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   BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88   

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BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88 (https://dejure.org/1990,47)
BVerfG, Entscheidung vom 29.05.1990 - 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88 (https://dejure.org/1990,47)
BVerfG, Entscheidung vom 29. Mai 1990 - 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88 (https://dejure.org/1990,47)
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Unschuldsvermutung II

§§ 153 Abs. 2, 467 StPO

Volltextveröffentlichungen (3)

  • Max-Planck-Institut (Kurzinformation/Auszüge/Volltext)
  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Verletzung der Unschuldsvermutung durch indizente Schuldfeststellung im Rahmen der Kosten- und Auslagenentscheidung

  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse (3)

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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 82, 106
  • NJW 1990, 2741
  • NStZ 1990, 598
  • StV 1991, 111
 
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Wird zitiert von ... (166)Neu Zitiert selbst (12)

  • BVerfG, 26.03.1987 - 2 BvR 589/79

    Unschuldsvermutung

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 74, 358 [373]) verbiete es die Unschuldsvermutung, Kosten- und Auslagenentscheidungen unter Zuweisung von Schuld zu treffen, wenn das Hauptverfahren nicht bis zur Schuldspruchreife durchgeführt worden sei.

    Sie ist auch kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 19, 342 [347]; 74, 358 [370]; st. Rspr.).

    Aus dem Prinzip, daß keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf, folgt die Aufgabe des Strafprozesses, den Strafanspruch des Staates in einem justizförmig geordneten Verfahren durchzusetzen, das eine wirksame Sicherung der Grundrechte des Beschuldigten gewährleistet (vgl. BVerfGE 57, 250 [275]; 74, 358 [370 f.]).

    Bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld wird seine Unschuld vermutet (vgl. BVerfGE 35, 311 [320]; 74, 358 [371]).

    Die Unschuldsvermutung schützt also den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozeßordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 [371]).

    Die Ausgestaltung des Strafverfahrens läßt die Unschuldsvermutung, um deren Widerlegung oder Fortgeltung es im Strafprozeß geht, hinreichend wirksam werden (vgl. BVerfGE 74, 358 [371 f.]).

    Die Unschuldsvermutung verwehrt es den Strafverfolgungsorganen nicht, schon vor Abschluß der Hauptverhandlung verfahrensbezogen den Grad des Verdachts einer strafbaren Handlung eines Beschuldigten zu beurteilen (vgl. BVerfGE 74, 358 [372]).

    Sowohl das Grundgesetz (Art. 104 Abs. 3 GG ) als auch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ( Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK ), deren Inhalt und Entwicklungsstand bei der Auslegung des Grundgesetzes in Betracht zu ziehen sind (vgl. BVerfGE 74, 358 [370]), sehen die Feststellung des Tatverdachts als Voraussetzung für (vorläufige) Entscheidungen im Strafprozeß vor.

    Festlegungen zur Schuld des Angeklagten zu treffen, Schuld auszusprechen und Strafe zuzumessen, ist den Strafgerichten allerdings erst erlaubt, wenn die Schuld des Angeklagten in dem mit rechtsstaatlichen Verteidigungsgarantien ausgestatteten, bis zum prozeßordnungsmäßigen Abschluß durchgeführten Strafverfahren nachgewiesen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 [372]).

    Es darf die strafrechtliche Relevanz nicht nach Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld feststellen; es darf sie lediglich unterstellen (vgl. BVerfGE 74, 358 [373]).

    Schuldzuweisungen oder -feststellungen in den Gründen eines Einstellungsbeschlusses, der vor Durchführung einer Hauptverhandlung bis zur Schuldspruchreife ergeht, können hiernach zur Feststellung eines selbständigen Grundrechtsverstoßes führen (vgl. BVerfGE 74, 358 [373 f.]).

    Ein derartiger richterlicher Spruch zur Schuldfrage hat Gewicht, auch wenn er dem Betroffenen im allgemeinen Rechtsverkehr nicht vorgehalten werden darf (vgl. BVerfGE 74, 358 [374]).

    Darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall von den Sachverhalten, die Gegenstand der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 1987 (BVerfGE 74, 358 ff.) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. März 1983 (EuGRZ 1983, S. 475 ff. - Minelli) waren.

