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Rechtsprechung
   EuGH, 20.09.2022 - C-793/19, C-794/19   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2022,24944
EuGH, 20.09.2022 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2022,24944)
EuGH, Entscheidung vom 20.09.2022 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2022,24944)
EuGH, Entscheidung vom 20. September 2022 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2022,24944)
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Volltextveröffentlichungen (4)

  • Europäischer Gerichtshof

    SpaceNet

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation - Vertraulichkeit der Kommunikation - Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste - Allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und ...

  • Betriebs-Berater

    Allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung generell unionsrechtswidrig

  • kanzlei.biz

    Deutsche Vorratsdatenspeicherung ist nicht mit Unionsrecht vereinbar

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation - Vertraulichkeit der Kommunikation - Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste - Allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und ...

Kurzfassungen/Presse (11)

  • Europäischer Gerichtshof PDF (Pressemitteilung)

    Rechtsangleichung - Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegensteht, es sei denn, es liegt eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor

  • MIR - Medien Internet und Recht (Kurzmitteilung)

    Vorratsdatenspeicherung - Allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten nach deutschem TKG unzulässig

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Keine allgemeine Vorratsdatenspeicherung von Verkehrsdaten und Standortdaten

  • lto.de (Kurzinformation)

    Deutsche Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht

  • computerundrecht.de (Kurzinformation)

    EuGH-Urteile zur Vorratsdatenspeicherung betreffend die Regelung in Deutschland

  • datenschutzrecht-praxis.de (Kurzinformation)

    Deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig

  • lto.de (Pressebericht zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung, 10.08.2021)

    Deutsche Vorratsdatenspeicherung wird Fall für Große Kammer

  • lto.de (Pressebericht zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung, 10.09.2021)

    Verhandlung zur Vorratsdatenspeicherung: Findet der EuGH einen Weg aus dem Dauerstreit?

  • lto.de (Kurzinformation zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung)

    Auf Vorlage: Über Vorratsdatenspeicherung wird verhandelt

  • lto.de (Kurzinformation zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung)

    Urteil zur deutschen Vorratsdatenspeicherung im September

  • anwalt.de (Kurzinformation zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung)

    Erneute Verhandlung über Vorratsdatenspeicherung

Besprechungen u.ä. (4)

  • verfassungsblog.de (Entscheidungsbesprechung)

    Rote Ampel für Geisterfahrer - Zur (hoffentlich letzten) EuGH-Entscheidung in Sachen Vorratsdatenspeicherung

  • verfassungsblog.de (Aufsatz mit Bezug zur Entscheidung)

    Staatliche Schutzpflichten im Kontext der Vorratsdatenspeicherung

  • lto.de (Pressekommentar)

    Der Trugschluss vom Ende der Vorratsdatenspeicherung

  • wbs.legal (Entscheidungsbesprechung)

    Deutsche Vorratsdatenspeicherung unionsrechtswidrig

Sonstiges (5)

Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NJW 2022, 3135
  • NVwZ 2022, 1697
  • EuZW 2022, 958
  • K&R 2022, 832
 
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Wird zitiert von ... (18)Neu Zitiert selbst (10)

  • EuGH, 05.04.2022 - C-140/20

    Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden, und insbesondere deren Entstehungsgeschichte (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Bereits aus dem Wortlaut von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 geht hervor, dass die Rechtsvorschriften, zu deren Erlass die Richtlinie die Mitgliedstaaten unter den in der Richtlinie festgelegten Voraussetzungen ermächtigt, lediglich darauf abzielen können, die u. a. in den Art. 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58 vorgesehenen Rechte und Pflichten zu "beschränken" (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 33).

    Sie sind insbesondere verpflichtet, das Mithören, Abhören und Speichern sowie andere Arten des Abfangens oder Überwachens von Nachrichten und der damit verbundenen Verkehrsdaten durch andere Personen als die Nutzer zu untersagen, wenn keine Einwilligung der betroffenen Nutzer vorliegt, es sei denn, dass diese Personen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie gesetzlich dazu ermächtigt sind (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 34).

    Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 der Grundsatz der Vertraulichkeit sowohl elektronischer Nachrichten als auch der damit verbundenen Verkehrsdaten aufgestellt wird, der u. a. das grundsätzliche Verbot für jede andere Person als die Nutzer, ohne deren Einwilligung solche Nachrichten und Daten auf Vorrat zu speichern, impliziert (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 107, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 35).

    Insbesondere ist es, wie im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie zum Ausdruck kommt, der Wille des Unionsgesetzgebers, die uneingeschränkte Achtung der in den die Achtung des Privatlebens bzw. den Schutz personenbezogener Daten garantierenden Art. 7 und 8 der Charta niedergelegten Rechte zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Durch den Erlass der Richtlinie 2002/58 hat der Unionsgesetzgeber somit diese Rechte konkretisiert, so dass die Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel grundsätzlich erwarten dürfen, dass ihre Nachrichten und die damit verbundenen Verkehrsdaten anonym bleiben und nicht gespeichert werden dürfen, es sei denn, sie haben darin eingewilligt (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 109, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 37).

    Folglich beschränkt sich die Richtlinie 2002/58 nicht darauf, den Zugang zu solchen Daten durch Garantien zu regeln, die Missbrauch verhindern sollen, sondern sie regelt insbesondere auch den Grundsatz des Verbots der Speicherung dieser Daten durch Dritte (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 39).

    Eine solche Bestimmung vermag es daher nicht zu rechtfertigen, dass die Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung, die Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation und der damit verbundenen Daten sicherzustellen, und insbesondere von dem in Art. 5 der Richtlinie 2002/58 vorgesehenen Verbot, diese Daten zu speichern, zur Regel wird, soll die letztgenannte Vorschrift nicht weitgehend ausgehöhlt werden (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Hinsichtlich der Zwecke, die eine Beschränkung der insbesondere in den Art. 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58 vorgesehenen Rechte und Pflichten rechtfertigen können, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Aufzählung der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie genannten Zwecke abschließend ist, so dass eine aufgrund dieser Bestimmung erlassene Rechtsvorschrift tatsächlich strikt einem von ihnen dienen muss (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste durch nationale Rechtsvorschriften auferlegte Pflicht, Verkehrsdaten auf Vorrat zu speichern, um sie gegebenenfalls den zuständigen nationalen Behörden zugänglich zu machen, Fragen aufwirft, die nicht nur die Einhaltung der Art. 7 und 8 der Charta betreffen, sondern auch die in Art. 11 der Charta gewährleistete Freiheit der Meinungsäußerung, und dass diese Freiheit eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft darstellt, die zu den Werten gehört, auf die sich die Europäische Union nach Art. 2 EUV gründet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Speicherung der Verkehrs- und Standortdaten als solche zum einen eine Abweichung von dem nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 für alle anderen Personen als die Nutzer geltenden Verbot der Speicherung dieser Daten darstellt und zum anderen einen Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, die in den Art. 7 und 8 der Charta verankert sind; dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffenden Informationen über das Privatleben sensiblen Charakter haben und ob die Betroffenen durch diesen Eingriff Nachteile erlitten haben oder ob die gespeicherten Daten in der Folge verwendet werden oder nicht (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Diese Daten ermöglichen insbesondere die Erstellung eines Profils der Betroffenen, das im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens eine ebenso sensible Information darstellt wie der Inhalt der Kommunikationen selbst (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Zum anderen birgt die bloße Vorratsspeicherung durch die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste angesichts der großen Menge von Verkehrs- und Standortdaten, die durch eine Maßnahme allgemeiner und unterschiedsloser Vorratsspeicherung kontinuierlich gespeichert werden können, sowie des sensiblen Charakters der Informationen, die diese Daten liefern können, Gefahren des Missbrauchs und des rechtswidrigen Zugangs (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Charta muss somit auch berücksichtigt werden, welche Bedeutung den in den Art. 3, 4, 6 und 7 der Charta verankerten Rechten und den Zielen des Schutzes der nationalen Sicherheit und der Bekämpfung schwerer Kriminalität als Beitrag zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zukommt (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Solche Verpflichtungen können sich aus Art. 7 auch in Bezug auf den Schutz der Wohnung und der Kommunikation sowie aus den Art. 3 und 4 hinsichtlich des Schutzes der körperlichen und geistigen Unversehrtheit der Menschen sowie des Verbots der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ergeben (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Angesichts dieser verschiedenen positiven Verpflichtungen müssen die verschiedenen betroffenen berechtigten Interessen und Rechte somit miteinander in Einklang gebracht werden, und es ist ein rechtlicher Rahmen zu schaffen, der diesen Einklang ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Außerdem kann eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung nicht verfolgt werden, ohne den Umstand zu berücksichtigen, dass sie mit den von der Maßnahme betroffenen Grundrechten in Einklang gebracht werden muss, indem eine ausgewogene Gewichtung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung und der fraglichen Rechte vorgenommen wird (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Insbesondere geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, eine Beschränkung der u. a. in den Art. 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58 vorgesehenen Rechte und Pflichten zu rechtfertigen, zu beurteilen ist, indem die Schwere des mit einer solchen Beschränkung verbundenen Eingriffs bestimmt und geprüft wird, ob die verfolgte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs steht (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Diese Erwägungen gelten in besonderem Maß, wenn es um den Schutz der besonderen Kategorie sensibler personenbezogener Daten geht (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Nationale Rechtsvorschriften, die eine Vorratsspeicherung personenbezogener Daten vorsehen, müssen daher stets objektiven Kriterien genügen, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Was die dem Gemeinwohl dienenden Ziele anbelangt, die eine nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassene Vorschrift rechtfertigen können, geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus dem Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), hervor, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Hierarchie zwischen diesen Zielen entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung besteht und dass die Bedeutung des mit einer solchen Vorschrift verfolgten Ziels im Verhältnis zur Schwere des daraus resultierenden Eingriffs stehen muss (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 56).

