter Gegenstände oder Spuren oder der Ergreifung einer Person dient und nicht von einer Einwilligung des Wohnungsinhabers gedeckt ist, als Durchsuchung nach Art. 13 [Abs. 2] GG zu werten. Dies führt in der Praxis dazu, dass in aller Regel richterliche Durchsuchungsbeschlüsse beantragt werden müssen, wenn Personen in ihren Wohnungen ergriffen werden sollen.").

  • BVerwG, 15.06.2023 - 1 C 10.22

    Rechtmäßigkeit des Betretens von Räumen in Flüchtlingsunterkünften

    Nicht zu folgen ist der Auffassung der Revision, von einem insoweit einzunehmenden ex-ante-Standpunkt aus sei stets allein auf den Zweck des Auffindens einer Person abzustellen, unabhängig davon, ob auch nur die geringste Suchhandlung stattgefunden hat (vgl. in diesem Sinne OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 - OVG 3 M 143/20 u. a. - juris, dort auch zum mit Art. 13 Abs. 2 GG übereinstimmenden Begriff der Durchsuchung im Sinne von § 58 Abs. 6 AufenthG; OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - NVwZ-RR 2021, 322).
  • VG Berlin, 04.10.2021 - 10 K 383.19
    Denn sie ist im Hinblick auf den Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung und den für Durchsuchungen angeordneten Richtervorbehalt gemäß Art. 13 Abs. 1, 2 GG in besonderer Weise grundrechtsrelevant (Hamburgisches OVG, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19, Rn. 25, juris).

    In dem Zimmer fand deren Privatleben statt, insbesondere hatten sie dort ihre Schlafstätte (vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 - 2 S 262/19, NordÖR 2020, 122, juris Rn. 18; Hamburgisches OVG, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19, Rn. 31, juris).

    Der Zweck des Richtervorbehalts in § 58 Abs. 6 Satz 1 AufenthG, der wiederum die verfassungsrechtliche Regelung des Art. 13 Abs. 2 GG wiedergibt, eine vorbeugende Kontrolle des Eingriffs in den privaten Lebensbereich der Wohnung auf seine Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit durch eine unabhängige und neutrale Instanz und somit einen präventiven Grundrechtsschutz durch Verfahren zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn. 40; Beschluss vom 16. Juni 1987 - 1 BvR 1202/84 - juris Rn. 31; Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - juris Rn. 33; Beschluss vom 12. März 2019 - 2 BvR 675/14 - juris Rn. 53), spricht dafür, dass es für die Abgrenzung und das Erfordernis einer Einholung der richterlichen Durchsuchungsanordnung auf die ex-ante-Sicht der Behördenmitarbeiter ankommt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 - OVG 3 M 143/20, Rn. 9, juris; Hamburgisches OVG, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19, Rn. 33; Kunig in: von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 13 Rn. 26).

    Muss danach die die Abschiebung durchführende Behörde bei der Vorbereitung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen oder ist zumindest mit solchen ernstlich zu rechnen, weil nicht absehbar ist, ob und - wenn ja - wo genau sich der aufzugreifende Ausländer in der Wohnung befindet, spricht dies dafür, dass die Maßnahme auf eine Durchsuchung abzielt, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG, § 58 Abs. 6 Satz 1 AufenthG greift (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 37; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2021 - OVG 3 M 143/20, Rn. 9, juris).

  • OVG Berlin-Brandenburg, 18.03.2021 - 3 M 143.20

    Durchsuchung einer Wohnung zwecks Durchführung einer Abschiebung

    Muss danach die die Abschiebung durchführende Behörde bei der Vorbereitung der Maßnahme von der Notwendigkeit, Suchhandlungen vorzunehmen, ausgehen oder ist zumindest mit solchen ernstlich zu rechnen, weil nicht absehbar ist, ob und - wenn ja - wo genau sich der aufzugreifende Ausländer in der Wohnung befindet, spricht dies dafür, dass die Maßnahme auf eine Durchsuchung abzielt, für die der Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG, § 58 Abs. 6 Satz 1 AufenthG greift (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 37).

