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   BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15   

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https://dejure.org/2017,29232
BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15 (https://dejure.org/2017,29232)
BVerfG, Entscheidung vom 18.07.2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15 (https://dejure.org/2017,29232)
BVerfG, Entscheidung vom 18. Juli 2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15 (https://dejure.org/2017,29232)
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Volltextveröffentlichungen (11)

  • lexetius.com
  • Bundesverfassungsgericht

    Verfahren zum Anleihenkaufprogramm der EZB ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 23 Abs 1 S 2 GG, Art 23 Abs 1 S 3 GG, Art 38 Abs 1 S 1 GG, Art 79 Abs 2 GG, Art 79 Abs 3 GG
    Vorlagebeschluss: Vereinbarkeit des EZB-Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme - PSPP; siehe EUBes 2015/10) mit Unionsrecht - Reichweite des Mandats der EZB evtl überschritten - Beeinträchtigung der ...

  • Wolters Kluwer

    Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (Public Sector Assets Purchase Programme - PSPP); Verpflichtung der Bundesregierung und des Bundestags zur dauerhaften Beobachtung der Durchführung ...

  • Wolters Kluwer

    Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (Public Sector Assets Purchase Programme - PSPP); Verpflichtung der Bundesregierung und des Bundestags zur dauerhaften Beobachtung der Durchführung ...

  • Wolters Kluwer

    Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (Public Sector Assets Purchase Programme - PSPP); Verpflichtung der Bundesregierung und des Bundestags zur dauerhaften Beobachtung der Durchführung ...

  • Wolters Kluwer

    Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (Public Sector Assets Purchase Programme - PSPP); Verpflichtung der Bundesregierung und des Bundestags zur dauerhaften Beobachtung der Durchführung ...

  • rewis.io

    Vorlagebeschluss: Vereinbarkeit des EZB-Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme - PSPP; siehe EUBes 2015/10) mit Unionsrecht - Reichweite des Mandats der EZB evtl überschritten - Beeinträchtigung der ...

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
  • datenbank.nwb.de

    Vorlagebeschluss: Vereinbarkeit des EZB-Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme - PSPP; siehe EUBes 2015/10) mit Unionsrecht - Reichweite des Mandats der EZB evtl überschritten - Beeinträchtigung der ...

  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse (15)

  • Bundesverfassungsgericht (Pressemitteilung)

    Verfahren zum Anleihenkaufprogramm der EZB ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt

  • faz.net (Pressebericht, 15.08.2017)

    Europäischer Gerichtshof soll EZB-Anleihenkäufe überprüfen

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Die Europäische Zentralbank - und ihr Anleihenkaufprogramm

Besprechungen u.ä. (3)

  • verfassungsblog.de (Entscheidungsanmerkung)

    Das Bundesverfassungsgericht und die "Direktionskraft" der Normen?

  • lto.de (Entscheidungsbesprechung)

    BVerfG ruft den EuGH an: Überschreitet die EZB ihre Befugnisse?

  • archive.org (Pressekommentar, 15.08.2017)

    Auch die EZB muss sich an Spielregeln halten

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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 146, 216
  • NJW 2017, 2894
  • NVwZ 2017, 1525
  • WM 2017, 1694
  • DVBl 2017, 1231
  • NZG 2017, 1069
 
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Wird zitiert von ... (25)Neu Zitiert selbst (23)

  • BVerfG, 21.06.2016 - 2 BvR 2728/13

    Verfassungsbeschwerden und Organstreitverfahren gegen das OMT-Programm der

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ) ist allerdings strikt auf den in der Würde des Menschen wurzelnden Kern des Demokratieprinzips begrenzt (Art. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG).

    Er dient nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Sein Gewährleistungsbereich beschränkt sich auf Strukturveränderungen im staatsorganisationsrechtlichen Gefüge, wie sie etwa bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union oder andere supranationale Einrichtungen eintreten können (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 142, 123 ).

    Der Bürger kann deshalb verlangen, dass Bundestag und Bundesregierung sich aktiv mit der Frage auseinandersetzen, wie die Kompetenzordnung wiederhergestellt werden kann, und eine positive Entscheidung darüber herbeiführen, welche Wege dafür beschritten werden sollen (vgl. BVerfGE 142, 123 ; früher schon BVerfGE 134, 366 ).

    Das dient zugleich der Gewährleistung des Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 142, 123 ).

    Davon ist auszugehen, wenn die Inanspruchnahme der Kompetenz durch das Organ, die Einrichtung oder sonstige Stelle der Europäischen Union eine Vertragsänderung nach Art. 48 EUV oder die Inanspruchnahme einer Evolutivklausel erforderte (...), für Deutschland also ein Tätigwerden des Gesetzgebers, sei es nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, sei es nach Maßgabe des Integrationsverantwortungsgesetzes (BVerfGE 142, 123 ).

    Als Herren der Verträge entscheiden diese durch nationale Geltungsanordnungen darüber, ob und inwieweit das Unionsrecht im jeweiligen Mitgliedstaat Geltung und Vorrang beanspruchen kann (...) (BVerfGE 142, 123 ).

    Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder an ihrem Zustandekommen noch an ihrer Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Soweit erforderlich, legt es seiner Prüfung dabei die Maßnahme in der Auslegung zugrunde, die ihr in einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV durch den EuGH gegeben wurde (vgl. BVerfGE 140, 317 ; 142, 123 ) und gibt zugleich dem EuGH die Möglichkeit zu prüfen, ob ein Sekundärrechtsakt auf einer ausreichenden unionsrechtlichen Kompetenzgrundlage beruht oder sonst gegen höherrangiges EU-Recht verstößt.

    Die so begründete verfassungsrechtliche Billigung der Unabhängigkeit einer Europäischen Zentralbank ist jedoch auf den Bereich einer vorrangig stabilitätsorientierten Geldpolitik beschränkt und lässt sich auf andere Politikbereiche nicht übertragen (BVerfGE 134, 366 ; vgl. auch BVerfGE 142, 123 ).

    Kompensatorisch gebieten Demokratieprinzip und Volkssouveränität jedoch eine restriktive Auslegung des währungspolitischen Mandates der Europäischen Zentralbank und eine strenge gerichtliche Kontrolle seiner Einhaltung, um das abgesenkte demokratische Legitimationsniveau ihres Handelns zumindest auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken (BVerfGE 142, 123 ).

    Ultravires-Akt a) Ein hinreichend qualifizierter Verstoß setzt voraus, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führt (vgl. BVerfGE 126, 286 ; 142, 123 ).

    Das ist etwa der Fall, wenn sie geeignet ist, die kompetenziellen Grundlagen der Europäischen Union zu verschieben und so das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu unterlaufen (vgl. BVerfGE 142, 123 m.w.N.).

    Davon ist auszugehen, wenn die Inanspruchnahme der Kompetenz durch das Organ, die Einrichtung oder sonstige Stelle der Europäischen Union eine Vertragsänderung nach Art. 48 EUV oder die Inanspruchnahme einer Evolutivklausel erforderte (vgl. EuGH, Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, EMRK-Beitritt, Slg. 1996, I-1759, Rn. 30), so dass in Deutschland der Gesetzgeber tätig werden müsste (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    a) Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung von Ultravires-Akten mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Insoweit sind geeignete Möglichkeiten zu ergreifen, um die Wahrung des Integrationsprogramms sicherzustellen (vgl. BVerfGE 123, 267 <353, 364 f., 389 f., 391 f., 413 f., 419 f.>; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Der Deutsche Bundestag kann sich insbesondere seines Frage-, Debatten- und Entschließungsrechts bedienen, das ihm zur Kontrolle des Handelns der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union zusteht (vgl. Art. 23 Abs. 2 GG, BVerfGE 131, 152 ), sowie - je nach Angelegenheit - auch der Subsidiaritätsklage (Art. 23 Abs. 1a GG i.V.m. Art. 12 Buchstabe b EUV und Art. 8 Subsidiaritätsprotokoll), des Enquêterechts (Art. 44 GG) oder des Misstrauensvotums (Art. 67 GG; vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    Ein insoweit geeignetes Mittel kann etwa die gegenüber der Bundesregierung bestehende Beratungs- und Auskunftspflicht der Deutschen Bundesbank (§ 13 Abs. 1 BBankG) sein (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    c) Der objektivrechtlich begründeten Reaktionspflicht von Bundesregierung und Bundestag, sich als Ausfluss der ihnen obliegenden Integrationsverantwortung aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen, wie im Falle eines Ultravires-Handelns von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union die Kompetenzordnung wiederhergestellt werden kann, entspricht insoweit auch ein in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankertes subjektives Recht des Bürgers (vgl. BVerfGE 142, 123 ), das er mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen kann.

