Rechtsprechung
   VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2022,19946
VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21 (https://dejure.org/2022,19946)
VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 22.07.2022 - VGH B 70/21 (https://dejure.org/2022,19946)
VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 22. Juli 2022 - VGH B 70/21 (https://dejure.org/2022,19946)
Tipp: Um den Kurzlink (hier: https://dejure.org/2022,19946) schnell in die Zwischenablage zu kopieren, können Sie die Tastenkombination Alt + R verwenden - auch ohne diesen Bereich zu öffnen.

Volltextveröffentlichungen (3)

  • Justiz Rheinland-Pfalz

    Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 267 Abs 3 AEUV, Art 15 Abs 1 EWGRL 619/90, Art 31 EWGRL 96/92, Art 6 Abs 1 S 1 Verf RP
    Vorlagepflicht eines Fachgerichts zum EuGH (Art 267 Abs 3 AEUV) und Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art 6 Abs 1 S 1 LV ) - hier: erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen bei unhaltbarer fachgerichtlicher Handhabung der ...

  • doev.de PDF

    Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht

  • VersR (via Owlit)(Abodienst, Leitsatz frei)

    AEUV Art. 267 Abs. 3; GG Art. 101 Abs. 1; LV Art. 6 Abs. 1; VVG a.F. § 5a
    Verfassungsgebot zur Anrufung des EuGH wegen möglicher rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F.

Kurzfassungen/Presse (2)

  • anwaltonline.com (Kurzinformation)

    Unzureichende Begründung der Nicht-Vorlage an den EuGH verletzt das Recht auf den ...

  • kostenlose-urteile.de (Kurzmitteilung)

    Unzureichende Begründung der Nicht-Vorlage an den EuGH verletzt das Recht auf den gesetzlichen Richter - Verfassungsbeschwerde im Streit um Lebensversicherung erfolgreich

Papierfundstellen

  • VersR 2022, 1252
 
Sortierung



Kontextvorschau





Hinweis: Klicken Sie auf das Sprechblasensymbol, um eine Kontextvorschau im Fließtext zu sehen. Um alle zu sehen, genügt ein Doppelklick.

Wird zitiert von ... (19)Neu Zitiert selbst (53)

  • EuGH, 09.09.2021 - C-33/20

    Volkswagen Bank - Vorlage zur Vorabentscheidung - Verbraucherschutz - Richtlinie

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Lediglich klarstellend werde darauf hingewiesen, dass das Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) nicht zu den Lebensversicherungsrichtlinien, sondern zu Verbraucherdarlehensverträgen ergangen sei.

    Dies ergebe sich eindeutig aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank).

    Spätestens mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) sei unionsrechtlich eindeutig geklärt, dass sich die Voraussetzungen für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten allein unionsrechtlich bestimmen ließen.

    Auch sei die Annahme des Oberlandesgerichts nicht vertretbar, dass die zu der Verbraucherkreditrichtlinie getroffenen Feststellungen des Gerichtshofs der Europäischen Union im Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) nicht auf die Lebensversicherungsrichtlinien übertragbar seien.

    Von einer Übertragbarkeit der Feststellungen des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auf die Lebensversicherungsrichtlinien seien jüngst auch das Oberlandesgericht Rostock (Beschluss vom 9. November 2021 und Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris) und das Landgericht Erfurt (Beschluss vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris) ausgegangen.

    Dabei habe es insbesondere die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) sowie deren Übertragbarkeit auf die vorliegende Konstellation gewürdigt.

    Auch der Bundesgerichtshof habe sich in seinem Beschluss vom 17. November 2021 (- IV ZR 38/21 -, n.v.) - nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) - erneut mit den unionsrechtlichen Fragestellungen befasst und dennoch keine Veranlassung gesehen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

    Jedenfalls erscheint im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) eine Fortentwicklung der Rechtsprechung nicht nur als entfernte Möglichkeit.

    Dies ist inzwischen als zwingender allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts anerkannt, und zwar unabhängig davon, ob die betreffenden Rechte und Vorteile ihre Grundlage in den Verträgen, in einer Verordnung oder in einer Richtlinie haben (siehe nur EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019 - C-116/16 u.a. -, juris Rn. 70 ff., 75 - T Danmark; Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 121 - Volkswagen Bank; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [527]).

    (2) Gerade die hier streitentscheidenden Fragen, ob ein dem Versicherungsnehmer eingeräumtes Rücktrittsrecht trotz fehlender oder fehlerhafter Belehrung wegen Rechtsmissbrauchs erlöschen kann und welche Kriterien für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfüllt sein müssen, können aber spätestens seit dem Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) nicht (mehr) als erschöpfend beantwortet angesehen werden.

    Mit seinem Urteil vom 9. September 2021 zur Auslegung der - hier nicht unmittelbar einschlägigen - Verbraucherkreditrichtlinie hat der Gerichtshof nun aber ausdrücklich auch für Verbraucher entschieden, dass die Feststellung eines Missbrauchs nach unionsrechtlichen Grundsätzen neben einer Gesamtheit objektiver Umstände auch ein subjektives Element voraussetzt (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 122 - Volkswagen Bank; siehe auch OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 117).

    (b) Weiter ist seit dem Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auch unklar, ob ein dem Versicherungsnehmer unionsrechtlich gewährleistetes Rücktrittsrecht überhaupt wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens erlöschen kann, wenn der Versicherungsnehmer nicht (ordnungsgemäß) über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde (vgl. Schwintowski, VuR 2022, 83 [89]; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [534 ff.]; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 118 f. und 183 zur Verwirkung; a.A. Kähler, in: Gsell et al.

    So soll im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie der Kreditgeber im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher keinen Rechtsmissbrauch annehmen dürfen (und sich auch nicht auf Verwirkung berufen können), wenn eine der in der Verbraucherkreditrichtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, und dies unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Leitsatz 7, Rn. 119 ff. - Volkswagen Bank).

    Zwar führt der Gerichtshof in diesem Zusammenhang aus, dass der Unternehmer dem Verbraucher bei unzureichender Belehrung auch dann keinen Missbrauch seines Widerrufsrechts vorwerfen könne, wenn zwischen Vertragsschluss und Widerruf erhebliche Zeit vergangen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 126 - Volkswagen Bank).

    So soll das Widerrufsrecht im Verbraucherkreditrecht dem Zweck dienen, es dem Verbraucher zu ermöglichen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 123 - Volkswagen Bank).

    Weiter soll durch die Richtlinie sichergestellt werden, dass der Verbraucher alle Informationen erhält, die erforderlich sind, um den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtungen beurteilen zu können (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 124 - Volkswagen Bank).

    Schließlich dient die Koppelung von Fristbeginn und der Information des Verbrauchers dem Zweck, den Kreditgeber, der die vorgesehenen Informationen nicht erteilt, zu bestrafen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 124 - Volkswagen Bank).

    Insoweit sollen die in den Unionsrichtlinien im Bereich des Verbraucherschutzes vorgesehenen Sanktionen den Gewerbetreibenden davon abschrecken, gegen die ihm nach den Bestimmungen dieser Richtlinien obliegenden Pflichten gegenüber dem Verbraucher zu verstoßen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 125 - Volkswagen Bank).

    Insoweit hat der Gerichtshof in dem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris Rn. 123 - Volkswagen Bank) sogar ausdrücklich auf seine Feststellungen in dem die Lebensversicherungsrichtlinien betreffenden Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) verwiesen.

    Hinzu kommt, dass der Gerichtshof die Ausführungen zum Sanktionsaspekt in seinem Urteil vom 9. September 2021 nicht speziell auf die Verbraucherkreditrichtlinie bezogen hat, sondern insoweit allgemein die "in den Unionsrichtlinien im Bereich des Verbraucherschutzes vorgesehenen Sanktionen" in Bezug genommen hat (EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 125 - Volkswagen Bank; siehe auch Schwintowski, VuR 2022, 83 [89]; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 118).

