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   VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16   

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VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16 (https://dejure.org/2017,1331)
VG Lüneburg, Entscheidung vom 16.01.2017 - 3 A 194/16 (https://dejure.org/2017,1331)
VG Lüneburg, Entscheidung vom 16. Januar 2017 - 3 A 194/16 (https://dejure.org/2017,1331)
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Wird zitiert von ... (6)Neu Zitiert selbst (36)

  • OVG Niedersachsen, 19.09.2016 - 9 LB 100/15

    Keine Verfolgung von Paschtunen in Afghanistan

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Die nach Nr. 2 zu berücksichtigenden Maßnahmen können Menschenrechtsverletzungen sein, aber auch sonstige Diskriminierungen; die einzelnen Eingriffshandlungen müssen für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1 entspricht (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 7; Urt. vom 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 28; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 34).

    Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen - es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 7 f. m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.).

    Es ist Sache des Ausländers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen und das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 8; vgl. auch bereits BVerwG, Urt. v. 29.11.1977 - I C 33.71 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 -, juris Rn. 16).

    Für eine solche Annahme müssen stichhaltige Gründe vorliegen (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.).

    Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.).

    Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Permanente Gefährdungen der Bevölkerung und schwere Menschenrechtsverletzungen im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts reichen für sich allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 - 10 C 6/13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 verletzt oder getötet zu werden (bezogen auf ein Jahr) ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    a) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene dadurch tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 12 m.w.N.).

    Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.).

    Eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK hat der EGMR etwa dann angenommen, wenn sie unter anderem geplant war, ohne Unterbrechung über mehrere Stunden erfolgte und körperliche Verletzungen oder ein erhebliches körperliches oder seelisches Leiden bewirkte (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EGMR, Urt. v. 09.07.2015 - 32325/13, Mafalani ./. Croatia - HUDOC Rn. 69 m.w.N.).

    Von einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ist der EGMR ausgegangen, wenn sie bei dem Opfer Gefühle der Angst, seelischer Qualen und der Unterlegenheit hervorruft, wenn sie das Opfer in dessen oder in den Augen anderer entwürdigt und demütigt, und zwar unabhängig davon, ob dies beabsichtigt ist, ferner, wenn die Behandlung den körperlichen oder moralischen Widerstand des Opfers bricht oder dieses dazu veranlasst, gegen seinen Willen oder Gewissen zu handeln sowie dann, wenn die Behandlung einen Mangel an Respekt offenbart oder die menschliche Würde herabmindert (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EMGR, Urt. v. 03.09.2015 - 10161/13, M. und M. ./. Croatia - HUDOC Rn. 132).

    aa) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 14 m.w.N.; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v. unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 9.4.2013 - 70073/10 und 44539/11, H. and B./United Kingdom - HUDOC Rn. 91 f.; vom 4.6.2015 - 59166/12, J.K. u.a./Sweden - HUDOC Rn. 53).

    Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 20.7.2010 - 23505/09, N./Sweden - HUDOC Rn. 52; vom 13.10.2011 - 10611/09, Husseini/Sweden - HUDOC Rn. 84; vom 9.4.2013, a.a.O., Rn. 91 f.; vom 12.1.2016 - 25077/06, A.W.Q. and D.H./The Netherlands - HUDOC Rn. 71; - 8161/07, S.D.M. and others/The Nether-lands - HUDOC Rn. 79; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 74; - 39575/06, S.S./The Netherlands - HUDOC Rn. 66; - 46856/07, M.R.A. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 112; - 13442/08, A.G.R./The Netherlands - HU-DOC Rn. 59; vom 5.7.2016 - 29094/09, A.M./The Netherlands - HUDOC Rn. 87).

    Sozialwirtschaftliche und humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat haben weder notwendig noch einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden, weil Art. 3 EMRK hauptsächlich dem Schutz bürgerlicher und politischer Rechte dient (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.).

    Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.).

    Ein anderer Maßstab kommt allerdings (und nur) dann in Betracht, wenn die im Zielstaat bestehenden schlechten humanitären Bedingungen nicht maßgebend auf fehlende staatliche Ressourcen für eine staatliche Fürsorge zurückzuführen sind, sondern auf direkte oder indirekte Handlungen oder Unterlassungen der dortigen Konfliktparteien (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.).

