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   BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77   

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BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77 (https://dejure.org/1978,6)
BVerfG, Entscheidung vom 13.04.1978 - 2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77 (https://dejure.org/1978,6)
BVerfG, Entscheidung vom 13. April 1978 - 2 BvF 1/77, 2 BvF 2/77, 2 BvF 4/77, 2 BvF 5/77 (https://dejure.org/1978,6)
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Wehrpflichtnovelle

Art. 4 Abs. 3, 12a, Art. 3 Abs. 1 GG, Wehrgerechtigkeit, keine "Wehrdienstverweigerung per Postkarte";

Art. 78, 87b Abs. 2 Satz 1 GG, Zustimmungsbedürftigkeit auch bei "Systemverschiebung" zu Lasten der Länder

Volltextveröffentlichungen (3)

  • DFR

    Wehrpflichtnovelle

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Verfassungswidrigkeit des Wehrpflichtänderungsgesetzes

  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Kurzfassungen/Presse (2)

  • zeit.de (Pressebericht, 21.04.1978)

    Zivildienst als Schikane?

  • spiegel.de (Pressebericht, 17.04.1978)

    Karlsruhe: Vom Hüter zum Herrn

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 48, 127
  • NJW 1978, 1245
  • DVBl 1978, 394
  • DÖV 1978, 507
 
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Wird zitiert von ... (287)Neu Zitiert selbst (38)

  • BVerfG, 20.12.1960 - 1 BvL 21/60

    Kriegsdienstverweigerung I

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Die Wahl zwischen den sich bietenden Möglichkeiten ist eine grundlegende staatspolitische Entscheidung, die auf wesentliche Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens einwirkt und bei der der Gesetzgeber neben verteidigungspolitischen Gesichtspunkten auch allgemeinpolitische, wirtschaftspolitische und gesellschaftspolitische Gründe von sehr verschiedenem Gewicht zu bewerten und gegeneinander abzuwägen hat (vgl. BVerfGE 12, 45 (52)).

    Mit anderen Worten: Individueller grundrechtlicher Schutzanspruch und gemeinschaftsbezogene Pflicht der Bürger eines demokratisch verfaßten Staates, zur Sicherung dieser Verfassungsordnung beizutragen, entsprechen einander (vgl. BVerfGE 12, 45 [51]; 38, 154 [167]).

    Aus der verfassungsrechtlichen Verankerung der allgemeinen Wehrpflicht folgt, daß ein Bundesgesetz, welches diese Pflicht in dem in Art. 12a Abs. 1 GG bezeichneten Umfang einführt, der Verfassung nicht nur nicht widerspricht (vgl. BVerfGE 12, 45 [50]), sondern eine in ihr enthaltene Grundentscheidung aktualisiert.

    a) Art. 4 Abs. 3 GG gewährleistet als Grundrecht unmittelbar das Recht, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259]; 32, 40 [45]).

    Hieran knüpft Art. 4 Abs. 3 GG an und räumt - im Vergleich mit anderen demokratisch-rechtsstaatlichen Verfassungen in bemerkenswert weitgehender Weise - selbst in ernsten Konfliktslagen, in denen der Staat seine Bürger besonders fordert, dem Schutz des freien Gewissens des Einzelnen den Vorrang ein (vgl. BVerfGE 12, 45 [54 f.]).

    Auch bei Regelungen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 GG darf der Gesetzgeber dieses Grundrecht nicht in seinem sachlichen Gehalt einschränken, sondern nur die Grenzen offenlegen, die in den Begriffen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG selbst schon enthalten sind (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259 ff.]; 32, 40 [46 f.]).

    b) Der Kerngehalt des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen töten zu müssen, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet (vgl. BVerfGE 12, 45 [56 f.]; 23, 191 [205]; 28, 243 [262]; 32, 40 [46 f.]).

    Das Grundgesetz gibt indes durch die in Art. 12a Abs. 2 erteilte Ermächtigung, auf gesetzlichem Wege eine Ersatzdienstpflicht einzuführen, zu erkennen, daß es denjenigen, der den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert, auch außerhalb des von Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Kernbereichs, mithin grundsätzlich auch in Friedenszeiten nicht zum Dienst mit der Waffe herangezogen wissen will (vgl. BVerfGE 12, 45 [56]; 32, 40 [46 f.]).

    Es ist bei entsprechender Ausgestaltung auch nicht ungeeignet, das Vorliegen der Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe hinreichend zuverlässig festzustellen (vgl. BVerfGE 12, 45 [55 f.]; 12, 311 [318]).