    Der Senat geht davon aus, dass der EuGH die von ihm herausgestellten, den Grundsatzbeschluss über das OMT-Programm vom 6. September 2012 in seiner Reichweite einschränkenden Konditionen als rechtsverbindliche Kriterien ansieht, deren Missachtung auch in Bezug auf andere Programme, die den Ankauf von Staatsanleihen zum Gegenstand haben, einen Kompetenzverstoß - aus Sicht des EuGH einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 EUV - darstellte (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    Hieran anknüpfend hat der Senat in seinem OMT-Urteil vom 21. Juni 2016 festgestellt, dass das in Art. 123 Abs. 1 AEUV enthaltene Umgehungsverbot dann nicht verletzt werde, wenn unter anderem erworbene Schuldtitel nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten würden (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    Dieses ist auf den Bereich einer vorrangig stabilitätsorientierten Geldpolitik beschränkt und lässt sich nicht auf andere Politikbereiche übertragen (vgl. dazu für die deutsche Verfassung Art. 88 Satz 2 GG; BVerfGE 89, 155 ; 97, 350 ; 142, 123 ).

    Es bedarf vielmehr einer wertenden Gesamtbetrachtung, die auch gegen die erklärte Zielsetzung sprechende Gesichtspunkte einbezieht (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    Eine Regelung für den Ausgleich darüber hinausgehender Verluste besteht hingegen nicht (vgl. BVerfGE 142, 123 ).

    Das kann im Übrigen auch unionsrechtlich geboten sein (vgl. EZB, Konvergenzbericht 2014, S. 28 f.; BVerfGE 142, 123 ).

    Eine unbegrenzte Risikoteilung innerhalb des Eurosystems und daraus resultierende Risiken für die Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken würden eine Verletzung der Verfassungsidentität im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG bedeuten, wenn sie eine Rekapitalisierung der nationalen Zentralbanken mit Haushaltsmitteln in einem Umfang erforderlich machen können, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung zu EFSF und ESM an die Zustimmung des Deutschen Bundestages gebunden hat (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Das kann negative Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken haben und diese verpflichten, ihre Rückstellungen entsprechend zu erhöhen (vgl. Langner, in: Siekmann (Hrsg.), EWU, 2013, Art. 32 ESZB-Satzung Rn. 41; BVerfGE 142, 123 ).

  • BVerfG, 14.01.2014 - 2 BvR 2728/13

    Hauptsacheverfahren ESM/EZB: Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Er dient nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Es ist vielmehr verpflichtet, selbst und in einem förmlichen Verfahren über die Übertragung von Kompetenzen im Rahmen der europäischen Integration zu entscheiden, damit das verfassungsrechtlich gebotene Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nicht unterlaufen werden kann (BVerfGE 134, 366 ).

    Dabei sind sie grundsätzlich verpflichtet, sich im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen mit rechtlichen oder politischen Mitteln für die Aufhebung von Maßnahmen einzusetzen, die vom Integrationsprogramm nicht gedeckt sind, sowie - solange die Maßnahmen fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die innerstaatlichen Auswirkungen der Maßnahmen so weit wie möglich begrenzt bleiben (vgl. BVerfGE 134, 366 ).

    Der Bürger kann deshalb verlangen, dass Bundestag und Bundesregierung sich aktiv mit der Frage auseinandersetzen, wie die Kompetenzordnung wiederhergestellt werden kann, und eine positive Entscheidung darüber herbeiführen, welche Wege dafür beschritten werden sollen (vgl. BVerfGE 142, 123 ; früher schon BVerfGE 134, 366 ).

    bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze bei der Übertragung von Hoheitsrechten durch den deutschen Gesetzgeber oder durch eine Maßnahme von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder an ihrem Zustandekommen noch an ihrer Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Die Pflicht zur vorherigen Vorlage gilt nicht nur im Rahmen der Ultravires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 134, 366 ; 140, 317 ).

    Die so begründete verfassungsrechtliche Billigung der Unabhängigkeit einer Europäischen Zentralbank ist jedoch auf den Bereich einer vorrangig stabilitätsorientierten Geldpolitik beschränkt und lässt sich auf andere Politikbereiche nicht übertragen (BVerfGE 134, 366 ; vgl. auch BVerfGE 142, 123 ).

    Das sichert nicht zuletzt die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages ab (näher vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    a) Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung von Ultravires-Akten mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Sie können Kompetenzüberschreitungen gegebenenfalls zwar nachträglich legitimieren, indem sie eine - die Grenzen von Art. 79 Abs. 3 GG wahrende - Änderung des Primärrechts anstoßen (vgl. BVerfGE 134, 366 ) und die ultra vires in Anspruch genommenen Hoheitsrechte im Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GG förmlich übertragen.

    Soweit dies jedoch nicht möglich oder nicht gewollt ist, sind sie verpflichtet, im Rahmen ihrer Kompetenzen mit rechtlichen oder politischen Mitteln auf die Aufhebung der vom Integrationsprogramm nicht gedeckten Maßnahmen hinzuwirken sowie - solange die Maßnahmen fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die innerstaatlichen Auswirkungen der Maßnahmen so weit wie möglich begrenzt bleiben (vgl. BVerfGE 134, 366 ).

    Insoweit sind geeignete Möglichkeiten zu ergreifen, um die Wahrung des Integrationsprogramms sicherzustellen (vgl. BVerfGE 123, 267 <353, 364 f., 389 f., 391 f., 413 f., 419 f.>; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Eine Verletzung der Verfassungsidentität des Grundgesetzes käme aber in Betracht, wenn durch den PSPP-Beschluss ein Mechanismus begründet würde, der auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen Dritter mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen hinausliefe (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ), so dass aufgrund dieses Mechanismus der Deutsche Bundestag nicht "Herr seiner Beschlüsse" bliebe und sein Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben könnte (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Eine unbegrenzte Risikoteilung innerhalb des Eurosystems und daraus resultierende Risiken für die Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken würden eine Verletzung der Verfassungsidentität im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG bedeuten, wenn sie eine Rekapitalisierung der nationalen Zentralbanken mit Haushaltsmitteln in einem Umfang erforderlich machen können, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung zu EFSF und ESM an die Zustimmung des Deutschen Bundestages gebunden hat (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

  • EuGH, 16.06.2015 - C-62/14

    Das von der EZB im September 2012 angekündigte OMT-Programm ist mit dem

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Die vom EuGH aufgestellten Kriterien, unter denen ein Anleihekauf auf dem Sekundärmarkt keine Umgehung des Verbots des unmittelbaren Erwerbs darstelle (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400), seien nicht erfüllt.

    Der Verstoß wäre offensichtlich, weil im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein ausdrückliches Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung normiert ist und der Vertrag Kompetenzen der EZB insoweit zweifelsfrei ausschließt (vgl. Art. 123 Abs. 1 AEUV; EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 93 ff.; Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 123 ff.).

    a) Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung Art. 123 Abs. 1 AEUV verbietet es der EZB und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten zu gewähren oder unmittelbar von ihnen Schuldtitel zu erwerben (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 94).

    bb) Mangelnde Nachprüfbarkeit der Einhaltung bestimmter Mindestfristen Zu den Garantien, die verhindern sollen, dass der Ankauf von Staatsanleihen gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung nach Art. 123 Abs. 1 AEUV verstößt, gehört auch die Einhaltung von Mindestfristen zwischen der Ausgabe eines Schuldtitels auf dem Primärmarkt und seinem Ankauf auf dem Sekundärmarkt (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 106 f.).

    cc) Halten von Anleihen bis zur Endfälligkeit In seinem Urteil vom 16. Juni 2015 (Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 117) ist der EuGH davon ausgegangen, dass die Auswirkungen eines Anleihekaufprogramms auf den Anreiz zur Verfolgung einer gesunden Haushaltspolitik durch die Möglichkeit beschränkt würden, die erworbenen Anleihen jederzeit wieder zu verkaufen.