    Daher hat der Gerichtshof, was den Schutz der nationalen Sicherheit anbelangt, dessen Bedeutung die der übrigen von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erfassten Ziele übersteigt, festgestellt, dass diese Bestimmung im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die es zum Schutz der nationalen Sicherheit gestatten, den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste aufzugeben, Verkehrs- und Standortdaten allgemein und unterschiedslos auf Vorrat zu speichern, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht, sofern diese Anordnung Gegenstand einer wirksamen, zur Prüfung des Vorliegens einer solchen Situation sowie der Beachtung der vorzusehenden Bedingungen und Garantien dienenden Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle sein kann, deren Entscheidung bindend ist, und sofern die Anordnung nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber im Fall des Fortbestands der Bedrohung verlängerbaren Zeitraum ergeht (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Daher können nur Eingriffe in die genannten Grundrechte, die nicht schwer sind, durch das Ziel der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten im Allgemeinen gerechtfertigt sein (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Dies gilt auch in Anbetracht der Ziele der Bekämpfung schwerer Kriminalität und der Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit sowie der Bedeutung, die ihnen beizumessen ist (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Diese Rechtsvorschriften müssen durch klare und präzise Regeln sicherstellen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 168, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 67).

    Im vorliegenden Fall sind diese Fristen, die gemäß § 113b Abs. 1 TKG vier Wochen für Standortdaten und zehn Wochen für sonstige Daten betragen, zwar deutlich kürzer als die Fristen, die in den nationalen Regelungen, die eine Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung vorschreiben, vorgesehen sind, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a. (C-140/20, EU:C:2022:258), geprüft hat.

    Daraus folgt, dass nationale Rechtsvorschriften, die die vollständige Einhaltung der Voraussetzungen gewährleisten, die sich im Bereich des Zugangs zu auf Vorrat gespeicherten Daten aus der Rechtsprechung zur Auslegung der Richtlinie 2002/58 ergeben, naturgemäß den schwerwiegenden Eingriff weder beschränken noch beseitigen können, der sich aus der nach diesen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen allgemeinen Vorratsspeicherung dieser Daten in die Rechte ergeben würde, die in den Art. 5 und 6 dieser Richtlinie und in den durch diese Vorschriften konkretisierten Grundrechten garantiert werden (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 47).