    Unter Zugrundelegung der vorgenannten strengen Maßstäbe sind unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel keine ernstlichen Gründe dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger als ein arbeitsfähiger junger Mann bei seiner Abschiebung nach Afghanistan landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris) Gefahr liefe, aufgrund der dortigen allgemeinen Lebensbedingungen einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden und die einer Abschiebung nach Afghanistan ausnahmsweise entgegenstehen würden.

    b) Auch droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit, die gem. § 60 Abs. 7 AufenthG, im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22), ein Abschiebungsverbot begründen würde.

    Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22, 23; Nds. OVG, Beschluss vom 04. Februar 2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4).

    Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu beachten (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27).

    Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel auch dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 23, m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10).

  • BVerwG, 31.01.2013 - 10 C 15.12

    Afghanistan; Provinz Helmand; Kabul; Abschiebung; Abschiebungsverbot;

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Grundsätzlich ist dabei auf die Herkunftsregion als Anknüpfungspunkt für die Gefahrenprognose abzustellen; etwas anderes gilt allerdings jedenfalls dann, wenn sich der Ausländer schon vor der Ausreise und unabhängig von den fluchtauslösenden Umständen von dieser gelöst und in einem anderen Landesteil mit dem Ziel niedergelassen hatte, dort auf unabsehbare Zeit zu leben (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 14).

    Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16).

    Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.).

    Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

    Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG muss - ausgehend vom Zielort der Abschiebung - landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22, 23; Nds. OVG, Beschluss vom 04. Februar 2005 - 11 LA 17/05 -, juris Rn. 4).

    Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundsätzlich nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (Sperrwirkung) und damit auch die Beurteilung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu beachten (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 37, 40; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 27).

    Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 "sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde").

    Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhtem Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20).

  • OVG Niedersachsen, 27.04.2016 - 9 LA 46/16
    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    So behält die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, die Provinzhauptstädte, fast alle Distriktszentren (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 38; vgl. für Kabul auch Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.) und die größeren Provinzzentren (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 3).

    Insoweit sind die Verhältnisse im Abschiebungszielstaat landesweit in den Blick zu nehmen (Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

    Eine erhebliche Beeinträchtigung der (humanitären) Lage des Betroffenen im Herkunftsland - einschließlich seiner Lebenserwartung - im Falle seiner Rückkehr ist für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK nicht ausreichend, sofern nicht in ganz außergewöhnlichen Fällen ausnahmsweise besondere humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung im Konventionsstaat sprechen (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 23, 25 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 m.w.N.; Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v. m.w.N.).

    Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

    Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Dies ist derzeit bei jungen gesunden alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul in der Regel auch dann nicht der Fall, wenn der Rückkehrer nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte, die in Kabul leben, verfügt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 23, m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v., m.w.N.; zu Afghanistan vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031 -, juris Rn. 10).

  • BVerwG, 17.11.2011 - 10 C 13.10

    Abschiebungsverbot; Anspruchsgrundlage; Beschränkung der Revision; Beweismaß;

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, damit in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 13, 16; Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn.16).

    In dieser Region geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.

    Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa einer berufsbedingten Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, n.v.).

    Wenn solche individuellen gefahrerhöhenden Umstände fehlen, kann eine entsprechende Individualisierung ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.; Nds. OVG Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Dies setzt aber ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraus (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 14.04.2016 - 9 LA 57/16 -, n.v.; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Für die Bestimmung der Gefahrendichte hat eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau) und daneben auch eine wertende Gesamtbetrachtung jedenfalls auch im Hinblick auf die medizinische Versorgungslage zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; Nds. OVG, Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

    Das Risiko einer Zivilperson von 1:800 verletzt oder getötet zu werden (bezogen auf ein Jahr) ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eines ihr drohenden Schadens entfernt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 23; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris; Beschl. v. 28.09.2015 - 9 LA 247/14 -, n.v.).