    Vor diesem Hintergrund stellt sich - die Übertragbarkeit der Aussagen im Urteil vom 16. Juni 2015 (Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400) angenommen - zum einen die Frage, ob die EZB berechtigt ist, die Laufzeit eines Programms beliebig in die Länge zu ziehen und die Verpflichtung aus Art. 18 Abs. 1 ESZB-Satzung für diese Dauer faktisch zu suspendieren.

    Demgegenüber kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass jedem Anleihekauf auf dem Sekundärmarkt ein Verlustrisiko innewohnt, da die hierauf bezogenen Erwägungen des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 126) kursbedingte Verlustrisiken betreffen, während vorliegend aufgrund der Negativverzinsung Verlusteintritte und entsprechende Entlastungseffekte für die Haushalte der Emittenten von vorneherein feststehen.

    Vielmehr kommt in Fällen, in denen ein Unionsorgan über ein weites Ermessen verfügt, der Kontrolle der Einhaltung bestimmter verfahrensrechtlicher Garantien wesentliche Bedeutung zu (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 69).

    In der Rechtssache Gauweiler hat der EuGH seine diesbezügliche Rechtsauffassung wiederholt, aber darauf hingewiesen, dass ein Programm, das in gewissem Maße wirtschaftspolitische Ziele begünstigen könne, nicht bereits deswegen als wirtschaftspolitische Maßnahme einzustufen sei, da sich aus Art. 119 Abs. 2, Art. 127 Abs. 1 und Art. 282 Abs. 2 AEUV ergebe, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützen dürfe (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 58 f.).

    In der Rechtssache Gauweiler hat der EuGH betont, dass gemäß Art. 119 Abs. 2 AEUV und Art. 127 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 4 EUV ein zur Währungspolitik gehörendes Programm für den Ankauf von Anleihen nur in gültiger Weise beschlossen und durchgeführt werden könne, wenn die von ihm umfassten Maßnahmen in Anbetracht der Ziele dieser Politik verhältnismäßig seien (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 66).

    Vergleichbares gilt, soweit im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise auf sekundärrechtlicher Ebene (vgl. Art. 11 Abs. 3 VO [EU] Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung [EG] Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, ABl EU Nr. L 306 vom 23. November 2011, S. 12 ; Art. 13 Abs. 3 VO [EU] Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, ABl EU Nr. L 306 vom 23. November 2011, S. 25 ; Art. 10a Abs. 3 VO [EU] Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung [EG] Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, ABl EU Nr. L 306 vom 23. November 2011, S. 33 ) sowie außerhalb des Unionsrechts (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 SKS-Vertrag) Möglichkeiten geschaffen worden sind, einen Vertreter der EZB an Überwachungsmissionen der sogenannten Troika zu beteiligen (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 14. Januar 2015 in der Rs. C-62/14, Gauweiler, EU:C:2015:400, Rn. 150, wo empfohlen wird, dass sich die EZB bei Aktivierung des OMT-Programms von jeder unmittelbaren Beteiligung an der Durchführung des für den betroffenen Staat geltenden Finanzhilfeprogramms loslöst).

    Das ESZB ist lediglich befugt, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union zu unterstützen, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität möglich ist (Art. 119 Abs. 2, Art. 127 Abs. 1 Satz 2, Art. 282 Abs. 2 Satz 3 AEUV; vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 59).

    Auch die Gewährleistung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus gehört zur Geldpolitik (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 47 ff.).

    Zwar wirkt die Geldpolitik regelmäßig auf Zinssätze und Refinanzierungsbedingungen der Banken ein, was immer auch Konsequenzen für die Finanzierungsbedingungen der Haushalte der Mitgliedstaaten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 110); auch sieht Art. 18 ESZB-Satzung den Ankauf von Staatsanleihen als zulässiges Mittel der Geldpolitik ausdrücklich vor (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 54).

    Offenmarktgeschäften wohnt stets ein Verlustrisiko inne (vgl. EuGH, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 125).

  • BVerfG, 30.06.2009 - 2 BvE 2/08

    Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon mit Grundgesetz vereinbar;

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ) ist allerdings strikt auf den in der Würde des Menschen wurzelnden Kern des Demokratieprinzips begrenzt (Art. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG).

    b) Die Mitgliedstaaten und ihre Verfassungsorgane tragen - neben den Organen der Europäischen Union - Verantwortung für die Einhaltung des Integrationsprogramms (Integrationsverantwortung, vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 195 ).

    aa) Der Wahrung der Integrationsverantwortung dient unter anderem der besondere Gesetzesvorbehalt des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach Hoheitsrechte nur durch Gesetz und mit Zustimmung des Bundesrates übertragen werden können (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

    Es untersagt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 132, 195 ).

    bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze bei der Übertragung von Hoheitsrechten durch den deutschen Gesetzgeber oder durch eine Maßnahme von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Soweit hier von Bedeutung, kann sich eine Identitätskontrolle insbesondere auf die Wahrung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages beziehen (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ).

    Es bedeutet keinen Widerspruch zur Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Präambel, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn das Bundesverfassungsgericht unter eng begrenzten Voraussetzungen Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union für in Deutschland ausnahmsweise nicht anwendbar erklärt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 102, 147 ; 123, 267 ; 140, 317 ).

    Die Pflicht zur vorherigen Vorlage gilt nicht nur im Rahmen der Ultravires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 134, 366 ; 140, 317 ).

    Insoweit sind geeignete Möglichkeiten zu ergreifen, um die Wahrung des Integrationsprogramms sicherzustellen (vgl. BVerfGE 123, 267 <353, 364 f., 389 f., 391 f., 413 f., 419 f.>; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Die Akzeptanz der von den zuständigen EU-Organen oder -Einrichtungen angegebenen Zielsetzungen, verbunden mit der Anerkennung weiter Beurteilungsspielräume dieser Stellen und einer Zurücknahme der gerichtlichen Kontrolldichte erscheint geeignet, den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union eine eigenständige Disposition über die Reichweite der ihnen von den Mitgliedstaaten zur Ausübung überlassenen Kompetenzen zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 123, 267 ).

  • BVerfG, 07.09.2011 - 2 BvR 987/10

    EFS - Verfassungsbeschwerden gegen Maßnahmen zur Griechenland-Hilfe und zum

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ) ist allerdings strikt auf den in der Würde des Menschen wurzelnden Kern des Demokratieprinzips begrenzt (Art. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG).

    Er dient nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Als grundrechtsgleiches Recht auf Mitwirkung an der demokratischen Selbstherrschaft des Volkes verleiht Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG daher grundsätzlich keine Beschwerdebefugnis gegen Parlamentsbeschlüsse, insbesondere Gesetzesbeschlüsse (vgl. BVerfGE 129, 124 ).

    Sein Gewährleistungsbereich beschränkt sich auf Strukturveränderungen im staatsorganisationsrechtlichen Gefüge, wie sie etwa bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union oder andere supranationale Einrichtungen eintreten können (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 142, 123 ).

    b) Die Mitgliedstaaten und ihre Verfassungsorgane tragen - neben den Organen der Europäischen Union - Verantwortung für die Einhaltung des Integrationsprogramms (Integrationsverantwortung, vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 195 ).

    Soweit hier von Bedeutung, kann sich eine Identitätskontrolle insbesondere auf die Wahrung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages beziehen (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ).

    Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden (BVerfGE 132, 195 ; vgl. auch BVerfGE 129, 124 ).