    Zwar darf der demokratische Rechtsstaat als Gemeinschaft freier Menschen, der in der Möglichkeit freier Selbstbestimmung des Einzelnen einen gemeinschaftsbildenden Wert erkennt (vgl. BVerfGE 12, 45 [54]) und die Unverletzlichkeit des Gewissens garantiert, Erklärungen seiner Bürger über ihr Gewissen und den daraus folgenden unbedingt verpflichtenden Verhaltensgeboten nicht von vornherein mit der Unterstellung der Unwahrhaftigkeit begegnen.

    Das Bundesverfassungsgericht hat bereits früher als tatbestandliche Voraussetzung für die Inanspruchnahmen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG definiert, daß die Gewissensentscheidung ein "unmittelbar evidentes Gebot unbedingten Sollens" ist, das "den Charakter eines unabweisbaren, den Ernst eines die ganze Persönlichkeit ergreifenden sittlichen Gebots trägt" (BVerfGE 12, 45 [54 f.]).

    Damit ist zwar nicht ein Verfahren zur Verhütung von Mißbrauch verboten (BVerfGE 12, 45 [55 f.]; 28, 243 [259]); aber die Zulässigkeit bedeutet kein Gebot.

    Wenn der Senat dennoch die allgemeine Wehrpflicht als "verfassungsrechtlich verankert" bezeichnet und in ihr - ohne fallbezogene Erläuterung - den "Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgedankens" (zit. aus BVerfGE 38, 154 [167], aber dort mit anderer Fragestellung) sieht, besteht die Gefahr, Art. 4 Abs. 3 GG als "Ausnahmerecht" für "weniger treue" Bürger (Heinemann, NJW 1961, S. 356 zu BVerfGE 12, 45) zu handhaben und "das uneinschränkbare Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung in einzelnen Beziehungen", also zum Beispiel durch eine staatliche Prüfungskompetenz, zu begrenzen.

    Aber auch wenn eine neue Generation sich im Zuge der "Systemverweigerung" z.B. den Zeugen Jehovas oder dergleichen zuwenden sollte, dann wäre nach unserer Verfassung nicht die Verteidigungsunfähigkeit der Verfassungsnotstand, sondern die etwaige Änderung der Verfassung zwecks "Eingrenzung" von Art. 4 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 12, 45 [53 f.]; Geiger, in: "Gewissen, Ideologie, Widerstand, Nonkonformismus", 1963, S. 72 f.).

    Wird aber auch insoweit eine Verfahrensreform incident für verfassungswidrig erklärt, obwohl dies denkgesetzlich nicht geboten ist, dann führt dies im Ergebnis zu einer Perpetuierung eines Verfahrens, das zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes zulässig ist (BVerfGE 12, 45), in der Rechtsauslegungspraxis jedoch die Ausübung des Grundrechts der Kriegsdienstverweigerung unter einen Erkenntnisvorbehalt anderer stellt.

  • BVerfG, 26.05.1970 - 1 BvR 83/69

    Dienstpflichtverweigerung

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr haben verfassungsrechtlichen Rang (BVerfGE 28, 243 (261); 32, 40 (46)).

    a) Art. 4 Abs. 3 GG gewährleistet als Grundrecht unmittelbar das Recht, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259]; 32, 40 [45]).

    Das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen setzt selbst der verfassungsrechtlich verankerten Pflicht, sich an der bewaffneten Landesverteidigung und damit insoweit an der Sicherung der stattlichen Existenz zu beteiligen, eine unüberwindliche Schranke entgegen (vgl. BVerfGE 28, 243 [260]).

    Auch bei Regelungen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 GG darf der Gesetzgeber dieses Grundrecht nicht in seinem sachlichen Gehalt einschränken, sondern nur die Grenzen offenlegen, die in den Begriffen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG selbst schon enthalten sind (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259 ff.]; 32, 40 [46 f.]).

    b) Der Kerngehalt des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen töten zu müssen, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet (vgl. BVerfGE 12, 45 [56 f.]; 23, 191 [205]; 28, 243 [262]; 32, 40 [46 f.]).

    Ein solches Anerkennungsverfahren ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BVerfGE 28, 243 [259]).

    Bereits im Beschluß vom 26. Mai 1970 (BVerfGE 28, 243 [259]) hat das Bundesverfassungsgericht allerdings ausgeführt, daß der Gesetzgeber zur Beibehaltung des Anerkennungsverfahrens verfassungsrechtlich nicht verpflichtet sei.

