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   VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20   

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VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 (https://dejure.org/2023,3786)
VGH Baden-Württemberg, Entscheidung vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 (https://dejure.org/2023,3786)
VGH Baden-Württemberg, Entscheidung vom 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 (https://dejure.org/2023,3786)
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Volltextveröffentlichungen (4)

  • openjur.de
  • Justiz Baden-Württemberg

    Art 3 MRK, Art 4 Abs 3 EURL 95/2011, Art 4 Abs 4 EURL 95/2011, Art 4 Abs 5 EURL 95/2011, Art 9 EURL 95/2011
    Zur Rückkehrsituation eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes in Afghanistan und zu den Anforderungen an ein tragfähiges familiäres oder soziales Netzwerk

  • milo.bamf.de

    AufenthG 2004, § 60 Abs 5; MRK, Art 3
    Afghanistan: Gefahrenprognose für aus dem Westen zurückkehrende afghanische Staatsangehörige; Verwestlichung, Abschiebungsverbot

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hinsichtlich Afghanistan; Drohende Verfolgung von Rückkehrern aus dem westlichen Ausland durch die Taliban oder die afghanische Aufnahmegesellschaft; Innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in der afghanischen Provinz Herat ein im ...

Kurzfassungen/Presse (2)

  • justiz-bw.de (Pressemitteilung)

    Asyl Afghanistan: Abschiebungsverbot für junge leistungsfähige Afghanen ohne soziales Netzwerk

  • lto.de (Kurzinformation)

    Grundsatzfrage: Keine Abschiebung nach Afghanistan trotz fehlenden Flüchtlingsstatus

Sonstiges

  • VGH Baden-Württemberg (Verfahrensmitteilung)

    B. gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz, Feststellung von Abschiebungsverboten sowie Abschiebungsandrohung

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Wird zitiert von ... (21)Neu Zitiert selbst (138)

  • VGH Baden-Württemberg, 17.12.2020 - A 11 S 2042/20

    Abschiebungsverbot für einen leistungsfähigen, erwachsenen afghanischen Mann

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    In seiner jüngeren Rechtsprechung zum Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nach Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GRCh - stellt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, Urteile vom 19.03.2019 - C-297/17 u.a. - Rn. 89 ff. und - C-163/17 - Rn. 90 ff.) darauf ab, ob sich die betroffene Person "unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not" befindet, "die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre" (kurz: Fehlen von "Bett, Brot, Seife"; vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ., Urteile vom 07.07.2022 - A 4 S 3696/21 - juris Rn. 24, vom 16.12.2021 - A 13 S 3196/19 - juris Rn. 57, vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 106 und vom 29.07.2019 - A 4 S 749/19 - juris Rn. 40; Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 60 AufenthG Rn. 87).

    Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK vorliegt, ist grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen und zunächst zu prüfen, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 26 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 28 und vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 - juris Rn. 190, 194; NdsOVG, Urteil vom 29.01.2019 - 9 LB 93/18 - juris Rn. 53).

    Der erkennende Senat hat mit - inzwischen durch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 21.04.2021 - 1 C 10.21 - juris) aufgehobenem - Urteil vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 105 die Auffassung vertreten, dass angesichts der gravierenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Afghanistan infolge der COVID-19-Pandemie auch im Falle eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen bei Rückkehr aus dem westlichen Ausland die hohen Anforderungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK regelmäßig erfüllt sind, wenn in seiner Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen, wobei derartige Umstände insbesondere dann gegeben sein können, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan ein hinreichend tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk hat, er hinreichende finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfährt oder über ausreichendes Vermögen verfügt.

    Hinsichtlich der Chancen, als Tagelöhner Arbeit zu finden, spielen persönliche Kontakte eine essentielle Rolle (vgl. ausführlich zum Ganzen bereits VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 52 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 -, juris Rn. 243 ff.; Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 ff., 9 f., 16).

    Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen (BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Afghanistan, Version 8, 10.08.2022, S. 179; Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6).

    Zudem gewährleistet das System der Empfehlungen, dass der Arbeitgeber sich in Bezug auf die Vertrauenswürdigkeit eines Arbeitsuchenden sicher sein kann, dessen örtliche und ethnische Herkunft sowie familiären Hintergrund er auf Grund der Empfehlung kennt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 52 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 -, juris Rn. 243; vgl. auch EASO, Afghanistan Country of Origin Information Report - Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, August 2020, S. 31).

    Ein fehlendes Netzwerk kann ein Rückkehrer regelmäßig auch nicht durch eine besondere Durchsetzungskraft oder spezielle Fähigkeiten ausgleichen, die er sich etwa im Ausland angeeignet hat, da er sich hiermit kaum von der Masse der Tagelöhner abzuheben vermag (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 f., 10, 16; differenzierend Finnish Immigration Service, Afghanistan: Fact-Finding Mission to Kabul in April 2019, S. 16 f.).

    Die Erzielung eines regelmäßigen Einkommens hieraus hängt aber ebenfalls vom Vorhandensein eines Netzwerks ab, über das die entsprechenden Aufträge vergeben werden (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 7 f., 16).

    Der Aufbau eines Netzwerks "aus eigener Kraft" erscheint zwar nicht völlig ausgeschlossen, ist aber äußerst schwer zu bewerkstelligen (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 f., 10, 16).

    Nach den tatsächlichen Feststellungen des Senats lässt sich aber - auch gemessen an der Einwohnerzahl der Provinz, die auf etwa 5, 6 bis 6, 9 Millionen geschätzt wird (EUAA, Afghanistan Security Situation, August 2022, S.128) - keine generell hohe Gefährdung gleichsam jeder Zivilperson durch Anschläge oder Kampfhandlungen feststellen (vgl. zur Beurteilung der Sicherheitslage in Kabul vor dem Machtwechsel VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 89, vom 16.03.2020 - A 11 S 2516/18 und A 11 S 2977/18 -, beide n.v., vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 80 ff. und vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 - juris Rn. 49 ff.).

    Nach Angaben von Schwörer musste ein alleinstehender Mann Ende des Jahres 2020 für eine einfache Wohnung ohne Heizung und Komfort, aber mit Zugang zu fließendem Wasser, sporadisch verfügbarer Elektrizität, einer einfachen Toilette und Möglichkeit zum Kochen monatlich ungefähr 130 bis 150 USD an Miete zahlen (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 2 f.).

    Es handelt sich um einfache Lehmhäuser oder auch Zelte oder Hütten (Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 2).

    Die hygienischen Bedingungen sind oftmals prekär, der Zugang zu Wasser nicht jeden Tag gewährleistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 73, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 -, juris Rn. 74, vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 -, juris Rn. 43, und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/16 -, juris Rn. 279; Schwörer, Gutachten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan, 30.11.2020, S. 12; Finnish Immigration Service, Afghanistan: Fact-Finding Mission to Kabul in April 2019, S. 13 ff.).

    Nach Angaben von Schwörer bezahlen auch in den informellen Siedlungen die Bewohner einen kleinen Betrag Miete für ihre Unterkunft (Schwörer, Gutachten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan, 30.11.2020, S. 12; Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 25).

    Bei der Ermittlung der in Rede stehenden, regelmäßig nur dem Kläger bekannten Umstände bleibt es bei dem allgemein im Asylverfahren geltenden Grundsatz, dass es zunächst Sache des Schutzsuchenden ist, die Gründe für seine Furcht vor Verelendung schlüssig darzulegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114 und vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 58; vgl. ferner - zum Vorliegen der (positiven) Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 26).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 59 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38; dem folgend OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

    Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Schutzsuchende - wie von ihm behauptet - keinen Zugang zu einem tragfähigen und erreichbaren familiären oder sozialen Netzwerk hat, keine hinreichende Unterstützung durch Dritte erwarten kann und auch nicht über ausreichendes Vermögen verfügt, kann es gleichzeitig aber auch nicht die (positive) Überzeugung gewinnen, dass solche besonderen begünstigenden Umstände vorliegen, und sieht es keinen Ansatzpunkt für eine weitere Aufklärung, hat es die Nichterweislichkeit der behaupteten (negativen) Tatsachen ("non liquet") festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu treffen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 115).

    Die in Ziffer 5 verfügte Abschiebungsandrohung nebst Ausreiseaufforderung und -frist ist mit Blick darauf, dass die Voraussetzung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG nicht erfüllt ist, zumindest gegenstandslos (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1998 - 9 C 1.97 -, juris Rn. 17), wenn nicht gar rechtswidrig und jedenfalls aus Klarstellungsgesichtspunkten aufzuheben (vgl. SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 163; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 123 und vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 498; Pietzsch, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 01.01.2022, § 34 AsylG Rn. 47 f.; Bergmann, in: ders./Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 34 AsylG Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Stand: März 2018, § 34 Rn. 141).

  • BVerwG, 21.04.2022 - 1 C 10.21

    Grundsätzlich kein Abschiebungsschutz bei Existenzsicherung für absehbare Zeit

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Angesichts der seit dem Regimewechsel weiteren gravierenden Verschlechterung der ohnehin nicht erst seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie prekären humanitären Lage in Afghanistan ist der erkennende Senat - auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 19 ff. aufgezeigten Maßstäbe - der Auffassung, dass auch im Falle eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen bei Rückkehr aus dem westlichen Ausland die hohen Anforderungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK regelmäßig erfüllt sind, wenn in seiner Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen (cc)).

    Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dessen Rechtsprechung zu den Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 13 und Beschluss vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 6; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 - juris Rn. 38), muss eine ausreichende reale Gefahr bestehen, die nicht nur auf bloßen Spekulationen beruht, denen eine hinreichende Tatsachengrundlage fehlt.

    Der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr entspricht dem der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 13 und vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 22 sowie Beschluss vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 6).

    Ein gewisser Grad an Mutmaßung ist dem präventiven Schutzzweck des Art. 3 EMRK immanent, sodass ein eindeutiger, über alle Zweifel erhabener Beweis dafür, dass der Betroffene im Falle seiner Rückkehr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre, nicht verlangt werden kann (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 14 unter Verweis auf EGMR, Urteil vom 09.01.2018 - 36417/16 - Rn. 50; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2021 - A 13 S 3196/19 - juris Rn. 29).

    Die dem Betroffenen im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein "Mindestmaß an Schwere" ("minimum level of severity") aufweisen; diese kann erreicht sein, wenn er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält (BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 15 und vom 04.07.2019 - 1 C 45.18 - juris Rn. 12 m.w.N.).

    Diese Schwelle der Erheblichkeit kann in Bezug auf vulnerable Personen schneller erreicht sein als etwa in Bezug auf gesunde und erwerbsfähige erwachsene Personen (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 16).

    Zu den im vorstehenden Sinne zumutbaren Arbeiten zählen auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, selbst wenn diese im Bereich der sogenannten "Schatten- oder Nischenwirtschaft" angesiedelt sind (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 17 sowie Beschlüsse vom 17.05.2006 - 1 B 100.05 - juris Rn. 11 und vom 09.01.1998 - 9 B 1130.97 - juris Rn. 5; vgl. in anderem Zusammenhang ferner EuGH, Urteil vom 02.10.2019 - C-93/18 - Rn. 48; BVerwG, Urteil vom 23.09.2020 - 1 C 27.19 - juris Rn. 32).