    Das sichert nicht zuletzt die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages ab (näher vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Eine Verletzung der Verfassungsidentität des Grundgesetzes käme aber in Betracht, wenn durch den PSPP-Beschluss ein Mechanismus begründet würde, der auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen Dritter mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen hinausliefe (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ), so dass aufgrund dieses Mechanismus der Deutsche Bundestag nicht "Herr seiner Beschlüsse" bliebe und sein Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben könnte (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Eine unbegrenzte Risikoteilung innerhalb des Eurosystems und daraus resultierende Risiken für die Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken würden eine Verletzung der Verfassungsidentität im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG bedeuten, wenn sie eine Rekapitalisierung der nationalen Zentralbanken mit Haushaltsmitteln in einem Umfang erforderlich machen können, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung zu EFSF und ESM an die Zustimmung des Deutschen Bundestages gebunden hat (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

  • BVerfG, 12.09.2012 - 2 BvR 1390/12

    Europäischer Stabilitätsmechanismus

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Das Bundesverfassungsgericht habe bereits festgestellt, dass die Hinterlegung von Staatsanleihen durch den ESM bei der EZB als Sicherheit für Kredite gegen das Verbot des unmittelbaren Erwerbs von Staatsanleihen verstoße (unter Verweis auf BVerfGE 132, 195 ).

    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ) ist allerdings strikt auf den in der Würde des Menschen wurzelnden Kern des Demokratieprinzips begrenzt (Art. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG).

    b) Die Mitgliedstaaten und ihre Verfassungsorgane tragen - neben den Organen der Europäischen Union - Verantwortung für die Einhaltung des Integrationsprogramms (Integrationsverantwortung, vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 195 ).

    Es untersagt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 132, 195 ).

    Soweit hier von Bedeutung, kann sich eine Identitätskontrolle insbesondere auf die Wahrung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages beziehen (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ).

    Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden (BVerfGE 132, 195 ; vgl. auch BVerfGE 129, 124 ).

    Das sichert nicht zuletzt die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages ab (näher vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Eine Verletzung der Verfassungsidentität des Grundgesetzes käme aber in Betracht, wenn durch den PSPP-Beschluss ein Mechanismus begründet würde, der auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen Dritter mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen hinausliefe (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ), so dass aufgrund dieses Mechanismus der Deutsche Bundestag nicht "Herr seiner Beschlüsse" bliebe und sein Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben könnte (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ).

    Eine unbegrenzte Risikoteilung innerhalb des Eurosystems und daraus resultierende Risiken für die Gewinn- und Verlustrechnung der nationalen Zentralbanken würden eine Verletzung der Verfassungsidentität im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG bedeuten, wenn sie eine Rekapitalisierung der nationalen Zentralbanken mit Haushaltsmitteln in einem Umfang erforderlich machen können, wie sie der Senat in seiner Rechtsprechung zu EFSF und ESM an die Zustimmung des Deutschen Bundestages gebunden hat (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

  • BVerfG, 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92

    Maastricht

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Nach der mit dem Maastricht-Urteil im Jahr 1993 begründeten Rechtsprechung umfasst das Wahlrecht des Einzelnen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG neben der formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt, der insbesondere das Recht der Bürger gewährleistet, an der demokratischen Willensbildung durch die Mitwirkung an den Wahlen des Bundestages teilzunehmen, und zugleich eine Entleerung dieses Rechts verbietet (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ).

    Der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ) ist allerdings strikt auf den in der Würde des Menschen wurzelnden Kern des Demokratieprinzips begrenzt (Art. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG).

    Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder an ihrem Zustandekommen noch an ihrer Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Es bedeutet keinen Widerspruch zur Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Präambel, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn das Bundesverfassungsgericht unter eng begrenzten Voraussetzungen Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union für in Deutschland ausnahmsweise nicht anwendbar erklärt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 102, 147 ; 123, 267 ; 140, 317 ).

    Insofern genügt die Verselbständigung der Währungspolitik in der Hoheitskompetenz der unabhängigen EZB, die sich nicht auf andere Politikbereiche übertragen lässt, den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerfGE 89, 155 ).

    a) Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung von Ultravires-Akten mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Überschreitung des Mandats der EZB Art. 119 und Art. 127 ff. AEUV sowie Art. 17 ff. ESZB-Satzung enthalten grundsätzlich ein auf die Währungspolitik beschränktes Mandat für das ESZB im Allgemeinen und die EZB im Besonderen (vgl. BVerfGE 89, 155 ) (a).

    Dieses ist auf den Bereich einer vorrangig stabilitätsorientierten Geldpolitik beschränkt und lässt sich nicht auf andere Politikbereiche übertragen (vgl. dazu für die deutsche Verfassung Art. 88 Satz 2 GG; BVerfGE 89, 155 ; 97, 350 ; 142, 123 ).

  • BVerfG, 06.07.2010 - 2 BvR 2661/06

    Ultra-vires-Kontrolle Mangold

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    b) Die Mitgliedstaaten und ihre Verfassungsorgane tragen - neben den Organen der Europäischen Union - Verantwortung für die Einhaltung des Integrationsprogramms (Integrationsverantwortung, vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 124 ; 132, 195 ).

    Die Voraussetzungen für eine Ultravires-Kontrolle wurden in der Honeywell-Entscheidung aus 2010 (BVerfGE 126, 286 ) und im OMT-Urteil vom 21. Juni 2016 näher konturiert.

    bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze bei der Übertragung von Hoheitsrechten durch den deutschen Gesetzgeber oder durch eine Maßnahme von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 129, 78 ; 134, 366 ).

    Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder an ihrem Zustandekommen noch an ihrer Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

    Eine substantielle Gefahr für die einheitliche Anwendung des Unionsrechts ergibt sich daraus nicht, zumal die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Kontrollbefugnisse zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben sind (vgl. BVerfGE 126, 286 ; 140, 317 ).

    Ultravires-Akt a) Ein hinreichend qualifizierter Verstoß setzt voraus, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führt (vgl. BVerfGE 126, 286 ; 142, 123 ).

    Eine strukturell bedeutsame Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen (vgl. BVerfGE 126, 286 ) liegt nur vor, wenn die Kompetenzüberschreitung ein für das Demokratieprinzip und die Volkssouveränität erhebliches Gewicht besitzt.

    a) Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung von Ultravires-Akten mitwirken (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ).

  • EuGH, 27.11.2012 - C-370/12

    Pringle - Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    Der Verstoß wäre offensichtlich, weil im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein ausdrückliches Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung normiert ist und der Vertrag Kompetenzen der EZB insoweit zweifelsfrei ausschließt (vgl. Art. 123 Abs. 1 AEUV; EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler, C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 93 ff.; Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 123 ff.).

    Zwar definieren die Verträge weder den Begriff der Währungspolitik noch den Begriff der Geldpolitik (vgl. Art. 119 Abs. 2 AEUV; EuGH, Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 48, 53).

    Eine solche Maßnahme könne nicht allein deshalb einer währungspolitischen Maßnahme gleichgestellt werden, weil sie mittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Euro haben könne (vgl. EuGH, Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 56, 97).

    Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Maßnahmen der Währungspolitik etwa die Festsetzung der Leitzinssätze für das Euro-Währungsgebiet und die Ausgabe von Euro-Münzen oder -Banknoten (vgl. EuGH, Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 95 f.).

    Die Rolle der Union ist insoweit gemäß Art. 2 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 1 AEUV auf den Erlass von Koordinierungsmaßnahmen beschränkt (vgl. EuGH, Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756, Rn. 64).

  • BVerfG, 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14

    Gewährleistung einzelfallbezogenen Grundrechtsschutzes im Rahmen der

    Auszug aus BVerfG, 18.07.2017 - 2 BvR 859/15
    (...) Die Identitätskontrolle verstößt, wie der Senat in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2015 im Einzelnen dargelegt hat (BVerfGE 140, 317 ), nicht gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 4 Abs. 3 EUV.

    Es bedeutet keinen Widerspruch zur Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Präambel, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn das Bundesverfassungsgericht unter eng begrenzten Voraussetzungen Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union für in Deutschland ausnahmsweise nicht anwendbar erklärt (vgl. BVerfGE 37, 271 ; 73, 339 ; 75, 223 ; 89, 155 ; 102, 147 ; 123, 267 ; 140, 317 ).