    Viertens und letztens hat der Gerichtshof, was das Vorbringen der Europäischen Kommission anbelangt, wonach besonders schwere Kriminalität einer Bedrohung der nationalen Sicherheit gleichgestellt werden könne, bereits entschieden, dass das Ziel der Wahrung der nationalen Sicherheit dem zentralen Anliegen entspricht, die wesentlichen Funktionen des Staates und die grundlegenden Interessen der Gesellschaft durch die Verhütung und Repression von Tätigkeiten zu schützen, die geeignet sind, die tragenden Strukturen eines Landes im Bereich der Verfassung, Politik oder Wirtschaft oder im sozialen Bereich in schwerwiegender Weise zu destabilisieren und insbesondere die Gesellschaft, die Bevölkerung oder den Staat als solchen unmittelbar zu bedrohen, wie etwa terroristische Aktivitäten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Eine solche Bedrohung unterscheidet sich somit ihrer Art, ihrer Schwere und der Besonderheit der sie begründenden Umstände nach von der allgemeinen und ständigen Gefahr, dass - auch schwere - Spannungen oder Störungen der öffentlichen Sicherheit auftreten, oder schwerer Straftaten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Eine solche Gleichstellung könnte nämlich eine Zwischenkategorie zwischen der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Sicherheit einführen, um auf die zweite Kategorie die Voraussetzungen der ersten Kategorie anzuwenden (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 63).

    Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Wirksamkeit der Strafverfolgung im Allgemeinen nicht von einem einzigen Ermittlungsinstrument abhängt, sondern von allen Ermittlungsinstrumenten, über die die zuständigen nationalen Behörden zu diesem Zweck verfügen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 69).

    Zweitens gestattet Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta in seiner Auslegung durch die in Rn. 75 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung es den Mitgliedstaaten, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit nicht nur Rechtsvorschriften zur Einführung einer gezielten Vorratsspeicherung und einer umgehenden Sicherung zu erlassen, sondern auch Rechtsvorschriften, die eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von zum einen der die Identität der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel betreffenden Daten und zum anderen der IP-Adressen, die der Quelle einer Verbindung zugewiesen sind, vorsehen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 70).

    Insoweit steht fest, dass die Vorratsspeicherung der die Identität der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel betreffenden Daten zur Bekämpfung schwerer Kriminalität beitragen kann, sofern diese Daten es ermöglichen, die Personen zu identifizieren, die solche Kommunikationsmittel im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Begehung einer zur schweren Kriminalität zählenden Tat verwendet haben (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 71).

    Unter diesen Umständen ist klarzustellen, dass weder diese Richtlinie noch irgendein anderer Unionsrechtsakt nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die die Bekämpfung schwerer Kriminalität zum Gegenstand haben und nach denen der Erwerb eines elektronischen Kommunikationsmittels wie einer vorausbezahlten SIM-Karte von der Überprüfung amtlicher Dokumente, die die Identität des Käufers belegen, und der Erfassung der sich daraus ergebenden Informationen durch den Verkäufer abhängig ist, wobei der Verkäufer gegebenenfalls verpflichtet ist, den zuständigen nationalen Behörden Zugang zu diesen Informationen zu gewähren (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 72).

    Allerdings hat der Gerichtshof in Bezug auf eine solche Speicherung festgestellt, dass, um die widerstreitenden Rechte und berechtigten Interessen miteinander in Einklang zu bringen, wie es die in den Rn. 65 bis 68 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt, zu berücksichtigen ist, dass im Fall einer im Internet begangenen Straftat und insbesondere im Fall des Erwerbs, der Verbreitung, der Weitergabe oder der Bereitstellung im Internet von Kinderpornografie im Sinne von Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. 2011, L 335, S. 1, berichtigt in ABl. 2012, L 18, S. 7) die IP-Adresse der einzige Anhaltspunkt sein kann, der es ermöglicht, die Identität der Person zu ermitteln, der diese Adresse zugewiesen war, als die Tat begangen wurde (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 73).

    Ebenso wenig verlangt die Richtlinie, dass die Anordnung, mit der eine umgehende Sicherung angeordnet wird, auf Verdächtige beschränkt wird, die vor einer solchen Anordnung identifiziert wurden (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 75).