    Schließlich mag es zutreffen, dass durch die Entscheidung vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) nicht abschließend geklärt ist, ob die Berufung auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Verbrauchers im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung stets ausgeschlossen ist oder unter bestimmten, zu einem bloßen Zeitmoment (siehe hierzu EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 126 - Volkswagen Bank) hinzutretenden Umständen oder etwa nach vollständiger, beidseitiger Vertragserfüllung nicht doch zulässig sein könnte (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 31. Januar 2022 - IX ZR 113/21 u.a. -, juris Rn. 57, 63 ff.).

    Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Rostock (Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 - juris Rn. 116-118; Hinweisbeschluss vom 9. November 2021 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 6-9) und des Landgerichts Erfurt (Vorlagebeschluss vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris), wonach infolge des Urteils des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur - anhand objektiver Kriterien zu bestimmenden - Rechtsmissbräuchlichkeit eines Widerspruchs im Versicherungsvertragsrecht nicht mehr festgehalten werden könne, sind nämlich erst nach dem Berufungszurückweisungsbeschluss ergangen bzw. wurden dem Oberlandesgericht Koblenz erst im Anhörungsrügeverfahren, und damit nach der Entscheidung in der Sache, vorgelegt.

    Gerade eine solche Begrenzung des Erfordernisses des subjektiven Tatbestandsmerkmals auf die Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern durch den Gerichtshof lässt sich aber spätestens seit dem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) nicht mehr vertreten (siehe auch BGH, EuGH-Vorlage vom 31. Januar 2022 - IX ZR 113/21 u.a. -, juris Rn. 60; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 117; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [518 ff.]).

    Die Feststellung des Gerichtshofs, wonach ein rechtsmissbräuchliches Verhalten das Vorliegen eines objektiven und eines subjektiven Elements voraussetzt, bezieht sich gerade auf die Prüfung, ob einem Verbraucher - hier im Verbraucherkreditrecht - die Berufung auf ein ihm garantiertes Widerrufsrecht wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 119 ff., 122 - Volkswagen Bank).

    Unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 9. September 2021, wonach der Kreditgeber im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie im Hinblick auf die - mit denen der Lebensversicherungsrichtlinien vergleichbaren - Zwecke der Richtlinie im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher keinen Rechtsmissbrauch annehmen dürfe, wenn dieser nicht ordnungsgemäß belehrt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 119 ff. - Volkswagen Bank), können die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts auch nicht (mehr) ohne weiteres auf Fälle einer fehlenden oder unzureichenden Belehrung übertragen werden.

    9/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 27. September 2017 - IV ZR 506/15 -, juris Rn. 15; Beschlüsse vom 27. Januar und 22. März 2016 - IV ZR 130/15 -, juris) vor dem Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) ergangen ist und sich daher nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob es infolge dieser Entscheidung unionsrechtlich geboten ist, auch im Anwendungsbereich der Lebensversicherungsrichtlinien für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs neben einem objektiven auch ein subjektives Tatbestandselement zu verlangen, und dem Versicherer im Falle einer fehlerhaften Belehrung über das Widerspruchsrecht die Berufung auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu verwehren.

    Soweit die Beklagte des Ausgangsverfahrens schließlich darauf verweist, dass der Bundesgerichtshof auch nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) weiterhin an seiner Rechtsprechung festhalte, ergibt sich aus der vorgelegten Entscheidung (BGH, Beschluss vom 17. November 2021 - IV ZR 38/21 -, n.v.) schon nicht, ob sich der Bundesgerichtshof darin mit der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auseinandergesetzt hat.

    Diese Fundstelle stammt aus dem Jahr 2019 und setzt sich ebenfalls nicht mit dem Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auseinander.

    dd) Soweit das Oberlandesgericht weiter ausführt, das Urteil des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, ist auch dies - zumindest mit der angeführten Begründung - nicht hinreichend tragfähig.

    Stützt sich die Annahme des Oberlandesgerichts, die Rechtslage sei geklärt, insoweit aber - stillschweigend, denn das Oberlandesgericht nennt außer den Urteilen vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) und vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) keine einzige Entscheidung des Gerichtshofs - auf Rechtsprechung des Gerichtshofs aus anderen Rechtsgebieten, ist nicht nachvollziehbar, warum die Entscheidung vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) gänzlich außer Betracht zu bleiben hätte.

    Dass das Oberlandesgericht auf die Gemeinsamkeiten der Zweckbestimmungen der unterschiedlichen Vertragslösungsrechte nicht eingegangen ist, erscheint auch deshalb nicht nachvollziehbar, da der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) selbst eine solche Parallele gezogen hat, indem er auf seine Feststellungen zu den Zielsetzungen der Lebensversicherungsrichtlinien in dem Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) verwiesen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 123 - Volkswagen Bank).

    c) Schließlich wird die Handhabung der Vorlagepflicht in der angegriffenen Entscheidung nicht dadurch vertretbar, dass infolge des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auch andere Oberlandesgerichte von der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahren zur Beantwortung der hier streitgegenständlichen unionsrechtlichen Fragestellungen durch den Gerichtshof abgesehen haben (siehe etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris; Urteil vom 27. Januar 2022 - 25 U 107/21 -, n.v.; OLG Hamm, Urteil vom 22. September 2021 - 20 U 121/19 -, juris Rn. 36 ff.; sowie OLG Stuttgart, Hinweisbeschluss vom 10. Januar 2022 - 7 U 411/21 -, n.v.; Saarl.

  • EuGH, 19.12.2019 - C-355/18

    Rust-Hackner - Vorlage zur Vorabentscheidung - Freier Dienstleistungsverkehr -

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Damit stehe im Einklang, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) entschieden habe, dass Fehler bei den mitgeteilten Informationen, die dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit des Rücktritts nähmen, dem Anlaufen der Widerspruchsfrist unter Umständen nicht entgegenstünden.

    Die Richtlinie enthält weder zu den Folgen einer fehlenden oder unzureichenden Belehrung über das Widerspruchs- bzw. Rücktrittsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner) noch über die Voraussetzungen und Folgen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Versicherungsnehmers eine ausdrückliche Regelung (siehe etwa Schwintowski, VuR 2022, 83 [88]).

    Diese Fragen werden insbesondere in den Urteilen des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 (- C-209/12 -, juris - Endress) und vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) nicht beantwortet.

    Etwas anderes folgt nicht aus der Feststellung des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 19. Dezember 2019, dass Vorteile, die der Versicherungsnehmer aus einem verspäteten Rücktritt ziehen könnte, außer Betracht zu bleiben haben, da ein solcher Rücktritt nicht dazu dienen würde, die Wahlfreiheit des Versicherungsnehmers zu schützen, sondern dazu, ihm eine höhere Rendite zu ermöglichen oder gar auf die Differenz zwischen der effektiven Rendite des Vertrags und dem Satz der Vergütungszinsen zu spekulieren (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 120 - Rust-Hackner).

    Es geht demnach um die Rechtsfolgen des Rücktritts und nicht unmittelbar um die Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Versicherungsnehmer (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 116 - Rust-Hackner).

    (b) Auch das Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) befasst sich nicht mit der Zulässigkeit und den Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchseinwands, sondern unter anderem mit dem Beginn der Rücktrittsfrist bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung.

    Danach soll, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer überhaupt keine Informationen über sein Rücktrittsrecht mitgeteilt hat oder die mitgeteilten Informationen derart fehlerhaft sind, dass dem Versicherer die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben, die Rücktrittsfrist selbst dann nicht zu laufen beginnen, wenn der Versicherungsnehmer auf anderem Wege von seinem Rücktrittsrecht Kenntnis erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 90 - Rust-Hackner).