    Eine substantielle Gefahr für die einheitliche Anwendung des Unionsrechts ergibt sich daraus nicht, zumal die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Kontrollbefugnisse zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben sind (vgl. BVerfGE 126, 286 ; 140, 317 ).

    Soweit erforderlich, legt es seiner Prüfung dabei die Maßnahme in der Auslegung zugrunde, die ihr in einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV durch den EuGH gegeben wurde (vgl. BVerfGE 140, 317 ; 142, 123 ) und gibt zugleich dem EuGH die Möglichkeit zu prüfen, ob ein Sekundärrechtsakt auf einer ausreichenden unionsrechtlichen Kompetenzgrundlage beruht oder sonst gegen höherrangiges EU-Recht verstößt.

    Die Pflicht zur vorherigen Vorlage gilt nicht nur im Rahmen der Ultravires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 134, 366 ; 140, 317 ).

  • BVerfG, 18.03.2014 - 2 BvR 1390/12

    Verfassungsbeschwerden und Organstreitverfahren gegen Europäischen

  • BVerfG, 31.03.1998 - 2 BvR 1877/97

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Euro-Einführung zum 1. Januar 1999

  • BVerfG, 08.04.1987 - 2 BvR 687/85

    Kloppenburg-Beschluß

  • BVerfG, 22.10.1986 - 2 BvR 197/83

    Solange II

  • EuGH, 12.06.2014 - C-156/13

    Die vom Land Schleswig-Holstein vorübergehend verfolgte liberalere

  • EuGH, 14.10.2004 - C-36/02

    das gemeinschaftsrecht steht dem in deutschland ausgesprochenen verbot der

  • BVerfG, 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09

    Anwendungserweiterung

  • EuGH, 10.07.2003 - C-11/00

    DER GERICHTSHOF ERKLÄRT DIE BESCHLÜSSE DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK (EZB) UND DER

  • EuGH, 02.07.1996 - C-473/93

    Kommission / Luxemburg

  • BVerfG, 29.05.1974 - 2 BvL 52/71

    Solange I

  • BVerfG, 19.06.2012 - 2 BvE 4/11

    Anträge im Organstreit "ESM/Euro-Plus-Pakt" erfolgreich

  • EuGH, 28.03.1996 - Gutachten 2/94

    Beitritt der Gemeinschaft zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und

  • BVerfG, 07.06.2000 - 2 BvL 1/97

    Bananenmarktordnung

  • BVerfG, 05.05.2020 - 2 BvR 859/15

    Beschlüsse der EZB zum Staatsanleihekaufprogramm kompetenzwidrig

    Der Senat hat die vorliegenden Verfahren durch Beschluss vom 18. Juli 2017 ausgesetzt und dem Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 1 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (BVerfGE 146, 216 ):.

    Mit der Beschränkung ihrer Anträge auf das PSPP haben die Beschwerdeführer zu I. bis III. auf den Vorlagebeschluss des Senats nach Art. 267 AEUV vom 18. Juli 2017 reagiert (vgl. BVerfGE 146, 216), der allein dieses Unterprogramm zum Gegenstand hatte.

    99 1. Das dem Einzelnen in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Wahlrecht zum Deutschen Bundestag erschöpft sich nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in einer formalen Legitimation der (Bundes-)Staatsgewalt, sondern umfasst auch dessen grundlegenden demokratischen Gehalt (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 97, 350 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 115; vgl. auch BVerfGE 135, 317 ).

    Es untersagt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; vgl. auch BVerfGE 58, 1 ; 104, 151 ; 132, 195 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Insbesondere das Budgetrecht des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ) und seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung sind als unverfügbarer Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG geschützt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Mit Blick auf das Demokratieprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG ist unter anderem sicherzustellen, dass dem Deutschen Bundestag eigene Aufgaben und Befugnisse von substantiellem politischem Gewicht verbleiben (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 142, 123 ) und dass er in der Lage bleibt, seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 131, 152 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; vgl. auch BVerfGE 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 123).

    Er hat deshalb noch einmal zu erwägen gegeben, dass von mittelbaren Auswirkungen nur dann gesprochen werden könne, wenn diese lediglich eine durch weitere Zwischenschritte verbundene, nicht sicher vorhersehbare Konsequenz der angegriffenen Maßnahme seien, nicht jedoch, wenn die wirtschaftspolitischen Effekte einer Maßnahme intendiert oder zumindest bewusst in Kauf genommen würden und ihnen ein mit der währungspolitischen Zielsetzung jedenfalls vergleichbares Gewicht zukomme (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Wenn sich der Ankauf von Staatsanleihen durch das ESZB in der Sache als Gewährung von Finanzhilfen darstelle, handele es sich um eine der Europäischen Union untersagte Maßnahme der Wirtschaftspolitik (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Indem der Gerichtshof für die Abgrenzung zwischen Wirtschafts- und Währungspolitik die von der EZB angegebene Zielsetzung unbesehen und ohne Rücksicht auf die vorhersehbaren und/oder - unter Umständen sogar vorrangig - intendierten, jedenfalls aber in Kauf genommenen wirtschafts- und fiskalpolitischen Konsequenzen des Programms hinnimmt, ermöglicht er dem ESZB eine eigenständige Disposition über die Reichweite der ihm von den Mitgliedstaaten zur Ausübung überlassenen Kompetenzen (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Demgemäß bleibt unerörtert, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone die Emission niedrig verzinster Staatsanleihen gezielt als Mittel zur Verbesserung ihrer Refinanzierungsbedingungen einsetzen konnten und können, dass einzelne Mitgliedstaaten mehr von dem Programm profitieren als andere, dass ihm jüngere ökonomische Studien eine geldpolitische Wirkung absprechen (vgl. Heinemann, Die Bedeutung der EZB-Anleihekäufe für die Schuldenfinanzierung der Euro-Staaten, Oktober 2017, S. 7 f.; Bundesverband öffentlicher Banken Deutschlands, 3 Jahre EZB Wertpapierankäufe, S. 38 ff. ; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2017/2018, Dezember 2017, S. 167; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2018/2019, Dezember 2018, S. 182) und dass die wirtschaftliche Situation der Geschäftsbanken durch das Programm erheblich verbessert und ihre Bonität erhöht wird (vgl. BVerfGE 146, 216 ; vgl. auch Ruffert, JuS 2019, S. 181 ).

    Dies gilt umso mehr, als Art. 119 und Art. 127 ff. AEUV sowie Art. 17 ff. ESZB-Satzung ein auf die Währungspolitik beschränktes Mandat für das ESZB vorsehen und es diesem lediglich gestatten, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union zu unterstützen (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Damit die EZB nicht entgegen dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung in gültiger Weise ein Programm beschließen und durchführen kann, das über den Bereich hinausgeht, der der Währungspolitik durch das Primärrecht zugewiesen wird, muss die Beachtung der Grenzen der Zuständigkeit der EZB in vollem Umfang gerichtlicher Kontrolle unterliegen (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 134, 139, 211).

    157 (2) Im geschilderten Umfang folgt aus dem Urteil zugleich eine strukturell bedeutsame Kompetenzverschiebung zulasten der Mitgliedstaaten (vgl. BVerfGE 126, 286 ; 146, 216 ).

    Sie sind, wie dargelegt (vgl. Rn. 158 ff.), geeignet, die kompetenziellen Grundlagen der Europäischen Union zu verschieben und so das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu unterlaufen (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Der Erlass wirtschaftspolitischer Maßnahmen durch das ESZB erforderte eine Vertragsänderung nach Art. 48 EUV (vgl. EuGH, Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, EMRK-Beitritt, Slg. 1996, I-1759, Rn. 30), sodass der Gesetzgeber tätig werden müsste (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Das Ziel des PSPP, die Inflationsrate auf unter, aber nahe 2 % steigern zu wollen, ist eine grundsätzlich zulässige Konkretisierung der Aufgabe, die Preisstabilität zu sichern, und das eingesetzte Mittel der Anleihekäufe gemäß Art. 18.1 ESZB-Satzung ausdrücklich erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u.a., C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 54; a.a.O., Rn. 69, 146, 153; BVerfGE 146, 216 ).