    Dieses Ergebnis entspricht auch der Auslegung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die als Auslegungshilfe bei der Ermittlung der Tragweite des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgrundsatzes und der daraus abgeleiteten Unschuldsvermutung heranzuziehen ist (vgl. EGMR , EuGRZ 1987, S. 399 [403, Nr. 63] - Lutz; S. 405 ff. [409, Nr. 40] - Englert; S. 410 [414, Nr. 40] - Nölkenbockhoff; zur Bedeutung der Rechtsprechung des EGMR als Auslegungshilfe vgl. BVerfGE 74, 358 [370]).

    c) Die Unschuldsvermutung ist danach erst dann verletzt, wenn das Gericht dem Angeschuldigten in den Gründen eines Einstellungsbeschlusses oder der damit verbundenen Auslagenentscheidung - über Verdachtserwägungen hinaus - strafrechtliche Schuld zuweist, ohne daß diese zuvor prozeßordnungsgemäß festgestellt wurde (vgl. BVerfGE 74, 358 [375]).

    Durch eine derartige Feststellung wird, auch wenn sie nur im Rahmen der Gründe geschieht und die Versagung der Auslagenerstattung nicht darauf beruht, der Angeschuldigte in der Sache als schuldig behandelt und damit in seinem Grundrecht verletzt (vgl. BVerfGE 74, 358 [379]).

    Diesen Teil des Urteils hat der Senat in seiner Entscheidung vom 26. März 1987 (BVerfGE 74, 358 [374]) maßstäblich in Bezug genommen.

  • EGMR, 25.08.1987 - 9912/82

    Lutz ./. Deutschland

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Hinsichtlich der Beschwerdeführerin zu 1) beschränkte sich der Bundesminister der Justiz auf einen Hinweis auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ( EGMR , EuGRZ 1987, S. 399 - Lutz; S. 405 - Englert; S. 410 - Nölkenbockhoff), wonach die Unschuldsvermutung durch Erwägungen zum Tatverdacht nicht verletzt werde, sofern sich das Gericht einer eindeutigen Schuldfeststellung enthalte.

    Im Gegensatz dazu hat die hier zu beurteilende Entscheidung, daß der Angeschuldigte seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen habe, von vornherein keinen strafähnlichen Charakter (ebenso EGMR , EuGRZ 1987, S. 399 [403, Nr. 63] - Lutz; S. 405 [409, Nr. 40] - Englert; S. 411 [414, Nr. 40] - Nölkenbockhoff).

    Dieses Ergebnis entspricht auch der Auslegung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die als Auslegungshilfe bei der Ermittlung der Tragweite des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgrundsatzes und der daraus abgeleiteten Unschuldsvermutung heranzuziehen ist (vgl. EGMR , EuGRZ 1987, S. 399 [403, Nr. 63] - Lutz; S. 405 ff. [409, Nr. 40] - Englert; S. 410 [414, Nr. 40] - Nölkenbockhoff; zur Bedeutung der Rechtsprechung des EGMR als Auslegungshilfe vgl. BVerfGE 74, 358 [370]).

    Aber ist das soziale Unwerturteil über die andere Beschwerdeführerin geringer, wenn es zu ihr heißt "Die Schuld ist in hohem Maße wahrscheinlich."? Im Falle Lutz ( EGMR , EuGRZ 1987, S. 399) hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Formulierung des Landgerichts, der Beschwerdeführer wäre "mit annähernder Sicherheit verurteilt worden" (aaO., S. 403 Nr. 62), nicht beanstandet, ebensowenig wie im Fall Nölkenbockhoff die Formulierung, die Verurteilung des Angeklagten sei "annähernd sicher zu erwarten" gewesen (aaO., S. 414 Nr. 39).

  • BVerfG, 19.08.1987 - 2 BvR 815/84

    Strafverfahrensrechtliche Kostenentscheidung und Unschuldvermutung

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Hingegen hat die dritte Kammer des hier erkennenden Senats eine Kostenentscheidung aufgehoben, in der es hieß, "die Verurteilung sei im Falle der Durchführung einer Hauptverhandlung als sicher erschienen" (NStZ 1988, S. 84 ).

    Denn mit ihr will der Angeschuldigte vielfach lediglich dem - öffentlichen - Strafverfahren entgehen, weil er einen Freispruch nicht für sicher hält oder weil er weitere Auslagen für die Verteidigung ersparen will (vgl. BVerfG [Kammer], NStZ 1988, S. 84 ).

  • BVerfG, 15.12.1965 - 1 BvR 513/65

    Wenneker - Haftverschonung beim Haftgrund der Schwerkriminalität

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Sie ist auch kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 19, 342 [347]; 74, 358 [370]; st. Rspr.).