    Zwar geht der Gerichtshof insoweit davon aus, dass es unverhältnismäßig wäre, es einem Versicherungsnehmer zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen, wenn ihm durch eine fehlerhafte Belehrung nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 90 - Rust-Hackner).

    Eine hiervon unabhängige Konkretisierung der Voraussetzungen, unter denen im Falle einer fehlerhaften Belehrung die Grundsätze von Treu und Glauben zu einer Beschränkung der Rechte des Versicherungsnehmers führen können, ist der Entscheidung des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) aber nicht zu entnehmen.

    (c) Weiter hat der Gerichtshof geklärt, dass der Versicherungsnehmer sein Rücktrittsrecht auch noch nach Kündigung und Erfüllung aller Verpflichtungen aus dem Vertrag ausüben kann, sofern in dem auf den Vertrag anwendbaren Recht nicht geregelt ist, welche rechtlichen Wirkungen es hat, wenn überhaupt keine Informationen über das Rücktrittsrecht mitgeteilt wurden oder die darüber mitgeteilten Informationen fehlerhaft waren (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 98 - Rust-Hackner).

    Es fehlt aber gerade an einer gesetzlichen Regelung, wie sie dem Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2008 (- C-412/06 -, juris Rn. 49 - Hamilton - zur Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen - Haustürgeschäfte-RL - vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 97 - Rust-Hackner; Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 31 - Endress; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15 u.a. -, juris Rn. 53) zugrunde lag, so dass die hier entscheidungserheblichen Fragen auch insoweit nicht als geklärt angesehen werden können.

    Deshalb dürfen die Mitgliedstaaten im Einzelnen die Modalitäten der Ausübung des Rücktrittsrechts normieren, wobei diese auch Einschränkungen des Rücktrittsrechts zur Folge haben dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner).

    Vielmehr ist bei der Regelung der Modalitäten des Rücktrittsrechts die praktische Wirksamkeit der mit der Richtlinie verfolgten Zwecke zu wahren (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner; siehe auch Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [524 f.]; Kähler, in: Gsell et al.

    In diesem Zusammenhang ist insbesondere der besondere Informationszweck der Lebensversicherungsrichtlinien zu beachten, wie er sich aus dem 23. Erwägungsgrund der Dritten Richtlinie Lebensversicherung ergibt (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 24 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 63 f., 87 - Rust-Hackner).

    Dabei bezwecken die Lebensversicherungsrichtlinien gerade auch, dass mit ihnen sichergestellt werden soll, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht zutreffend belehrt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 71, 87 - Rust-Hackner).

    Mit dem Rücktrittsrecht wiederum soll dem Versicherungsnehmer ermöglicht werden, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen; das Rücktrittsrecht sichert insoweit die Wahlfreiheit des Versicherungsnehmers ab (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 101 f. - Rust-Hackner).

    Deshalb soll sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner).

    Auch kann sich der Versicherer im Falle einer (fehlerhaften) Belehrung nicht auf eine anderweitige Kenntniserlangung des Versicherungsnehmers berufen, da er anderenfalls nicht ausreichend dazu motiviert würde, seiner Verpflichtung zur zutreffenden Belehrung nachzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 89 - Rust-Hackner).

    Wie bereits ausgeführt, dienen auch die Lebensversicherungsrichtlinien Informationszwecken und dabei insbesondere dem Ziel, es dem Versicherungsnehmer zu ermöglichen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen, wobei diese Wahlfreiheit gerade durch das Rücktrittsrecht abgesichert wird (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 101 f. - Rust-Hackner).

    Insoweit hat der Gerichtshof in dem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris Rn. 123 - Volkswagen Bank) sogar ausdrücklich auf seine Feststellungen in dem die Lebensversicherungsrichtlinien betreffenden Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) verwiesen.

    Aber er hat auch hier bereits darauf hingewiesen, dass sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können soll, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner).

    Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, der Versicherer könne sich im Falle einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung nicht auf eine anderweitige Kenntniserlangung des Versicherungsnehmers berufen, da er anderenfalls nicht ausreichend dazu motiviert würde, seiner Verpflichtung zur zutreffenden Belehrung nachzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 89 - Rust-Hackner).

    Stützt sich die Annahme des Oberlandesgerichts, die Rechtslage sei geklärt, insoweit aber - stillschweigend, denn das Oberlandesgericht nennt außer den Urteilen vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) und vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) keine einzige Entscheidung des Gerichtshofs - auf Rechtsprechung des Gerichtshofs aus anderen Rechtsgebieten, ist nicht nachvollziehbar, warum die Entscheidung vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) gänzlich außer Betracht zu bleiben hätte.

    Gerade auf diese Zwecke kommt es aber für die entscheidende Beurteilung an, ob infolge der mit der nationalen Anwendung des Rechtsmissbrauchseinwands verbundenen Einschränkungen des Rücktrittsrechts die praktische Wirksamkeit der Richtlinie noch gewahrt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner; siehe auch Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [525]).

    Dass das Oberlandesgericht auf die Gemeinsamkeiten der Zweckbestimmungen der unterschiedlichen Vertragslösungsrechte nicht eingegangen ist, erscheint auch deshalb nicht nachvollziehbar, da der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) selbst eine solche Parallele gezogen hat, indem er auf seine Feststellungen zu den Zielsetzungen der Lebensversicherungsrichtlinien in dem Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) verwiesen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. -, juris Rn. 123 - Volkswagen Bank).

    Allerdings hat der Gerichthof bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Lebensversicherungsrichtlinien gerade auch bezweckten, dass mit ihnen sichergestellt werden soll, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht zutreffend belehrt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 71, 87 - Rust-Hackner; Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 25 - Endress).

    Denn gerade durch das Rücktrittsrecht und die zutreffende Belehrung hierüber wird die Wahlfreiheit des Versicherungsnehmers abgesichert (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 101 f. - Rust-Hackner).

    Außerdem hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können soll, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner) und dass sich der Versicherer im Falle einer (fehlerhaften) Belehrung nicht auf eine anderweitige Kenntniserlangung des Versicherungsnehmers berufen können soll, da er anderenfalls nicht ausreichend dazu motiviert würde, seiner Verpflichtung zur zutreffenden Belehrung nachzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 89 - Rust-Hackner).

    ff) Ebenso lässt der Verweis des Oberlandesgerichts auf die Entscheidung des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) das Absehen von einer Vorlage nicht als vertretbar erscheinen.

    Gerade auf diesen Aspekt bezog sich aber die vom Oberlandesgericht herangezogene Feststellung des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris Rn. 78 f., 81 - Rust-Hackner), wonach im Bereich der Lebensversicherungsrichtlinien die nationalen Gerichte ihre Prüfung an einer Gesamtwürdigung auszurichten hätten, bei der insbesondere dem nationalen Rechtsrahmen und den Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen sei.

  • EuGH, 19.12.2013 - C-209/12

    Endress - Vorabentscheidungsersuchen - Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG -

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Die Richtlinie enthält weder zu den Folgen einer fehlenden oder unzureichenden Belehrung über das Widerspruchs- bzw. Rücktrittsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner) noch über die Voraussetzungen und Folgen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Versicherungsnehmers eine ausdrückliche Regelung (siehe etwa Schwintowski, VuR 2022, 83 [88]).

    Diese Fragen werden insbesondere in den Urteilen des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 (- C-209/12 -, juris - Endress) und vom 19. Dezember 2019 (- C-355/18 u.a. -, juris - Rust-Hackner) nicht beantwortet.

    (a) So hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013 (- C-209/12 -, juris - Endress) lediglich eine Aussage zu einem Erlöschen des Rücktrittsrechts aufgrund Zeitablaufs bei fehlender Belehrung getroffen.

    Danach ist eine nationale Regelung, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist, unzulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 26 f., 30, 32 - Endress).