    181 a) Art. 123 AEUV untersagt dem ESZB eine monetäre Staatsfinanzierung (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u.a., C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 94 f.; a.a.O., Rn. 102 f.; BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; Bandilla, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 123 AEUV Rn. 6, 10 ; Tutsch, in: v. der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 123 AEUV Rn. 1, 12; Häde, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 123 AEUV Rn. 1; Herrmann/Dausinger, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 2017, Bd. 3, Art. 123 AEUV Rn. 1, 7; Kempen, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Rn. 2; Rodi, in: Vedder/Heintschel v. Heinegg, Europäisches Unionsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 123 AEUV Rn. 4; Hattenberger, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 123 AEUV Rn. 1, 3).

    Ziel der Vorschrift ist es, die Mitgliedstaaten zu einer gesunden Haushaltspolitik anzuhalten (vgl. BVerfGE 146, 216 ) und eine übermäßige Verschuldung oder überhöhte Defizite der Mitgliedstaaten zu vermeiden (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u.a., C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 100; a.a.O., Rn. 107).

    123 Abs. 1 AEUV enthält ein Umgehungsverbot, das beim Erwerb von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt durch das Eurosystem zu beachten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u.a., C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 97, 101; BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Anleihekäufe am Sekundärmarkt dürfen nicht die gleiche Wirkung haben wie ein unmittelbarer Erwerb von den Emittenten (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u.a., C-62/14, EU:C:2015:400, Rn. 97; a.a.O., Rn. 106; BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Es verzichtet jedoch darauf, diese einer näheren Prüfung zu unterziehen und setzt sich mit gegenläufigen Indikatoren nicht auseinander (vgl. krit. schon BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ; Mooij, Maastricht Journal of European and Comparative Law 2019, S. 449 ; Dawson/Bobic, Common Market Law Review 2019, S. 1005 ).

    Das ist nicht nur bei einem rechtlich verpflichtenden Erwerb der Fall, der in der Praxis kaum vorkommen dürfte, sondern auch dann, wenn die konkreten Umstände diese weitgehende Gewissheit begründen (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Deshalb hat auch der Senat ausgesprochen, dass eine Veröffentlichung von Einzelheiten zu den einzuhaltenden Sperrfristen nicht geboten ist, wenn dadurch deren Zweck konterkariert würde (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Eine solche ist vielmehr erforderlich, um eine etwaige Umgehung des Verbots monetärer Staatsfinanzierung überprüfen und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewähren zu können (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Durch die nicht weiter erläuterte Übertragung der für Legislativakte geltenden Begründungsanforderungen auf das schlichte Verwaltungshandeln des Eurosystems (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 32) wird aber eine gerichtliche Kontrolle des PSPP am Maßstab von Art. 123 Abs. 1 AEUV faktisch unmöglich (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Hieran anknüpfend hat der Senat festgestellt, dass das in Art. 123 Abs. 1 AEUV enthaltene Umgehungsverbot nicht verletzt ist, wenn - unter anderem - erworbene Schuldtitel nur ausnahmsweise bis zur Endfälligkeit gehalten werden und der nur vorübergehende Erwerb die Regel bleibt (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Die Staatsschulden wären im Eurosystem gebunden und spielten für die Märkte - insbesondere für die Bonitätsbewertung der emittierenden Mitgliedstaaten und damit auch für deren Finanzierungsbedingungen - kaum noch eine Rolle (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Für deutsche Anleihen etwa, deren Anteil bis Ende 2018 rechnerisch 23, 6951 % betrug, ergab sich - ausgehend von einem monatlichen Netto-Ankaufvolumen in Höhe von 60 Milliarden Euro - ein monatliches Ankaufvolumen von 11, 37 Milliarden Euro (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Hinzu kam, dass die zeitweise Verknappung notenbankfähiger Wertpapiere (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 127 f.) aus Deutschland, Finnland, Irland, den Niederlanden und Portugal die Wahrscheinlichkeit des Erwerbs bestimmter ISIN erhöhte, zumal sich die Ankaufobergrenze nicht nach dem auf dem Sekundärmarkt befindlichen Teil einer Emission, sondern nach dem Gesamtvolumen einer Emission richtet (vgl. BVerfGE 146, 216 ; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2017/2018, S. 167 ).

    Dies ist durch Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses (EU) 2016/1041 der EZB mit Blick auf Griechenland geschehen, nachdem der ESM die Auszahlung weiterer Finanzhilfen beschlossen hatte (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Auch wenn mit dem Gerichtshof davon auszugehen ist, dass das Halten von Staatsanleihen bis zur Endfälligkeit durch Art. 18 Abs. 1 ESZB-Satzung nicht ausgeschlossen wird, darf das Regel-Ausnahme-Verhältnis doch nicht in sein Gegenteil verkehrt werden (vgl. BVerfGE 146, 216 ).

    Zum Zeitpunkt der Vorlage stand die Möglichkeit im Raum, dass die EZB frei über die Modalitäten der Risikoverteilung entscheiden könnte, da eine abweichende Risikoteilung in der Vergangenheit, etwa beim Securities Markets Programme (SMP), praktiziert worden war (vgl. BVerfGE 146, 216 unter Hinweis auf Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 2010, S. 175).

    Sie liefe möglicherweise auf eine Rekapitalisierung der Bundesbank hinaus (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ) und stellte in der Sache eine vom Grundgesetz verbotene Haftungsübernahme für Willensentscheidungen Dritter mit schwer kalkulierbaren Folgen dar (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 146, 216 ).

  • BVerfG, 13.02.2020 - 2 BvR 739/17

    Gesetz zum Abkommen über ein Einheitliches Patentgericht nichtig

    Vor diesem Hintergrund haben die Bürgerinnen und Bürger zur Sicherung ihrer demokratischen Einflussmöglichkeiten im Prozess der europäischen Integration grundsätzlich ein Recht darauf, dass eine Übertragung von Hoheitsrechten nur in den vom Grundgesetz dafür vorgesehenen Formen der Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Art. 79 Abs. 2 GG erfolgt (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    b) Soweit auf der Grundlage von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG die Verletzung anderer Staatsstrukturprinzipien wie hier des Rechtsstaatsprinzips gerügt werden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen Zusammenhang zu dem über Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG unmittelbar rügefähigen Demokratieprinzip herstellt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 134, 366 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Entsprechende Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union oder der in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zu dieser stehenden zwischenstaatlichen Einrichtung ergingen notwendig ultra vires und verstießen damit gegen den Grundsatz der Volkssouveränität aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 83, 37 ; 89, 155 ; 93, 37 ; 130, 76 ; 137, 185 ; 139, 194 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 120).

    38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet Bürgerinnen und Bürgern die politische Selbstbestimmung und garantiert ihnen die freie und gleiche Teilhabe an der Legitimation der in Deutschland ausgeübten Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Im Anwendungsbereich von Art. 23 GG schützt es Bürgerinnen und Bürger davor, dass die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und die Einflussnahme auf deren Ausübung durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Deutschen Bundestages auf die Europäische Union so entleert wird, dass das Demokratieprinzip verletzt wird (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    38 Abs. 1 Satz 1 GG vermittelt Bürgerinnen und Bürgern in seinem durch Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Kern nicht nur Schutz vor einer substantiellen Erosion der Gestaltungsmacht des Deutschen Bundestages, sondern auch ein Recht darauf, dass Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union nur die Zuständigkeiten ausüben, die ihnen nach Maßgabe des Art. 23 GG übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Dieses Recht wird verletzt, wenn bei der Übertragung von Hoheitsrechten oder beim Vollzug des Integrationsprogramms die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 133, 277 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ), oder Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union (innerhalb der Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG) Maßnahmen treffen, die vom Integrationsprogramm nicht gedeckt sind (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Der sich damit in der Praxis ergebende Anspruch auf eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle von Gesetzen kann jedoch schon deshalb nicht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitet werden, weil diese Vorschrift - wie der Senat immer wieder ausgeführt hat - allein der Ermöglichung, nicht aber der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse dient (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 118).