    Wenn der Senat zur Begründung seiner Entscheidung meint, Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3, 12a Abs. 1 und 2 GG lasse nicht zu, daß die "bloße" Erklärung, man sei aus Gründen des Gewissens gegen den Kriegsdienst mit der Waffe, die Freistellung von dem an sich gesetzlich von jedermann geforderten Wehrdienst bewirke, so widerspricht dies der Rechtsauffassung, die der Erste Senat in seiner Entscheidung vom 26. Mai 1970 (BVerfGE 28, 243 [259]) als relevante Auslegung von Art. 4 Abs. 3 GG dargelegt hat: Der Gesetzgeber sei nicht gehindert, aus dringenden praktischen Gründen das Anerkennungsverfahren zu beseitigen.

    Damit ist zwar nicht ein Verfahren zur Verhütung von Mißbrauch verboten (BVerfGE 12, 45 [55 f.]; 28, 243 [259]); aber die Zulässigkeit bedeutet kein Gebot.

    Wie auch immer die Wendung von der "Begrenzung" (aus BVerfGE 28, 243 [261], wo sie fallbezogen eindeutig war) oder von der "Offenlegung der Grenzen" (so der "Formelkompromiß" des Senats) ausgelegt werden mag, es bleibt zu beachten, daß Art. 4 Abs. 3 GG Gewissensfreiheit bedeutet, die sich aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit entwickelt hat und zum "Menschenrecht" geworden ist (vgl. BVerfGE 32, 98 (107); Erik Wolf, Recht des Nächsten, 1958, S. 13 mit Verweisungen; Adolf Arndt, JZ 1960, S. 274; Helmut Simon, Das Recht zur Kriegsdienstverweigerung ..., in: Theologische Existenz heute, 1965, S. 32 ff., unter Bezug auf die Geschichte sowie die Motive zu Art. 4 Abs. 3 GG , insbesondere auf den Dialog zwischen den Abgeordneten Heuss, Schmid und Eberhard im Parlamentarischen Rat, Sitzung des Hauptausschusses vom 18.1.1949, S. 545 f.: "... Wir haben hinter uns einen Massenschlaf des Gewissens ...").

    Steht aber die allgemeine Wehrpflicht gemäß Art. 12a GG zur Disposition des Gesetzgebers, weil sie selbst kein Verfassungsgebot, sondern nur ein mögliches Mittel zur Erfüllung des Verfassungsgebotes der Verteidigung (vgl. BVerfGE 28, 243 [261]) ist, dann verstößt derjenige, der sich zu Unrecht auf Art. 4 Abs. 3 GG beruft, "nur" gegen ein "einfaches" Gesetz, während die Versagung der Anerkennung eines berechtigten Kriegsdienstverweigerers gegen die Verfassung verstößt (Adolf Arndt, JZ 1960, S. 275).

    Der "Ausübung des Grundrechts der Gewissensfreiheit" sind mithin - abgesehen von den Grundrechten anderer - keinesfalls "in gewissem Umfang Schranken gesetzt" (was oft als systemimmanent verklausuliert wird), damit sich nicht jede "Ordnung auflösen" könne - (wie z.B. OLG Stuttgart meint, NJW 1963, S. 776; dagegen bereits BVerfGE 28, 243 [261 f.]) - denn Art. 4 GG ist mit allen Folgen Teil unserer (geschriebenen) Verfassungsordnung; und diese "unordentliche" Verfassungsordnung geht jedem anderen, vorkonstitutionellen Staatsverständnis vor.

  • BVerfG, 05.11.1974 - 2 BvL 6/71

    Wehrdienstopfer

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Mit anderen Worten: Individueller grundrechtlicher Schutzanspruch und gemeinschaftsbezogene Pflicht der Bürger eines demokratisch verfaßten Staates, zur Sicherung dieser Verfassungsordnung beizutragen, entsprechen einander (vgl. BVerfGE 12, 45 [51]; 38, 154 [167]).

    c) Die allgemeine Wehrpflicht ist Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgedankens (BVerfGE 38, 154 [167]).

    Die Notwendigkeit, Wehrgerechtigkeit im Innern ebenso aufrechtzuerhalten wie die Verteidigungsbereitschaft des grundrechtsgarantierenden Staates nach außen, fordert eine hinreichend bestimmte normative Festlegung der Wehrdienstausnahmen (vgl. BVerfGE 38, 154 [167 f.]).

