Rechtsprechung
   BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2010,5773
BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10 (https://dejure.org/2010,5773)
BVerfG, Entscheidung vom 05.04.2010 - 2 BvR 366/10 (https://dejure.org/2010,5773)
BVerfG, Entscheidung vom 05. April 2010 - 2 BvR 366/10 (https://dejure.org/2010,5773)
Tipp: Um den Kurzlink (hier: https://dejure.org/2010,5773) schnell in die Zwischenablage zu kopieren, können Sie die Tastenkombination Alt + R verwenden - auch ohne diesen Bereich zu öffnen.

Volltextveröffentlichungen (12)

  • HRR Strafrecht

    Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 2 EMRK; Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK; Art. 6 Abs. 3 lit. b EMRK; § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB
    Unschuldsvermutung (verfassungs- und konventionsrechtliche Anforderungen; inzidente Feststellungen nicht angeklagter Vorgänge in einem Strafurteil; strafschärfende Berücksichtigung); Selbstbelastungsfreiheit (zulässige Verwertung von Teilschweigen; Recht auf ein faires ...

  • lexetius.com
  • openjur.de
  • Bundesverfassungsgericht

    Keine Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip des GG bzw aus Art 6 Abs 2 MRK folgenden Unschuldsvermutung bei Verwertung von vor dem Tatzeitraum liegendem Verhalten des Täters im Strafurteil

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 20 Abs 3 GG, Art 6 Abs 2 MRK, § 46 Abs 2 S 2 StGB
    Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip des GG bzw aus Art 6 Abs 2 MRK folgenden Unschuldsvermutung bei Verwertung von vor dem Tatzeitraum liegendem Verhalten des Täters im Strafurteil

  • Wolters Kluwer

    Verfassungsbeschwerde bei Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip des GG; Vor dem eigentlichen Tatzeitraum liegende Taten als Indiz für die Umstände der Begehung der angeklagten Taten und Verwendung im Rahmen der Strafzumessung

  • rewis.io

    Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip des GG bzw aus Art 6 Abs 2 MRK folgenden Unschuldsvermutung bei Verwertung von vor dem Tatzeitraum liegendem Verhalten des Täters im Strafurteil

  • ra.de
  • rewis.io

    Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip des GG bzw aus Art 6 Abs 2 MRK folgenden Unschuldsvermutung bei Verwertung von vor dem Tatzeitraum liegendem Verhalten des Täters im Strafurteil

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    EMRK Art. 6 Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1
    Verfassungsbeschwerde bei Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip des GG; Vor dem eigentlichen Tatzeitraum liegende Taten als Indiz für die Umstände der Begehung der angeklagten Taten und Verwendung im Rahmen der Strafzumessung

  • datenbank.nwb.de
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Die Unschuldsvermutung im Strafprozess

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGK 17, 223
 
Sortierung



Kontextvorschau





Hinweis: Klicken Sie auf das Sprechblasensymbol, um eine Kontextvorschau im Fließtext zu sehen. Um alle zu sehen, genügt ein Doppelklick.

Wird zitiert von ... (5)Neu Zitiert selbst (20)

  • BVerfG, 26.03.1987 - 2 BvR 589/79

    Unschuldsvermutung

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    a) Die Unschuldsvermutung ist eine besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und hat damit Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 74, 358 ).

    Sie verbietet zum einen, im konkreten Strafverfahren ohne gesetzlichen, prozessordnungsgemäßen - nicht notwendiger Weise rechtskräftigen - Schuldnachweis Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe gleichkommen und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln; zum anderen verlangt sie den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor dem Verurteilten diese im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (vgl. BVerfGE 19, 342 ; 35, 311 ; 74, 358 ).

    Bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite der grundgesetzlichen Unschuldsvermutung sind Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als Auslegungshilfe heranzuziehen (vgl. BVerfGE 74, 358 ; 111, 307 ).

  • EGMR, 03.10.2002 - 37568/97

    Fall B. gegen DEUTSCHLAND

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Sobald der Beschuldigte einer bestimmten Straftat ordnungsgemäß überführt worden ist, findet Art. 6 Abs. 2 EMRK keine Anwendung mehr im Hinblick auf Vorwürfe ("allegations"), die als Teil der Strafzumessung im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten erhoben werden, sofern sie nicht nach Art oder Umfang einer neuen Anklage im Sinne der autonomen Bedeutung dieses Begriffs in der EMRK gleichstehen (vgl. EGMR, Urteile vom 3. Oktober 2002 - Böhmer ./. Deutschland -, NJW 2004, S. 43 ff., Rn. 55, und vom 8. Juni 1976 - Engel et al. ./. Niederlande -, Rn. 90).