    Als Grundrecht auf Mitwirkung an der demokratischen Selbstherrschaft des Volkes verleiht Art. 38 Abs. 1 GG daher grundsätzlich keine Beschwerdebefugnis gegen Parlamentsbeschlüsse, insbesondere Gesetzesbeschlüsse (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 118).

  • BVerfG, 06.11.2019 - 1 BvR 276/17

    Recht auf Vergessen II - BVerfG prüft innerstaatliche Anwendung unionsrechtlich

    Die weiteren Vorbehalte der Ultra-vires-Kontrolle und der Wahrung der Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. -, Rn. 120 ff.) werden durch das vorliegende Verfahren nicht berührt.
  • BVerfG, 30.07.2019 - 2 BvR 1685/14

    Regelungen zur Europäischen Bankenunion bei strikter Auslegung nicht

    a) Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet Bürgerinnen und Bürgern die politische Selbstbestimmung und garantiert ihnen die freie und gleiche Teilhabe an der Legitimation der in Deutschland ausgeübten Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Im Anwendungsbereich von Art. 23 GG schützt es Bürgerinnen und Bürger davor, dass die durch die Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und die Einflussnahme auf deren Ausübung durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Deutschen Bundestages auf die Europäische Union so entleert wird, dass das Demokratieprinzip verletzt wird (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    aa) Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG vermittelt Bürgerinnen und Bürgern in seinem durch Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Kern nicht nur Schutz vor einer substantiellen Erosion der Gestaltungsmacht des Deutschen Bundestages, sondern auch ein Recht darauf, dass Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union nur die Zuständigkeiten ausüben, die ihnen nach Maßgabe des Art. 23 GG übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ).

    Dieses Recht wird verletzt, wenn bei der Übertragung von Hoheitsrechten oder beim Vollzug des Integrationsprogramms die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 133, 277 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ), oder Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union (innerhalb der Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG) Maßnahmen treffen, die vom Integrationsprogramm nicht gedeckt sind (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Es untersagt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; vgl. auch BVerfGE 58, 1 ; 104, 151 ; 132, 195 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Insbesondere das Budgetrecht des Bundestages (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ) und seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung sind als unverfügbarer Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG geschützt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    So hat der Senat namentlich die Unabhängigkeit der EZB für verfassungsrechtlich hinnehmbar gehalten, weil sie der - in der deutschen Rechtsordnung erprobten und auch aus wissenschaftlicher Sicht bewährten - Besonderheit Rechnung trägt, dass eine unabhängige Zentralbank den Geldwert und damit die allgemeine ökonomische Grundlage für die staatliche Haushaltspolitik und für private Planungen und Dispositionen bei der Wahrnehmung wirtschaftlicher Freiheitsrechte eher sichert als Hoheitsorgane, die ihrerseits in ihren Handlungsmöglichkeiten und Handlungsmitteln wesentlich von Geldmenge und Geldwert abhängen und auf die kurzfristige Zustimmung politischer Kräfte angewiesen sind (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; stRspr).

    Schließlich spricht für die enge Auslegung der Umstand, dass jede weitere Übertragung von Aufgaben und Befugnissen auf die EZB angesichts ihrer Unabhängigkeit (Art. 130 AEUV) in einem Spannungsverhältnis zum Grundsatz der repräsentativen Demokratie gemäß Art. 10 Abs. 1 EUV (vgl. Pascher, Die Europäische Zentralbank in der Bankenunion, in: Korte/Ludwigs/Thiele/Wedemeyer, Energiewende und Finanzkrise als aktuelle Herausforderungen des Europarechts, 2016, S. 111 ) und dem über Art. 4 Abs. 2 EUV auch unionsrechtlich beachtlichen Demokratieprinzip in den Verfassungen der Mitgliedstaaten, für Deutschland aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG, steht (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; stRspr).

    Die mit der Unabhängigkeit der EZB verbundene Absenkung des demokratischen Legitimationsniveaus im Bereich der Bankenaufsicht ist, weil sie zu dem weitreichenden und schwer einzugrenzenden Mandat der EZB im Bereich der Währungspolitik hinzutritt (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 <256 f. Rn. 59, 258 f. Rn. 61, 278 Rn. 103>), zwar bedenklich (1), im Ergebnis jedoch noch hinnehmbar, weil sie durch besondere Vorkehrungen kompensiert wird, die der demokratischen Rückbindung ihres hier in Rede stehenden Handelns dienen (2).

    Dies ist auch nicht durch Art. 88 Satz 2 GG institutionell legitimiert, weil diese Vorschrift - wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat - einer restriktiven Auslegung des währungspolitischen Mandats der EZB bedarf und sich auf andere Bereiche nicht ohne weiteres übertragen lässt (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

    Das können eine strenge gerichtliche Kontrolle des Mandats (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ; vgl. auch EuGH, Urteil vom 9. März 2010, Kommission/Deutschland, C-518/07, Slg. 2010, I-1897 ) oder spezifische Kontrollrechte sein, die dem Bundestag weitere Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der EZB vermitteln.

  • BVerfG, 06.12.2022 - 2 BvR 547/21

    Verfassungsbeschwerden gegen das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz

    Diese Rüge ist mit Blick auf den in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerten und von Art. 79 Abs. 3 GG umfassten Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 153, 74 - Einheitliches Patentgericht; 154, 17 - PSPP-Programm der EZB) hinreichend substantiiert.

    Das Recht auf demokratische Selbstbestimmung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 79 Abs. 3 GG vermittelt den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur Schutz vor einer substantiellen Erosion der Gestaltungsmacht des Deutschen Bundestages, sondern auch ein Recht darauf, dass Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union nur die Zuständigkeiten ausüben, die ihnen nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 GG übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 157, 332 - ERatG - eA).

    Dieses Recht wird verletzt, wenn Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union Maßnahmen treffen, die vom Integrationsprogramm nicht gedeckt sind (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 157, 332 - ERatG - eA), oder wenn beim Vollzug des Integrationsprogramms die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 133, 277 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 157, 332 - ERatG - eA).

    Für den Bundestag ergibt sich aus Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 GG daher nicht nur das Recht, in Angelegenheiten der Europäischen Union mitzuwirken (vgl. BVerfGE 131, 152 ; 132, 195 ; 135, 317 <402 f. Rn. 166, 420 Rn. 213, 428 Rn. 232 f.>; 157, 1 - CETA-Organstreit I), sondern auch die Pflicht, dieses Recht im Rahmen seiner Integrationsverantwortung effektiv wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 157, 1 - CETA-Organstreit I; 158, 89 - PSPP - Vollstreckungsanordnung).

    a) Das Budgetrecht des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 157, 332 - ERatG - eA) und dessen haushaltspolitische Gesamtverantwortung sind als unverfügbarer Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips durch Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG geschützt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 154, 17 - PSPP-Programm der EZB; 157, 332 - ERatG - eA).

    aa) Zur Einhaltung des Integrationsprogramms können sie Ultra-vires-Akte von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union nachträglich legitimieren, indem sie eine - die Grenzen von Art. 79 Abs. 3 GG wahrende - Änderung des Primärrechts anstoßen und die in Anspruch genommenen Hoheitsrechte im Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GG förmlich übertragen (vgl. BVerfGE 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 157, 1 - CETA-Organstreit I; 158, 89 - PSPP - Vollstreckungsanordnung).

    Soweit dies nicht möglich oder nicht gewollt ist, sind sie dagegen grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen ihrer Kompetenzen mit rechtlichen oder politischen Mitteln auf die Aufhebung der vom Integrationsprogramm nicht gedeckten Maßnahmen hinzuwirken sowie - solange diese fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass ihre innerstaatlichen Auswirkungen so weit wie möglich begrenzt bleiben (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 - Europäische Bankenunion; 154, 17 - PSPP-Programm der EZB; 157, 1 - CETA-Organstreit I; 158, 89 - PSPP - Vollstreckungsanordnung).