  • OVG Niedersachsen, 07.09.2015 - 9 LB 98/13

    Unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in der Islamischen Republik

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Bei einer Verdreifachung der Anzahl der von der UNAMA registrierten verletzten und getöteten Zivilpersonen aufgrund einer hohen Dunkelziffer (vgl. hierzu Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 65) ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:1259.

    Ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von den Gesamtumständen des jeweiligen Einzelfalls ab, wie etwa der Art und dem Kontext der Fehlbehandlung, der Dauer, den körperlichen und geistigen Auswirkungen, sowie - in einigen Fällen - vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.).

    Eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK hat der EGMR etwa dann angenommen, wenn sie unter anderem geplant war, ohne Unterbrechung über mehrere Stunden erfolgte und körperliche Verletzungen oder ein erhebliches körperliches oder seelisches Leiden bewirkte (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EGMR, Urt. v. 09.07.2015 - 32325/13, Mafalani ./. Croatia - HUDOC Rn. 69 m.w.N.).

    Von einer erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ist der EGMR ausgegangen, wenn sie bei dem Opfer Gefühle der Angst, seelischer Qualen und der Unterlegenheit hervorruft, wenn sie das Opfer in dessen oder in den Augen anderer entwürdigt und demütigt, und zwar unabhängig davon, ob dies beabsichtigt ist, ferner, wenn die Behandlung den körperlichen oder moralischen Widerstand des Opfers bricht oder dieses dazu veranlasst, gegen seinen Willen oder Gewissen zu handeln sowie dann, wenn die Behandlung einen Mangel an Respekt offenbart oder die menschliche Würde herabmindert (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 13; Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 25; jeweils unter Bezugnahme auf EMGR, Urt. v. 03.09.2015 - 10161/13, M. und M. ./. Croatia - HUDOC Rn. 132).

    Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.2015 - 9 LB 98/13 -, juris Rn. 26).

  • BVerwG, 27.04.2010 - 10 C 5.09

    Abschiebungsverbot; Anspruchsgrundlage; Beweismaß; beachtliche

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, juris, S. 8 m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.), ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.).

    Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen, zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal einer ernsthaften Schädigung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 21).

    Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).

    Dabei spricht bei einem Schutzsuchenden, der bereits einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hatte, eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass er erneut von einem solchen Schaden bedroht ist, ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.).

    Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (BVerwG, Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 23).

  • BVerwG, 29.09.2011 - 10 C 24.10

    Widerruf; Widerrufsfrist; Abschiebungsschutz; Abschiebungsverbot; unionsrechtlich

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Die im Abschiebezielstaat herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage können nur ausnahmsweise dann ein Abschiebungsverbot begründen, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, wobei die drohenden Gefahren allerdings nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein müssen, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20 "sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde").

    Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhtem Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20).

  • EGMR, 13.10.2011 - 10611/09

    HUSSEINI v. SWEDEN

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    In der Rechtsprechung des EGMR gilt die ohnehin für Art. 3 EMRK bestehende hohe Schwelle in diesem Fall (keine Verantwortung des Staates) insbesonders (vgl. EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) -, NJOZ, 2012, 952 [954]).

    Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 16 für Kabul folgend; Beschl. v. 26.08.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.; jeweils unter Verweis auf EGMR, Urteile vom 20.7.2010 - 23505/09, N./Sweden - HUDOC Rn. 52; vom 13.10.2011 - 10611/09, Husseini/Sweden - HUDOC Rn. 84; vom 9.4.2013, a.a.O., Rn. 91 f.; vom 12.1.2016 - 25077/06, A.W.Q. and D.H./The Netherlands - HUDOC Rn. 71; - 8161/07, S.D.M. and others/The Nether-lands - HUDOC Rn. 79; - 8161/07, S.D.M. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 74; - 39575/06, S.S./The Netherlands - HUDOC Rn. 66; - 46856/07, M.R.A. and others/The Netherlands - HUDOC Rn. 112; - 13442/08, A.G.R./The Netherlands - HU-DOC Rn. 59; vom 5.7.2016 - 29094/09, A.M./The Netherlands - HUDOC Rn. 87).