    Was erstens die gezielte Vorratsspeicherung anbelangt, so hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 auf objektiven Kriterien beruhenden nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, mit denen zum einen Personen erfasst werden können, deren Verkehrs- und Standortdaten geeignet sind, einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit schweren Straftaten zu offenbaren, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität beizutragen oder eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder eine Gefahr für die nationale Sicherheit zu verhüten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Der Gerichtshof hat insoweit klargestellt, dass diese objektiven Kriterien zwar je nach den zur Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung schwerer Straftaten getroffenen Maßnahmen unterschiedlich sein können, zu den erfassten Personen aber insbesondere diejenigen gehören können, die zuvor im Rahmen der einschlägigen nationalen Verfahren und auf der Grundlage objektiver und nicht diskriminierender Kriterien als Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der nationalen Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats eingestuft wurden (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 77).

    Beruht eine solche Einstufung aber auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien, die im nationalen Recht festgelegt sind, so ist die gezielte Vorratsspeicherung in Bezug auf so eingestufte Personen gerechtfertigt (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 78).

    Dabei kann es sich insbesondere um Orte handeln, die durch eine erhöhte Zahl schwerer Straftaten gekennzeichnet sind, um Orte, an denen die Gefahr, dass schwere Straftaten begangen werden, besonders hoch ist, wie Orte oder Infrastrukturen, die regelmäßig von einer sehr hohen Zahl von Personen aufgesucht werden, oder um strategische Orte wie Flughäfen, Seehäfen, Bahnhöfe oder Mautstellen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Da eine gezielte Vorratsspeicherung, die auf einem solchen Kriterium beruht, je nach den betreffenden schweren Straftaten und der den jeweiligen Mitgliedstaaten eigenen Situation sowohl Orte betreffen kann, die durch eine erhöhte Zahl schwerer Straftaten gekennzeichnet sind, als auch Orte, die für die Begehung solcher Straftaten besonders anfällig sind, kann sie grundsätzlich auch nicht zu Diskriminierungen führen, da das Kriterium der durchschnittlichen Rate schwerer Straftaten als solches keine Verbindung zu potenziell diskriminierenden Elementen aufweist (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 80).

    Eine solche Maßnahme der gezielten Vorratsspeicherung kann es diesen Behörden somit ermöglichen, durch den Zugang zu den so gespeicherten Daten Informationen über die Anwesenheit dieser Personen an den Orten oder in den geografischen Gebieten, auf die sich diese Maßnahme bezieht, sowie über ihre Bewegungen zwischen oder innerhalb dieser Orte oder geografischen Gebiete zu erhalten und daraus zum Zweck der Bekämpfung schwerer Kriminalität Schlüsse über ihre Anwesenheit und ihre Tätigkeit an diesen Orten oder in diesen geografischen Gebieten zu einem bestimmten Zeitpunkt während des Speicherungszeitraums zu ziehen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 81).

    Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass die Dauer der in den Rn. 105 bis 110 des vorliegenden Urteils beschriebenen Maßnahmen gezielter Speicherung das im Hinblick auf das verfolgte Ziel sowie die sie rechtfertigenden Umstände absolut Notwendige nicht überschreiten darf, unbeschadet einer etwaigen Verlängerung wegen des fortbestehenden Erfordernisses einer solchen Speicherung (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 151, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 82).

    Da sich Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 auf Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezieht, obliegt es allerdings diesen und nicht dem Gerichtshof, solche Kriterien zu bestimmen, wobei es nicht darum gehen kann, auf diesem Weg wieder eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der Verkehrs- und Standortdaten einzuführen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 83).

    Wie der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann jedenfalls das etwaige Bestehen von Schwierigkeiten bei der genauen Bestimmung der Fälle und Bedingungen, in bzw. unter denen eine gezielte Vorratsspeicherung durchgeführt werden kann, nicht rechtfertigen, dass Mitgliedstaaten, indem sie die Ausnahme zur Regel machen, eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 84).