    Es fehlt aber gerade an einer gesetzlichen Regelung, wie sie dem Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2008 (- C-412/06 -, juris Rn. 49 - Hamilton - zur Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen - Haustürgeschäfte-RL - vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 97 - Rust-Hackner; Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 31 - Endress; siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15 u.a. -, juris Rn. 53) zugrunde lag, so dass die hier entscheidungserheblichen Fragen auch insoweit nicht als geklärt angesehen werden können.

    Deshalb dürfen die Mitgliedstaaten im Einzelnen die Modalitäten der Ausübung des Rücktrittsrechts normieren, wobei diese auch Einschränkungen des Rücktrittsrechts zur Folge haben dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner).

    Vielmehr ist bei der Regelung der Modalitäten des Rücktrittsrechts die praktische Wirksamkeit der mit der Richtlinie verfolgten Zwecke zu wahren (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner; siehe auch Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [524 f.]; Kähler, in: Gsell et al.

    In diesem Zusammenhang ist insbesondere der besondere Informationszweck der Lebensversicherungsrichtlinien zu beachten, wie er sich aus dem 23. Erwägungsgrund der Dritten Richtlinie Lebensversicherung ergibt (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 24 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 63 f., 87 - Rust-Hackner).

    Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt, dass sich der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer in einer schwachen Position befinde, da Versicherungsverträge rechtlich komplexe Finanzprodukte seien, die je nach anbietendem Versicherer große Unterschiede aufwiesen und über einen potentiell sehr langen Zeitraum erhebliche finanzielle Verpflichtungen mit sich bringen könnten (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 29 - Endress).

    Deshalb soll sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner).

    Aber er hat auch hier bereits darauf hingewiesen, dass sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können soll, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner).

    Gerade auf diese Zwecke kommt es aber für die entscheidende Beurteilung an, ob infolge der mit der nationalen Anwendung des Rechtsmissbrauchseinwands verbundenen Einschränkungen des Rücktrittsrechts die praktische Wirksamkeit der Richtlinie noch gewahrt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 22 f. - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 62 - Rust-Hackner; siehe auch Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [525]).

    Allerdings hat der Gerichthof bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Lebensversicherungsrichtlinien gerade auch bezweckten, dass mit ihnen sichergestellt werden soll, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht zutreffend belehrt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 71, 87 - Rust-Hackner; Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 25 - Endress).

    Außerdem hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich der Versicherer nicht mit Erfolg auf Gründe der Rechtssicherheit berufen können soll, um einer Situation abzuhelfen, die er dadurch selbst herbeigeführt hat, dass er seiner unionsrechtlichen Obliegenheit zur Mitteilung bestimmter Informationen nicht nachgekommen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12 -, juris Rn. 30 - Endress; Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 69, 109 - Rust-Hackner) und dass sich der Versicherer im Falle einer (fehlerhaften) Belehrung nicht auf eine anderweitige Kenntniserlangung des Versicherungsnehmers berufen können soll, da er anderenfalls nicht ausreichend dazu motiviert würde, seiner Verpflichtung zur zutreffenden Belehrung nachzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2019 - C-355/18 u.a. -, juris Rn. 89 - Rust-Hackner).

  • BVerfG, 14.01.2021 - 1 BvR 2853/19

    EuGH muss über Reichweite des immateriellen Schadenersatzanspruchs nach DSGVO

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [230 ff. Rn. 176 ff.] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 9; zur Inhaltsgleichheit von Art. 6 Abs. 1 LV und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG VerfGH RP, Beschluss vom 16. März 2001 - VGH B 14/00 -, AS 29, 89 [92]).

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 -, juris Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 33, 51 - Consorzio Italian Management) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war (acte éclairé) oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (acte clair) (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [231 Rn. 178]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 10).

    Nur in diesen Fällen darf das Gericht von einer Vorlage absehen und die Frage in eigener Verantwortung lösen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 10; EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 -, juris Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 33, 36, 40 - Consorzio Italian Management).

    Eine Verletzung von Verfassungsrecht liegt nur vor, wenn die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; entspr. zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [231 f. Rn. 180] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 11).Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht.

    u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 Rn. 180]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 11) - allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums.

    Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mögliche Gegenauffassungen zu der entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts gegenüber der vom Gericht vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sind (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 14).

    Jedenfalls bei willkürlicher Annahme eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" durch die Fachgerichte ist der Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; entspr. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 f. Rn. 183] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 14).

    Hat es dies nicht getan, verkennt es regelmäßig die Bedingungen für die Vorlagepflicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [233 Rn. 184]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 15 m.w.N.).

    Bei den vorstehend genannten Fallgruppen handelt es sich um eine nicht abschließende Aufzählung von Beispielen für eine verfassungsrechtlich erhebliche Verletzung der Vorlagepflicht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 16).

    Das Fachgericht hat deshalb Gründe anzugeben, die dem Verfassungsgericht die gebotene Kontrolle am Maßstab der Verfassung überhaupt erst ermöglichen (siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 15 m.w.N.).

  • BVerfG, 28.01.2014 - 2 BvR 1561/12

    Verfassungsmäßigkeit der Filmabgabe nach dem Filmförderungsgesetz -

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [230 ff. Rn. 176 ff.] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 9; zur Inhaltsgleichheit von Art. 6 Abs. 1 LV und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG VerfGH RP, Beschluss vom 16. März 2001 - VGH B 14/00 -, AS 29, 89 [92]).

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 -, juris Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 33, 51 - Consorzio Italian Management) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war (acte éclairé) oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (acte clair) (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [231 Rn. 178]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 10).

    Eine Verletzung von Verfassungsrecht liegt nur vor, wenn die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; entspr. zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [231 f. Rn. 180] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 11).Durch die zurückgenommene verfassungsrechtliche Prüfung behalten die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht einen Spielraum eigener Einschätzung und Beurteilung, der demjenigen bei der Handhabung einfachrechtlicher Bestimmungen der deutschen Rechtsordnung entspricht.

    Der Verfassungsgerichtshof wacht - ebenso wie das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12.

    u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 Rn. 180]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 11) - allein über die Einhaltung der Grenzen dieses Spielraums.

    Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht) (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 Rn. 181]).Eine Verkennung der Vorlagepflicht ist auch anzunehmen, wenn das Gericht offenkundig einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht auswertet (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. März 2022 - 2 BvR 2069/21 -, juris Rn. 40).

    Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingegen noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Unvollständigkeit der Rechtsprechung), wird das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 f. Rn. 182 f.]).

    Jedenfalls bei willkürlicher Annahme eines "acte clair" oder eines "acte éclairé" durch die Fachgerichte ist der Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; entspr. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [232 f. Rn. 183] m.w.N.; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 14).

    Hat es dies nicht getan, verkennt es regelmäßig die Bedingungen für die Vorlagepflicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [233 Rn. 184]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 15 m.w.N.).

    Offensichtlich unhaltbar gehandhabt wird Art. 267 Abs. 3 AEUV im Falle der Unvollständigkeit der Rechtsprechung schließlich auch dann, wenn das Fachgericht das Vorliegen einer von vornherein eindeutigen oder zweifelsfrei geklärten Rechtslage ohne sachliche (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 2 BvR 424/17 -, BVerfGE 147, 364 [385 Rn. 52]; Kammerbeschluss vom 30. März 2022 - 2 BvR 2069/21 -, juris Rn. 42 m.w.N.) bzw. sachlich einleuchtende Begründung annimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [233 Rn. 185]).

  • OLG Karlsruhe, 09.02.2022 - 12 U 80/21

    Verwirkung des Widerspruchs- und des Rücktrittsrechts bei einem

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Selbst wenn man aber diese, ausschließlich den Fristbeginn betreffende Aussagen auf den Verlust des Rücktrittsrechts wegen Rechtsmissbrauchs übertragen oder daraus die Zulässigkeit der Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben im Versicherungsrecht ablesen wollte (siehe etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 6 f.), könnte danach allenfalls als geklärt angesehen werden, dass ein solcher Rechtsverlust bei fehlerhafter Belehrung dann in Betracht kommt, wenn der Belehrungsmangel dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen hat, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben.