    Können extrem schlechte materielle Lebensverhältnisse, welche die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK begründen, somit durch Verwertung des eigenen Vermögens (z.B. den Verkauf eines im Bundesgebiet angeschafften Kraftfahrzeugs), eigene Handlungen (z.B. den Einsatz der eigenen Arbeitskraft) oder die Inanspruchnahme der Hilfe- oder Unterstützungsleistungen Dritter (seien es private Dritte, seien es nichtstaatliche Hilfs- oder Unterstützungsorganisationen, sei es die öffentliche Hand in Form der Gewährung von Rückkehrhilfen) abgewendet werden, besteht schon nicht mehr die ernsthafte Gefahr einer Situation extremer materieller Not (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 17; vgl. zur Berücksichtigung von nichtstaatlichen Unterstützungsleistungen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union: BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 3.21 - juris Rn. 25 ff.).

    Geriete dieser "schnell" oder "alsbald" nach der Rückkehr in den Zielstaat in eine solche Situation, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten der Behandlung angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte, ist die Gefahr auch konkret (BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 20, vom 22.03.2012 - 1 C 3.11 - juris Rn. 34 , vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris Rn. 15 und vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 - juris Rn. 13 ).

    Diese Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat in Fortentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung anschließt, ist auch auf andere (als gesundheitliche) Gefahren im Sinne des Art. 3 EMRK übertragbar, weil sie allgemein zum Erfordernis einer konkreten Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ergangen ist (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 20).

    Die Gefahr muss folglich in dem Sinne konkret sein, dass die drohende Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Würde der Person in einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung durch den Vertragsstaat eintritt, dass bei wertender Betrachtung noch eine Zurechnung zu dieser Abschiebung - in Abgrenzung zu späteren Entwicklungen im Zielstaat oder gewählten Verhaltensweisen des Ausländers - gerechtfertigt erscheint (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 21; vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 25.03.2021 - 1 Bf 388/19.A - juris Rn. 139; BayVGH, Urteil vom 07.06.2021 - 13a B 21.30342 - juris Rn. 38; VG Freiburg, Urteil vom 05.03.2021 - A 8 K 3716/17 - juris Rn. 62; VG Köln, Beschluss vom 04.03.2021 - 21 L 153/21.A - juris Rn. 62 ff., 150).

    Die Berücksichtigung finanzieller Rückkehrhilfen darf nicht dazu führen, den mit Art. 3 EMRK intendierten Schutz durch eine starre zeitliche Bestimmung seiner Reichweite - und ggf. entsprechend bemessene Rückkehrhilfen - zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 21; ähnlich VG Freiburg, Urteil vom 05.03.2021 - A 8 K 3716/17 - juris Rn. 67 f.).

    Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach nicht entscheidend ist, ob das Existenzminimum eines Ausländers in dessen Herkunftsland nachhaltig oder gar auf Dauer sichergestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 25).

    Je länger der Zeitraum der durch eigenes Vermögen, Rückkehrhilfen, sonstige Hilfeleistungen und eigene Erwerbstätigkeit des Betroffenen abgedeckten Existenzsicherung ist, desto höher muss die Wahrscheinlichkeit einer Verelendung nach diesem Zeitraum sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 25; im Sinne einer hohen Wahrscheinlichkeit der Verelendung: OVG Hamburg, Urteil vom 25.03.2021 - 1 Bf 388/19.A - juris Rn. 147; BayVGH, Urteil vom 07.06.2021 - 13a B 21.30342 - juris Rn. 38).

    Der erkennende Senat hat mit - inzwischen durch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 21.04.2021 - 1 C 10.21 - juris) aufgehobenem - Urteil vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 105 die Auffassung vertreten, dass angesichts der gravierenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Afghanistan infolge der COVID-19-Pandemie auch im Falle eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen bei Rückkehr aus dem westlichen Ausland die hohen Anforderungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK regelmäßig erfüllt sind, wenn in seiner Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen, wobei derartige Umstände insbesondere dann gegeben sein können, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan ein hinreichend tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk hat, er hinreichende finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfährt oder über ausreichendes Vermögen verfügt.

    Im Falle der freiwilligen Rückkehr gewährte finanzielle Hilfen, auf deren Inanspruchnahme sich der Ausländer grundsätzlich auch im Rahmen der Prüfung, ob ein an eine staatliche Zwangsmaßnahme anknüpfendes Abschiebungsverbot vorliegt, verweisen lassen muss (BVerwG, Urteile vom 21.04.2022 - 1 C 10.21 - juris Rn. 25 und vom 15.04.1997 - 9 C 38.96 -, juris Rn. 27; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.02.2014 - A 11 S 2519/12 -, juris S. 40), stehen anders als in der Vergangenheit derzeit nicht zur Verfügung.

  • OVG Hamburg, 23.02.2022 - 1 Bf 282/20

    Keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots eines

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Nach diesen Maßstäben mangelt es hier an einem Akteur, dem die schlechten humanitären Verhältnisse in Afghanistan zuzurechnen sind (so auch SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 119 ff.; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 31; VG Greifswald, Urteil vom 13.05.2022 - 3 A 1469/19 HGW - juris UA S. 12; VG Bremen, Urteil vom 14.01.2022 - 3 K 3558/17 - juris Rn. 35 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 26.11.2021 - A 13 K 348/18 - juris UA S. 20; VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2021 - A 14 K 2187/20 - juris UA S. 15; zur Situation vor dem Regimewechsel OVG RP, Urteil vom 30.11.2020 - 13 A 11421/19 - juris Rn. 79; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17- juris Rn. 71 ff. und vom 24.01.2018 - A 11 S 1265/17 - juris Rn. 101 ff.).

    Mit Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 38 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht indes entschieden, dass sich die humanitäre Situation in Afghanistan seit der Entscheidung vom 25.03.2021 - 1 Bf 388/19.A - in einer für die Beurteilung am Maßstab des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK maßgeblichen Weise verschlechtert habe.

    Afghanistan selbst hat nicht die Kapazitäten, Banknoten der eigenen Landeswährung zu drucken (OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 41).

    Viele Geldtransaktionen in Afghanistan laufen inzwischen über das sog. "Hawala"-System, ein informelles Geldtransfersystem außerhalb des regulären Kapitalverkehrs über Kreditinstitute (IOM, Information on the socio-economic situation in Afghanistan, 12.04.2022, S. 5; EUAA, Key socio-economic indicators in Afghanistan and in Kabul City, August 2022, S. 22; The World Bank, Afghanistan Development Update, Oktober 2022, S. 20 f.; vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 42).

    Dabei betrifft die Nahrungsunsicherheit die Bewohner in den Städten und auf dem Land gleichermaßen (EUAA, Key socio-economic indicators in Afghanistan and in Kabul City, August 2022, S. 33; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 46).

    Legt man die oben genannten Parameter zugrunde (Durchschnittslohn und Arbeitsgelegenheiten pro Woche), ergibt sich für einen ungelernten Arbeiter aktuell die (durchschnittliche) Möglichkeit, pro Tag etwa 73 AFN zu verdienen (1,7 Arbeitstage/Woche x 300 AFN / 7 Tage), in 30 Tagen also rund 2.190 AFN (vgl. zur Berechnung auch OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 63).

    Geht man davon aus, dass ein erwachsener Mann etwa ein Fünftel des für eine siebenköpfige Familie konzipierten Nahrungsmittelpakets konsumiert (so OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 51), so ergeben sich hierfür - unter Heranziehung des günstigsten der genannten Warenkörbe - Kosten in Höhe von zuletzt monatlich 1.547 AFN.

    Die Kosten für sog. "Würdeartikel" (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 51) betragen 33 AFN für ein Stück Seife, 30 AFN für eine Zahnbürste, 50 AFN für eine Tube Zahnpasta und 100 AFN für 2 m 2 Baumwollstoff (REACH, Afghanistan Joint Market Monitoring Inititiative (JMMI), 11.-20.10.2022, S. 3).

    In welcher Höhe auf einen alleinstehenden Rückkehrer Kosten für die Unterkunft zukommen, lässt sich anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nur schwer prognostizieren (vgl. zu den mitunter weit differierenden Angaben bereits OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 52 f.).

    Es darf davon ausgegangen werden, dass die Miete für solch eine Unterkunft niedriger ist als auf dem formalen Wohnungsmarkt (OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 52).

    Allerdings werden die zugesagten Mittel bei weitem nicht vollständig bereitgestellt (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 68).

    Dass das Existenzminimum eines leistungsfähigen, alleinstehenden erwachsenen Rückkehrers aus dem westlichen Ausland, in dessen Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen, durch humanitäre Hilfen vor Ort gesichert werden wird (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 3.21 - juris Rn. 23 ff.), ist nicht hinreichend wahrscheinlich (ebenso die Einschätzung von OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 66 ff. und SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 160).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 59 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38; dem folgend OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

    Wer die (materielle) Beweislast trägt, bestimmt sich nach materiellem Recht und ist in Auslegung der im Einzelfall einschlägigen Normen zu ermitteln; enthalten diese keine besonderen Regelungen, so greift der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, aus denen eine Partei ihr günstige Rechtsfolgen herleitet, zu ihren Lasten geht (BVerwG, Urteile vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 25 und vom 29.06.1999 - 9 C 36.98 - juris Rn. 13; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

    Dies gilt insbesondere für - wie hier - in die Sphäre des Schutzsuchenden fallende Tatsachen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 27; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

  • OVG Sachsen, 10.11.2022 - 1 A 1081/17

    Afghanistan; Mitwirkungspflicht; soziale Gruppe; Unterschrift

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Denn nach einer in Afghanistan weit verbreiteten Auffassung schiebt Europa nur Straftäter ab, weshalb ein Abgeschobener im vermeintlich regellosen Europa ein schweres Verbrechen verübt haben müsse (vgl. im Einzelnen SächsOVG Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 88; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.06.2019 - A 11 S 2108/18 - juris Rn. 77; SFH, Afghanistan: Rückkehrgefährdung aufgrund von "Verwestlichung", 26.03.2021, S. 4 ff.; BFA, Länderinformation der Staatendokumentation Afghanistan, Version 8, 10.08.2022, S. 194; UK Home Office, Afghanistan: Afghans perceived as "Westernised", Juni 2021, S. 8 ff.; ACCORD, Afghanistan, Dokumentation zum COI-Webinar mit Katja Mielke und Emran Feroz, März 2022, S. 28; EUAA, Afghanistan, Targeting of Individuals, August 2022, S. 51).

    Da seit der Machtübernahme durch die Taliban kaum Personen aus dem nicht muslimisch geprägten Ausland nach Afghanistan zurückgekehrt sind (DIS, Afghanistan, Taliban's impact on the population, Juni 2022, S. 38; SEM, Focus Afghanistan, Verfolgung durch Taliban: Potentielle Risikoprofile, S. 44), lässt sich nur schwer prognostizieren, wie die Taliban mit solchen Rückkehrern umgehen werden (so auch die Einschätzung des SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 104).