    Denn anders als das Verfahren über den Bewährungswiderruf (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 3. Oktober 2002 - Böhmer ./. Deutschland -, NJW 2004, S. 43 ff.; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2004 - 2 BvR 2314/04 -, juris, und vom 23. April 2008 - 2 BvR 572/08 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2008 - 2 BvR 1448/08 -, juris) und anders als ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 18. Dezember 2008 - Nerattini ./. Griechenland -) ist das zu einem Urteil führende strafrechtliche Hauptverfahren zur Widerlegung auch und gerade der konventionsrechtlichen Unschuldsvermutung geeignet; es muss dem Angeklagten insbesondere die von der Konvention geforderten Verteidigungsrechte (Art. 6 Abs. 1, 3 EMRK) in vollem Umfang gewähren.

  • BVerfG, 08.02.1994 - 1 BvR 1693/92

    Verfassungsbeschwerde betreffend einen Mietrechtsstreit erfolglos

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ; 96, 245 ).
  • BVerfG, 09.12.2004 - 2 BvR 2314/04

    Unschuldsvermutung; Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung (Erforderlichkeit

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Denn anders als das Verfahren über den Bewährungswiderruf (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 3. Oktober 2002 - Böhmer ./. Deutschland -, NJW 2004, S. 43 ff.; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2004 - 2 BvR 2314/04 -, juris, und vom 23. April 2008 - 2 BvR 572/08 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2008 - 2 BvR 1448/08 -, juris) und anders als ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 18. Dezember 2008 - Nerattini ./. Griechenland -) ist das zu einem Urteil führende strafrechtliche Hauptverfahren zur Widerlegung auch und gerade der konventionsrechtlichen Unschuldsvermutung geeignet; es muss dem Angeklagten insbesondere die von der Konvention geforderten Verteidigungsrechte (Art. 6 Abs. 1, 3 EMRK) in vollem Umfang gewähren.
  • BVerfG, 13.01.1981 - 1 BvR 116/77

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Aussagepflicht des Gemeinschuldners im

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Das grundgesetzlich geschützte Recht des Beschwerdeführers, sich im Strafverfahren nicht selbst belasten zu müssen (vgl. BVerfGE 56, 37 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 30 ff. m.w.N.), ist ebenfalls nicht verletzt.
  • BGH, 16.12.1975 - 1 StR 755/75

    Beschränkung der Untersuchung und Entscheidung - Angeklagte Tat - Gerichtliche

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Insbesondere mit dem angegriffenen Urteil sind nicht etwa diese Taten (mit) bestraft worden, was auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzulässig gewesen wäre (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75 -, NStZ 1981, S. 99 m.w.N.); vielmehr hat das Gericht im Rahmen der Strafzumessung unter anderem das vor dem Tatzeitraum liegende, zur Überzeugung des Gerichts festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers zu dessen Lasten in seine Überlegungen einbezogen, wozu es nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB ("Vorleben des Täters") berechtigt war (vgl. nur Theune, in: Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar, Bd. 2, 12. Aufl. 2006, § 46 Rn. 177).
  • BVerfG, 15.12.1965 - 1 BvR 513/65

    Wenneker - Haftverschonung beim Haftgrund der Schwerkriminalität

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Sie verbietet zum einen, im konkreten Strafverfahren ohne gesetzlichen, prozessordnungsgemäßen - nicht notwendiger Weise rechtskräftigen - Schuldnachweis Maßnahmen gegen den Beschuldigten zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe gleichkommen und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln; zum anderen verlangt sie den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor dem Verurteilten diese im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (vgl. BVerfGE 19, 342 ; 35, 311 ; 74, 358 ).
  • BGH, 30.10.1986 - 4 StR 499/86

    Rechtsfolgen der Unschuldsvermutung

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Dies gilt insbesondere auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 2 EMRK und der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. allgemein BGHSt 34, 209; Peukert, in: Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 275; Gollwitzer, in: Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Bd. 8, 25. Aufl. 2005, Art. 6 EMRK, Rn. 146 f.; Theune, in: Strafgesetzbuch - Leipziger Kommentar, Bd. 2, 12. Aufl. 2006, § 46 Rn. 177; kritisch Vogler, in: Festschrift für Theodor Kleinknecht, 1985, S. 429 ; Stuckenberg, StV 2007, S. 655 ).
  • BVerfG, 07.07.1995 - 2 BvR 326/92