    (a) So ist hinsichtlich der Frage, welche Kriterien für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfüllt sein müssen, unklar, ob hierfür das Vorliegen objektiver Tatbestandsmerkmale zumindest dann ausreicht, wenn sich dies aus einer auf den Fall anwendbaren nationalen Bestimmung ergibt (so wohl Kähler, in: Gsell et al. [Hrsg.], BGB, § 242 Rn. 311 ff. [März 2022]; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 4 ff.), oder ob stets auch ein subjektives Element erfüllt sein muss, d.h. ein nationales Rechtsmissbrauchsverbot nur insoweit angewendet werden darf, als es sich mit den unionsrechtlichen Kriterien deckt, die stets ein subjektives Element umfassen (so etwa Schwintowski, VuR 2022, 83 [88]; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [507, 515, 518 ff., 528] m.w.N.; Ebers, VuR 2017, 47 [48]; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 116 f.).

    Da sich die entsprechenden Ausführungen des Gerichtshofs nicht spezifisch auf die Verbraucherkreditrichtlinie beziehen, sondern auf den allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts zum Rechtsmissbrauch, ist es zumindest zweifelhaft, ob einem Verbraucher in anderen Rechtsgebieten die Berufung auf durch oder auf Grund von Unionsrecht gewährte Rechte unter Anwendung einer nationalen Regelung auch ohne das Vorliegen eines subjektiven Elements wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt werden kann (so etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 13; dagegen etwa Ebers, VuR 2022, 203 [207]).

    [Hrsg.], BGB, § 242 Rn. 316 [März 2022], 1765.1 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 10; siehe insgesamt dazu auch BGH, EuGH-Vorlage vom 31. Januar 2022 - IX ZR 113/21 u.a. -, juris Rn. 68).

    Eine Beschränkung des Ausschlusses des Rechtsmissbrauchseinwands auf solche Fälle eines "bloßen Zeitablaufs" ist den Ausführungen - jedenfalls in der für die Annahme eines acte éclairé erforderlichen Klarheit - indes nicht zu entnehmen (siehe auch Ebers, VuR 2022, 203 [205]; anders wohl OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 10; vgl. dazu auch BGH, EuGH-Vorlage vom 31. Januar 2022 - IX ZR 113/21 u.a. -, juris Rn. 69).

    Dass ein Ausschluss des Rechtsmissbrauchseinwands bei unzureichender Belehrung auch im Anwendungsbereich der Lebensversicherungsrichtlinien gelten könnte, erscheint nicht nur als entfernte Möglichkeit (so auch Schwintowski, VuR 2022, 83 [89]; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [534 ff.]; Ebers, VuR 2022, 203 [205 ff.]; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 118; LG Erfurt, EuGH-Vorlage vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris Rn. 40 f.; a.A. dagegen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 9 ff.).

    Zwar hat der Gerichtshof hinsichtlich der Lebensversicherungsrichtlinien noch nicht ausdrücklich einen Sanktionszweck benannt (darauf bezieht sich OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 12; Schubert, in: MüKo, BGB, 9. Aufl. 2022, § 242 Rn. 507).

    Ob dagegen eine Argumentation, die beispielsweise an dem unterschiedlichen Harmonisierungsgrad der betroffenen Richtlinienvorgaben angesetzt hätte (so etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 13; dagegen Ebers, VuR 2022, 203 [207]), zumindest vertretbar im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LV gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung, da das Oberlandesgericht darauf nicht abgestellt hat.

    c) Schließlich wird die Handhabung der Vorlagepflicht in der angegriffenen Entscheidung nicht dadurch vertretbar, dass infolge des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auch andere Oberlandesgerichte von der Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahren zur Beantwortung der hier streitgegenständlichen unionsrechtlichen Fragestellungen durch den Gerichtshof abgesehen haben (siehe etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris; Urteil vom 27. Januar 2022 - 25 U 107/21 -, n.v.; OLG Hamm, Urteil vom 22. September 2021 - 20 U 121/19 -, juris Rn. 36 ff.; sowie OLG Stuttgart, Hinweisbeschluss vom 10. Januar 2022 - 7 U 411/21 -, n.v.; Saarl.

  • BVerfG, 02.02.2015 - 2 BvR 2437/14

    Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter durch den BGH beim sogenannten

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Schließlich könne das Oberlandesgericht das Absehen von einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht unter Berufung auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Februar 2015 (- 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 43 ff.) rechtfertigen.

    Dieser Ansicht habe sich auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 (- 2 BvR 2437/14 -, juris) angeschlossen, woraufhin auch zahlreiche weitere Gerichte - unter anderem der Bundesgerichtshof - von einer Vorlage abgesehen hätten.

    Soweit der Gerichtshof für die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis darüber hinaus auch das Vorliegen eines subjektiven Elements verlangte, bezog sich dies ursprünglich ausdrücklich nur auf die spezielle Frage, wann mit Unionsrecht unvereinbare Praktiken von "Wirtschaftsteilnehmern" vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - C-110/99 -, juris Rn. 51-54 - Emsland-Stärke; Urteil vom 21. Februar 2006 - C-255/02 -, juris Rn. 68 ff. - Halifax; Urteil vom 6. April 2006 - C-456/04 -, juris Rn. 20 ff. - Agip Petroli; Urteil vom 12. September 2006 - C-196/04 -, juris Rn. 64 - Cadbury Schweppes; Urteil vom 13. März 2014 - C-155/13 -, juris Rn. 31, 33 - Sices; vgl. dazu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 45).

    aa) Das Absehen des Oberlandesgerichts von einer Vorlage kann zunächst nicht deswegen als vertretbar angesehen werden, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 die Annahme des Bundesgerichtshofs, es verstoße gegen Treu und Glauben, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrags auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen, unter dem Blickwinkel des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beanstandet hat (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 42 ff.).

    Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Erwägung des Bundesgerichtshofs, die Maßstäbe für eine Berücksichtigung der Gesichtspunkte von Treu und Glauben seien in der Rechtsprechung geklärt und auch ein Verstoß gegen den Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz liege nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13 -, juris Rn. 32 ff.; vgl. zur stRspr des BGH auch: Beschluss vom 8. September 2021 - IV ZR 133/20 -, juris Rn. 17; Beschluss vom 3. Juni 2020 - IV ZB 9/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 27. September 2017 - IV ZR 506/15 -, juris Rn. 15; Beschlüsse vom 27. Januar und 22. März 2016 - IV ZR 130/15 -, juris), als vertretbar angesehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 43).

    Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht einen erkennbaren Widerspruch der Auffassung des Bundesgerichtshofs, dass ein missbräuchliches Verhalten allein auf der Grundlage objektiver Kriterien festgestellt werden könne und unredliche Absichten oder ein Verschulden insoweit nicht erforderlich seien, zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerade deswegen verneint, weil der Gerichtshof ein subjektives Element nur für die Prüfung verlange, wann mit Unionsrecht unvereinbare missbräuchliche Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern vorlägen, worum es vorliegend nicht gehe (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 45).

    Außerdem betrifft der Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Februar 2015 eine Konstellation, in der der Versicherungsnehmer vom Versicherer dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß belehrt worden war (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 47).

    Ausdrücklich unter dieser Prämisse hat das Bundesverfassungsgericht die Annahme des Bundesgerichtshofs, der Zweck der Dritten Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen, werde nicht berührt, wenn einem Versicherungsnehmer nach jahrelanger Durchführung des Vertrags die Geltendmachung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs unter Berufung auf ein gemeinschaftsrechtswidriges Zustandekommen des Vertrags verwehrt werde, als verständlich und nicht offensichtlich unhaltbar angesehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 - 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 47).