    Der spärlichen Informationslage lassen sich keine belastbaren Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass Rückkehrern aus dem westlichen Ausland allein deshalb Verfolgung durch die Taliban - oder dritte Akteure - droht, weil sie aus Afghanistan ausgereist sind, längere Zeit in einem nicht muslimisch geprägten Land gelebt und dort einen Asylantrag gestellt haben (im Ergebnis ebenso SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 72 ff.; VG Greifswald, Urteil vom 13.05.2022 - 3 A 1469/19 HGW - juris UA S. 10; ähnlich VG Berlin, Urteil vom 24.03.2022 - 20 K 666.17 A - juris Rn. 51; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.09.2021 - 5a K 6073/17.A - juris Rn. 43 f. m.w.N.).

    Ob und inwieweit eine "Verwestlichung" die Gefahr einer Verfolgung in Afghanistan nach sich ziehen kann (vgl. hierzu auch SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 99 ff.), kann hier letztlich offenbleiben.

    Mithin käme insoweit grundsätzlich eine Verfolgung wegen Religion (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG) oder politischer Überzeugung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG) in Betracht, so dass offenbleiben kann, ob auch das Merkmal der sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG) erfüllt wäre (vgl. zu letzterem ausführlich SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 95 ff.).

    Hiervon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass jeder Rückkehrer aus dem westlichen Ausland - auch unter dem Gesichtspunkt, dass ihm womöglich Reichtum unterstellt wird - über die Spanne des in Afghanistan maßgeblichen allgemeinen Lebensrisikos hinaus Gefahr liefe, Opfer einer Straftat zu werden (vgl. SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 118).

    Nach diesen Maßstäben mangelt es hier an einem Akteur, dem die schlechten humanitären Verhältnisse in Afghanistan zuzurechnen sind (so auch SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 119 ff.; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 31; VG Greifswald, Urteil vom 13.05.2022 - 3 A 1469/19 HGW - juris UA S. 12; VG Bremen, Urteil vom 14.01.2022 - 3 K 3558/17 - juris Rn. 35 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 26.11.2021 - A 13 K 348/18 - juris UA S. 20; VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2021 - A 14 K 2187/20 - juris UA S. 15; zur Situation vor dem Regimewechsel OVG RP, Urteil vom 30.11.2020 - 13 A 11421/19 - juris Rn. 79; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17- juris Rn. 71 ff. und vom 24.01.2018 - A 11 S 1265/17 - juris Rn. 101 ff.).

    Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist damit die Herkunftsregion des Betroffenen, in die er typischerweise zurückkehren wird (SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 124; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 69 ff. und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 100).

    Andere (Ober-)Verwaltungsgerichte haben - wie nun auch der erkennende Senat - die Frage offengelassen (SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 125; VG Augsburg, Urteil vom 09.05.2022 - Au 8 K 19.30008 - juris Rn. 47; VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2021 - A 14 K 2187/20 - juris UA S. 17).

    Nach diesen Maßstäben ist die erforderliche Gefahrendichte für die Provinz Herat aktuell nicht festzustellen (so im Ergebnis auch SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 126).

    Mit Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris - hat auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass selbst gesunde und leistungsfähige junge Männer als Rückkehrer aus dem westlichen Ausland ohne familiäre oder soziale Netzwerke nicht mehr in der Lage seien, sich auf niedrigem Niveau jedenfalls in Kabul eine Existenzgrundlage aufzubauen.

    Angesichts der Erschöpfung einer Vielzahl der Ressourcen in den Familien vor Ort sowie dem Misstrauen bis hin zur Ablehnung, dem abgelehnte Asylbewerber aus dem westlichen Ausland in Afghanistan begegneten, könne auch die Reintegration eines Rückkehrers in einen in Afghanistan vorhandenen Familienverband nicht ohne Weiteres erwartet werden (SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 148).

    Dem Senat liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass sich die Lebensverhältnisse in den anderen Teilen Afghanistans, insbesondere in den Großstädten Herat und Mazar-e Sharif, seit der Machtübernahme durch die Taliban wesentlich besser darstellen als in Kabul (ähnlich SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 136).

    Dass das Existenzminimum eines leistungsfähigen, alleinstehenden erwachsenen Rückkehrers aus dem westlichen Ausland, in dessen Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen, durch humanitäre Hilfen vor Ort gesichert werden wird (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 3.21 - juris Rn. 23 ff.), ist nicht hinreichend wahrscheinlich (ebenso die Einschätzung von OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 66 ff. und SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 160).

    Die in Ziffer 5 verfügte Abschiebungsandrohung nebst Ausreiseaufforderung und -frist ist mit Blick darauf, dass die Voraussetzung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG nicht erfüllt ist, zumindest gegenstandslos (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1998 - 9 C 1.97 -, juris Rn. 17), wenn nicht gar rechtswidrig und jedenfalls aus Klarstellungsgesichtspunkten aufzuheben (vgl. SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 163; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 123 und vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 498; Pietzsch, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 01.01.2022, § 34 AsylG Rn. 47 f.; Bergmann, in: ders./Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 34 AsylG Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Stand: März 2018, § 34 Rn. 141).

  • VGH Baden-Württemberg, 29.11.2019 - A 11 S 2376/19

    Afghanistan; Zumutbarkeit der Niederlassung in einem sicheren Landesteil

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Es muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 31).

    Vor diesem Hintergrund kommt dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung gesteigerte Bedeutung zu, weswegen allein der Tatsachenvortrag des Schutzsuchenden zum Erfolg der Klage führen kann, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne glaubhaft sind, dass sich das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 - 9 C 109.84 - juris Rn. 16 und Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 32).

    Das gilt dann, wenn dieser sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen, alle ihm verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und er eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben hat, und festgestellt wurde, dass seine Aussagen kohärent und plausibel sind und sie zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen, er internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat (es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war) und schließlich auch seine generelle Glaubwürdigkeit festgestellt worden ist (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 57).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 36; dazu BVerwG, Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3 und 4; OVG NRW, Urteil vom 02.07.2013 - 8 A 2632/06.A - juris Rn. 59).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38).

    Auch wenn die Prognose damit keines "vollen Beweises" bedarf, ändert dies nichts daran, dass sich der Tatrichter gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei verständiger Würdigung der (gesamten) Umstände des Einzelfalls auch von der Richtigkeit seiner - verfahrensfehlerfrei - gewonnenen Prognose einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung die volle Überzeugungsgewissheit zu verschaffen hat (eingehend BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 60).

    Im vorliegenden Fall fehlt es zudem an einem ausreichenden Vortrag, der eine richterliche Überzeugungsbildung ohne Rücksicht auf eine Überprüfung der Echtheit des Briefes zuließe (vgl. hierzu auch bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 64).

    (b) Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger Versuchen der Taliban ausgesetzt sein wird, ihn zwangsweise zu rekrutieren (die allgemeine Gefahr einer Zwangsrekrutierung seit Machtergreifung durch die Taliban ebenfalls verneinend VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2021 - A 14 K 2187/20 - juris UA S. 13 f.; vgl. zur Lage vor dem Regimewechsel BayVGH, Urteil vom 06.02.2020 - 13a B 19.33510 - juris Rn. 56; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 69).

    Bereits vor Machtergreifung durch die Taliban waren Zwangsrekrutierungen (vgl. zum Begriff VG Köln, Urteil vom 28.09.2021 - 14 K 5414/17.A - juris Rn. 47) selbst in Gebieten, die damals von ihnen kontrolliert wurden, nicht in einem Maße festzustellen, dass jeder männliche Bewohner, der etwaigen Anforderungen an Alter, Kampffähigkeit etc. entspricht, der tatsächlichen Gefahr unterlag, gegen seinen Willen vereinnahmt zu werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 69).

    Nach den tatsächlichen Feststellungen des Senats lässt sich aber - auch gemessen an der Einwohnerzahl der Provinz, die auf etwa 5, 6 bis 6, 9 Millionen geschätzt wird (EUAA, Afghanistan Security Situation, August 2022, S.128) - keine generell hohe Gefährdung gleichsam jeder Zivilperson durch Anschläge oder Kampfhandlungen feststellen (vgl. zur Beurteilung der Sicherheitslage in Kabul vor dem Machtwechsel VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 89, vom 16.03.2020 - A 11 S 2516/18 und A 11 S 2977/18 -, beide n.v., vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 80 ff. und vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 - juris Rn. 49 ff.).

    Die hygienischen Bedingungen sind oftmals prekär, der Zugang zu Wasser nicht jeden Tag gewährleistet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 73, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 -, juris Rn. 74, vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 -, juris Rn. 43, und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/16 -, juris Rn. 279; Schwörer, Gutachten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan, 30.11.2020, S. 12; Finnish Immigration Service, Afghanistan: Fact-Finding Mission to Kabul in April 2019, S. 13 ff.).

    Bei der Ermittlung der in Rede stehenden, regelmäßig nur dem Kläger bekannten Umstände bleibt es bei dem allgemein im Asylverfahren geltenden Grundsatz, dass es zunächst Sache des Schutzsuchenden ist, die Gründe für seine Furcht vor Verelendung schlüssig darzulegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114 und vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 58; vgl. ferner - zum Vorliegen der (positiven) Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 26).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 58 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 36).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 59 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38; dem folgend OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

  • BVerwG, 20.05.2020 - 1 C 11.19

    Abschiebungsschutz; Akteur; Aufklärung; Bürgerkrieg; EuGH-Vorlage;

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie 2011/95/EU zum subsidiären Schutz umgesetzt (BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 8).

    Insoweit ist für die Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG - wie bei § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK - aufgrund weitgehend identischer sachlicher Regelungsbereiche (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 10 und vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 36) auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zurückzugreifen.

    Anderes gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (EGMR, Urteile vom 27.05.2008 - 26565/05 - Rn. 42 und vom 28.06.2011 - 8319/07 und 11449/07 - Rn. 278; BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 10 und vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 23, 25; Beschluss vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 6).

    Allerdings muss eine den subsidiären Schutz begründende Gefahr eines ernsthaften Schadens in Form von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung nach § 4 Abs. 3 AsylG stets von einem Akteur im Sinne des § 3c AsylG ausgehen (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 11 und vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 29; Beschlüsse vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 11 und vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17- juris Rn. 57).

    In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass der mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG wortgleiche Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG (inzwischen: Richtlinie 2011/95/EU) dahingehend auszulegen ist, dass es einer direkten oder indirekten Aktion eines Akteurs bedarf, die die unmenschliche Lebenssituation im Sinne einer Zurechenbarkeit, die jenseits nicht intendierter Nebenfolgen ein auf die bewirkten Effekte gerichtetes Handeln oder gar Absicht erfordert, zu verantworten hat (EuGH, Urteil vom 18.12.2014 - C-542/13 - Rn. 35, 41; BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 12).

