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   VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20   

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VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20 (https://dejure.org/2020,4179)
VerfGH Sachsen, Entscheidung vom 27.02.2020 - 6-IV-20 (https://dejure.org/2020,4179)
VerfGH Sachsen, Entscheidung vom 27. Februar 2020 - 6-IV-20 (https://dejure.org/2020,4179)
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Wird zitiert von ... (4)Neu Zitiert selbst (24)

  • BVerfG, 22.10.2019 - 2 BvR 1661/19

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    b) Im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig zu prüfen (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 33; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 39 jeweils m.w.N.).

    Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Zielstaat bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 IRG oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Abs. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 39; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 40; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 27; Beschluss vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 - juris Rn. 12; Beschluss vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 - juris Rn. 12).

    Dabei obliegt dem Betroffenen im Auslieferungsverfahren keine Beweislast hinsichtlich seiner politischen Verfolgung, wenn er auch gehalten ist, bei der Sachverhaltsaufklärung nach seinen Möglichkeiten mitzuwirken (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 40 m.w.N.).

    Ob die Voraussetzungen dieses Auslieferungshindernisses vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von Entscheidungen im Asylverfahren prüfen (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 41; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 42; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 29).

    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass asylrechtliche Entscheidungen gemäß § 6 Satz 2 AsylG für das Auslieferungsverfahren grundsätzlich nicht verbindlich sind (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 4. Mai 1982, BVerfGE 60, 348 [358]), weil für die Überprüfung des Auslieferungsbegehrens mit dem Oberlandesgericht eine unabhängige richterliche Instanz zur Verfügung steht, die in justizförmigem Verfahren die Einwände des Auszuliefernden prüfen kann und hierzu auch unter Aufklärung der behaupteten Gefahr politischer Verfolgung verpflichtet ist (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 14. November 1979, BVerfGE 52, 391 [407]).

    Allerdings stellt eine rechtskräftige Anerkennung als Asylberechtigter in Deutschland bzw. die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Umstand, dass dem Betroffenen in einem anderen Mitgliedstaat in der Vergangenheit Schutz vor der Auslieferung bewilligt worden ist, ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass es sich bei dem Betroffenen um einen politisch Verfolgten handelt oder ihm eine Behandlung drohen könnte, die seine Auslieferung unzulässig machen würde (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 21 jeweils unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979, BVerfGE 52, 391 [405 f.]).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Ein Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse vom Inhalt der Zusagen muss Anlass zu intensivierter Nachprüfung sein (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48).

    Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat beziehungsweise in der Zielregion, etwa auf der Ebene der lokalen Autoritäten, erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die Zusicherung demgemäß belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Eine solche Prüfungsobliegenheit der Belastbarkeit einer Zusicherung im Einzelfall ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48 unter Verweis auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, §§ 187 ff.), die der Verfassungsgerichtshof bei der Auslegung der Verfahrensgarantien der Verfassung zu beachten hat (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - BVerfGE 111, 307 [317]).

    Aus der Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK folgt grundsätzlich ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Beschwerdeführerin eine Behandlung drohen könnte, die ihre Auslieferung unzulässig machen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 21), zumal die Verwaltungsbehörde der Beschwerdeführerin in voller Kenntnis der dieser im ersuchenden Staat vorgeworfenen Straftaten Abschiebeschutz gewährt hat (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Juli 2007 - 1 AK 41/07 - juris Rn. 6).

    Die verfassungsrechtliche Pflicht, dieses gewichtige Indiz zu berücksichtigen und den Sachverhalt aufzuklären und das Verfahren so zu gestalten, dass die materiellen Grundrechte der Beschwerdeführerin bestmöglich geschützt werden, hätte das Oberlandesgericht vorliegend zu einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung und eigenständigen Prüfung veranlassen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 46).

  • BVerfG, 30.10.2019 - 2 BvR 828/19

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen Auslieferungen russischer

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Die Gerichte unterliegen der Pflicht zu prüfen, ob die Auslieferung mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 34; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 38; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 12; Beschluss vom 28. Juli 2016 - 2 BvR 1468/16 - juris Rn. 42; Beschluss vom 24. Juni 2003, BVerfGE 108, 129 [136] jeweils m.w.N.).

    Die Gerichte sind zudem - insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind - gehalten zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 34; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 38 jeweils m.w.N.).

    Ferner müssen die Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts prüfen, ob der Auszuliefernde Gefahr läuft, im Zielstaat Opfer politischer Verfolgung zu werden (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 39; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 26).

    Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Zielstaat bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 IRG oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Abs. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 39; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 40; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 27; Beschluss vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 - juris Rn. 12; Beschluss vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 - juris Rn. 12).

    Ob die Voraussetzungen dieses Auslieferungshindernisses vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von Entscheidungen im Asylverfahren prüfen (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 41; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 42; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 29).