    Wenn der Senat dennoch die allgemeine Wehrpflicht als "verfassungsrechtlich verankert" bezeichnet und in ihr - ohne fallbezogene Erläuterung - den "Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgedankens" (zit. aus BVerfGE 38, 154 [167], aber dort mit anderer Fragestellung) sieht, besteht die Gefahr, Art. 4 Abs. 3 GG als "Ausnahmerecht" für "weniger treue" Bürger (Heinemann, NJW 1961, S. 356 zu BVerfGE 12, 45) zu handhaben und "das uneinschränkbare Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung in einzelnen Beziehungen", also zum Beispiel durch eine staatliche Prüfungskompetenz, zu begrenzen.

    Die Wehrgerechtigkeit verlangt, daß bei der Erfüllung der Wehrpflicht nicht willkürlich oder ohne sachlich zwingenden Grund unterschiedliche Anforderungen gestellt werden (BVerfGE 38, 154 ).

  • BVerfG, 12.10.1971 - 2 BvR 65/71

    Strafbarkeit der Wehrdienstverweigerung vor fehlender Anerkennung als

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr haben verfassungsrechtlichen Rang (BVerfGE 28, 243 (261); 32, 40 (46)).

    a) Art. 4 Abs. 3 GG gewährleistet als Grundrecht unmittelbar das Recht, aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259]; 32, 40 [45]).

    Auch bei Regelungen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 GG darf der Gesetzgeber dieses Grundrecht nicht in seinem sachlichen Gehalt einschränken, sondern nur die Grenzen offenlegen, die in den Begriffen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG selbst schon enthalten sind (vgl. BVerfGE 12, 45 [53]; 28, 243 [259 ff.]; 32, 40 [46 f.]).

    b) Der Kerngehalt des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen töten zu müssen, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet (vgl. BVerfGE 12, 45 [56 f.]; 23, 191 [205]; 28, 243 [262]; 32, 40 [46 f.]).

    Das Grundgesetz gibt indes durch die in Art. 12a Abs. 2 erteilte Ermächtigung, auf gesetzlichem Wege eine Ersatzdienstpflicht einzuführen, zu erkennen, daß es denjenigen, der den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert, auch außerhalb des von Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Kernbereichs, mithin grundsätzlich auch in Friedenszeiten nicht zum Dienst mit der Waffe herangezogen wissen will (vgl. BVerfGE 12, 45 [56]; 32, 40 [46 f.]).

  • BVerfG, 25.06.1974 - 2 BvF 2/73

    Bundesrat

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Da der Bundesrat die Zustimmung verweigert hat, ist das Wehrpflichtänderungsgesetz als gesetzgebungstechnische Einheit nicht gemäß Art. 78 GG zustandegekommen (vgl. BVerfGE 24, 184 [197]; 37, 363 [381 ff.]).

    Nicht jedes Gesetz, das ein Zustimmungsgesetz ändert, ist schon allein aus diesem Grunde zustimmungsbedürftig (vgl. BVerfGE 37, 363 [379 ff.]).

    In Fortentwicklung der mit dem Beschluß vom 25. Juni 1974 (BVerfGE 37, 363 ) begründeten Rechtsprechung ist ein solcher Fall dann anzunehmen, wenn die Änderung materiell-rechtlicher Normen eine grundlegende Umgestaltung der Rechtsqualität der dem Bund durch früheres Gesetz übertragenen Aufgaben bewirkt und dadurch der Bestimmung über die Verwaltungszuständigkeit des Bundes inhaltlich eine wesentlich andere Bedeutung und Tragweite verleiht, die von der früher erteilten Zustimmung ersichtlich nicht mehr umfaßt wird.

    Die Novelle zum Wehrpflichtgesetz betraf das Gebiet der "Verteidigung" und änderte ein Gesetz, das mit Zustimmung des Bundesrates ergangen war, was für sich allein keine Zustimmungsbedürftigkeit auslösen konnte (BVerfGE 37, 363 ).

  • BVerfG, 09.03.1971 - 2 BvR 326/69

    Absicherungsgesetz

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Das ist (nach ständiger Rechtsprechung, BVerfGE 25, 1 und 30, 250) unzulässig.