    Bezugnehmend auf diesen Zweck und unter der Prämisse einer ordnungsgemäßen Belehrung des Versicherungsnehmers hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 2. Februar 2015 (- 2 BvR 2437/14 -, juris Rn. 47) die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unbeanstandet gelassen.

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 15.01.2020 - VGH B 19/19

    Geschwindigkeitsmessung im "standardisierten Messverfahren":

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Der Verfassungsgerichtshof ist danach befugt, die Durchführung des bundesrechtlich geregelten Verfahrens durch die Gerichte an den Grundrechten der Landesverfassung zu messen, soweit diese den gleichen Inhalt haben wie die entsprechenden Rechte des Grundgesetzes - GG - (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 16. März 2001 - VGH B 14/00 -, AS 29, 89 [91 f.]; Beschluss vom 11. Mai 2006 - VGH B 6/06 -, AS 33, 186 [188]; Beschluss vom 29. Oktober 2010 - VGH B 27/10 -, LKRZ 2011, 14; Urteil vom 24. Februar 2014 - VGH B 26/13 -, AS 42, 157 [162]; Beschluss vom 19. November 2019 - VGH B 10/19 -, juris Rn. 27 ; Urteil vom 15. Januar 2020 - VGH B 19/19 -, AS 47, 350 [356 f.]; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 - 2 BvN 1/95 -, BVerfGE 96, 345 [372]).

    Dabei schützt der in der Sache als verletzt gerügte allgemeine Justizgewährleistungsanspruch aus Art. 2 LV in Verbindung mit dem in Art. 77 LV verankerten Rechtsstaatsprinzip das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Zivilprozess - ebenso wie dies im Verhältnis von Art. 124 LV zu Art. 19 Abs. 4 GG gilt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 15. Januar 2020 - VGH B 19/19 -, AS 47, 350 [357]) - übereinstimmend mit der entsprechenden, aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Mai 2012 - 1 BvR 509/11 -, juris Rn. 8 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 -, BVerfGE 85, 337 [345]; stRspr) abgeleiteten Gewährleistung des Grundgesetzes (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 28. Dezember 2021 - VGH B 62/21 -, juris Rn. 24 ).

    Auch ist das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LV) inhaltlich vergleichbar mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - VGH B 27/10 -, LKRZ 2011, 14; Urteil vom 15. Januar 2020 - VGH B 19/19 -, AS 47, 350 [357]; Stahnecker, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2. Aufl. 2022, Art. 6 Rn. 4, 7 m.w.N.).

    Vielmehr ist die Auslegung und Anwendung des jeweiligen Verfahrensrechts im Grundsatz Sache der Fachgerichte ( VerfGH RP, Urteil vom 15. Januar 2020 - VGH B 19/19 -, AS 47, 350 [360]).

    Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse dienen nur der Korrektur des danach gefundenen Ergebnisses unter sozialen Aspekten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 20. August 2014 - VGH B 16/14 -, AS 43, 45 f.; Beschluss vom 20. Oktober 2014 - VGH A 17/14 -, AS 43, 92 f.; Beschluss vom 27. Oktober 2017 - VGH N 2/15 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 16. April 2020 - VGH B 19/19 -, BeckRS 2020, 7535; vgl. auch entsprechend BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 1989 - 1 BvR 1291/85 -, BVerfGE 79, 365 [366 ff.]).

  • EuGH, 06.10.2021 - C-561/19

    Institutionelles Recht

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 -, juris Rn. 21 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 33, 51 - Consorzio Italian Management) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war (acte éclairé) oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (acte clair) (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - VGH B 16/16 -, n.v.; BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, BVerfGE 135, 155 [231 Rn. 178]; Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 10).

    Nur in diesen Fällen darf das Gericht von einer Vorlage absehen und die Frage in eigener Verantwortung lösen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Januar 2021 - 1 BvR 2853/19 -, juris Rn. 10; EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 -, juris Rn. 16 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 33, 36, 40 - Consorzio Italian Management).

    Verfassungsrechtlich abgesichert wird dabei auch die unionsrechtlich aus dem mit Art. 267 AEUV eingeführten System der unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof der Europäischen Union und den einzelstaatlichen Gerichten unter Berücksichtigung von Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union folgende Verpflichtung eines letztinstanzlichen Gerichts zur Begründung seiner Entscheidung, wenn es sich wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit oder einer von vornherein eindeutigen oder zweifelsfrei geklärten Rechtslage von der Vorlageplicht entbunden sieht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 27, 51, 53 - Consorzio Italian Management).

    a) Zwar kann eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LV nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass dem Oberlandesgericht das Vorliegen voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen zu den hier streitentscheidenden Fragen des Unionsrechts zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 -, juris Rn. 49 - Consorzio Italian Management - zu den daraus folgenden besonderen Sorgfaltspflichten; BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Mai 2022 - 1 BvR 2342/17 -, juris Rn. 17 zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

  • LG Erfurt, 30.12.2021 - 8 O 1519/20

    Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Zweiten und Dritten

    Auszug aus VerfGH Rheinland-Pfalz, 22.07.2022 - VGH B 70/21
    Von einer Übertragbarkeit der Feststellungen des Gerichtshofs in seinem Urteil vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) auf die Lebensversicherungsrichtlinien seien jüngst auch das Oberlandesgericht Rostock (Beschluss vom 9. November 2021 und Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris) und das Landgericht Erfurt (Beschluss vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris) ausgegangen.

    Dass ein Ausschluss des Rechtsmissbrauchseinwands bei unzureichender Belehrung auch im Anwendungsbereich der Lebensversicherungsrichtlinien gelten könnte, erscheint nicht nur als entfernte Möglichkeit (so auch Schwintowski, VuR 2022, 83 [89]; Knops, RabelsZ 85 [2021], 505 [534 ff.]; Ebers, VuR 2022, 203 [205 ff.]; OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 118; LG Erfurt, EuGH-Vorlage vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris Rn. 40 f.; a.A. dagegen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 12 U 80/21 -, juris Rn. 9 ff.).

    Die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Rostock (Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21 - juris Rn. 116-118; Hinweisbeschluss vom 9. November 2021 - 4 U 51/21 -, juris Rn. 6-9) und des Landgerichts Erfurt (Vorlagebeschluss vom 30. Dezember 2021 - 8 O 1519/20 -, juris), wonach infolge des Urteils des Gerichtshofs vom 9. September 2021 (- C-33/20 u.a. -, juris - Volkswagen Bank) an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur - anhand objektiver Kriterien zu bestimmenden - Rechtsmissbräuchlichkeit eines Widerspruchs im Versicherungsvertragsrecht nicht mehr festgehalten werden könne, sind nämlich erst nach dem Berufungszurückweisungsbeschluss ergangen bzw. wurden dem Oberlandesgericht Koblenz erst im Anhörungsrügeverfahren, und damit nach der Entscheidung in der Sache, vorgelegt.

  • EuGH, 23.03.2000 - C-373/97

    Diamantis

  • BVerfG, 06.11.2019 - 1 BvR 276/17

    Recht auf Vergessen II - BVerfG prüft innerstaatliche Anwendung unionsrechtlich

  • EuGH, 12.05.1998 - C-367/96

    Kefalas u.a.

  • BVerfG, 30.03.2022 - 2 BvR 2069/21

    Verfassungsbeschwerden gegen Auslieferungen nach Schweden und in die Türkei

  • EuGH, 06.04.2006 - C-456/04

    Agip Petroli - Seekabotage - Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 - Auf die Besatzung von

  • EuGH, 21.02.2006 - C-255/02

    DIE SECHSTE MEHRWERTSTEUERRICHTLINIE LÄSST EINEN VORSTEUERABZUG NICHT ZU, WENN

  • BGH, 22.03.2016 - IV ZR 130/15

    Altvertrag über eine Lebensversicherung im sog. Policenmodell: Treuwidrige

  • BGH, 27.09.2017 - IV ZR 506/15

    Altvertrag über eine Rentenversicherung im Policenmodell: Drucktechnisch nicht

  • BVerfG, 24.05.2022 - 1 BvR 2342/17

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde wegen unterlassenem Vorabentscheidungsersuchen

  • BVerfG, 03.03.2014 - 1 BvR 2534/10

    Vereinbarkeit des Abschlusses von Versicherungsverträgen nach dem sog.