    Verfassungswidrige Beweiswürdigung - Schweigerecht des Angeklagten

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Das grundgesetzlich geschützte Recht des Beschwerdeführers, sich im Strafverfahren nicht selbst belasten zu müssen (vgl. BVerfGE 56, 37 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 30 ff. m.w.N.), ist ebenfalls nicht verletzt.
  • BVerfG, 12.08.2008 - 2 BvR 1448/08

    Zur Zulässigkeit eines Bewährungswiderrufs (§ 56f Abs 1 S 1 Nr 1 StGB) wegen

    Auszug aus BVerfG, 05.04.2010 - 2 BvR 366/10
    Denn anders als das Verfahren über den Bewährungswiderruf (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 3. Oktober 2002 - Böhmer ./. Deutschland -, NJW 2004, S. 43 ff.; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2004 - 2 BvR 2314/04 -, juris, und vom 23. April 2008 - 2 BvR 572/08 -, juris; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 12. August 2008 - 2 BvR 1448/08 -, juris) und anders als ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren (vgl. dazu EGMR, Urteil vom 18. Dezember 2008 - Nerattini ./. Griechenland -) ist das zu einem Urteil führende strafrechtliche Hauptverfahren zur Widerlegung auch und gerade der konventionsrechtlichen Unschuldsvermutung geeignet; es muss dem Angeklagten insbesondere die von der Konvention geforderten Verteidigungsrechte (Art. 6 Abs. 1, 3 EMRK) in vollem Umfang gewähren.
  • BVerfG, 23.04.2008 - 2 BvR 572/08

    Widerruf der Strafaussetzung wegen einer neuen Tat (glaubhaftes Geständnis;

  • BVerfG, 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04

    EGMR-Entscheidungen

  • BVerfG, 09.07.1997 - 2 BvR 1371/96

    Annahmevoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde - "besonders schwerer

  • BVerfG, 16.05.1973 - 2 BvR 590/71

    Anhalten eines beleidigenden Briefs eines Untersuchungsgefangenen

  • EGMR, 25.03.1983 - 8660/79

    Minelli ./. Schweiz

  • EGMR, 18.12.2008 - 43529/07

    NERATTINI v. GREECE

  • EGMR, 08.06.1976 - 5100/71

    ENGEL AND OTHERS v. THE NETHERLANDS

  • EGMR, 10.10.2000 - 42095/98

    DAKTARAS c. LITUANIE

  • EGMR, 19.05.2005 - 71563/01

    DIAMANTIDES (N° 2) c. GRECE

  • EGMR, 20.03.2001 - 33501/96

    TELFNER v. AUSTRIA

  • BVerfG, 06.09.2016 - 2 BvR 890/16

    Die Verwertung des Schweigens zum Nachteil des Angeklagten hindert die

    Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet, dass in bestimmten Konstellationen des sogenannten Teilschweigens aus dem Aussageverhalten des Beschuldigten im Rahmen der Beweiswürdigung Schlüsse zu dessen Nachteil gezogen werden (vgl. BVerfGK 17, 223 ), obgleich auch in derartigen Fällen die Selbstbelastungsfreiheit berührt ist und ein gewisser Aussagedruck entstehen kann.
  • BGH, 19.11.2013 - 4 StR 448/13

    Strafzumessung (Berücksichtigung nicht angeklagter festgestellter Taten:

    Allerdings bedarf es für die gesonderte Bewertung sonstiger strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ohne gesonderte Anklage und damit außerhalb der Anforderungen eines geordneten Strafverfahrens nicht nur der Beachtung des Gewährleistungsgehalts der Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 5. April 2010 - 2 BvR 366/10, BVerfGK 17, 223, 225 mwN) und - mangels Verbrauchs der Strafklage - der Vermeidung einer Doppelbestrafung (BGH, Urteil vom 7. Mai 1974 - 1 StR 42/74, MDR 1975, 195 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99, 100; Urteil vom 17. April 1996 - 2 StR 57/96; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 26; Beschluss vom 5. Februar 1998 - 4 StR 16/98, NStZ 1998, 404 bezüglich späterer Straftaten; Beschluss vom 25. April 2006 - 4 StR 125/06, NStZ 2006, 620).

    Zudem deutet auch die in den Urteilsgründen geäußerte Hoffnung des Landgerichts, dass es wegen aller Sexualstraftaten im Hinblick auf die für das Tötungsdelikt verhängte Strafe nicht zu einem weiteren Strafverfahren kommen werde (UA S. 42), darauf hin, dass die außerhalb der Anklage festgestellten Taten durch das angefochtene Urteil mitbestraft worden sind, was unzulässig wäre (BVerfG, Beschluss vom 5. April 2010 aaO).