    Daß die Novelle einem Mißbrauch des Art. 4 Abs. 3 GG besser hätte vorbeugen können, um ein Weniger an möglicher Ungleichbehandlung zu erstreben, macht sie nicht verfassungswidrig; denn selbst wenn ein zweckgerechtes Gesetz "auch Verhaltensweisen zuläßt, die der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufen", kann es nicht wegen dieser Mißbrauchsmöglichkeit als "zweckuntauglich und deshalb mit dem Grundgesetz unvereinbar" angesehen werden (so Beschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17.1. 1978 - 1 BvL 13/76 - ferner BVerfGE 30, 250 [263] und Simons, Präs. des Reichsgerichts, zit. von Smend (vgl. Schramm, DRiZ 1976, S. 294): "... die Prüfung der Frage nach der politischen Zweckmäßigkeit muß dagegen der Verfassungsrichter dem Gesetzgeber überlassen.").

    Dieser Senat hat selbst noch am 9.3.1971 (BVerfGE 30, 250 [263]) gesagt: "Die Zielsetzung und die Bestimmung des geeigneten Mittels setzen eine politische Entscheidung voraus ... Da die Entwicklung sich nicht genau vorausberechnen läßt ..., ... müssen Irrtümer ... in Kauf genommen werden.

  • BVerwG, 06.02.1978 - 6 B 36.77

    Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Dies gilt insbesondere dann, wenn die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung und Anwendung der §§ 25, 26 WpflG aF entwickelten Grundsätze (vgl. insoweit zuletzt Beschluß vom 6. Februar 1978 - 6 B 36.77 -) beachtet werden.

    Für die gegenteilige Behauptung gibt auch das Bundesverwaltungsgericht, auf das sich der Senat bezieht, bis zum jüngsten Beschluß vom 6.2.1978 (6 B 36.77) keine Begründung; es sei denn, die Rechtskraft und der Hinweis auf die eigene ständige Rechtsprechung, daß "Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und verbales Bekenntnis eines Wehrpflichtigen allein nicht ausreichen", um eine Gewissensentscheidung hinreichend sicher festzustellen, könnten die rechtsstaatlich-demokratische Forderung nach Überzeugungskraft (vgl. BVerfGE 6, 32 [44 f.]) ersetzen (dazu schon Zasius, im Jahre 1518, zit. nach Erik Wolf, Rechtsphilosophische Studien, 1972. S. 165).

  • BVerfG, 16.01.1957 - 1 BvR 253/56

    Elfes

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Für die gegenteilige Behauptung gibt auch das Bundesverwaltungsgericht, auf das sich der Senat bezieht, bis zum jüngsten Beschluß vom 6.2.1978 (6 B 36.77) keine Begründung; es sei denn, die Rechtskraft und der Hinweis auf die eigene ständige Rechtsprechung, daß "Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und verbales Bekenntnis eines Wehrpflichtigen allein nicht ausreichen", um eine Gewissensentscheidung hinreichend sicher festzustellen, könnten die rechtsstaatlich-demokratische Forderung nach Überzeugungskraft (vgl. BVerfGE 6, 32 [44 f.]) ersetzen (dazu schon Zasius, im Jahre 1518, zit. nach Erik Wolf, Rechtsphilosophische Studien, 1972. S. 165).

    Im übrigen kann zwar die Ausübung einiger anderer Grundrechte zum Schutz höherrangiger Rechte einem verhältnismäßigen Erlaubnisvorbehalt unterworfen werden (vgl. z.B. BVerfGE 6, 32 [36]; 20, 365 [373]; Lisken, DRiZ 1977, S. 176); für die Rechte aus Art. 4 GG gilt dies aber nicht; sie stehen unter keinem Vorbehalt zugunsten des Staates, d.h. der Allgemeinheit (Adolf Arndt, Gesammelte juristische Schriften, 1976, S. 182).

  • BVerfG, 18.12.1968 - 1 BvL 5/64

    Mühlengesetz

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Das ist (nach ständiger Rechtsprechung, BVerfGE 25, 1 und 30, 250) unzulässig.

    Eine gesetzliche Maßnahme kann nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose beruht (BVerfGE 25, 1 [12 f.])." Der Senat setzt sich zu diesem, von ihm selbst aufgestellten Grundsatz in offenen Widerspruch, wenn er nunmehr die Novelle wegen einer Fehlprognose des Gesetzgebers, die dazu noch evident sein soll, für verfassungswidrig erklärt.