    Grundsätzlich ist bei der Prüfung des Abschiebungsverbotes auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen, ausgehend vom dem Ort, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 26 m.w.N.; für Afghanistan verneint EGMR, Urt. v. 13.10.2011 - 10611/09 (Husseini/Schweden) - NJOZ 2012, 952 [953] Rn. 84; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.).

  • OVG Niedersachsen, 28.07.2014 - 9 LB 2/13

    Feststellung eines Abschiebungsverbots gegenüber einem afghanischen

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Dies gilt hingegen nicht bei den allgemeinen Lebensbedingungen, da dort - jedenfalls soweit diese als allgemeine Gefahr zu werten sind - wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG bei Abs. 7 und Abs. 5 unterschiedliche Maßstäbe gelten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Bei solchen allgemeinen Gefahren ist daher Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung erst dann zu gewähren, wenn der Betroffene mit der Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, wobei sich die Gefahr bereits alsbald nach seiner Rückkehr realisieren muss (BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 19, 20; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A -, juris Rn. 28; Hess. VGH, Urt. v. 04.09.2014 - 8 A 2434/11.A -, juris Rn. 41; Nds. OVG, Beschl. v. 27.04.2016 - 9 LA 46/16 -, n.v.; Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45).

    Hierbei handelt es sich um einen gegenüber (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m.) Art. 3 EMRK strengeren (Nds. OVG, Urt. v. 28.07.2014 - 9 LB 2/13 -, juris Rn. 45) und gegenüber dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhtem Maßstab (BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 - 10 C 15/12 -, juris Rn. 38; BVerwG, Urt. v. 29.09.2011 - 10 C 24/10 -, juris Rn. 20).

  • OVG Niedersachsen, 21.09.2015 - 9 LB 20/14

    Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gegenüber einer afghanischen

    Auszug aus VG Lüneburg, 16.01.2017 - 3 A 194/16
    Die nach Nr. 2 zu berücksichtigenden Maßnahmen können Menschenrechtsverletzungen sein, aber auch sonstige Diskriminierungen; die einzelnen Eingriffshandlungen müssen für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1 entspricht (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris S. 7; Urt. vom 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 28; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 34).

    Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen - es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (Nds. OVG, Urt. v. 19.09.2016 - 9 LB 100/15 -, juris, S. 7 f. m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.).

    Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Nds. OVG, Urt. v. 23.11.2015 - 9 LB 106/15 -, juris, S. 8 m.w.N.; Urt. v. 21.09.2015 - 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30 m.w.N.), ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urt. v. 07.09.2010 - 10 C 11/09 -, juris Rn. 14 f.; Urt. v. 17.04.2010 - 10 C 5/09 -, juris Rn. 19 f., 22 f.).

  • EGMR, 27.05.2008 - 26565/05

    N. ./. Vereinigtes Königreich

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 27.01.2015 - 13 A 1201/12

    Begründung einer Gefahr bzgl. Geeignetheit jeder Form der Suizidalität i.R.d.

  • EGMR, 09.04.2013 - 70073/10

    H. AND B. v. THE UNITED KINGDOM

  • BVerwG, 07.09.2010 - 10 C 11.09

    Feststellung eines Abschiebungsverbots; Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der

  • BVerwG, 20.02.2013 - 10 C 23.12

    Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft; Ahmadis; Flüchtlingsanerkennung; Folgeverfahren;

  • EGMR, 12.01.2016 - 39575/06

    S.S. v. THE NETHERLANDS

  • EGMR, 12.01.2016 - 46856/07

    M.R.A. AND OTHERS v. THE NETHERLANDS

  • VGH Bayern, 30.09.2015 - 13a ZB 15.30063

    Asylrecht Afghanistan; unmenschliche Behandlung

  • EGMR, 02.05.1997 - 30240/96

    D. c. ROYAUME-UNI

  • EGMR, 09.07.2015 - 32325/13

    MAFALANI v. CROATIA

  • EGMR, 12.01.2016 - 8161/07

    S.D.M. AND OTHERS v. THE NETHERLANDS

  • VGH Hessen, 04.09.2014 - 8 A 2434/11

    Afghanistan Gefährdungslage in Herat

  • VG Lüneburg, 12.07.2016 - 5 A 63/16

    Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1, Abs, 2 und Abs. 7 AufenthG 2004