  • EGMR, 25.01.2018 - 76607/13

    BIKAS v. GERMANY

    Unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt festgestellt, dass die Unschuldsvermutung, die sich aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit ableitet, verbietet, dass gegen einen Angeklagten in einem Strafverfahren ohne gesetzlichen Schuldnachweis Maßnahmen verhängt werden, die einer Schuldfeststellung gleichkommen (siehe 2 BvR 589/79, 2 BvR 740/81 und 2 BvR 284/85, Beschluss vom 26. März 1987, Rdnr. 36; 2 BvR 254/88 und 2 BvR 1343/88, Beschluss vom 29. Mai 1990, Rdnrn. 33 und 41; und 2 BvR 366/10, Beschluss vom 5. April 2010, Rdnr. 6).

    Ist der Beschuldigte einer bestimmten Straftat ordnungsgemäß überführt, so findet der Grundsatz der Unschuldsvermutung keine Anwendung mehr auf die die Persönlichkeit des Angeklagten betreffenden Vorwürfe, die im Rahmen der Strafzumessung im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Vorlebens des Täters im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB erhoben werden, sofern sie nicht nach Art oder Umfang einer neuen Anklage im Sinne der autonomen Bedeutung dieses Begriffs in der Europäischen Menschenrechtskonvention gleichstehen (siehe 2 BvR 366/10, a. a. O., Rdnrn. 7 und 9).

    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es für eine Widerlegung der Unschuldsvermutung bezüglich Straftaten unerlässlich, dass in dem Strafverfahren im Hinblick auf diese Straftaten die in Artikel 6 Abs. 1 und 3 der Konvention niedergelegten Verteidigungsrechte des Beschuldigten gewährt wurden, dass der Beschuldigte also über die Art der diesbezüglichen Vorwürfe unterrichtet wurde (Artikel 6 Abs. 3 Buchst. a) und ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, sich auf die Verteidigung vorzubereiten (Artikel 6 Abs. 3 Buchst. b), und der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit nach Artikel 6 gewahrt wurde (2 BvR 366/10, a. a. O., Rdnrn. 10 bis 13).

    Die Schuld des Beschuldigten hinsichtlich der in Rede stehenden Straftaten gilt dann - wie vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gefordert - als ordnungsgemäß bewiesen (es wurde auf den Fall B../. Deutschland, Individualbeschwerde Nr. 37568/97, Rdnr. 55, 3. Oktober 2002 verwiesen), selbst wenn er in dem betreffenden Verfahren nach innerstaatlichem Recht nicht wegen dieser Straftaten verurteilt wurde (oder unter bestimmten Umständen nicht verurteilt werden konnte) (vgl. 2 BvR 589/79 u. a., a. a. O., Rdnrn. 42 bis 43 - Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld; und 2 BvR 366/10, a. a. O., Rdnrn. 7, 8 und 10 f. - Berücksichtigung von Taten bei der Strafzumessung, die vor den Taten begangen wurden, die dem Beschuldigten in dem Verfahren zur Last gelegt wurden).

  • VerfGH Sachsen, 23.01.2020 - 64-IV-19
    Sie verbietet, in einem Strafverfahren ohne gesetzlichen, prozessordnungsgemäßen Schuldnachweis gegen den Beschuldigten Maßnahmen zu verhängen, die in ihrer Wirkung einer Strafe oder strafähnlichen Sanktion gleichkommen und ihn verfahrensbezogen als schuldig zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 8. März 2017 - 2 BvR 2282/16 - juris; Beschluss vom 5. April 2010 - 2 BvR 366/10 - juris; Beschluss vom 26. März 1987, BVerfGE 74, 358 [371]).

    Ferner verlangt die Unschuldsvermutung den rechtskräftigen Nachweis der Schuld, bevor diese dem Verurteilten im Rechtsverkehr allgemein vorgehalten werden darf (BVerfG, Beschluss vom 5. April 2010 - 2 BvR 366/10 - juris; Beschluss vom 26. März 1987, BVerfGE 74, 358 [371]).

  • KG, 25.05.2021 - 121 Ss 53/21

    Urteilsanforderungen bei Erkenntnis auf Geldstrafe trotz ernstlicher

    Hätte das Landgericht den Bestand des Haftbefehls wie eine rechtskräftige Verurteilung strafschärfend bewertet, so hätte dies gegebenenfalls gegen die Unschuldsvermutung aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 2 EMRK verstoßen (vgl. BVerfGK 17, 223; BGH NStZ 2014, 202).
Haben Sie eine Ergänzung? Oder haben Sie einen Fehler gefunden? Schreiben Sie uns.
Sie können auswählen (Maus oder Pfeiltasten):
(Liste aufgrund Ihrer bisherigen Eingabe)
Komplette Übersicht