    Ähnlich wie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Feststellung einer Verfolgungshandlung im Rahmen der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asyl(Vf)G (BVerwG, Urteil vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - juris Rn. 24) bedarf es damit eines zielgerichteten Handelns bzw. Unterlassens eines Akteurs, das die schlechte humanitäre Lage hervorruft oder erheblich verstärkt (BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 12 und Beschluss vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 13, jeweils m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2022 - A 10 S 1898/21 - juris Rn. 42).

    Bedarf es für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG eines Akteurs, dem die unmenschliche Lebenssituation zuzurechnen ist, muss diese jedenfalls maßgeblich und nicht nur in geringem Umfang auf das bewusste und zielgerichtete Handeln eines Akteurs zurückzuführen sein (BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 15).

    Besteht ein bewaffneter Konflikt mit der beschriebenen Gefahrendichte nicht landesweit, kommt eine individuelle Bedrohung allerdings in der Regel nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf die Herkunftsregion des Schutzsuchenden erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 17 und vom 14.07.2009 - 10 C 9.08 - juris Rn. 17 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 17.02.2009 - C-465/07 - Rn. 40).

    Eine Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung zunächst aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben (BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 20).

    Zu berücksichtigen sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 20 und vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33).

    Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann ausnahmsweise auch in Fällen, in denen - wie hier - individuelle gefahrerhöhende Umstände fehlen, bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 21 und vom 14.07.2009 - 10 C 9.08 - juris Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, 17.02.2009 - C-465/07 - Rn. 35 ff.).

    Liegen keine gefahrerhöhenden Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 21 und vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33).

    Im Rahmen einer solchen Gesamtbetrachtung kann der Umstand, dass die Anzahl der bereits festgestellten Opfer bezogen auf die Gesamtbevölkerung in der betreffenden Region eine bestimmte Schwelle erreicht, als für die Feststellung einer solchen Bedrohung relevant angesehen werden, allerdings nicht im Sinne einer systematischen Anwendung eines einzigen quantitativen Kriteriums (vgl. EuGH, Urteil vom 10.06.2021 - C-901/19 - Rn. 31 ff.; BVerwG, Urteil vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 21; Beschluss vom 13.12.2021 - 1 B 85.21 - juris Rn. 4; Berlit, ZAR 2021, 289 ).

  • VGH Baden-Württemberg, 12.12.2018 - A 11 S 1923/17

    Afghanistan; Provinz Parwan; subsidiärer Schutz; Abschiebungsverbot;

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Es muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 31).

    Vor diesem Hintergrund kommt dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung gesteigerte Bedeutung zu, weswegen allein der Tatsachenvortrag des Schutzsuchenden zum Erfolg der Klage führen kann, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne glaubhaft sind, dass sich das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 - 9 C 109.84 - juris Rn. 16 und Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 32).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 36; dazu BVerwG, Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3 und 4; OVG NRW, Urteil vom 02.07.2013 - 8 A 2632/06.A - juris Rn. 59).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38).

    Diese kann nur angenommen werden, wenn dem Schutzsuchenden ein ernsthafter Schaden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk") droht (vgl. BVerwG, Urteile vom 06.02.2019 - 1 A 3.18 - juris Rn. 100 ff. und vom 22.05.2018 - 1 VR 3.18 - juris Rn. 51; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 16 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 27 m.w.N.).

    Dies folgt aus der Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU, die auch im Rahmen des subsidiären Schutzes eingreift (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 16 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 29).

    Dieses Maß ist erreicht, wenn bei dem Opfer Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 17 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 23 ff.; Bergmann, in: ders./Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 4 AsylG Rn. 10).

    Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist damit die Herkunftsregion des Betroffenen, in die er typischerweise zurückkehren wird (SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 124; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 69 ff. und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 100).

    Anderes wurde nur angenommen, wenn in der Person oder den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen besondere, individuell erschwerende Umstände festgestellt werden konnten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 - juris Rn. 102, vom 26.06.2019 - A 11 S 2108/18 - juris Rn. 106 ff., vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 191 ff., vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 392 und vom 09.11.2017 - A 11 S 789/17 - juris Rn. 244; OVG Bremen, Urteil vom 12.02.2020 - 1 LB 276/19 - juris Rn. 55 ff.; BayVGH, Urteile vom 06.02.2020 - 13a B 19.33510 - juris Rn. 17 ff. und vom 28.11.2019 - 13a B 19.33361 - juris Rn. 17 ff.; OVG RP, Urteil vom 22.01.2020 - 13 A 11356/19 - juris Rn. 68; HessVGH, Urteil vom 23.08.2019 - 7 A 2750/15.A - juris Rn. 149 f.; OVG NRW, Urteil vom 18.06.2019 - 13 A 3930/18.A - juris Rn. 198 ff.; SächsOVG, Urteil vom 18.03.2019 - 1 A 348/18.A - juris Rn. 68 ff.; NdsOVG, Urteil vom 29.01.2019 - 9 LB 93/18 - juris Rn. 55 f.; siehe auch OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 12.06.2019 - 2 A 31/19 - juris Rn. 11 und vom 20.05.2019 - 2 A 194/19 - juris Rn. 11).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 58 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 36).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 114, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 59 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38; dem folgend OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 74).

  • VGH Baden-Württemberg, 12.10.2018 - A 11 S 316/17

    Kein Abschiebungsverbot nach Kabul für alleinstehende gesunde Männer im

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Allerdings muss eine den subsidiären Schutz begründende Gefahr eines ernsthaften Schadens in Form von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung nach § 4 Abs. 3 AsylG stets von einem Akteur im Sinne des § 3c AsylG ausgehen (BVerwG, Urteile vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 11 und vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 29; Beschlüsse vom 20.05.2020 - 1 C 11.19 - juris Rn. 11 und vom 13.02.2019 - 1 B 2.19 - juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17- juris Rn. 57).

    Nach diesen Maßstäben mangelt es hier an einem Akteur, dem die schlechten humanitären Verhältnisse in Afghanistan zuzurechnen sind (so auch SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 119 ff.; OVG Hamburg, Urteil vom 23.02.2022 - 1 Bf 282/20.A - juris Rn. 31; VG Greifswald, Urteil vom 13.05.2022 - 3 A 1469/19 HGW - juris UA S. 12; VG Bremen, Urteil vom 14.01.2022 - 3 K 3558/17 - juris Rn. 35 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 26.11.2021 - A 13 K 348/18 - juris UA S. 20; VG Freiburg, Urteil vom 27.08.2021 - A 14 K 2187/20 - juris UA S. 15; zur Situation vor dem Regimewechsel OVG RP, Urteil vom 30.11.2020 - 13 A 11421/19 - juris Rn. 79; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17- juris Rn. 71 ff. und vom 24.01.2018 - A 11 S 1265/17 - juris Rn. 101 ff.).

    Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist damit die Herkunftsregion des Betroffenen, in die er typischerweise zurückkehren wird (SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 124; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 69 ff. und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 100).

    (1) Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt vor, wenn die Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen, ohne dass dieser Konflikt als bewaffneter Konflikt, der keinen internationalen Charakter aufweist, im Sinne des humanitären Völkerrechts eingestuft zu werden braucht und ohne dass die Intensität der bewaffneten Auseinandersetzungen, der Organisationsgrad der vorhandenen bewaffneten Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts Gegenstand einer anderen Beurteilung als der des im betreffenden Gebiet herrschenden Grads an Gewalt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30.01.2014 - C-285/12 - Rn. 35; OVG Bremen, Urteil vom 26.05.2020 - 1 LB 57/20 - juris Rn. 42; HessVGH, Urteil vom 27.09.2019 - 7 A 1923/14.A - juris Rn. 49; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 84).

    Anderes wurde nur angenommen, wenn in der Person oder den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen besondere, individuell erschwerende Umstände festgestellt werden konnten (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 - juris Rn. 102, vom 26.06.2019 - A 11 S 2108/18 - juris Rn. 106 ff., vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 191 ff., vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 392 und vom 09.11.2017 - A 11 S 789/17 - juris Rn. 244; OVG Bremen, Urteil vom 12.02.2020 - 1 LB 276/19 - juris Rn. 55 ff.; BayVGH, Urteile vom 06.02.2020 - 13a B 19.33510 - juris Rn. 17 ff. und vom 28.11.2019 - 13a B 19.33361 - juris Rn. 17 ff.; OVG RP, Urteil vom 22.01.2020 - 13 A 11356/19 - juris Rn. 68; HessVGH, Urteil vom 23.08.2019 - 7 A 2750/15.A - juris Rn. 149 f.; OVG NRW, Urteil vom 18.06.2019 - 13 A 3930/18.A - juris Rn. 198 ff.; SächsOVG, Urteil vom 18.03.2019 - 1 A 348/18.A - juris Rn. 68 ff.; NdsOVG, Urteil vom 29.01.2019 - 9 LB 93/18 - juris Rn. 55 f.; siehe auch OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 12.06.2019 - 2 A 31/19 - juris Rn. 11 und vom 20.05.2019 - 2 A 194/19 - juris Rn. 11).

    cc) Der erkennende Senat ist angesichts der seit dem Regimewechsel gravierenden weiteren Verschlechterung der nicht erst seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie prekären humanitären Verhältnisse in der Stadt Kabul als End- bzw. Ankunftsort einer Abschiebung (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 29.10.2019 - A 11 S 1203/19 - juris Rn. 101 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 202) und in ganz Afghanistan weiterhin der Auffassung, dass auch im Falle eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen bei Rückkehr aus dem westlichen Ausland die hohen Anforderungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK regelmäßig erfüllt sind, wenn in seiner Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen.

    (c) Der Arbeitsmarkt in Afghanistan stand bereits vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie und dem Regimewechsel im August 2021 unter enormem Druck (vgl. ausführlich hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 225 ff.).

    Hinsichtlich der Chancen, als Tagelöhner Arbeit zu finden, spielen persönliche Kontakte eine essentielle Rolle (vgl. ausführlich zum Ganzen bereits VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 52 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 -, juris Rn. 243 ff.; Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 ff., 9 f., 16).

    Zudem gewährleistet das System der Empfehlungen, dass der Arbeitgeber sich in Bezug auf die Vertrauenswürdigkeit eines Arbeitsuchenden sicher sein kann, dessen örtliche und ethnische Herkunft sowie familiären Hintergrund er auf Grund der Empfehlung kennt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 52 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 -, juris Rn. 243; vgl. auch EASO, Afghanistan Country of Origin Information Report - Key socio-economic indicators - Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City, August 2020, S. 31).

    Für manche besteht ihr Netzwerk aus nahen Verwandten, für andere ist es breiter angelegt und kann auch aus Freunden bestehen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 245 ff.).

  • VGH Baden-Württemberg - A 11 S 2091/20 (anhängig)

    S. gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Asylantrag

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Hinsichtlich der Chancen, als Tagelöhner Arbeit zu finden, spielen persönliche Kontakte eine essentielle Rolle (vgl. ausführlich zum Ganzen bereits VGH Bad.-Württ., Urteile vom 17.12.2020 - A 11 S 2042/20 - juris Rn. 52 und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 -, juris Rn. 243 ff.; Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 ff., 9 f., 16).

    Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen (BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, Afghanistan, Version 8, 10.08.2022, S. 179; Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6).

    Ein fehlendes Netzwerk kann ein Rückkehrer regelmäßig auch nicht durch eine besondere Durchsetzungskraft oder spezielle Fähigkeiten ausgleichen, die er sich etwa im Ausland angeeignet hat, da er sich hiermit kaum von der Masse der Tagelöhner abzuheben vermag (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 f., 10, 16; differenzierend Finnish Immigration Service, Afghanistan: Fact-Finding Mission to Kabul in April 2019, S. 16 f.).

    Die Erzielung eines regelmäßigen Einkommens hieraus hängt aber ebenfalls vom Vorhandensein eines Netzwerks ab, über das die entsprechenden Aufträge vergeben werden (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 7 f., 16).

    Der Aufbau eines Netzwerks "aus eigener Kraft" erscheint zwar nicht völlig ausgeschlossen, ist aber äußerst schwer zu bewerkstelligen (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 6 f., 10, 16).

    Nach Angaben von Schwörer musste ein alleinstehender Mann Ende des Jahres 2020 für eine einfache Wohnung ohne Heizung und Komfort, aber mit Zugang zu fließendem Wasser, sporadisch verfügbarer Elektrizität, einer einfachen Toilette und Möglichkeit zum Kochen monatlich ungefähr 130 bis 150 USD an Miete zahlen (vgl. Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 2 f.).

    Es handelt sich um einfache Lehmhäuser oder auch Zelte oder Hütten (Schwörer, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 2).

    Nach Angaben von Schwörer bezahlen auch in den informellen Siedlungen die Bewohner einen kleinen Betrag Miete für ihre Unterkunft (Schwörer, Gutachten Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Lage in Afghanistan, 30.11.2020, S. 12; Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 15.12.2020 - A 11 S 2042/20, A 11 S 2091/20 - S. 25).

  • BVerwG, 19.04.2018 - 1 C 29.17

    Subsidiär schutzberechtigte Ausländer können nicht zusätzlich auf ein nationales

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 22.02.2023 - A 11 S 1329/20
    Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU geschütztes Rechtsgut voraus (BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 11 und vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - juris Rn. 22).

    Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein (BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 13, vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 - juris Rn. 56, vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 21.11.2017 - 1 B 148.17 - juris Rn. 17).

    Indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG nicht (BVerwG, Urteil vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 13 m.w.N.).

    Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ("real risk") abstellt; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (stRspr., vgl. BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 14, vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 - juris Rn. 22 m.w.N. und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32; Beschluss vom 15.08.2017 - 1 B 120.17 - juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2022 - A 10 S 1898/21 - juris Rn. 14).

    Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 14 und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32 m.w.N.).

    Diese Beurteilung unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters (BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 15 und vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.2022 - A 10 S 1898/21 - juris Rn. 15 m.w.N.).

  • EuGH, 10.06.2021 - C-901/19

    Wird bei den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten subsidiärer Schutz

  • BVerwG, 04.07.2019 - 1 C 33.18

    Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eines syrischen

  • VG Berlin, 24.03.2022 - 20 K 666.17

    Asylrecht: Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzes

  • BVerwG, 13.02.2019 - 1 B 2.19

    Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. des § 60 Abs.

  • BVerwG, 04.07.2019 - 1 C 37.18

    (materielle) Beweislast; Auslandsaufenthalt; Beweiserleichterung;

  • BVerwG, 21.07.1989 - 9 B 239.89

    Nicht widerspruchsfreier Antrag des Asylbewerbers - Asylbewerber - Andere

  • VGH Baden-Württemberg, 29.10.2019 - A 11 S 1203/19

    Prüfungsumfang beim erneuten Asylverfahren - Rückkehrmöglichkeit nach Afghanistan

  • VGH Bayern, 07.06.2021 - 13a B 21.30342

    Kein Abschiebungsverbot für einen volljährigen, alleinstehenden und

  • OVG Hamburg, 25.03.2021 - 1 Bf 388/19

    Erfolglose Klage eines jungen, erwachsenen, gesunden und alleinstehenden Mannes

  • EuGH, 17.02.2009 - C-465/07

    WER SUBSIDIÄREN SCHUTZ BEANTRAGT, BRAUCHT NICHT NOTWENDIG ZU BEWEISEN, DASS ER IN

  • BVerwG, 31.01.2013 - 10 C 15.12

    Afghanistan; Provinz Helmand; Kabul; Abschiebung; Abschiebungsverbot;

  • VGH Baden-Württemberg, 27.03.2019 - A 4 S 335/19

    Subsidiärer Schutz für wehrdienstflüchtige Männer aus Syrien

  • EGMR, 28.06.2011 - 8319/07

    SUFI AND ELMI v. THE UNITED KINGDOM

  • VGH Baden-Württemberg, 03.11.2017 - A 11 S 1704/17

    Zuerkennung subsidiären Schutzes; Gefahrenlage für eine Bevölkerungsgruppe wegen

  • VGH Baden-Württemberg, 20.07.2022 - A 10 S 1898/21

    Rückkehr eines Tamilen nach Sri Lanka

  • VGH Baden-Württemberg, 16.12.2021 - A 13 S 3196/19

    Begründung keines generell, allenfalls individuellen Abschiebungshindernisses

  • BVerwG, 14.07.2009 - 10 C 9.08

    Abschiebungsschutz wegen innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Irak);

  • EGMR, 27.05.2008 - 26565/05

    N. ./. Vereinigtes Königreich

  • OVG Rheinland-Pfalz, 30.11.2020 - 13 A 11421/19

    Keine Rückkehrgefährdung von jungen männlichen afghanischen Staatsangehörigen

  • BVerwG, 19.01.2009 - 10 C 52.07

    Flüchtlingsanerkennung; Verfolgungshandlung; zielgerichtete Handlung;

  • BVerwG, 27.04.2010 - 10 C 4.09

    Abschiebungsschutz; Abschiebungsverbot; Widerrufsverfahren; subsidiärer Schutz;

  • VG Freiburg, 27.08.2021 - A 14 K 2187/20

    Afghanistan: Abschiebungsverbot wegen aktueller humanitärer Lage

  • BVerwG, 15.04.1997 - 9 C 38.96

    Gefahrenquelle und Staatlichkeit der Mißhandlung bei Art. 3 EMRK -

  • VG Hannover, 09.07.2020 - 19 A 11909/17

    Abschiebehindernis; Abschiebungsverbot; Afghanistan; Alleinstehend; Arbeitsfähig;

  • BVerwG, 07.09.2021 - 1 C 3.21

    Berücksichtigung von Hilfe- und Unterstützungsleistungen nichtstaatlicher

  • BVerwG, 27.04.2010 - 10 C 5.09

    Abschiebungsverbot; Anspruchsgrundlage; Beweismaß; beachtliche

  • BVerwG, 26.10.1989 - 9 B 405.89

    Klageabweisung ohne Beweisaufnahme - Aufklärungspflicht - Beweisantrag -

  • OVG Bremen, 26.05.2020 - 1 LB 57/20

    Abschiebungsverbot nach Afghanistan - Abschiebungsverbot; Asyl Afghanistan;

  • EGMR, 29.01.2013 - 60367/10

    S.H.H. v. THE UNITED KINGDOM

  • VG Freiburg, 05.03.2021 - A 8 K 3716/17

    Klage auf internationalen Schutz, auf die Feststellung eines nationalen

  • OVG Niedersachsen, 29.01.2019 - 9 LB 93/18

    "faktischer Iraner"; "real risk"; Abschiebung; Afghanistan; allgemeine Gewalt;

  • VGH Bayern, 06.02.2020 - 13a B 19.33510

    Anforderung an das Abschiebungsverbot

  • BVerwG, 20.02.2013 - 10 C 23.12

    Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft; Ahmadis; Flüchtlingsanerkennung; Folgeverfahren;

  • VGH Baden-Württemberg, 26.06.2019 - A 11 S 2108/18

    Rückkehr leistungsfähiger, erwachsener Männer nach Kabul ohne

  • VGH Hessen, 27.09.2019 - 7 A 1923/14

    Asylrecht (Afghanistan) Subsidiärer Schutz und nationales Abschiebungsverbot

  • OVG Niedersachsen, 22.04.2021 - 2 LB 147/18

    Amnestie; Asylantrag; Ausreise; beachtliche Wahrscheinlichkeit; bestimmte soziale

  • BVerwG, 01.06.2011 - 10 C 25.10

    Rechtskraft; Wiederholungsverbot; Rücknahme; Widerruf; Widerruf der

  • OVG Hamburg, 29.05.2019 - 1 Bf 284/17

    Rückkehr eines 17-jährigen Syrers; Gefahr der Zwangsrekrutierung durch kurdische

  • OVG Bremen, 22.09.2020 - 1 LB 258/20

    Abschiebungsverbot für alleinstehenden jungen Mann; Auswirkungen der

  • BVerwG, 13.12.2021 - 1 B 85.21

    Mangels Darlegung unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde (Gruppenverfolgung

  • VGH Hessen, 23.08.2019 - 7 A 2750/15

    Abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan

  • OVG Bremen, 24.11.2020 - 1 LB 351/20

    Afghanistan: Berufung abgewiesen; Abschiebungsverbot wegen fehlender Möglichkeit

  • VG Bremen, 14.01.2022 - 3 K 3558/17

    Afghanistan: Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG wegen schlechter

  • VG Greifswald, 13.05.2022 - 3 A 1469/19

    Afghanistan: Unglaubhaftes Vorbringen zur Bedrohung durch die Taliban; Keine

  • VG Sigmaringen, 26.11.2021 - A 13 K 348/18

    Afghanistan: Klage abgewiesen. Bescheid des Bundesamtes rechtmäßig.