  • EuGH, 21.06.1988 - 39/86

    Lair / Universität Hannover

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 16.03.2001 - VGH B 14/00

    Fachgerichtliche Abweisung einer gegen eine einstweilige Anordnung auf

  • EuGH, 21.07.2011 - C-186/10

    Oguz - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls -

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 29.10.2010 - VGH B 27/10

    Akteneinsicht, Bußgeldverfahren, Bedienungsanleitung, Beweisantrag

  • EuGH, 02.05.1996 - C-206/94

    Brennet / Paletta

  • EuGH, 06.10.1982 - 283/81

    CILFIT / Ministero della Sanità

  • BGH, 08.09.2021 - IV ZR 133/20

    Altvertrag über eine private Rentenversicherung im sog. Policenmodell:

  • EuGH, 14.12.2000 - C-110/99

    Emsland-Stärke

  • EuGH, 13.03.2014 - C-155/13

    SICES u.a. - Landwirtschaft - Verordnung (EG) Nr. 341/2007 - Art. 6 Abs. 4 -

  • BVerfG, 30.05.2012 - 1 BvR 509/11

    Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz im Zivilprozess

  • BVerfG, 28.02.1989 - 1 BvR 1291/85

    Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerde-Verfahren

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 27.10.2017 - VGH N 2/15

    Kosten- und Vollstreckungsrecht

  • EuGH, 26.02.2019 - C-116/16

    T Danmark - Vorlage zur Vorabentscheidung - Rechtsangleichung - Gemeinsames

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 11.05.2006 - VGH B 6/06

    Verfassungsrecht, Strafprozessrecht

  • BVerfG, 15.10.1997 - 2 BvN 1/95

    Landesverfassungsgerichte

  • BGH, 03.06.2020 - IV ZB 9/19

    Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge der abgeschlossenen fondsgebundenen

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 24.02.2014 - VGH B 26/13

    Verwertbarkeit der vom Land Rheinland-Pfalz angekauften Steuerdaten-CD im

  • BVerfG, 06.12.2006 - 1 BvR 2085/03

    Vorlagepflicht an den EuGH im Nachprüfungsverfahren

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 19.11.2019 - VGH B 10/19

    Versagung eines Rechtsanwaltsbesuchs bei einem Untersuchungshäftling mangels

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 28.12.2021 - VGH B 62/21

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde einer politischen Partei gegen fachgerichtliche

  • BGH, 16.07.2014 - IV ZR 73/13

    VVG § 5a F.: 21. Juli 1994; BGB §§ 242, 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1; Zweite

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 16.04.2020 - VGH B 19/19

    Gegenstandswert, Verfassungsbeschwerde, Flächenwirkung, standardisiertes

  • BVerfG, 23.05.2016 - 1 BvR 2230/15

    Partielle Nichtanwendung von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. im Bereich der

  • EuGH, 04.06.2002 - C-99/00

    Lyckeskog

  • BVerfG, 12.02.1992 - 1 BvL 1/89

    Verfassungsmäßigkeit des § 48 Abs. 2 WEG

  • VerfGH Rheinland-Pfalz, 13.06.2014 - VGH N 14/14

    Vorschriften über Angaben zur Geschlechterparität auf dem Stimmzettel der

  • EuGH, 15.09.2005 - C-495/03

    Intermodal Transports

  • EuGH, 10.04.2008 - C-412/06

    Hamilton - Verbraucherschutz - Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene

  • EuGH, 12.09.2006 - C-196/04

    DIE BRITISCHEN RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER BEHERRSCHTE AUSLÄNDISCHE GESELLSCHAFTEN

  • BVerfG, 19.12.2017 - 2 BvR 424/17

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Pflicht zur Anrufung des

  • BVerfG, 25.02.2010 - 1 BvR 230/09

    Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters durch Unterlassen einer Vorlage

  • OLG Hamm, 22.09.2021 - 20 U 121/19

    Widerruf einer kapitalbildenden Lebensversicherung nebst

  • BVerfG, 21.03.2012 - 1 BvR 2365/11

    Zum unerlaubten Filesharing im Internet

  • BGH, 15.02.2023 - IV ZR 353/21

    Geringfügige Belehrungsfehler können Verstoß gegen Treu und Glauben bei Ausübung

    Dementsprechend ist - anders als die Revision meint - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 22. Juli 2022 - VGH B 70/21, VersR 2022, 1252) kein Vorabentscheidungsverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst.

    Dies übersieht die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252), die zudem den nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer betrifft.

    Hierauf geht die von der Klägerin angeführte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252 Rn. 73) nicht ein, soweit sie sich auf das Erfordernis eines subjektiven Elements bei der Prüfung, ob einem Verbraucher die Berufung auf ein ihm garantiertes Widerspruchsrecht wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt werden dürfe, bezieht; im Übrigen betrifft diese Entscheidung den - hier nicht gegebenen - Fall des nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmers (vgl. nur VerfGH Rheinland-Pfalz aaO Rn. 35, 39).

  • BGH, 19.07.2023 - IV ZR 268/21

    Treuwidrige Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG

    aa) Ob diese Entscheidung auf das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers nach § 5a VVG a.F. übertragen werden kann, ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur umstritten (dagegen: OLG Hamm VersR 2022, 1215 [juris Rn. 18 ff.]; OLG Karlsruhe VersR 2022, 352 [juris Rn. 5-14]; Looschelders, r+s 2022, 622, 623 f.; dafür: OLG Rostock, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 51/21, juris Rn. 117 f., 129; LG Erfurt VuR 2022, 146 Rn. 33, 40; Ebers, VuR 2022, 203, 205 ff.; Mährlein, VuR 2022, 145 f.; Schwintowski, VuR 2022, 83, 88 f.; Tiedemann, jurisPR-BKR 1/2022 Anm. 3 unter C und D) und erscheint nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252 Rn. 63-67) nicht nur als entfernte Möglichkeit.

    bb) Entgegen der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252 Rn. 39) stellen sich in Verfahren wie dem vorliegenden nicht die (vorlagepflichtigen) Fragen, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, dem Versicherungsnehmer ein auf Grundlage der Lebensversicherungsrichtlinien eingeräumtes Widerspruchsrecht, über das er nicht ordnungsgemäß belehrt worden war, wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu verwehren, und ob die Voraussetzungen für einen Rechtsmissbrauch unter Berücksichtigung der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts allein nach nationalem Recht bestimmt werden dürfen, auch wenn danach ein subjektives Tatbestandsmerkmal nicht vorausgesetzt wird.

    (1) Zu den Lebensversicherungsrichtlinien hat der Gerichtshof der Europäischen Union nicht ausdrücklich entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Ausübung des Rücktrittsrechts ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmers entgegengehalten werden kann (so auch Verfassungs-gerichtshof Rheinland-Pfalz VersR 2022, 1252 Rn. 41-54).

    (2) Anders als der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252 Rn. 50-54) meint, bleibt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht offen, ob die bei der Regelung der Modalitäten des Rücktrittsrechts zu gewährleistende praktische Wirksamkeit der mit der Richtlinie verfolgten Zwecke gewahrt wird, wenn der Versicherungsnehmer sein Rücktrittsrecht trotz fehlerhafter Belehrung wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens verlieren kann.