    Dieser Grundsatz kann allerdings nur solange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa das Vorliegen ernstlicher Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat oder systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43).

    Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43 m.w.N.).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beurteilt die Belastbarkeit einer Zusicherung unter anderem danach, ob diese konkret oder allgemein und vage formuliert ist, ob eine staatliche Stelle die Zusicherung abgegeben hat, die den Zielstaat rechtlich binden kann, ob erwartet werden kann, dass Regionalregierungen sich an Zusicherungen, die durch Organe der Zentralregierung abgegeben werden, gebunden sehen, ob Zusicherungen in der Vergangenheit beachtet wurden und ob das zugesicherte Verhalten nach dem nationalen Recht des Zielstaats legal oder illegal ist (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 52 unter Verweis auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 189).

    Vielmehr hat die russische Seite bekundet, dass nicht sichergestellt werden kann, dass das Strafverfahren angesichts der alleinigen Entscheidungskompetenz des örtlich zuständigen Tatgerichts außerhalb der administrativen Grenzen des Föderationskreises Nordkaukasus stattfindet (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 53).

  • BVerfG, 22.11.2019 - 2 BvR 517/19

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Gewährleistet wird nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, wird ein substantieller Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle verliehen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 50; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 31; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Die fachgerichtliche Überprüfung von Grundrechtseingriffen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 25 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeitsoder zeitaufwendig erscheint (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG).

    b) Im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig zu prüfen (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 33; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 39 jeweils m.w.N.).

    Die Gerichte unterliegen der Pflicht zu prüfen, ob die Auslieferung mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 34; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 38; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 12; Beschluss vom 28. Juli 2016 - 2 BvR 1468/16 - juris Rn. 42; Beschluss vom 24. Juni 2003, BVerfGE 108, 129 [136] jeweils m.w.N.).

    Die Gerichte sind zudem - insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind - gehalten zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 34; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 38 jeweils m.w.N.).

    Dieser Grundsatz kann allerdings nur solange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa das Vorliegen ernstlicher Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat oder systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43).

    Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43 m.w.N.).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat beziehungsweise in der Zielregion, etwa auf der Ebene der lokalen Autoritäten, erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die Zusicherung demgemäß belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

  • BVerfG, 04.12.2019 - 2 BvR 1258/19

    Auslieferung an die Vereinigten Staaten von Amerika zum Zwecke der

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Gewährleistet wird nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, wird ein substantieller Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle verliehen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 50; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 31; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Die fachgerichtliche Überprüfung von Grundrechtseingriffen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 25 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeitsoder zeitaufwendig erscheint (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG).

    Dieser Grundsatz kann allerdings nur solange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa das Vorliegen ernstlicher Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat oder systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43).

    Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 60; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 36; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 43 m.w.N.).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 15. Dezember 2015, BVerfGE 140, 317 [350] jeweils m.w.N.).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat beziehungsweise in der Zielregion, etwa auf der Ebene der lokalen Autoritäten, erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die Zusicherung demgemäß belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Eine solche Prüfungsobliegenheit der Belastbarkeit einer Zusicherung im Einzelfall ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48 unter Verweis auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, §§ 187 ff.), die der Verfassungsgerichtshof bei der Auslegung der Verfahrensgarantien der Verfassung zu beachten hat (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - BVerfGE 111, 307 [317]).

  • BVerfG, 13.11.2017 - 2 BvR 1381/17

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde eines Auszuliefernden wegen unzureichender

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Gewährleistet wird nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, wird ein substantieller Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle verliehen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 50; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 31; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Die fachgerichtliche Überprüfung von Grundrechtseingriffen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 25 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).

    Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeitsoder zeitaufwendig erscheint (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 51; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG).

    Ferner müssen die Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts prüfen, ob der Auszuliefernde Gefahr läuft, im Zielstaat Opfer politischer Verfolgung zu werden (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 39; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 26).

    Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Zielstaat bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 IRG oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Abs. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 39; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 40; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 27; Beschluss vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 - juris Rn. 12; Beschluss vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 - juris Rn. 12).

    Ob die Voraussetzungen dieses Auslieferungshindernisses vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von Entscheidungen im Asylverfahren prüfen (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 41; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 42; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 29).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

  • BVerfG, 18.06.2019 - 2 BvR 1092/19

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Die Gerichte unterliegen der Pflicht zu prüfen, ob die Auslieferung mit den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist (BVerfG, Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 34; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 38; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 12; Beschluss vom 28. Juli 2016 - 2 BvR 1468/16 - juris Rn. 42; Beschluss vom 24. Juni 2003, BVerfGE 108, 129 [136] jeweils m.w.N.).

    Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 44; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 35), aber auch um die Gefahr einer den unabdingbaren Standard an Schutz der Menschenwürde nicht einhaltenden Behandlung angesichts der Situation im Zielstaat und damit die Belastbarkeit einer Zusicherung hinreichend verlässlich einschätzen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat beziehungsweise in der Zielregion, etwa auf der Ebene der lokalen Autoritäten, erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die Zusicherung demgemäß belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 37; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48; Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

    Das Oberlandesgericht beruft sich in seiner Entscheidung insoweit auf die im Verfahren erteilten Zusicherungen der russischen Behörden, ohne jedoch die besonderen Umstände von Strafverfahren im Nordkaukasischen Föderalbezirk zu problematisieren (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 - juris Rn. 13).

  • BVerfG, 02.02.2016 - 2 BvR 2486/15

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung zählt es, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf; die zuständigen staatlichen Organe sind daher gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 20 m.w.N.; Beschluss vom 24. Juni 2003, BVerfGE 108, 129 [136]; Beschluss vom 24. August 2000 - 2 BvR 1430/00 - juris Rn. 10).

    Allerdings stellt eine rechtskräftige Anerkennung als Asylberechtigter in Deutschland bzw. die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Umstand, dass dem Betroffenen in einem anderen Mitgliedstaat in der Vergangenheit Schutz vor der Auslieferung bewilligt worden ist, ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass es sich bei dem Betroffenen um einen politisch Verfolgten handelt oder ihm eine Behandlung drohen könnte, die seine Auslieferung unzulässig machen würde (BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 21 jeweils unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979, BVerfGE 52, 391 [405 f.]).

    c) Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und anderen Staaten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 22; Beschluss vom 15. Dezember 2015, BVerfGE 140, 317 [349]; Beschluss vom 5. November 2003, BVerfGE 109, 13 [35]).

    Aus der Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK folgt grundsätzlich ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Beschwerdeführerin eine Behandlung drohen könnte, die ihre Auslieferung unzulässig machen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 45; Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 21), zumal die Verwaltungsbehörde der Beschwerdeführerin in voller Kenntnis der dieser im ersuchenden Staat vorgeworfenen Straftaten Abschiebeschutz gewährt hat (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Juli 2007 - 1 AK 41/07 - juris Rn. 6).

  • EGMR, 17.01.2012 - 8139/09

    Othman (Abu Qatada) ./. Vereinigtes Königreich

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Eine solche Prüfungsobliegenheit der Belastbarkeit einer Zusicherung im Einzelfall ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 - juris Rn. 48 unter Verweis auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, §§ 187 ff.), die der Verfassungsgerichtshof bei der Auslegung der Verfahrensgarantien der Verfassung zu beachten hat (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - BVerfGE 111, 307 [317]).

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beurteilt die Belastbarkeit einer Zusicherung unter anderem danach, ob diese konkret oder allgemein und vage formuliert ist, ob eine staatliche Stelle die Zusicherung abgegeben hat, die den Zielstaat rechtlich binden kann, ob erwartet werden kann, dass Regionalregierungen sich an Zusicherungen, die durch Organe der Zentralregierung abgegeben werden, gebunden sehen, ob Zusicherungen in der Vergangenheit beachtet wurden und ob das zugesicherte Verhalten nach dem nationalen Recht des Zielstaats legal oder illegal ist (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - juris Rn. 52 unter Verweis auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 189).

    Insoweit hat sich das Oberlandesgericht auch nicht mit dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hervorgehobenen Aspekt befasst, ob erwartet werden kann, dass Regionalregierungen bzw. örtliche Behörden sich an Zusicherungen, die durch Organe der Zentralregierung abgegeben werden, gebunden sehen (vgl. EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 189).

  • BVerfG, 15.10.1997 - 2 BvN 1/95

    Landesverfassungsgerichte

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    Da vorliegend eine Verletzung von Grundrechten der Sächsischen Verfassung durch die Anwendung von Bestimmungen des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen und damit von Normen des Bundesrechts gerügt wird, ist zu berücksichtigen, dass der Verfassungsgerichtshof eine grundrechtswidrige Anwendung von Bundesrecht aufgrund der Art. 142 und 31 GG nur feststellen darf, soweit die gerügten Grundrechte der Sächsischen Verfassung inhaltsgleich im Grundgesetz verbürgt sind (SächsVerfGH, Beschluss vom 11. März 2011 - Vf. 25-IV-11 [HS]/Vf. 26-IV-11 [e.A.] unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997, BVerfGE 96, 345 [373 f.]).

    Insbesondere kann er in entsprechenden Fällen die Schutzwirkungen der Grundrechte der Sächsischen Verfassung nicht weiter als die der inhaltsgleichen Grundrechte des Grundgesetzes bemessen, sofern das Bundesrecht dem Landesrecht nicht einen Ausgestaltungsspielraum belässt (SächsVerfGH, a.a.O. unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997, BVerfGE 96, 345 [366]).