    Dass das von einem Ausländer genutzte Zimmer in der Gemeinschaftsunterkunft als Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG anzusehen ist, erscheint jedenfalls nicht fernliegend (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 - 2 S 262/19 - juris Rn. 18; OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 31 f.; a.A. Zeitler, in: HTK-AuslR, Stand: 1. Februar 2021, AufenthG § 58 Rn. 13 ff.).

    Die Feststellung, dass sich der Ausländer in der Wohnung befindet, geschah nicht nur gelegentlich des anderen Zwecken dienenden behördlichen Besichtigungs- und Betretungsrechts, sondern ist das unmittelbare und einzige Ziel der Maßnahme (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 34; in diesem Sinne auch Zeitler, in: HTK-AuslR, Stand: 1. Februar 2021, AufenthG § 58 Rn. 33 f.; Herrmann, ZAR 2017, 201, 204; Franke/Kerkemeyer, NVwZ 2020, 760, 763 f.).

  • VG Düsseldorf, 04.03.2021 - 27 I 11/21

    Durchsuchung Betreten Verhältnismäßigkeit Richtervorbehalt

    vgl. VG Hamburg, Urteil vom 15. Februar 2019 - 9 K 1669/18 -, juris; OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 -, juris.
  • VGH Baden-Württemberg, 28.06.2021 - 12 S 921/21

    Rechtsnatur einer Hausordnung in einer Erstaufnahmeeinrichtung; grundrechtlich

    Eine pauschale Übertragung der Erwägungen der Rechtsprechung zu Gemeinschaftsunterkünften, die einer Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung in der Regel nachfolgt (vgl. § 53 Abs. 1 AsylG) und geringeren Restriktionen (etwa im Bereich der Sicherheit oder hinsichtlich des Sachleistungsprinzips, vgl. § 11 FlüAG) unterliegt, dürfte aufgrund der speziellen (Unterbringungs-)Situation in einer Erstaufnahmeeinrichtung nicht möglich sein (vgl. zu Gemeinschaftsunterkünften etwa OVG Bremen, Beschluss vom 30.09.2019 - 2 S 262/19 -, juris; OVG Hamburg, Urteil vom 18.08.2020 - 4 Bf 160/19 ).
  • VG Hamburg, 08.09.2020 - 19 K 1761/20

    Corona-Krise; Betriebsschließungen von Fitness- und Sportstudios in Hamburg;

    Die Bestimmung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes richtet sich nach dem Begehren der Klägerinnen (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 18.8.2020, 4 Bf 160/19, juris Rn. 28), welches im Sinne des § 88 VwGO dahingehend zu verstehen ist, dass sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Norm für den gesamten Gültigkeitszeitraum begehren.
  • VGH Bayern, 17.04.2023 - 19 ZB 22.127

    Zum Umfang der Kosten der Abschiebung

    Dass das von einem Ausländer genutzte Zimmer als Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG anzusehen sei, erscheine jedenfalls nicht fernliegend (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 30. September 2019 - 2 S 262/19 - juris Rn. 18; OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 31 f.; a.A. Zeitler, in: HTK-AuslR, Stand: 1. Februar 2021, AufenthG § 58 Rn. 13 ff.).

    Die Feststellung, dass sich der Ausländer in der Wohnung befinde, geschehe nicht nur gelegentlich des anderen Zwecken dienenden behördlichen Besichtigungs- und Betretungsrechts, sondern sei das unmittelbare und einzige Ziel der Maßnahme (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 - juris Rn. 34; in diesem Sinne auch Zeitler, in: HTK-AuslR, Stand: 1. Februar 2021, AufenthG § 58 Rn. 33 f.; Herrmann, ZAR 2017, 201, 204; Franke/Kerkemeyer, NVwZ 2020, 760, 763 f.).

  • VG Aachen, 13.09.2021 - 8 I 16/21

    Wohnungsdurchsuchung; Verwaltungsrechtsweg; örtliche Zuständigkeit; förmliche

    vgl. hierzu: Hamburgisches OVG, Urteil vom 18. August 2020 - 4 Bf 160/19 -, juris, Rn. 34.
  • VG Aachen, 05.08.2021 - 8 I 13/21

    Durchsuchungsanordnung; Familie; Einreise- und Aufenthaltsverbot; familiäre

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