    Solche verfahrensbezogenen Bewertungen von Verdachtslagen sind für die Durchführung eines an rechtsstaatlichen Grundsätzen orientierten Strafverfahrens unerläßlich (vgl. etwa BVerfGE 19, 342 [347 f.] - Untersuchungshaft).

  • OLG Zweibrücken, 19.08.1986 - 2 Ws 19/86

    Beschwerde; Angeklagter; Kostenentscheidung; Auslagenentscheidung;

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Die vom Europäischen Gerichtshof im Minelli-Fall gezeigte Sensibilität in der Handhabung des Maßstabs der Unschuldsvermutung hat inzwischen die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung erfaßt, selbst wo die Entscheidungen vereinzelt ohne die Berufung auf die Unschuldsvermutung auszukommen meinen (vgl. OLG Hamm, NJW 1986, S. 734; OLG Zweibrücken, NStZ 1987, S. 425 und NStZ 1989, S. 134 ; OLG München, NStZ 1989, S. 134 ).
  • OLG Hamm, 12.08.1985 - 2 Ws 118/85
    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Die vom Europäischen Gerichtshof im Minelli-Fall gezeigte Sensibilität in der Handhabung des Maßstabs der Unschuldsvermutung hat inzwischen die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung erfaßt, selbst wo die Entscheidungen vereinzelt ohne die Berufung auf die Unschuldsvermutung auszukommen meinen (vgl. OLG Hamm, NJW 1986, S. 734; OLG Zweibrücken, NStZ 1987, S. 425 und NStZ 1989, S. 134 ; OLG München, NStZ 1989, S. 134 ).
  • EGMR, 25.03.1983 - 8660/79

    Minelli ./. Schweiz

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall von den Sachverhalten, die Gegenstand der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 1987 (BVerfGE 74, 358 ff.) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. März 1983 (EuGRZ 1983, S. 475 ff. - Minelli) waren.
  • OLG Zweibrücken, 21.09.1988 - 1 Ws 402/88
    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Die vom Europäischen Gerichtshof im Minelli-Fall gezeigte Sensibilität in der Handhabung des Maßstabs der Unschuldsvermutung hat inzwischen die gesamte obergerichtliche Rechtsprechung erfaßt, selbst wo die Entscheidungen vereinzelt ohne die Berufung auf die Unschuldsvermutung auszukommen meinen (vgl. OLG Hamm, NJW 1986, S. 734; OLG Zweibrücken, NStZ 1987, S. 425 und NStZ 1989, S. 134 ; OLG München, NStZ 1989, S. 134 ).
  • BVerfG, 17.02.1970 - 2 BvR 608/69

    Substantiierungspflicht

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Sie hat nicht dargelegt, was sie bei nach ihrer Meinung ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. BVerfGE 28, 17 [19 f.]; st. Rspr.).
  • BVerfG, 16.05.1973 - 2 BvR 590/71

    Anhalten eines beleidigenden Briefs eines Untersuchungsgefangenen

    Auszug aus BVerfG, 29.05.1990 - 2 BvR 254/88
    Bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld wird seine Unschuld vermutet (vgl. BVerfGE 35, 311 [320]; 74, 358 [371]).
  • BVerfG, 04.02.1959 - 1 BvR 197/53

    Wirtschaftsstrafgesetz

  • BVerfG, 26.05.1981 - 2 BvR 215/81

    V-Mann

  • BVerfG, 27.01.2015 - 1 BvR 471/10

    Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen ist mit der

    Ein Beschwerdeführer kann daher vor dem Bundesverfassungsgericht nicht unmittelbar die Verletzung eines in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Menschenrechts mit einer Verfassungsbeschwerde rügen (vgl. BVerfGE 74, 102 ; 74, 358 ; 82, 106 ; 111, 307 ).
  • BVerfG, 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04

    EGMR-Entscheidungen

    Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind - im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 ; 82, 106 ).
  • BAG, 31.01.2019 - 2 AZR 426/18

    Ordentliche Verdachtskündigung - Sachvortragsverwertungsverbot

    Hingegen können Rechtsfolgen, die - wie die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses - keinen Strafcharakter besitzen, in gerichtlichen Entscheidungen an einen Verdacht geknüpft werden (BVerfG 29. Mai 1990 - 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88 - zu C I 4 der Gründe, BVerfGE 82, 106; BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 30, BAGE 151, 1; EGMR 23. Januar 2018 - 15374/11 - [Güç/Türkei] Rn. 38) .
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