    Hinsichtlich der Reichweite des Schutzes grundgesetzlicher Grundrechte ist der Verfassungsgerichtshof gemäß § 31 BVerfGG an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden (SächsVerfGH, a.a.O. unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997, BVerfGE 96, 345 [375]).

  • BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der

    Auszug aus VerfGH Sachsen, 27.02.2020 - 6-IV-20
    c) Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und anderen Staaten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 - juris Rn. 22; Beschluss vom 15. Dezember 2015, BVerfGE 140, 317 [349]; Beschluss vom 5. November 2003, BVerfGE 109, 13 [35]).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 61; Beschluss vom 15. Dezember 2015, BVerfGE 140, 317 [350] jeweils m.w.N.).

  • BVerfG, 14.11.1979 - 1 BvR 654/79

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Auslieferung

  • BVerfG, 24.06.2003 - 2 BvR 685/03

    Auslieferung nach Indien

  • OLG Karlsruhe, 27.07.2007 - 1 AK 41/07

    Türkei, Auslieferung, Auslieferungshaft, Kurden, PKK, Mitglieder, Verdacht der

  • BVerfG, 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04

    EGMR-Entscheidungen

  • BVerfG, 09.03.2016 - 2 BvR 348/16

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

  • BVerfG, 04.05.1982 - 1 BvR 1457/81

    Auslieferung III

  • VerfGH Sachsen, 22.06.2018 - 51-IV-18

    Rehabilitierungsanspruch wegen einer Unterbringung zur Heimerziehung in einem

  • VerfGH Sachsen, 27.06.2019 - 64-IV-18

    Strafvollzug - und der Justizgewährungsanspruch

  • VerfGH Sachsen, 11.03.2011 - 25-IV-11
  • BVerfG, 05.11.2003 - 2 BvR 1243/03

    Auslieferung in die Vereinigten Staaten zum Zwecke der Strafverfolgung ( USA;

  • BVerfG, 09.04.2015 - 2 BvR 221/15

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

  • BVerfG, 31.05.1994 - 2 BvR 1193/93

    Auslieferung bei Gefahr menschenunwürdiger Behandlung

  • BVerfG, 28.07.2016 - 2 BvR 1468/16

    Auslieferung an die Russische Föderation zum Zwecke der Strafverfolgung

  • BVerfG, 24.08.2000 - 2 BvR 1430/00

    Einstweilige Aussetzung einer Auslieferung wegen möglicherweise

  • VerfGH Sachsen, 10.09.2020 - 136-IV-20
    Hinsichtlich des der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Sachverhalts wird zunächst auf die Darstellung im Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2020 (Vf. 6-IV-20) verwiesen.

    Auf die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin vom 10. Januar 2020 stellte der Verfassungsgerichtshof durch Beschluss vom 27. Februar 2020 (Vf. 6-IV-20) fest, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 78 Abs. 3 Satz 1 SächsVerf i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 SächsVerf verletzt, soweit er die Auslieferung der Beschwerdeführerin für zulässig erklärt.

  • VerfGH Sachsen, 31.05.2021 - 16-IV-21

    Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit im Falle einer Abschiebung nach

    Gewährleistet wird nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, wird ein substantieller Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle verliehen (SächsVerfGH, Beschluss vom 27. Februar 2020 - Vf. 6-IV-20; BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1258/19 - juris Rn. 50; Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - juris Rn. 31; Beschluss vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 - juris Rn. 24 jeweils zu Art. 19 Abs. 4 GG und m.w.N.).
  • VerfGH Sachsen, 27.10.2020 - 189-IV-20

    Vorläufige Regelung eines Zustandes durch das Verfassungsgericht nur bei Abwehr

    Die Auslieferung der Antragstellerin an die Russische Föderation ist rechtskräftig für zulässig erklärt worden (zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt wird auf die Darstellung in den Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2020 - Vf. 6-IV-20 - und vom 10. September 2020 - Vf. 136-IV-20 - verwiesen).
  • VerfGH Sachsen, 20.01.2022 - 45-IV-21
    In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zwar geklärt, dass der Verfassungsgerichtshof eine grundrechtswidrige Anwendung von Verfahrensrecht des Bundes aufgrund der Art. 142 und 31 GG nur feststellen darf, soweit die gerügten Grundrechte der Sächsischen Verfassung inhaltsgleich im Grundgesetz verbürgt sind (SächsVerfGH, Beschluss vom 27. Februar 2020 - Vf. 6-IV-20; Beschluss vom 11. März 2011 - Vf. 25IV-11 [HS]/Vf. 26-IV-11 [e.A.] unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997, BVerfGE 96, 345 [373 f.]).
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