  • BVerfG, 07.12.1977 - 2 BvF 1/77

    Einstweilige Anordnung gegen das Gesetz zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und

    Auszug aus BVerfG, 13.04.1978 - 2 BvF 1/77
    Das Bundesverfassungsgericht hat durch eine am 7. Dezember 1977 von Amts wegen beschlossene einstweilige Anordnung (BVerfGE 46, 337 ; EuGRZ 1977, S. 512 ) das Wehrpflichtänderungsgesetz ab 16. Dezember 1977 bis zur Verkündung der Entscheidung in der Hauptsache außer Anwendung gesetzt und bestimmt, daß das Wehrpflichtgesetz und das Zivildienstgesetz bis zu diesem Zeitpunkt wieder in ihren am 31. Juli 1977 geltenden Fassungen anzuwenden sind, bis 15. Dezember 1977 nach neuem Recht begründete oder durch Annahmebescheid vorbereitete Zivildienstverhältnisse sowie begonnene oder schriftlich vereinbarte andere Dienste und Tätigkeiten, die als dem Zivildienst gleichwertig anerkannt sind, aber unberührt bleiben.

    In seiner einstweiligen Anordnung vom 7. Dezember 1977 (BVerfGE 46, 337 ; EuGRZ 1977, S. 512 ) hat das Bundesverfassungsgericht die Zielsetzung des Gesetzgebers, das herkömmliche Anerkennungsverfahren durch eine nach seiner Vorstellung geeignetere Alternative zu ersetzen, als an sich verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet.

  • BVerwG, 31.10.1968 - VIII C 97.67

    Kriegsdienstverweigerung und Wehrpflichtrecht - Begründung der

  • BVerwG, 19.06.1974 - VIII C 89.73

    Anfechtung einer Einberufung durch einen verfügbaren Wehrpflichtigen

  • BVerfG, 25.06.1969 - 2 BvR 128/66

    Ingenieur

  • BVerfG, 18.04.1961 - 1 BvR 389/56

    Verfassungsmäßigkeit der Wehrdienstnovelle

  • BVerwG, 26.11.1970 - VIII C 104.68

    Verwaltungsvorschriften zur Einberufung wehrpflichtiger Söhne von Kriegerwitwen

  • BVerfG, 16.06.1959 - 2 BvF 5/56

    Kriegsfolgelasten I

  • BVerfG, 11.01.1966 - 2 BvR 424/63

    Verfassungsmäßigkeit des § 267 Abs. 3 LAG

  • BVerfG, 26.01.1978 - 1 BvR 1200/77

    Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bei erwarteter verfassungskonformer

  • BVerfG, 18.11.1966 - 1 BvR 173/63

    Eignungsprüfung des Fahrzeugführers nach Ablauf der strafrechtlichen Sperrfrist

  • BVerwG, 18.10.1972 - VIII C 46.72

    Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer - Anforderungen an die

  • BVerfG, 16.07.1969 - 1 BvL 19/63

    Mikrozensus

  • BVerfG, 17.01.1978 - 1 BvL 13/76

    Bestimmtheitsgebot

  • BVerfG, 27.06.1974 - 2 BvR 429/72

    Richteramtsbezeichnungen

  • BVerfG, 05.03.1958 - 2 BvL 18/56

    lex Salamander

  • BVerfG, 16.10.1968 - 1 BvR 241/66

    (Aktion) Rumpelkammer

  • BVerfG, 16.10.1977 - 1 BvQ 5/77

    Schleyer

  • BVerfG, 24.03.1976 - 2 BvR 804/75

    Zwangsversteigerung I

  • BVerfG, 15.12.1970 - 2 BvF 1/69

    Abhörurteil

  • BVerfG, 19.10.1971 - 1 BvR 387/65

    Gesundbeter

  • BVerfG, 02.05.1967 - 1 BvR 578/63

    Sozialversicherungsträger

  • BVerfG, 25.10.1977 - 1 BvR 323/75

    Krankenhausaufnahme

  • BVerfG, 12.03.1975 - 1 BvL 15/71

    Hinterbliebenenrente

  • BVerfG, 12.11.1958 - 2 BvL 4/56

    Preisgesetz

  • BVerfG, 17.11.1959 - 1 BvR 88/56

    Friedensrichter Baden-Württemberg

  • BVerfG, 28.02.1961 - 2 BvG 1/60

    1. Rundfunkentscheidung

  • BVerfG, 25.02.1975 - 1 BvF 1/74

    Schwangerschaftsabbruch I

  • BVerfG, 09.10.1968 - 2 BvE 2/66

    Zustimmungsgesetz

  • BVerfG, 07.03.1968 - 2 BvR 354/66

    Dienstflucht

  • BVerfG, 26.02.2020 - 2 BvR 2347/15

    Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

    aa) Gewissensentscheidung ist nicht bereits jede relative Entscheidung über die Zweckmäßigkeit menschlichen Verhaltens aufgrund ernsthafter und nachdrücklicher Auffassung von guter politischer Ordnung und Vernunft, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Nützlichkeit, sondern ausschließlich die ernste sittliche, an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, sodass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (vgl. BVerfGE 12, 45 ; 48, 127 ).
  • BVerfG, 18.07.2012 - 1 BvL 10/10