  • BVerwG, 07.09.2021 - 1 C 47.20

    Befristung eines abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbots bei

  • BVerwG, 27.07.2017 - 1 C 28.16

    Abschiebung; Abwägung; Asylberechtigter; Ausweisung; Ausweisungsinteresse;

  • VGH Baden-Württemberg - A 11 S 2516/18 (anhängig)

    A. gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Zuerkennung subsidiären Schutzes

  • VGH Baden-Württemberg, 13.09.2022 - A 11 S 1427/22

    Zuständigkeit des Berichterstatters nach Zurückweisung des Rechtsstreits durch

  • VGH Baden-Württemberg, 26.02.2014 - A 11 S 2519/12
  • OVG Nordrhein-Westfalen, 18.06.2019 - 13 A 3741/18
  • BVerwG, 08.09.2011 - 10 C 14.10

    Abschiebungsschutz; Abschiebungsverbot; subsidiärer Schutz; unionsrechtlich

  • VG Freiburg, 19.05.2020 - A 8 K 9604/17

    Kein Abschiebungsverbot für Afghanen wegen der Corona-Pandemie

  • BVerwG, 28.04.1998 - 9 C 1.97

    Verwaltungsprozessrecht - Rechtsschutzinteresse für Klage auf Verpflichtung zur

  • VGH Baden-Württemberg, 16.03.2020 - A 11 S 2977/18

    S. gegen Bundesrepublik Deutschland wegen Zuerkennung subsidiären Schutzes

  • BVerwG, 29.06.1999 - 9 C 36.98

    Drittstaatenregelung; Einreise auf dem Luftweg; Einschleusen durch Schlepper;

  • BVerwG, 28.04.2017 - 1 B 73.17

    Maßgebliche Abwägung der für und gegen eine Verfolgung sprechenden Umstände bei

  • EuGH, 02.10.2019 - C-93/18

    Bajratari - Vorlage zur Vorabentscheidung - Unionsbürgerschaft - Richtlinie

  • BVerwG, 22.05.2018 - 1 VR 3.18

    Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Anordnung der Abschiebung eines türkischen

  • VG Köln, 28.09.2021 - 14 K 5414/17
  • VG Hannover, 27.10.2022 - 3 A 5642/18

    Irak; verwestlichte Frau; Verwestlichung bejaht

  • VG Freiburg, 11.10.2021 - A 15 K 4778/17

    Asyl Afghanistan; geschlechtsspezifische Verfolgung alleinstehender Frauen

  • EuGH, 30.01.2014 - C-285/12

    Im Unionsrecht ist der Begriff "innerstaatlicher bewaffneter Konflikt" gegenüber

  • BVerfG, 15.12.2020 - 2 BvR 2187/20

    Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Feststellung

  • VG Lüneburg, 24.05.2022 - 3 A 361/21

    Abschiebungsverbot; Afghanistan

  • BVerwG, 21.04.2009 - 10 C 11.08

    Flüchtlingsanerkennung; Gruppenverfolgung; Verfolgungsdichte;

  • BVerfG, 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04

    EGMR-Entscheidungen

  • OVG Rheinland-Pfalz, 22.01.2020 - 13 A 11356/19

    Kein Abschiebungsverbot nach Afghanistan für jungen gesunden Mann bei Rückkehr

  • EuGH, 02.03.2010 - C-175/08

    Eine Person kann ihre Flüchtlingseigenschaft verlieren, wenn die Umstände,

  • VGH Baden-Württemberg, 04.05.2021 - A 4 S 469/21

    Kein Flüchtlingsschutz für Militärdienstentzieher aus Syrien

  • VG Karlsruhe, 26.09.2019 - A 19 K 3124/17

    Flüchtlingsschutz wegen Verschleierungszwang in Afghanistan

  • BVerwG, 23.09.2020 - 1 C 27.19

    Drittstaatsangehöriger Elternteil kann Aufenthaltsrecht nach Art. 21 AEUV nur von

  • BVerwG, 21.11.2017 - 1 B 148.17

    Prognosemaßstäbe und Beweislastgrundsätze im Asylverfahren; Unterschiede bei der

  • BVerfG, 09.02.2021 - 2 BvQ 8/21

    Untersagung einer Abschiebung nach Afghanistan bis zur Entscheidung über die noch

  • VGH Bayern, 28.11.2019 - 13a B 19.33361

    Rückkehrmöglichkeit für alleinstehende arbeitsfähige Männer

  • BVerwG, 16.04.1985 - 9 C 109.84

    Beiordnung eines Rechtsanwalts als Prozeßbevollmächtigter

  • VG Würzburg, 12.04.2022 - W 1 K 22.30254

    Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots für jungen erwerbsfähigen Mann

  • VG Freiburg, 21.09.2021 - A 14 K 9391/17

    Verfolgung aus politischen und religiösen Gründen bei Rückkehr nach Afghanistan

  • BVerwG, 17.10.2006 - 1 C 18.05

    Abschiebungsverbot; individuelle Erkrankung; Behandlungsmöglichkeit;

  • EuGH, 19.03.2019 - C-297/17

    Ibrahim - Vorlage zur Vorabentscheidung - Raum der Freiheit, der Sicherheit und

  • BVerwG, 22.03.2012 - 1 C 3.11

    Abschiebungsandrohung; Abschiebungsschutz; Abschiebungsverbot;

  • BVerwG, 09.01.1998 - 9 B 1130.97

    Asyl - Existenzgefährdung - grundsätzliche Bedeutung - Bedarf

  • VG Saarlouis, 23.02.2022 - 5 K 741/20

    Abschiebungsverbot, Afghanistan, Versorgungslage

  • VG Köln, 18.01.2022 - 2 K 2078/17
  • VGH Baden-Württemberg, 23.10.2018 - A 3 S 791/18

    Syrische Asylbewerber; Rückkehrprognose; illegale Ausreise und Aufenthalt im

  • EGMR, 13.12.2016 - 41738/10

    Ausweisung, Krankheit, Sperrwirkung, Einreise- und Aufenthaltsverbot, Straftat,

  • OVG Sachsen, 18.03.2019 - 1 A 348/18

    Afghanistan; nationale Abschiebungsverbote; humanitäre Verhältnisse; Hazara;

  • VG Cottbus, 06.01.2022 - 3 K 133/21
  • OVG Bremen, 12.02.2020 - 1 LB 276/19

    Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Übersendung eines elektronischen

  • BVerwG, 06.02.2019 - 1 A 3.18

    Bundesverwaltungsgericht bestätigt hessische Abschiebungsanordnung gegen einen

  • VG Cottbus, 04.03.2022 - 6 K 3120/17

    Afghanistan: Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG für einen jungen und

  • OVG Saarland, 20.05.2019 - 2 A 194/19

    Grundsätzliche Bedeutung einer Asylrechtssache; Abschiebungshindernis für junge

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 02.07.2013 - 8 A 2632/06

    Anspruch eines türkischen Staatsangehörigen mit kurdischer Volkszugehörigkeit auf

  • VG Karlsruhe, 25.10.2018 - A 2 K 7355/17

    Verwestlichung von Afghaninnen - Personenmehrheit als einheitlicher Akteur

  • EGMR, 06.02.2001 - 44599/98

    BENSAID c. ROYAUME-UNI

  • BVerwG, 17.05.2006 - 1 B 100.05

    Revisionsverfahren, Darlegungserfordernis, Revisionsantrag, Frist, Monatsfrist,

  • OVG Saarland, 12.06.2019 - 2 A 31/19

    Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Asylverfahren; keine grundsätzliche

  • VG Augsburg, 09.05.2022 - Au 8 K 19.30008

    Asyl, Afghanistan, Junger Mann, Unglaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens

  • VG Hamburg, 26.11.2021 - 1 A 31/21

    Erfolgreiche Asylklage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots aufgrund der

  • VGH Baden-Württemberg, 29.07.2019 - A 4 S 749/19

    Rückführung nach Italien nach den Maßstäben des EuGH - Verkürzung und

  • BVerwG, 24.06.2008 - 10 C 43.07

    Abschiebungsschutz wegen innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Irak);

  • VG Gelsenkirchen, 20.09.2021 - 5a K 6073/17

    Abschiebungsverbot; junge alleinstehende Männer ohne familiäres Netzwerk;

  • VGH Baden-Württemberg, 09.08.2017 - A 11 S 710/17

    Flüchtlingsschutz für Syrer; Rückkehr nach Syrien; Vater eines Wehrpflichtigen

  • EuGH, 18.12.2014 - C-542/13

    'M''Bodj' - Vorlage zur Vorabentscheidung - Charta der Grundrechte der

  • VG Stade, 13.04.2022 - 6 A 2174/17

    Abschiebungsverbot; Klagerücknahme; Prozesserklärung; Wirksamkeit; Asyl

  • EuGH, 19.03.2019 - C-163/17

    Jawo - Vorlage zur Vorabentscheidung - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des

  • BVerwG, 04.07.2019 - 1 C 45.18

    Trotz Abschiebungsschutzes einzelner Mitglieder der Kernfamilie ist bei der

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 18.06.2019 - 13 A 3930/18

    Afghanistan, Iran, Existenzminimum, Existenzgrundlage, extreme Gefahrenlage,

  • VG Bremen, 24.06.2022 - 3 K 1386/20

    Geschlechtsspezifische Verfolgung von Frauen in Afghanistan, Urteil vom

  • VG München, 12.11.2021 - M 2 K 21.30954

    Abschiebungsverbot für minderjährigen Rückkehrer nach Afghanistan

  • BVerwG, 15.08.2017 - 1 B 120.17

    Unterschiede bei der tatsächlichen Bewertung identischer Tatsachengrundlagen;

  • OVG Niedersachsen, 21.09.2015 - 9 LB 20/14

    Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gegenüber einer afghanischen

  • VGH Baden-Württemberg, 09.11.2017 - A 11 S 789/17

    Verfolgungslage für alleinstehende junge Männer in Afghanistan

  • VG Köln, 04.03.2021 - 21 L 153/21
  • VG München, 25.01.2022 - M 6 K 21.31155

    Abschiebungsverbot für afghanischen Asylantragsteller

  • BVerwG, 25.11.1997 - 9 C 58.96

    Abschiebungsschutz für kranke Asylbewerber bei unzureichenden medizinischen

  • VGH Baden-Württemberg, 24.01.2018 - A 11 S 1265/17

    (Verfolgung von afghanischen Rückkehrern bei einer Rückkehr in die Provinz

  • EGMR, 09.01.2018 - 36417/16

    X v. SWEDEN

  • VGH Baden-Württemberg, 07.07.2022 - A 4 S 3696/21

    Bei der Überstellung von Familien mit (Klein-)Kindern nach Italien ist durch

  • VG München, 26.08.2021 - M 24 K 17.38610

    Asylrecht, Afghanischer Staatsangehöriger, Asylberechtigung (verneint),

  • VG Leipzig, 24.11.2021 - 8 K 985/21

    Afghanistan: Abschiebungsverbot wegen prekären humanitären Gegebenheiten sowie

  • OVG Niedersachsen, 18.03.2021 - 8 ME 146/20

    Abänderungsverfahren; Aufenthaltsverbot; aufschiebende Wirkung; Ausweisung;

  • BVerwG, 13.07.2017 - 1 VR 3.17

    Abschiebungsanordnung; Gefährder; Islamischer Staat; Islamismus; Salafismus;

  • VGH Baden-Württemberg, 13.11.2019 - 11 S 2996/19

    Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen ein an eine Abschiebung

  • BVerwG, 21.08.2018 - 1 C 21.17

    Fehlende Anordnung eines Einreiseverbots führt nicht zur Rechtswidrigkeit der

  • OVG Niedersachsen, 06.05.2020 - 13 LB 190/19

    Streit um die Rechtmäßigkeit eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach

  • VGH Baden-Württemberg, 21.01.2020 - 11 S 3477/19

    Einstweiliger Rechtsschutz gegen Einreise- und Aufenthaltsverbot im Falle der

  • OVG Saarland, 17.08.2022 - 2 A 88/22

    Anforderungen an die Berufungsbegründung im asylrechtlichen Berufungsverfahren

  • VGH Baden-Württemberg, 21.06.2023 - A 11 S 1695/22

    Gefahren für ehemalige Regierungsmitarbeiter und Sicherheitskräfte in Afghanistan

    Hinsichtlich des weiteren Berufungsverfahrens, insbesondere auch der Berufungsbegründung, enthält § 78 AsylG keine Regelungen, so dass insoweit das in der Verwaltungsgerichtsordnung kodifizierte allgemeine Verwaltungsprozessrecht gilt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 23; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.08.2022 - 2 A 88/22 - juris Rn. 3).

