Rechtsprechung
   BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12, 2 BvR 835/12   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2012,17719
BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12, 2 BvR 835/12 (https://dejure.org/2012,17719)
BVerfG, Entscheidung vom 11.06.2012 - 2 BvR 720/12, 2 BvR 835/12 (https://dejure.org/2012,17719)
BVerfG, Entscheidung vom 11. Juni 2012 - 2 BvR 720/12, 2 BvR 835/12 (https://dejure.org/2012,17719)
Tipp: Um den Kurzlink (hier: https://dejure.org/2012,17719) schnell in die Zwischenablage zu kopieren, können Sie die Tastenkombination Alt + R verwenden - auch ohne diesen Bereich zu öffnen.

Volltextveröffentlichungen (14)

  • HRR Strafrecht

    Art. 2 Abs. 2 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 104 Abs. 1 GG; § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO.
    Freiheit der Person (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; Untersuchungshaft; Fluchtgefahr; Verdunkelungsgefahr; Haftbefehl; Außervollzugsetzung; Sicherheitsleistung; Meldeauflage; Haftverschonungsbeschluss: Aufhebung; neu hervorgetretene Umstände; Straferwartung)

  • lexetius.com
  • Burhoff online

    Haftverschonung, Widerruf, Voraussetzungen

  • openjur.de
  • Bundesverfassungsgericht

    Aufhebung von Haftverschonungsbeschlüssen ohne Vorliegen "neu hervorgetretener Umstände" iSd § 116 Abs 4 Nr 3 StPO verletzt Betroffene in Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 2 GG - Anhaltspunkte für Erhöhung der Fluchtgefahr unzureichend dargelegt

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 104 Abs 1 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 116 Abs 4 Nr 3 StPO
    Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Aufhebung von Haftverschonungsbeschlüssen ohne Vorliegen "neu hervorgetretener Umstände" iSd § 116 Abs 4 Nr 3 StPO verletzt Betroffene in Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 2 GG - Anhaltspunkte für Erhöhung der Fluchtgefahr unzureichend ...

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 104 Abs 1 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 116 Abs 4 Nr 3 StPO
    Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Aufhebung von Haftverschonungsbeschlüssen ohne Vorliegen "neu hervorgetretener Umstände" iSd § 116 Abs 4 Nr 3 StPO verletzt Betroffene in Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 2 GG - Anhaltspunkte für Erhöhung der Fluchtgefahr unzureichend ...

  • IWW
  • Wolters Kluwer

    Rechtfertigung des Widerrufs einer Haftverschonung und die Invollzugsetzung eines Haftbefehls durch ein nach der Haftverschonung ergangenes (nicht rechtskräftiges) Urteil oder einen hohen Strafantrag der Staatsanwaltschaft

  • rewis.io

    Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Aufhebung von Haftverschonungsbeschlüssen ohne Vorliegen "neu hervorgetretener Umstände" iSd § 116 Abs 4 Nr 3 StPO verletzt Betroffene in Grundrecht aus Art 2 Abs 2 S 2 GG - Anhaltspunkte für Erhöhung der Fluchtgefahr unzureichend ...

  • ra.de
  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    GG Art. 2 Abs. 2 S. 2; StPO § 116 Abs. 4 Nr. 3
    Rechtfertigung des Widerrufs einer Haftverschonung und die Invollzugsetzung eines Haftbefehls durch ein nach der Haftverschonung ergangenes (nicht rechtskräftiges) Urteil oder einen hohen Strafantrag der Staatsanwaltschaft

  • datenbank.nwb.de
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse

Hinweis zu den Links:
Zu grauen Einträgen liegen derzeit keine weiteren Informationen vor. Sie können diese Links aber nutzen, um die Einträge beispielsweise in Ihre Merkliste aufzunehmen.

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGK 19, 439
 
Sortierung



Kontextvorschau





Hinweis: Klicken Sie auf das Sprechblasensymbol, um eine Kontextvorschau im Fließtext zu sehen. Um alle zu sehen, genügt ein Doppelklick.

Wird zitiert von ... (6)Neu Zitiert selbst (12)

  • BVerfG, 15.08.2007 - 2 BvR 1485/07

    Aufhebung eines Haftverschonungsbeschlusses wegen neu hervorgetretener Umstände

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ).

    Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

    Dagegen kann eine lediglich andere Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts einen Widerruf nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

    Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfGK 12, 45 ).

    In Betracht kommen vor allem Fälle, in denen ein weiterer Haftgrund zu dem im Haftbefehl aufgeführten hinzutritt oder sich der dem Haftbefehl zugrunde liegende Haftgrund verschärft (vgl. BVerfGK 12, 45 , m.w.N.).

    Insoweit setzt sich der vom Angeklagten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung durch (vgl. BVerfGK 12, 45 , m.w.N.).

    Demgemäß ist ohne Bedeutung, dass sich der dem Haftbefehl oder der Anklage zugrunde gelegte dringende Tatverdacht aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung bestätigt hat und damit noch "dringender" geworden ist (vgl. BVerfGK 12, 45 ).

    War dagegen schon zu diesem Zeitpunkt mit der später ausgesprochenen - auch höheren - Strafe zu rechnen und hat der Beschuldigte die ihm erteilten Auflagen gleichwohl korrekt befolgt, liegt kein Fall des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO vor (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ).

    Selbst wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO vorliegen, bleibt infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung nicht mildere Mittel der Verfahrenssicherung - namentlich eine Verschärfung der Auflagen - in Betracht kommen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ).

  • BVerfG, 01.02.2006 - 2 BvR 2056/05

    Freiheit der Person; Widerruf der Aussetzung eines Haftbefehls (neue Umstände;

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

    Dagegen kann eine lediglich andere Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts einen Widerruf nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

    Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung stets zu berücksichtigen ist deshalb vor allem, dass der Angeklagte inzwischen Gelegenheit hatte, sein Verhalten gegenüber dem Strafverfahren zu dokumentieren (vgl. BVerfGK 7, 239 ; m.w.N.).

    War dagegen schon zu diesem Zeitpunkt mit der später ausgesprochenen - auch höheren - Strafe zu rechnen und hat der Beschuldigte die ihm erteilten Auflagen gleichwohl korrekt befolgt, liegt kein Fall des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO vor (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ).

    Selbst wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO vorliegen, bleibt infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung nicht mildere Mittel der Verfahrenssicherung - namentlich eine Verschärfung der Auflagen - in Betracht kommen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ).

  • BVerfG, 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00

    Richtervorbehalt

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 29, 183 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ).

    Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging.

  • BVerfG, 07.10.1981 - 2 BvR 1194/80

    Baden-Württembergisches Unterbringungsgesetz

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 29, 183 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar ( BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ).

  • BVerfG, 10.02.1960 - 1 BvR 526/53

    Vormundschaft

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalt auf und verstärkt ihn für alle Freiheitsbeschränkungen, indem er neben der Forderung nach einem förmlichen Gesetz die Pflicht, die sich aus diesem Gesetz ergebenden Formvorschriften zu beachten, zum Verfassungsgebot erhebt (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 29, 183 ; 58, 208 ; 105, 239 ).

    Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar ( BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ).

  • BVerfG, 29.11.1983 - 2 BvR 704/83

    Verfassungsmäßigkeit - Mündel - Willkürverbot - Absehen von weiterer mündlicher

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ).

    Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging.

  • BVerfG, 10.06.1997 - 2 BvR 1516/96

    DDR-Botschafter

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ).

    Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging.

  • BVerfG, 26.10.2005 - 2 BvR 1618/05

    Freiheit der Person; Beschwerde gegen Haftbefehl (Bindung des Gerichtes der

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

    Dagegen kann eine lediglich andere Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts einen Widerruf nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ).

  • BVerfG, 19.02.1991 - 1 BvR 287/86

    Kindergeld für Besserverdienende

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Es liegt im Interesse der Beschwerdeführer, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 ; 94, 372 ).
  • BVerfG, 12.05.1992 - 2 BvR 470/90

    Papenburg

    Auszug aus BVerfG, 11.06.2012 - 2 BvR 720/12
    Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerden von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. BVerfGE 86, 90 ).
  • BVerfG, 22.05.1996 - 1 BvR 744/88

    Apothekenwerbung

  • BVerfG, 13.10.1970 - 1 BvR 226/70

    Rücklieferung

  • BVerfG, 17.12.2020 - 2 BvR 1787/20

    Neuerlass und Vollzug eines Haftbefehls nach Anklageerhebung

    c) Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Haftrechts auch die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG in den Blick zu nehmen, denn diese stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; 105, 239 ; BVerfGK 19, 439 ).

    Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar (BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; BVerfGK 19, 439 ).

    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    d) Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-)Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Ist ein Haftbefehl einmal unangefochten außer Vollzug gesetzt worden, so ist jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall der Haftverschonung zur Folge hat, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 StPO möglich (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Insbesondere bei der Auslegung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO, nach dem der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls nur in Betracht kommt, wenn neu hinzugetretene Tatsachen die Verhaftung erforderlich machen, sind strenge Maßstäbe anzusetzen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls kommt nur in Betracht, wenn - auch zeitlich vor dem Aussetzungsbeschluss entstandene - schwerwiegende Tatsachen nachträglich bekannt werden, die das Gericht, hätte es sie im Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung gekannt, zur Ablehnung der Verschonung veranlasst hätten (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Entscheidend ist, ob durch die neu hinzugetretenen Tatsachen die Vertrauensgrundlage für die Aussetzungsentscheidung entfallen ist (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Lediglich eine nachträglich andere Beurteilung bei gleichbleibender Sachlage rechtfertigt den Widerruf nicht (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    f) Die neu hervorgetretenen Umstände müssen sich jeweils auf die Haftgründe beziehen (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Nicht herangezogen werden dürfen Umstände des Verdachtsgrades, denn der dringende Tatverdacht ist bereits Grundvoraussetzung für den Erlass und die Aufrechterhaltung eines Haftbefehls (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Es ist somit ohne Belang, ob sich der dringende Tatverdacht verstärkt hat (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ) oder nach einer Beweisaufnahme der Tatvorwurf zur Überzeugung des Gerichts feststeht, wenngleich zu sehen ist, dass sich mit der Verurteilung das Gewicht des staatlichen Strafanspruchs grundsätzlich vergrößert (vgl. BVerfGK 5, 109 ; 7, 140 ).

    Das gilt insbesondere dann, wenn neu hervorgetretene Umstände den Fluchtanreiz des Beschuldigten stärken, etwa, weil dieser unerwartet streng verurteilt wurde (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ) oder im Ermittlungsverfahren neue Taten hinzugetreten sind.