    "Asylbewerberleistungsgesetz/Grundleistungen"

    Es besteht jedoch ein unabwendbares Bedürfnis nach einer einheitlichen, abstrakt-generellen Regelung (vgl. auch BVerfGE 39, 1; 48, 127; 84, 9; 88, 203; 99, 341; 101, 106 ; 103, 111; 109, 256), da das grundrechtlich garantierte Existenzminimum sonst nicht gesichert ist.
  • BVerfG, 24.04.1985 - 2 BvF 2/83

    Kriegsdienstverweigerung II

    Daraus folgt die Pflicht des Gesetzgebers sicherzustellen, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllt sind (Bestätigung BVerfGE 48, 127).

    Mit Urteil vom 13. April 1978 (BVerfGE 48, 127) hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes vom 13. Juli 1977 (BGBl. I S. 1229) für nichtig erklärt.

    An diesen in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätzen (vgl. BVerfGE 12, 45; 28, 243; 32, 40; 38, 154; 48, 127) hält der Senat fest.

    In Übereinstimmung mit dem bereits in Art. 26 Abs. 1 GG enthaltenen Verbot des An griffskrieges kommt in den genannten Vorschriften der eindeutige und unmißverständliche Wille des Verfassungsgebers zum Ausdruck, daß die Streitkräfte der Verteidigung gegen bewaffnete Angriffe dienen sollen (vgl. BVerfGE 48, 127 [159 f.]).

    In der demokratischen Verfassungsordnung des Grundgesetzes entsprechen einander der individuelle grundrechtliche Schutzanspruch und die gemeinschaftsbezogene Pflicht der Bürger, zur Sicherung dieser Verfassungsordnung beizutragen (vgl. BVerfGE 48, 127 [161]).

    Ihre Durchführung steht unter der Herrschaft des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfGE 48, 127 [162]); ihre Erfüllung ist demokratische Normalität.

    Auch bei Regelungen nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 GG darf der Gesetzgeber dieses Grundrecht nicht in seinem sachlichen Gehalt einschränken, sondern nur die Grenzen offenlegen, die in den Begriffen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG selbst schon enthalten sind (vgl. BVerfGE 48, 127 [163]; st. Rspr.).

    Denn ihre innere Rechtfertigung erfährt die Ersatzdienstpflicht allein daraus, daß nach Art. 12a Abs. 2 GG die Leistung des Wehrdienstes aus Gründen des Art. 4 Abs. 3 GG verweigert werden darf; der Zivildienst ersetzt, unbeschadet der wesensverschiedenen Aufgabenbereiche, den Wehrdienst (BVerfGE 48, 127 [165]).

    In diesem Rahmen kann der Gesetzgeber frei darüber bestimmen, auf welche Weise er den Tatbestand der Gewissensentscheidung feststellen lassen will (vgl. BVerfGE 48, 127 [169]).

    Er ist nicht verpflichtet, das herkömmliche Anerkennungsverfahren beizubehalten (BVerfGE 28, 243 [259]; 48, 127 [166 f.]).

    Er kann es durch eine nach seinen Vorstellungen geeignetere Lösung ersetzen (BVerfGE 48, 127 [167]).

    Statt eines besonderen Anerkennungsverfahrens stehen ihm auch andere geeignete Mittel zur Verfügung (vgl. BVerfGE 48, 127 [169]).

    Da im Zivildienst zur Zeit mehr Beschäftigungsstellen vorhanden sind als Zivildienstleistende und in Zukunft weitere Zivildienstplätze geschaffen werden sollen, muß der Kriegsdienstverweigerer heute - anders als noch im Jahre 1978 (vgl. BVerfGE 48, 127 [171 ff.]) - damit rechnen, mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zivildienst einberufen zu werden.

    Das ergibt sich für das Verfahren vor den Ausschüssen und Kammern für Kriegsdienstverweigerung bereits daraus, daß es dem früheren, mit dem Grundgesetz vereinbaren Prüfungsverfahren ähnlich ist (vgl. BVerfGE 28, 243 [259 f.]; 48, 127 [166]).