    Allerdings hat der Gerichtshof entschieden, dass während dieser Verarbeitung und Speicherung Situationen auftreten können, die es erforderlich machen, die betreffenden Daten zur Aufklärung schwerer Straftaten oder von Beeinträchtigungen der nationalen Sicherheit über diese Fristen hinaus zu speichern, und zwar sowohl dann, wenn die Taten oder Beeinträchtigungen bereits festgestellt werden konnten, als auch dann, wenn nach einer objektiven Prüfung aller relevanten Umstände der begründete Verdacht besteht, dass sie vorliegen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 85).

    In einer solchen Situation steht es den Mitgliedstaaten angesichts dessen, dass nach den Ausführungen in den Rn. 65 bis 68 des vorliegenden Urteils die widerstreitenden Rechte und berechtigten Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen, frei, in Rechtsvorschriften, die sie gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassen, vorzusehen, dass den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste mittels einer Entscheidung der zuständigen Behörde, die einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, aufgegeben wird, für einen festgelegten Zeitraum die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 163, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 86).

    Angesichts der Schwere des Eingriffs in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte, der mit einer solchen Speicherung verbunden sein kann, sind nur die Bekämpfung schwerer Kriminalität und, a fortiori , der Schutz der nationalen Sicherheit geeignet, diesen Eingriff zu rechtfertigen, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 87).

    Dazu gehören die Daten des Opfers sowie seines sozialen oder beruflichen Umfelds (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 165, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 88).

    Somit kann eine Rechtsvorschrift es gestatten, gegenüber den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste anzuordnen, die Verkehrs- und Standortdaten u. a. von Personen, mit denen ein Opfer vor dem Auftreten einer schweren Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der Begehung einer schweren Straftat unter Verwendung seiner elektronischen Kommunikationsmittel in Kontakt gestanden hat, umgehend zu sichern (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 89).

    Es ist klarzustellen, dass Gegenstand einer solchen Maßnahme auch die Verkehrs- und Standortdaten sein können, die sich auf den Ort beziehen, an dem eine Person, die möglicherweise Opfer einer schweren Straftat ist, verschwunden ist, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf diese Weise auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des für die Bekämpfung schwerer Straftaten oder den Schutz der nationalen Sicherheit absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 90).

    Außerdem ist klarzustellen, dass Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 die zuständigen nationalen Behörden nicht daran hindert, bereits im ersten Stadium der Ermittlungen bezüglich einer schweren Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder einer möglichen schweren Straftat, d. h. ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Behörden nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts solche Ermittlungen einleiten können, eine umgehende Sicherung anzuordnen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 91).

    Unter diesen Umständen steht Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta in der Auslegung durch die auf das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), zurückgehende Rechtsprechung einer Kombination dieser Maßnahmen nicht entgegen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 92).

    Viertens und letztens ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus dem die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zusammenfassenden Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergibt, die Verhältnismäßigkeit der nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 getroffenen Maßnahmen die Einhaltung nicht nur der Erfordernisse der Geeignetheit und der Erforderlichkeit verlangt, sondern auch des Erfordernisses, dass diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen müssen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 93).

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 51 des Urteils vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland u. a. (C-293/12 und C-594/12, EU:C:2014:238), entschieden hat, dass zwar die Bekämpfung schwerer Kriminalität von größter Bedeutung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist und dass ihre Wirksamkeit in hohem Maß von der Nutzung moderner Ermittlungstechniken abhängen kann; eine solche dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung kann aber, so grundlegend sie auch sein mag, für sich genommen die Erforderlichkeit einer Maßnahme der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten - wie sie die Richtlinie 2006/24 vorsieht - nicht rechtfertigen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 94).

    Im selben Sinne hat der Gerichtshof in Rn. 145 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), klargestellt, dass selbst die positiven Verpflichtungen der Mitgliedstaaten - die sich, je nach Fall, aus den Art. 3, 4 und 7 der Charta ergeben können und, wie in Rn. 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Schaffung von Regeln für eine wirksame Bekämpfung von Straftaten betreffen - keine so schwerwiegenden Eingriffe rechtfertigen können, wie sie mit nationalen Rechtsvorschriften, die eine Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, für die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte fast der gesamten Bevölkerung verbunden sind, ohne dass die Daten der Betroffenen einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit dem verfolgten Ziel aufweisen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 95).