    Diese kann nur angenommen werden, wenn dem Schutzsuchenden ein ernsthafter Schaden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ("real risk") droht (vgl. BVerwG, Urteile vom 06.02.2019 - 1 A 3.18 - juris Rn. 100 ff. und vom 22.05.2018 - 1 VR 3.18 - juris Rn. 51; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 73, vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 16 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 27 m.w.N.).

    Dies folgt aus der Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU, die auch im Rahmen des subsidiären Schutzes eingreift (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 73, vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 16 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 29).

    Es muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 39, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 31).

    Vor diesem Hintergrund kommt dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung gesteigerte Bedeutung zu, weswegen allein der Tatsachenvortrag des Schutzsuchenden zum Erfolg der Klage führen kann, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne glaubhaft sind, dass sich das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 - 9 C 109.84 - juris Rn. 16 und Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 40, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 32).

    Das gilt dann, wenn dieser sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen, alle ihm verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und er eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben hat, und festgestellt wurde, dass seine Aussagen kohärent und plausibel sind und sie zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen, er internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat (es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war) und schließlich auch seine generelle Glaubwürdigkeit festgestellt worden ist (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 40 und vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 57).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 41, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 36; dazu BVerwG, Beschluss vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 - juris Rn. 3 und 4; OVG NRW, Urteil vom 02.07.2013 - 8 A 2632/06.A - juris Rn. 59).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 42, vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 55 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 38).

    Auch wenn die Prognose damit keines "vollen Beweises" bedarf, ändert dies nichts daran, dass sich der Tatrichter gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bei verständiger Würdigung der (gesamten) Umstände des Einzelfalls auch von der Richtigkeit seiner - verfahrensfehlerfrei - gewonnenen Prognose einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung die volle Überzeugungsgewissheit zu verschaffen hat (eingehend BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 43 und vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 60).

    Dieses Maß ist erreicht, wenn bei dem Opfer Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 76, vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 17 und vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 23 ff.; Bergmann, in: ders./Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 4 AsylG Rn. 10).

    Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie in einigen Fällen auch vom Geschlecht, dem Alter und dem Gesundheitszustand der betroffenen Person (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 76 und vom 27.03.2019 - A 4 S 335/19 - juris Rn. 17 m.w.N.).

    Im vorliegenden Fall fehlt es - aus den oben genannten Gründen - zudem an einem ausreichenden Vortrag, der eine richterliche Überzeugungsbildung ohne Rücksicht auf eine Überprüfung der Echtheit des Briefes zuließe (vgl. hierzu auch bereits VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 53 und vom 29.11.2019 - A 11 S 2376/19 - juris Rn. 64).

    Der Senat hat in seinem Urteil vom 22.02.2023 (- A 11 S 1329/20 - juris Rn. 81 bis 83 unter Bezugnahme auf Rn. 57 bis 68) ausführlich dargelegt, dass und weshalb sich für Rückkehrer nach Afghanistan, die nicht in exponierter Weise "verwestlicht" sind, allein aufgrund des erfolgten Auslandsaufenthalts eine tatsächliche Gefahr, Opfer einer § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG zuwiderlaufenden Behandlung zu werden, weder mit Blick auf Handlungen der regierenden Taliban noch in Bezug auf Handlungen der afghanischen Aufnahmegesellschaft feststellen lässt.

    Diesbezüglich fehlt es an einem Akteur im Sinne des § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG, von dem zielgerichtet eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ausgeht (ausführlich hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 90 ff.).

    Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist damit die Herkunftsregion des Betroffenen, in die er typischerweise zurückkehren wird (VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 94, vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 - juris Rn. 69 ff. und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 100; SächsOVG, Urteil vom 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A - juris Rn. 124).

    Dies kann letztlich aber ebenso offenbleiben wie die Frage, ob in den in Rede stehenden Provinzen ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegt (vgl. ausführlich hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 95 f.).

    In Bezug auf ganz Afghanistan hat der Senat in seinem Urteil vom 22.02.2023 (- A 11 S 1329/20 - juris Rn. 102 bis 113) ausführlich dargelegt, dass nach der Machtübernahme durch die Taliban ein deutlicher Rückgang kämpferischer Auseinandersetzungen und der damit verbundenen willkürlichen Gewalt zu verzeichnen ist.

  • VGH Baden-Württemberg, 28.03.2023 - A 11 S 3477/21

    Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots hinsichtlich Afghanistans;

    Das Gericht legt seiner Entscheidung zudem die Erkenntnismittel zugrunde, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie ferner das in das Verfahren einbezogene Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - (juris).

    Vielmehr gilt, dass sich das Gericht in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen muss, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 39).

    Dies muss - wenn nicht anders möglich - in der Weise geschehen, dass sich der Richter schlüssig wird, ob er dem Kläger glaubt (vgl. auch hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 208).

    Der Senat hat im bereits angeführten Urteil vom 22.02.2023 (- A 11 S 1329/20 - juris Rn. 57 bis 68) ausführlich dargelegt, dass und weshalb Rückkehrern aus dem westlichen Ausland nicht ohne weitere gefahrerhöhende Momente mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich beachtliche Verfolgung i. S. des § 3 Abs. 1 AsylG droht.

    aa) So ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger einer hier erheblichen allgemeinen Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch Taliban ausgesetzt sein wird (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 84 bis 86).

    bb) Ferner lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, in Afghanistan Opfer von Alltagskriminalität zu werden (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 87 bis 89).

    Die dem Betroffenen im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein "Mindestmaß an Schwere" ("minimum level of severity") aufweisen; diese kann erreicht sein, wenn er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält (vgl. zu alledem wiederum das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 127, m. w. N. zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts).

    Die Berücksichtigung finanzieller Rückkehrhilfen darf nicht dazu führen, den mit Art. 3 EMRK intendierten Schutz durch eine starre zeitliche Bestimmung seiner Reichweite - und ggf. entsprechend bemessene Rückkehrhilfen - zu beeinträchtigen (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 131 f., m. w. N.).

    Je länger der Zeitraum der durch eigenes Vermögen, Rückkehrhilfen, sonstige Hilfeleistungen und eigene Erwerbstätigkeit des Betroffenen abgedeckten Existenzsicherung ist, desto höher muss die Wahrscheinlichkeit einer Verelendung nach diesem Zeitraum sein (vgl. auch hierzu das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 132, m. w. N.).

    Ob wegen prekärer Lebensbedingungen eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht kommt, hängt danach nicht nur von den allgemeinen Lebensverhältnissen im Zielstaat ab, sondern auch von den individuellen Umständen des Betroffenen, so dass es einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls bedarf (vgl. das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 128, m. w. N.).

    Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Betreffende über den genannten Personenkreis Zugang zu einer hinreichenden Verdienstmöglichkeit und/oder einer Unterkunft, Nahrung sowie einer Waschmöglichkeit erlangen kann (vgl. zu alledem wiederum das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 140, m. w. N.).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (vgl. zu alledem wiederum das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 209, m. w. N.).

    Dies gilt insbesondere für - wie hier - in die Sphäre des Schutzsuchenden fallende Tatsachen (vgl. das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 210, m. w. N.).

    Ausgehend von Kosten für Lebensmittel i. H. von 1.547 AFN (ca. 18 USD bei Zugrundelegung eines Wechselkurses von 1 USD = 86 AFN) monatlich (vgl. die Ausführungen zum Warenkorb im Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 178, m. w. N.) ergäbe sich selbst bei einer Verdreifachung dieses Betrages für noch nicht in den Lebensmittelwarenkörben enthaltene Kosten von sicherem Trinkwasser und Flüssiggas (50 AFN für 20 l Trinkwasser ohne Kanister und 76 AFN für 1 l Flüssiggas; vgl. REACH, Afghanistan Joint Market Monitoring Initiative (JMMI), 11.-20.10.2022, S. 3), Kosten von sog. "Würdeartikeln" (33 AFN für ein Stück Seife, 30 AFN für eine Zahnbürste, 50 AFN für eine Tube Zahnpasta und 100 AFN für 2 qm Baumwollstoff; vgl. REACH, Afghanistan Joint Market Monitoring Initiative (JMMI), 11.-20.10.2022, S. 3) sowie von Transportkosten i. H. von 1, 22 USD = ca. 105 AFN (vgl. zu alledem das Urteil des Senats vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 179, m. w. N.) und einer weiteren Sicherheitsmarge von monatlich 6 USD ein Bedarf von 60 USD im Monat.

  • VG Freiburg, 10.07.2023 - A 6 K 601/22

    Türkei; staatliche Schutzgewährung für weibliche Opfer häuslicher Gewalt; bei

    Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU geschütztes Rechtsgut voraus (BVerwG, Urteil vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 11 sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 33).

    Indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG nicht (BVerwG, Urteil vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 13 m.w.N. sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 34 ff.).

    Entscheidend ist, ob in Anbetracht der Gesamtumstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 14 und vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 37).

    Diese Beurteilung unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 - juris Rn. 15 und vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris Rn. 23; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 20.07.2022 - A 10 S 1898/21 - juris Rn. 14 f. m.w.N. und vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 38).

    Es muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 - juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 39).

    Das gilt dann, wenn dieser sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen, alle ihm verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und er eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben hat, und festgestellt wurde, dass seine Aussagen kohärent und plausibel sind und sie zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen, er internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat (es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war) und schließlich auch seine generelle Glaubwürdigkeit festgestellt worden ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 40 m.w.N.).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 41 m.w.N.).

    Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 42 m.w.N.).

    Die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit darf aber nicht unter Verzicht auf die Feststellung objektivierbarer Prognosetatsachen auf bloße Hypothesen und ungesicherte Annahmen gestützt werden (BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 37.18 - juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 43).

  • VG Münster, 15.09.2023 - 3 K 2596/21
    BVerwG, Urteil vom 21.4.2022 - 1 C 10.21 -, juris, Rdn. 21; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 132.

    BVerwG, Urteil vom 31.1.2013 - 10 C 15.12 -, juris, Rdn. 26 m. w. N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 134.

    vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 22.10.2021, S. 5, 14; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 145 ff. m. w. N.

    VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 165 f. m. w. N.

    vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 167, und 17.12.2020 -A 11 S 2042/20 -, juris, Rdn. 108; Schwörer, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Lage in Afghanistan, S. 16; Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 15.7.2021, S. 24.

    vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 167, und 17.12.2020 -A 11 S 2042/20 -, juris, Rdn. 52.

    VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 163 m. w. N.

    VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.2.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, Rdn. 202.

  • VGH Baden-Württemberg, 15.08.2023 - A 12 S 3509/20

    Keine Verfolgung in Pakistan allein wegen der Zugehörigkeit zur

    Diese Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU umsetzende Legaldefinition der Verfolgungshandlung erfährt in § 3a Abs. 2 Nr. 1 bis 6 AsylG - im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU - eine Ausgestaltung durch einen nicht abschließenden Katalog von Regelbeispielen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 33).

    Die Annahme einer Verfolgungshandlung setzt einen gezielten Eingriff in ein nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU geschütztes Rechtsgut voraus (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 -, juris Rn. 11, und vom 19.01.2009 - 10 C 52.07 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 33).

    Indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 3 AsylG (BVerwG, Urteile vom 04.07.2019 - 1 C 31.18 -, juris Rn. 14, und vom 19.04.2018 - 1 C 29.17 -, juris Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 36).

    Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass ihnen erneut eine derartige Verfolgung droht (BVerwG, Urteile vom 04.07.2019 - 1 C 31.18 -, juris Rn. 16, und vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, juris Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 38).

    Hinsichtlich des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit (nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit) erlangen (vgl. zu den Anforderungen an die Überzeugungsbildung näher BVerwG, Urteil vom 04.07.2019 - 1 C 33.18 -, juris Rn. 20, und Beschluss vom 08.03.2007 - 1 B 101.06 -, juris Rn. 4 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris Rn. 39, vom 17.11.2022 - A 13 S 3741/20 -, Rn. 27, und vom 04.09.2019 - A 12 S 445/18 -, UA S.9 ).

    Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen etwa Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn 41; OVG Hamburg, Urteil vom 27.10.2021 - 4 Bf 106/20.A -, juris Rn. 38 f. - jew. m.w.N.).

    Mit anderen Worten: Für die richterliche Überzeugungsbildung ist eine bewertende Gesamtschau des gesamten Vorbringens des Schutzsuchenden unter Berücksichtigung seiner individuellen Aussagekompetenz und seiner Glaubwürdigkeit erforderlich, die die Stimmigkeit des Vorbringens an sich, dessen Detailtiefe und Individualität, sowie dessen Übereinstimmung mit den relevanten und verfügbaren Erkenntnismitteln ebenso berücksichtigt wie die Plausibilität des Vorbringens, an der es etwa fehlen kann, wenn nachvollziehbare Erklärungen fehlen oder unterbleiben, erhebliche Widersprüche oder Steigerungen im Sachvortrag unaufgelöst bleiben, falsche oder missverständliche Urkunden nicht erklärt werden können bzw. wenn Beweise oder Vorbringen ohne nachvollziehbaren Grund verspätet vorgebracht werden (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 41 ff., vom 17.11.2022 - A 13 S 3741/20 -, juris Rn. 26, vom 12.12.2018 - A 11 S 1923/17 -, juris Rn. 31 ff., und vom 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris Rn. 38 ff., insb.

  • OVG Mecklenburg-Vorpommern, 24.05.2023 - 4 LB 443/18

    Kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG 2004 in Verbindung mit Art. 3

    Es lässt sich nicht feststellen, dass im Falle eines leistungsfähigen erwachsenen Mannes ohne Unterhaltsverpflichtungen bei Rückkehr aus dem westlichen Ausland nach Afghanistan die Anforderungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG (juris: AufenthG 2004) i.V.m. Art. 3 EMRK (juris: MRK) regelmäßig erfüllt sind, wenn in seiner Person keine besonderen begünstigenden Umstände vorliegen (entgegen VGH Mannheim, Urt. v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, InfAuslR 20123, 237 und juris Rn. 140).(Rn.132).

    Es gibt jedoch auch keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme, dass Rückkehrern aus dem westlichen Ausland unterschiedslos allein deshalb Verfolgung durch die Taliban oder Dritte droht, weil sie Afghanistan verlassen haben, längere Zeit in einem nicht-muslimischen Land gelebt und dort einen Asylantrag gestellt haben, wenn keine weiteren Gründe dafür bestehen, bei dem Betreffenden eine regierungs- oder islamfeindliche Einstellung zu vermuten (so auch VGH Mannheim, Urt. v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 61 m.w.N.).

    Die schlechte humanitäre Situation in Afghanistan ist nicht auf das zielgerichtete Handeln eines Akteurs, namentlich der Taliban als De-facto-Regierung, zurückzuführen (ebenso OVG Bautzen, Urt. v. 10.11.2022 - 1 A 1081/17.A -, juris Rn. 121 f. und VGH Mannheim, Urt. v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 93).

    Derartige Umstände könnten insbesondere dann gegeben sein, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan ein tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk habe, er in hinreichendem Maße finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfahre oder über ausreichendes Vermögen verfüge (VGH Mannheim, Urt. v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 140).

    Dazu muss er insbesondere alle in seine Sphäre fallenden erheblichen Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts vortragen (VGH Mannheim, Urt. v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 210).

  • VG Hamburg, 09.04.2024 - 10 A 5193/23

    Zur Flüchtlingsrelevanz der "Verwestlichung" einer jungen iranischen Frau

    Weiterhin kennzeichnend für den Begriff der "Verwestlichung" ist zudem die Idee und grundsätzliche Akzeptanz einer gesellschaftlichen Pluralität insbesondere in soziokulturellen, weltanschaulich-religiösen und auf die Sexualmoral bezogenen Anschauungen (VGH Mannheim, Urt. v. 22.2.2023, A 11 S 1329/20, juris Rn. 65 unter Verweis auf VG Hannover, Urt. v. 27.10.2022, 3 A 5642/18, juris Rn. 19).

    der schutzsuchenden Person Ausdruck, die während eines mehrjährigen Aufenthalts in Deutschland eine Prägung durch ganz andere Wertvorstellungen und Weltanschauungen erfahren hat (VGH Mannheim, Urt. v. 22.2.2023, A 11 S 1329/20, juris Rn. 68).

  • OVG Schleswig-Holstein, 12.12.2023 - 2 LB 8/22

    Iran: Zur Gruppenverfolgung wegen längerem Aufenthalt im westlichen Ausland;

    Zudem hat insbesondere seit 2021/2022 eine so starke Änderung der Lage in Iran stattgefunden, dass eine Zulassung der Revision nach § 78 Abs. 8 AsylG auch im Übrigen nicht geboten erscheint (vgl. dazu - für Afghanistan - VGH Mannheim, Urteil vom 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 220).
  • VG Würzburg, 05.04.2023 - W 1 K 23.30107

    Afghanistan, Aufstockungsklage, ehemaliger einfacher Polizist/Soldat, Klage im

    d) Dem Kläger droht darüber hinaus auch keine Verfolgung wegen seiner Ausreise, seines Aufenthalts in Deutschland und der hier erfolgten Asylantragstellung (vgl. dazu eingehend: VGH Baden-Württemberg, U.v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris):.

    e) Eine Verfolgung nach § 3 AsylG droht dem Kläger schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. "Verwestlichung" (vgl. hierzu etwa: VGH Baden-Württemberg, U.v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris).

    Seit dem 16. August 2021 gibt es folglich keinen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt mehr in Afghanistan (so i.E. auch: VGH Baden-Württemberg, U.v. 22.02.2023 - A 11 S 1329/20 - juris; VG Greifswald, U.v. 13.05.2022 - 3 A 1469/19 HGW - juris; VG München, U.v. 26.8.2021 - M 24 K 17.38610 - juris Rn. 31 ff.; VG München, U.v. 25.01.2022 - M 6 K 21.31155 - juris; VG München, U.v. 12.11.2021 - M 2 K 21.30954 - juris; VG Bremen, U.v. 14.01.2022 - 3 K 3558/17 - juris Rn. 39; VG Sigmaringen, G.v. 26.11.2021 - A 13 K 348/18 - juris).

  • OVG Sachsen, 24.05.2023 - 1 A 472/20

    Afghanistan; nationaler Abschiebungsschutz; vereinfachtes Berufungsverfahren

    Zu Hinweisen des Senats auf sein rechtskräftig gewordenes Urteil vom 10. November - 1 A 1081/17.A -, das mit den dort genannten Erkenntnismitteln zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden ist, und auf das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, hat sich die Beklagte nicht geäußert.

    In tatsächlicher Hinsicht ist auf die zwischenzeitlich vorliegenden rechtskräftigen Urteile des beschließenden Senats vom 10. November 2022 - 1 A 1081/17.A -, juris, und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 -, juris, zur humanitären Lage in Afghanistan zu verweisen, durch auch die die im Verfahren des Klägers aufgeworfenen Tatsachenfragen, soweit sie entscheidungserheblich sind, hinreichend geklärt wurden.

    Zwar leisten eine Reihe von Internationalen Organisationen - etwa das Welternährungsprogramm, Rote Kreuz und der Rote Halbmond - in Afghanistan dringend benötigte humanitäre Hilfe (ACCORD, S. 6)."29 Es ist aber nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass aktuell und in der näheren Zukunft humanitäre Hilfeleistungen erbracht werden, die hinreichend geeignet sind, die tatsächliche Gefahr der Verelendung des Klägers im Falle seiner Rückkehr abzuwenden (vgl. OVG Hamburg, Urteil v. 23. Februar 2022, a. a. O., Rn. 68; VGH BW, Urt. v. 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 -, juris Rn. 204).

  • VG Ansbach, 23.02.2024 - AN 17 S 23.50064

    Erfolgloser Eilantrag, Abschiebungsandrohung nach Griechenland, Fall des § 29

  • OVG Schleswig-Holstein, 12.12.2023 - 2 LB 9/22

    Asylrechtliche Situation iranischer Staatsangehöriger

  • VG Bayreuth, 06.11.2023 - B 7 K 23.30771

    Sekundärmigration Griechenland, Klageanträge bei Unzulässigkeitsentscheidungen,

  • VG Freiburg, 29.11.2023 - A 9 K 2991/18

    Flüchtlingsanerkennung für Nordkoreaner; Möglichkeit der Aufnahme in Südkorea

  • VG Bremen, 16.02.2024 - 3 K 2458/22

    Asyl - Afghanistan, kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für

  • VG Berlin, 06.04.2023 - 34 K 21.22

    Rückführung eines Drittstaatsangehörigen: Abschiebungsandrohung ohne

  • VG Göttingen, 16.11.2023 - 4 A 104/21
  • VG Saarlouis, 10.07.2023 - 5 K 322/21

    Afghanistan: rechtswidriger Widerruf eines Abschiebungsverbots; keine wesentliche

  • VG Berlin, 24.03.2023 - 34 K 21.22

    Vereinigte Arabische Emirate: Abschiebungsandrohung wegen Kindeswohl und

  • VG Bayreuth, 27.09.2023 - B 7 S 23.30770

    Erfolgloser Eilantrag eines Syrers wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

  • VG Würzburg, 19.07.2023 - W 1 K 23.30277

    Griechenland, anerkannt Schutzberechtigter, Einzelfall einer Bestätigung der

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