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 13.05.2015 - 14 B 525/15

    Nichtvorliegen systemischer Mängel im bulgarischen Asylverfahren bei der

  • EGMR, 12.01.2016 - 13442/08

    A.G.R. v. THE NETHERLANDS

  • OVG Niedersachsen, 04.02.2005 - 11 LA 17/05

    Antrag auf Zulassung der Berufung; Erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben

  • EGMR, 12.01.2016 - 25077/06

    A.W.Q. AND D.H. v. THE NETHERLANDS

  • EGMR, 20.07.2010 - 23505/09

    Abschiebungsverbot, Afghanistan, Schweden, Frauen, alleinstehende Frauen,

  • EGMR, 04.06.2015 - 59166/12

    J.K. AND OTHERS v. SWEDEN

  • EGMR, 03.09.2015 - 10161/13

    M. AND M. v. CROATIA

  • VGH Bayern, 30.07.2015 - 13a ZB 15.30031

    Asylrecht Afghanistan; Bedrohung durch Taliban; bewaffneter Konflikt; erhebliche

  • EGMR, 05.07.2016 - 29094/09

    A.M. v. THE NETHERLANDS

  • BVerwG, 13.02.2014 - 10 C 6.13

    Abnahme von Fingerabdrücken; Änderung des Asylverfahrensgesetzes;

  • OVG Niedersachsen, 23.11.2015 - 9 LB 106/15

    Afghanistan, psychische Erkrankung, medizinische Versorgung

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 26.08.2014 - 13 A 2998/11

    Bestehen einer von persönlichen gefahrerhöhenden Umständen unabhängigen besonders

  • BVerwG, 29.11.1977 - I C 33.71

    Politische Verfolgung - Verfolgerstaat - Asylbewerber - Beitritts zur

  • VG Lüneburg, 14.08.2017 - 3 A 110/16

    Afghanistan; Anfechtungsklage; Belgien; Drohbriefe

    Zwar gilt dies für angebliche Drohbriefe der Taliban nicht in jedem Fall (vgl. etwa VG Lüneburg, Urt. v. 16.01.2017 - 3 A 194/16 -, juris Rn. 28).
  • VG Lüneburg, 14.08.2017 - 3 A 146/15

    Anpassungsstörung; Tagab

    Mangels Substantiierung des Inhalts der vorgelegten Briefe sah sich das Gericht nach alledem auch nicht zu einer Übersetzung veranlasst, zumal aus dem Inhalt nicht darauf geschlossen werden können muss, von wem ein Brief tatsächlich stammt oder die Androhung ernst gemeint ist (vgl. etwa VG Lüneburg, Urt. v. 16.01.2017 - 3 A 194/16 -, juris Rn. 29).
  • VG München, 10.05.2017 - M 17 K 17.31308

    Afghanistan - depressive Störung begründet Abschiebungsverbot

    Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3,8 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 16.1.2017 - 3 A 194/16 - juris Rn. 46) ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:2.790.
  • VG Gelsenkirchen, 05.10.2018 - 5a K 1594/17
    vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 16. Januar 2017 - 3 A 194/16 -, Rn. 35, juris.
  • VG Dresden, 21.02.2019 - 11 K 3785/17
    Anhaltspunkte dafür, dass gerade der Kläger von regierungsfeindlichen Gruppen bzw. Personen als Asylrückkehrer erkannt und deshalb von regierungsfeindlichen Gruppen als verwestlicht oder Spion angesehen und verfolgt werden wird, sind weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. VG Lüneburg, Urt. v. 16.1.2017 - 3 A 194/16 -, juris Rn. 34 - 36).
  • VG München, 03.05.2017 - M 17 K 17.31268

    Ein alleinstehender, arbeitsfähiger, männlicher Rückkehrer kann in Afghanistan

    Im Hinblick auf die Einwohnerzahl von ca. 3,8 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 16.1.2017 - 3 A 194/16 - juris Rn. 46) ergibt sich daraus ein Verhältnis von 1:2.790.
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