    (d) Schließlich bestehen entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (VersR 2022, 1252 Rn. 58-62, 73) keine Bedenken dagegen, dass für den aus widersprüchlichem Verhalten hergeleiteten Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unredliche Absichten oder ein Verschulden des Versicherungsnehmers nicht erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2023 - IV ZR 353/21, r+s 2023, 298 Rn. 39 m.w.N.).

  • BGH, 15.03.2023 - IV ZR 40/21

    Ansprüche aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch;

    Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zum Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist im Streitfall auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (Volkswagen Bank u.a., C-33/20, C-155/20 und C-187/20, EU:C:2021:736 = NJW 2022, 40) und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2022 (VersR 2022, 1252) nicht veranlasst, da jedenfalls der Senat vorliegend keine abschließende Entscheidung trifft und derzeit noch offen ist, ob es auf den Einwand von Treu und Glauben für eine abschließende Entscheidung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 46/12, GRUR 2016, 171 Rn. 49 m.w.N.).
  • BGH, 29.11.2023 - IV ZR 117/22

    Unvollständigkeit einer Verbraucherinformation bei fehlenden Angaben über die

    Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zum Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist im Streitfall auch angesichts der neueren Entscheidungen des Gerichtshofs (Urteile vom 24. Februar 2022, A u.a. [Unit-Linked-Versicherungsverträge], C-143/20 und C-213/20, EU:C:2022:118 = NJW 2022, 1513; vom 9. September 2021, Volkswagen Bank u.a., C-33/20, C-155/20 und C-187/20, EU:C:2021:736 = NJW 2022, 40; vom 19. Dezember 2019, Rust-Hackner u.a., C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, EU:C:2019:1123 = NJW 2020, 667) und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2022 (VersR 2022, 1252) schon mangels abschließender Entscheidung des Senats nicht veranlasst (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2023 - IV ZR 40/21, VersR 2023, 631 Rn. 25).
  • LG Erfurt, 14.10.2022 - 8 O 1462/20

    EuGH-Vorlage: Vereinbarkeit der Ausübung des Widerspruchsrechts bei

    Wenn sich ein Recht zum Widerspruch daraus ergibt, dass die Belehrung fehlte oder fehlerhaft war oder es an unionsrechtlich erforderlichen Verbraucherinformationen mangelte, greifen in Deutschland in zahlreichen Fällen Versicherer und Gerichte auf die Gesichtspunkte von Verwirkung und Rechtsmissbrauch zurück, um eine Rückabwicklung oder Schadensersatzansprüche abzulehnen (kritisch zu diesem deutschen Sonderweg Knops, RabelsZ 2021, 505 ff.; s. auch Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022 - VGH B 70/21, ECLI:DE:VERFGRP:2022:0722.VGH.B70.21.00).

    Es ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, dass diese Rechtsprechung nicht auch für das Versicherungsrecht gelten sollte (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022 - VGH B 70/21, ECLI:DE:VERFGRP:2022:0722.VGH.B70.21.00, Rn. 75).

  • OLG Koblenz, 18.10.2022 - 3 U 758/22

    Diesel-Abgasverfahren: Anforderungen an die gerichtliche Prozessleitung in

    Zwar ist der Senat letztinstanzliches Gericht im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV, da der Senat die Revision nicht zulässt (vgl. III.) und seine Entscheidung gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angreifbar ist (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022, VGH B 70/21 Rn. 36 m. w. N.).

    Diese Voraussetzungen muss das letztinstanzliche Gericht im Hinblick auf das Recht der Parteien auf ihren gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Landesverfassung Rheinland-Pfalz sorgfältig in eigener Verantwortung beachten (vgl. EuGH, Urteil vom 06.10.2021 - C-561/19, juris Rn. 33, 36, 40; BVerfG, Beschluss vom 14.01.2021 - 1 BvR 2853/19, juris Rn. 10; VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022, VGH B 70/21 Rn. 28 ).

  • BGH, 29.11.2023 - IV ZR 89/22

    Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages

    Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zum Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist im Streitfall auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (Volkswagen Bank u.a., C-33/20, C-155/20 und C-187/20, EU:C:2021:736 = NJW 2022, 40) und des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2022 (VersR 2022, 1252) nicht veranlasst, da jedenfalls der Senat vorliegend keine abschließende Entscheidung trifft und derzeit noch offen ist, ob es auf den Einwand von Treu und Glauben für eine abschließende Entscheidung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 46/12, GRUR 2016, 171 Rn. 49 m.w.N.).
  • OLG Hamm, 24.10.2023 - 20 U 159/23

    Ausschluss der Ausübung des Widerspruchsrechts wegen widersprüchlichen Verhaltens

    Dieser Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben nach nationalem Recht stehen auch bei einer - hier unterstellt - fehlerhaften Belehrung weder das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. September 2021 (C-33/20, 155/20, 187/20, NJW 2022, 40) entgegen noch die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz in dessen Beschluss vom 22. Juli 2022 (VGH B 70/21, juris); auch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht erforderlich, wie jüngst auch der Bundesgerichtshof, ebenso wie zuvor der Senat, entschieden hat (vgl. zu alldem BGH, Urteil vom 19.07.2023 - IV ZR 268/21, juris Rn. 13 ff.).
  • OLG Hamm, 25.08.2022 - 20 U 155/22

    Ewiges Widerspruchsrecht; EuGH; Vorlagepflicht; VerfGH Rheinland-Pfalz -

    Auch aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2022 (VGH B 70/21, juris) ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nichts anderes.

    Aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22. Juli 2022 (VGH B 70/21, juris) folgt nichts anderes.

  • OLG Karlsruhe, 20.04.2023 - 12 U 335/21

    Lebensversicherung im Policenmodell: Anforderungen an die Widerspruchsbelehrung

    Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 22.07.2022 - VGH B 70/21) ist ein Vorabentscheidungsverfahren an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst.

    Etwas anderes ergibt sich auch insoweit nicht aus den Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zum unionsrechtlichen Grundsatz des Rechtsmissbrauchs in dessen Entscheidung vom 09.09.2021 (Volkswagen Bank u.a., C-33/20, C-155/20 und C-187/20, EU:C:2021:736), die zu der Verbraucherkreditrichtlinie ergangen ist und zudem - ebenso wie der Beschluss des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 22.07.2022 (VGH B 70/21) - den nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer betrifft (BGH, Urteil vom 15.02.2023 - IV ZR 353/21, juris Rn. 27-35).

  • OLG Hamm, 10.10.2023 - 20 U 59/23
  • BGH, 25.10.2023 - IV ZR 283/22

    Rückabwicklung von drei im Jahr 1998 nach dem sogenannten Policenmodell

  • OLG Brandenburg, 07.12.2022 - 11 U 36/22

    Anforderungen an die drucktechnische Hervorhebung der Widerrufsbelehrung beim

  • OLG Bamberg, 21.11.2022 - 1 U 224/22

    Verwirkung des Widerspruchsrechts trotz fehlerhafter Widerspruchsbelehrung

  • BGH, 06.09.2023 - IV ZR 150/21

    Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages;

  • BGH, 27.09.2023 - IV ZR 139/22

    Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von nach dem sogenannten Policenmodell

  • OLG Brandenburg, 04.01.2023 - 11 U 102/22

    Vertragsschluss bezüglich eines Versicherungsvertrags nach dem Antragsmodell oder

  • OLG München, 30.01.2023 - 21 U 2917/22

    Verwirkung, Widerspruchsrecht, Versicherungsnehmer, Rechtsmißbrauch, Ausübung des

  • OLG Brandenburg, 30.11.2022 - 11 U 77/22

    Folgeentscheidung zu OLG Brandenburg v. 19.10.2022 11 U 77/22

Haben Sie eine Ergänzung? Oder haben Sie einen Fehler gefunden? Schreiben Sie uns.
Sie können auswählen (Maus oder Pfeiltasten):
(Liste aufgrund Ihrer bisherigen Eingabe)
Komplette Übersicht