    Von der damaligen Gesetzeslage ausgehend hat deshalb der Senat auch festgestellt, daß etwa eine Verlängerung des Zivildienstes auf 24 Monate in Betracht kommen könnte (BVerfGE 48, 127 [170 f.]).

    Angesichts der vorgegebenen Unterschiede zwischen Wehr- und Ersatzdienst kann der Gesetzgeber den Zivildienst nur dann als eine im Verhältnis zum Wehrdienst gleichbelastende Pflicht (vgl. BVerfGE 48, 127 [173]) ausgestalten, wenn ihm bei der Festlegung der Dauer des Ersatzdienstes ein gewisser Spielraum zur Verfügung steht.

    Art. 4 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Gebot der Wehrgerechtigkeit fordert eine gesetzliche Regelung, die Gewähr dafür bietet, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllt sind (BVerfGE 48, 127 [168]).

    Andererseits kann der die Erfüllung einer Pflicht für die Gemeinschaft fordernde Staat um so weniger darauf verzichten, im Rahmen des Möglichen die in Anspruch genommene Gewissensposition festzustellen, je bedeutsamer für die Allgemeinheit und belastender für den Einzelnen die Gemeinschaftspflicht ist, mit der die vorgetragene individuelle Gewissensentscheidung in Konflikt gerät (vgl. BVerfGE 48, 127 [168]).

    Diese Regelung verstößt nicht gegen Art. 4 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 48, 127 [Ls 7; 168]).

    Der Ersatzdienst ist vom Grundgesetz nicht als alternative Form der Erfüllung der Wehrpflicht gedacht (vgl. BVerfGE 48, 127 [LS 5; 165 f.]).

    Das Verfahren nach den §§ 9 ff., 18 Abs. 1 Satz 2 KDVG stellt - in gleichem Maße wie das Verfahren nach den §§ 4 ff. KDVG - sicher, daß, wie es das Grundgesetz verlangt, selbst in ernsten Konfliktslagen, in denen der Staat seine Bürger besonders fordert, dem Schutz des freien Gewissens des Einzelnen der Vorrang eingeräumt wird vor staatlichen Interessen (vgl. BVerfGE 12, 45 [54]; 48, 127 [163]).

    Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung räumt dem Schutz des Gewissens selbst in ernsten Konfliktslagen, in denen der Staat seine Bürger besonders fordert, den Vorrang ein gegenüber der verfassungsrechtlich verankerten Pflicht zur Beteiligung an der bewaffneten Landesverteidigung und damit an der Sicherung der staatlichen Existenz (BVerfGE 12, 45 [54]; 28, 243 [260]; 48, 127 [163]).

    Sein Kernbereich besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung entgegen seinem Gewissen, das ihm eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet, einen anderen Menschen töten zu müssen (BVerfGE 12, 45 [56 f.]; 23, 191 [205]; 28, 243 [262]; 32, 40 [46 f.]; 48, 127 [163 f.]).

    Im Urteil vom 13. April 1978 hat der Zweite Senat dann die "verfassungsrechtliche Grundentscheidung" wieder aufgenommen, in der auch ein Handlungsgebot für die staatlichen Organe gesehen wird; sie erhebt nunmehr allgemein die verfassungsrechtlich ermöglichte und gesetzlich begründete Wehrpflicht in eine dem individuellen grundrechtlichen Schutzanspruch gleichrangige Pflicht (BVerfGE 48, 127 [159 ff.]).

    Der Bundestag hatte offensichtlich einmütig eine motivationsprüfende Alternative zum Wehrdienst für besser gehalten als ein Verfahren zur materiellen Erforschung des Gewissens (vgl. zu jenem Verfahren die in BVerfGE 48, 127 [167 f.] ausgeführten Bedenken).

    Entsprechendes gilt dann für das Tötungsverbot, das der Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe als tragende Norm zugrundeliegt: In einer späteren Entscheidung sieht das Gericht - verschärfend - den Kernbereich des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG nur mehr darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, "in einer Kriegshandlung entgegen seinem Gewissen, das ihm eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet ", einen Menschen töten zu müssen (BVerfGE 48, 127 [163 f.] - Hervorhebung hier).

    Die Entscheidung des Senats von 1978 hat dies - BVerfGE 12, 45 verschärfend - dahin verdeutlicht, der Schutz des Art. 4 Abs. 3 GG gelte einem Kriegsdienstverweigerer, dem sein Gewissen "eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet" (BVerfGE 48, 127 [163 f.]).

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