    Die Formulierung eines politischen Handlungsziels allein eröffnet keine Kompetenzen (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 142, 123 ; 146, 216 ).

  • BVerfG, 01.12.2020 - 2 BvR 1845/18

    Erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen Überstellung nach Rumänien zum Zwecke

    c) Die Anwendung der Charta der Grundrechte durch das Bundesverfassungsgericht lässt die Vorbehalte der Ultra-vires-Kontrolle und der Identitätskontrolle (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 105 ff.) auch im vollständig vereinheitlichten Bereich des Unionsrechts unberührt (vgl. BVerfGE 152, 216 ).
  • BVerfG, 15.04.2021 - 2 BvR 547/21

    Eilantrag zur Ausfertigung des Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetzes

    aa) Das Recht auf demokratische Selbstbestimmung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 79 Abs. 3 GG vermittelt den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur Schutz vor einer substantiellen Erosion der Gestaltungsmacht des Deutschen Bundestages, sondern auch ein Recht darauf, dass Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union nur die Zuständigkeiten ausüben, die ihnen nach Maßgabe des Art. 23 GG übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ).

    Dieses Recht wird verletzt, wenn beim Vollzug des Integrationsprogramms die Grenzen des Art. 79 Abs. 3 GG nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 133, 277 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ) oder Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Europäischen Union Maßnahmen treffen, die zwar die demokratischen Grundsätze als solche nicht in Frage stellen, vom Integrationsprogramm jedoch nicht gedeckt sind (vgl. BVerfGE 75, 223 ; 89, 155 ; 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ).

    Das Budgetrecht des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ) und seine haushaltspolitische Gesamtverantwortung sind als unverfügbarer Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG geschützt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; 154, 17 ).

    Sollte der Senat entgegen der summarischen Prüfung im vorliegenden Beschluss doch eine Berührung der Verfassungsidentität durch den Eigenmittelbeschluss 2020 bejahen oder diesen als Ultra-vires-Akt qualifizieren, müsste zudem eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV eingeholt werden (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 154, 17 ), sodass die Dauer des Verfahrens nach den bisherigen Erfahrungen insgesamt zwei bis drei Jahre betragen könnte.

  • BVerfG, 10.10.2017 - 2 BvR 859/15

    Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Anleihenkaufprogramm

    I. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 18. Juli 2017 in den Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15 und 2 BvR 980/16 gemäß Art. 19 Abs. 3 Buchstabe b EUV und Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a und Buchstabe b AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Vereinbarkeit des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (Public Sector Purchase Programme - PSPP) der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Art. 4 Abs. 2 EUV, Art. 119 AEUV, Art. 123 AEUV, Art. 125 AEUV, Art. 127 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV sowie mit Art. 17 bis 24 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung) zur Vorabentscheidung vorgelegt und die Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 BVerfGG bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.

    Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 980/16 (Antragsteller zu III.) haben mit Schriftsatz vom 24. Mai 2017 gemäß § 32 BVerfGG den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:.

    Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2006/15 (Antragsteller zu II.) hat mit Schriftsatz vom 26. September 2017 gemäß § 32 BVerfGG den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:.

    Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1651/15 (Antragsteller zu IV.) haben mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 gemäß § 32 BVerfGG den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:.

    Mit der Unterbrechung der Anleihekäufe durch die Bundesbank würde die Zielsetzung des PSPP, durch eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen eine Transmission der geldpolitischen Effekte des Programms auf die Realwirtschaft und dadurch eine Anhebung der Inflation auf knapp 2% zu bewirken (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 18. Juli 2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 980/16 -, juris, Rn. 13), aufgrund des hohen prozentualen Anteils der von der Bundesbank getätigten Ankäufe (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 5 f.) jedenfalls stark eingeschränkt oder womöglich sogar verhindert werden.

  • BVerfG, 09.02.2022 - 2 BvR 1368/16

    Verfassungsbeschwerden und Organstreitverfahren gegen die vorläufige Anwendung

    (1) Als grundrechtsgleiches Recht gewährleistet das durch Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Wahlrecht zum Deutschen Bundestag die politische Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger und garantiert ihnen eine freie und gleiche Teilhabe an der Legitimation der in Deutschland ausgeübten Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ).

    Im Anwendungsbereich von Art. 23 GG schützt er Bürgerinnen und Bürger davor, dass die durch die Wahl bewirkte Legitimation der Staatsgewalt und die Einflussnahme auf deren Ausübung durch die Verlagerung von Aufgaben und Befugnissen des Deutschen Bundestages auf die europäische Ebene so entleert wird, dass das Demokratieprinzip verletzt wird (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; 153, 74 ).

    Zur Sicherung ihrer demokratischen Einflussmöglichkeit im Prozess der europäischen Integration vermittelt Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG den Bürgerinnen und Bürgern grundsätzlich nicht allein ein Recht darauf, dass eine Verlagerung von Hoheitsrechten nur in den dafür vorgesehenen Formen von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Art. 79 Abs. 2 GG erfolgt (vgl. BVerfGE 134, 366 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; 153, 74 ).

    Diese Rügen sind mit Blick auf den in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerten und von Art. 79 Abs. 3 GG umfassten Anspruch des Bürgers auf demokratische Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 89, 155 ; 123, 267 ; 129, 124 ; 132, 195 ; 135, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; 153, 74 ; 154, 17 ) hinreichend substantiiert.

  • BVerfG, 27.04.2021 - 2 BvR 206/14

    Verfassungsbeschwerde gegen eine im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung

    Unberührt davon bleiben die verfassungsrechtlichen Kontrollvorbehalte der Ultra-vires- und der Identitätskontrolle (vgl. BVerfGE 123, 267 ; 126, 286 ; 134, 366 ; 140, 317 ; 142, 123 ; 146, 216 ; 151, 202 ; 152, 216 ; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 1. Dezember 2020 - 2 BvR 1845/18 u.a. -, Rn. 40).
  • BVerfG, 29.04.2021 - 2 BvR 1651/15

    Erfolglose Vollstreckungsanträge zum Urteil des Zweiten Senats zu dem

  • BVerfG, 15.12.2020 - 2 BvC 46/19

    Erfolglose Wahlprüfungsbeschwerde bezogen auf das Fehlen gesetzlicher Regelungen

  • BVerfG, 23.06.2021 - 2 BvR 2216/20

    Erfolglose Eilanträge gegen das Abkommen über ein Einheitliches Patentgericht

  • BVerfG, 06.12.2021 - 2 BvR 1470/20

    Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Urteil betreffend die Einführung

  • BVerfG, 22.11.2022 - 2 BvF 1/22

    Eilantrag gegen die Übertragung einer Kreditermächtigung in Höhe von 60

  • BVerfG, 02.03.2021 - 2 BvE 4/16

    Erfolgloses Organstreitverfahren betreffend das Umfassende Wirtschafts- und

  • BVerfG, 30.10.2019 - 2 BvR 980/16

    Eilantrag gegen die Wiederaufnahme des Anleihenkaufprogramms der Europäischen

  • BVerfG, 15.06.2020 - 2 BvR 71/20

    Unzulässige Verfassungsbeschwerden gegen das Programm der EZB zum Ankauf von

  • AG Frankenthal, 05.07.2018 - 3a C 73/18

    Saints Row IV - Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines Computerspiels:

  • BVerfG, 28.10.2019 - 2 BvR 966/19

    Verfassungsbeschwerde gegen Freihandelsabkommen nicht zur Entscheidung angenommen

  • BVerfG, 25.04.2019 - 2 BvR 1728/16

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde gerichtet gegen das Programm der Europäischen

  • BVerfG, 23.01.2020 - 2 BvR 183/19

    Nicht hinreichend begründete Verfassungsbeschwerde gegen die Zustimmung der

  • BVerfG, 07.11.2019 - 2 BvR 882/19

    Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Freihandelsabkommen

  • AG Frankenthal, 18.01.2018 - 3a C 209/17

    Urheberrechtsverletzung durch Filesharing: Ausschluss der Störerhaftung für den

  • BVerfG, 16.07.2020 - 2 BvR 2211/18

    Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen Untätigkeit der Bundesregierung

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