    Beziehen sich solche Umstände auf die Straferwartung, rechtfertigen sie die Wiederinvollzugsetzung dann, wenn sie zu einer Straferwartung führen, die von der Prognose des Haftrichters zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung erheblich zum Nachteil des Beschuldigten abweicht und sich nach einer Abwägung und Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass sich die Fluchtgefahr durch die Abweichung ganz wesentlich erhöht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Stand dem Beschuldigten aber die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen und kam er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nach, setzt sich insoweit der vom Beschuldigten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung durch (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Selbst wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vorliegen, bleibt infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung nicht mildere Mittel der Verfahrenssicherung in Betracht kommen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    g) Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Voraussetzung ist aber, dass diese Umstände zu einem erheblichen Abweichen der Straferwartung zum Nachteil des Beschuldigten führen und sich die Fluchtgefahr deshalb ganz wesentlich erhöht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Wird einem Beschuldigten in der ursprünglichen Haftentscheidung die Möglichkeit einer mehrjährigen und nicht mehr zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe deutlich vor Augen geführt, bedarf es einer umfangreichen Abwägung zwischen dem Gewicht der neuen Erkenntnisse und dem auf Seiten des Beschuldigten auf Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzlich gewährten Vertrauenstatbestandes insbesondere dann, wenn der Beschuldigte für die Zeit der Haftverschonung keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hat (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Die Gerichte haben es schon versäumt, sich tragfähig damit auseinanderzusetzen, inwiefern die neue Schadensberechnung und das Hinzutreten weiterer Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und der Steuerhinterziehung im konkreten Fall zu einer im Vergleich zu der Entscheidungsgrundlage des Amtsgerichts so wesentlichen, für den Beschwerdeführer nachteiligen Abweichung der Straferwartung geführt haben, dass das Amtsgericht, hätte es diese Umstände im Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung gekannt, keine Verschonung gewährt hätte (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Dass die Gerichte diesem Umstand nun größeres Gewicht zumessen als das Amtsgericht, ist letztlich nur eine neue Beurteilung und Bewertung schon bekannter Umstände, die keine Rechtfertigung einer erneuten Inhaftierung sein kann (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    cc) Auch die - privaten und beruflichen - Auslandskontakte des Beschwerdeführers waren Grundlage des Verschonungsbeschlusses und können daher für sich genommen die erneute Inhaftierung des Beschwerdeführers nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Angesichts der Tatsache, dass das Amtsgericht - mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft - dem Beschwerdeführer im Verschonungszeitraum Reisen in Staaten außerhalb der Europäischen Union ermöglicht hat, besteht in diesem Punkt sogar eine gesteigerte Vertrauensgrundlage des Beschwerdeführers, der stets alle Auflagen eingehalten hat (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Die Anklageerhebung als solche genügt für eine erneute Inhaftierung grundsätzlich nicht, denn die Konkretisierung der Tatvorwürfe in einer Anklageschrift betrifft die - für § 116 Abs. 4 StPO grundsätzlich unerhebliche - Ebene des Verdachtsgrades und nicht die Ebene des Haftgrundes (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Wenn es bei der Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO grundsätzlich ohne Bedeutung ist, ob sich der dem Haftbefehl zugrunde gelegte dringende Tatverdacht aufgrund einer Beweisaufnahme bestätigt hat und damit noch "dringender' geworden ist (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ), kann der Abschluss des Ermittlungsverfahrens - also eine Verfestigung des Verdachtsgrades vor Durchführung der Hauptverhandlung - für sich genommen erst recht nicht als neu hervorgetretener Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO gewertet werden.

    In die Abwägung mit einzubeziehen ist, dass sich der vom Beschuldigten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung selbst dann durchsetzt, wenn der um ein günstigeres Ergebnis bemühte Beschuldigte die Vergeblichkeit seiner Hoffnungen erkennen muss, sofern ihm die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen stand und er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nachkam (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Maßgeblich ist aber auch hier, ob die in einem weiteren Ermittlungsverfahren bekannt gewordenen Tatvorwürfe zu einer ganz wesentlichen Abweichung der Straferwartung zum Nachteil des Beschuldigten führen (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Notwendig sind nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Wegen der Eilbedürftigkeit der Haftsache ist es angezeigt, nach § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG nur den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 9. September 2020 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, denn es liegt im Interesse des Beschwerdeführers, möglichst rasch eine das Beschwerdeverfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 ; 94, 372 ; BVerfGK 19, 439 ).

  • BVerfG, 08.07.2021 - 2 BvR 575/21

    Invollzugsetzung eines Haftbefehls anlässlich neu hinzugetretener Tatvorwürfe

    c) Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Haftrechts auch die formellen Gewährleistungen des Art. 104 GG in den Blick zu nehmen, denn diese stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in einem unlösbaren Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; 105, 239 ; BVerfGK 19, 439 ).

    Verstöße gegen die durch Art. 104 GG gewährleisteten Voraussetzungen und Formen freiheitsbeschränkender Gesetze stellen daher stets auch eine Verletzung der Freiheit der Person dar (BVerfGE 10, 302 ; 58, 208 ; BVerfGK 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 48).

    Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze sind deshalb von den Gerichten so auszulegen und anzuwenden, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ; BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    d) Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-)Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfGK 6, 295 ; 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Ist ein Haftbefehl einmal unangefochten außer Vollzug gesetzt worden, so ist jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall der Haftverschonung zur Folge hat, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 StPO möglich (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Insbesondere bei der Auslegung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO, nach dem der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls nur in Betracht kommt, wenn neu hinzugetretene Tatsachen die Verhaftung erforderlich machen, sind strenge Maßstäbe anzusetzen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Der erneute Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls kommt nur in Betracht, wenn - auch zeitlich vor dem Aussetzungsbeschluss entstandene - schwerwiegende Tatsachen nachträglich bekannt werden, die das Gericht, hätte es sie im Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung gekannt, zur Ablehnung der Verschonung veranlasst hätten (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Entscheidend ist, ob durch die neu hinzugetretenen Tatsachen die Vertrauensgrundlage für die Aussetzungsentscheidung entfallen ist (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 50).

    Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Lediglich eine nachträglich andere Beurteilung bei gleichbleibender Sachlage rechtfertigt den Widerruf nicht (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 51).

    f) Die neu hervorgetretenen Umstände müssen sich jeweils auf die Haftgründe beziehen (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ).

    Nicht herangezogen werden dürfen Umstände des Verdachtsgrades, denn der dringende Tatverdacht ist bereits Grundvoraussetzung für den Erlass und die Aufrechterhaltung eines Haftbefehls (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 52).

    Es ist somit ohne Belang, ob sich der dringende Tatverdacht verstärkt hat (BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ) oder nach einer Beweisaufnahme der Tatvorwurf zur Überzeugung des Gerichts feststeht, wenngleich zu sehen ist, dass sich mit der Verurteilung das Gewicht des staatlichen Strafanspruchs grundsätzlich vergrößert (vgl. BVerfGK 5, 109 ; 7, 140 ).

    Das gilt insbesondere dann, wenn neu hervorgetretene Umstände den Fluchtanreiz des Beschuldigten stärken, etwa, weil dieser unerwartet streng verurteilt wurde (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ) oder im Ermittlungsverfahren neue Taten hinzugetreten sind.

    Beziehen sich solche Umstände auf die Straferwartung, rechtfertigen sie die Wiederinvollzugsetzung dann, wenn sie zu einer Straferwartung führen, die von der Prognose des Haftrichters zum Zeitpunkt der Außervollzugsetzung erheblich zum Nachteil des Beschuldigten abweicht und sich nach einer Abwägung und Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass sich die Fluchtgefahr durch die Abweichung ganz wesentlich erhöht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 53).

    Stand dem Beschuldigten aber die Möglichkeit einer für ihn nachteiligen Änderung der Prognose während der Außervollzugsetzung des Haftbefehls stets vor Augen und kam er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nach, setzt sich insoweit der vom Beschuldigten auf der Grundlage des Verschonungsbeschlusses gesetzte Vertrauenstatbestand (vgl. § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO) als Ausprägung der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung durch (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Selbst wenn die Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vorliegen, bleibt infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung nicht mildere Mittel der Verfahrenssicherung in Betracht kommen (vgl. BVerfGK 7, 239 ; 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 54).

    g) Vor dem Hintergrund, dass Inhalt und Reichweite freiheitsbeschränkender Gesetze so auszulegen und anzuwenden sind, dass sie eine der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit angemessene Wirkung entfalten (vgl. BVerfGE 65, 317 ; 96, 68 ; 105, 239 ), fordert die Anwendung des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

    Vorausgesetzt werden nachvollziehbare Feststellungen dazu, von welcher Straferwartung der Beschuldigte im Zeitpunkt der Außervollzugsetzung des Haftbefehls ausging; bloße Mutmaßungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 55).

    bb) Zudem hat das Oberlandesgericht einseitig auf die Höhe der Straferwartung abgestellt und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer durch das Befolgen der ihm erteilten Auflagen einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat und hierin grundsätzlich schutzwürdig ist, zu Unrecht nicht die ihm von Verfassungs wegen gebührende Bedeutung beigemessen (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Dezember 2020 - 2 BvR 1787/20 -, Rn. 54).

    Die von ihm geschaffene und von den Gerichten in die Abwägung einzustellende Vertrauenslage betrifft allein den Umstand, dass er sich dem Verfahren zur Verfügung hält (vgl. BVerfGK 12, 45 ; 19, 439 ).

  • OLG Hamm, 30.01.2024 - 2 Ws 12/24

    Untersuchungshaft, Außervollzugsetzung, Invollzugsetzung, Verurteilung, lange

    Das in § 116 Abs. 4 StPO zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben, gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-) Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.06.2012, 2 BvR 720/12, - juris, und BVerfG, Beschluss vom 11.07.2012 - 2 BvR 1092/12 - BeckRS 2012, 55231).

    Dagegen kann eine lediglich andere Beurteilung des unverändert gebliebenen Sachverhalts einen Widerruf nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.06.2012, 2 BvR 720/12, - juris und BVerfG, Beschluss vom 11.07.2012 - 2 BvR 1092/12 - BeckRS 2012, 55231).

    Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfG, Beschluss v. 17.12.2020, Az. 2 BvR 1787/20, BeckRS 2020, 37348; BVerfG, Beschluss vom 11.06.2012, 2 BvR 720/12, - juris, BVerfG, Beschluss vom 11.07.2012 - 2 BvR 1092/12 - BeckRS 2012, 55231, BVerfG, Beschluss vom 15.08.2007, 2 BvR 1485/07, - juris; Meyer-Goßner/Schmitt, 66. Aufl., 2023, § 116 Rn. 28).

  • KG, 29.10.2021 - 2 Ws 114/21

    Erneute Invollzugsetzung eines Haftbefehls bei neu hervorgetretenen Umständen

    Das maßgebliche Kriterium für den Widerruf besteht mit anderen Worten in einem Wegfall der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12 -, juris Rdn. 43, vom 11. Juni 2012 - 2 BvR 720/12 -, juris Rdn. 48 und vom 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -, juris Rdn. 18).

    Ob dies der Fall ist, ist durch Abwägung und Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12 -, juris Rdn. 45, vom 11. Juni 2012 - 2 BvR 720/12 -, juris Rdn. 50 und vom 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -, juris Rdn. 20).

    Selbst der Umstand, dass der um ein günstiges Ergebnis bemühte Angeklagte infolge des Schlussantrags der Staatsanwaltschaft oder gar durch das Urteil selbst die Vergeblichkeit seiner Hoffnungen erkennen muss, kann einen Widerruf der Haftverschonung nicht rechtfertigen, sofern ihm - wie hier - die Möglichkeit eines für ihn ungünstigen Ausgangs stets vor Augen stand und er gleichwohl allen Auflagen beanstandungsfrei nachkam (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12 -, juris Rdn. 46, vom 11. Juni 2012 - 2 BvR 720/12 -, juris Rdn. 51 und vom 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -, juris Rdn. 23).

    War dagegen schon zu diesem Zeitpunkt mit der später ausgesprochenen - auch höheren - Strafe zu rechnen und hat der Angeklagte die ihm erteilten Auflagen gleichwohl korrekt befolgt, liegt kein Fall des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO vor (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12 -, juris Rdn. 47, vom 11. Juni 2012 - 2 BvR 720/12 -, juris Rdn. 53 und vom 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -, juris Rdn. 22).

  • OLG Koblenz, 19.08.2013 - 2 Ws 510/13

    Untersuchungshaft: Voraussetzungen für die Aufhebung eines

    Das setzt jedoch voraus, dass von der Prognose des Haftrichters bezüglich der Straferwartung der Rechtsfolgenausspruch des Tatrichters oder die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe erheblich zum Nachteil des Angeklagten abweicht und sich die Fluchtgefahr dadurch ganz wesentlich erhöht (BVerfG 2. Senat 3. Kammer, Beschluss vom 11.07.2012 - 2 BvR 1092/12, NStZ-RR 2013, 16; Beschluss vom 11.06.2012 - 2 BvR 720/12, StV 2013, 94; Beschluss vom 15.08.2007 - 2 BvR 1485/07, StV 2008, 25; BGH NStZ 2006, 297; OLG Koblenz, 2. Strafsenat, Beschluss vom 09.02.2004 - 2 Ws 72/04; OLG Koblenz, 1. Strafsenat, Beschluss vom 21.08.2008 - 1 Ws 421/08, alle m.w.N.).
  • OLG Düsseldorf, 06.12.2013 - 2 Ws 584/13

    Kein Widerruf der Haftverschonung wegen der Verhängung einer hohen

    Eine solche wäre unzureichend (vgl. BVerfGK 19, 439 ff. Rn. 51).
Haben Sie eine Ergänzung? Oder haben Sie einen Fehler gefunden? Schreiben Sie uns.
Sie können auswählen (Maus oder Pfeiltasten):
(Liste aufgrund Ihrer bisherigen Eingabe)
Komplette Übersicht