    Zunächst ist festzustellen, dass die Gestattung des Zugangs zu allgemein und unterschiedslos auf Vorrat gespeicherten Verkehrs- und Standortdaten zum Zweck der Bekämpfung schwerer Kriminalität diesen Zugang von Umständen abhängig machen würde, die mit diesem Ziel nichts zu tun haben - je nachdem, ob in dem betreffenden Mitgliedstaat eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit im Sinne der vorstehenden Randnummer besteht oder nicht -, während im Hinblick auf das alleinige Ziel der Bekämpfung schwerer Kriminalität, das die Speicherung dieser Daten und den Zugang zu ihnen rechtfertigen soll, nichts eine unterschiedliche Behandlung insbesondere zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen würde (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 97).

    Etwas anderes gilt nur, wenn die Bedeutung des mit dem Zugang verfolgten Ziels die Bedeutung des Ziels, das die Speicherung gerechtfertigt hat, übersteigt (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 98).

    In einer solchen Situation Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten zu gewähren, würde gegen die Hierarchie der dem Gemeinwohl dienenden Ziele verstoßen, auf die in der vorstehenden Randnummer sowie in den Rn. 68, 71, 72 und 73 dieses Urteils hingewiesen worden ist (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 99).

    Wenn diese Daten ausnahmsweise allgemein und unterschiedslos zum Schutz der nationalen Sicherheit vor einer Bedrohung, die als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufen ist, unter den in Rn. 71 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen gespeichert wurden, dürfen die für strafrechtliche Ermittlungen zuständigen nationalen Behörden im Rahmen der Strafverfolgung nicht auf diese Daten zugreifen, da sonst das in Rn. 74 genannte Verbot einer solchen Speicherung zum Zweck der Bekämpfung schwerer Straftaten seine praktische Wirksamkeit verlieren würde (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 100).

  • EuGH, 06.10.2020 - C-511/18

    Rechtsangleichung

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Juli 2020 ist das Verfahren in den verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18) ausgesetzt worden.

    Nachdem der Gerichtshof am 6. Oktober 2020 sein Urteil in der Rechtssache La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791) erlassen hatte, hat der Präsident des Gerichtshofs am 8. Oktober 2020 die Fortsetzung des Verfahrens in den verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 angeordnet.

    Insoweit hat das vorlegende Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehene Speicherpflicht weniger Daten und eine kürzere Speicherungsfrist betreffe, als sie die nationalen Regelungen vorgesehen hätten, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergangen sei.

    Schließlich hat es hervorgehoben, dass weiterhin Unsicherheiten hinsichtlich der Frage bestünden, ob die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Speicherung der IP-Adressen mit dem Unionsrecht vereinbar sei, weil zwischen den Rn. 155 und 168 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), eine Inkohärenz bestehe.

    Was das Vorbringen Irlands sowie der französischen, der niederländischen, der polnischen und der schwedischen Regierung anbelangt, die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung falle nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58, da sie insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit erlassen worden sei, genügt der Hinweis, dass eine nationale Regelung, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit und zur Bekämpfung der Kriminalität zur Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten verpflichtet, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58 fällt (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 104).

    Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 der Grundsatz der Vertraulichkeit sowohl elektronischer Nachrichten als auch der damit verbundenen Verkehrsdaten aufgestellt wird, der u. a. das grundsätzliche Verbot für jede andere Person als die Nutzer, ohne deren Einwilligung solche Nachrichten und Daten auf Vorrat zu speichern, impliziert (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 107, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 35).

    Durch den Erlass der Richtlinie 2002/58 hat der Unionsgesetzgeber somit diese Rechte konkretisiert, so dass die Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel grundsätzlich erwarten dürfen, dass ihre Nachrichten und die damit verbundenen Verkehrsdaten anonym bleiben und nicht gespeichert werden dürfen, es sei denn, sie haben darin eingewilligt (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 109, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 37).

    Was die dem Gemeinwohl dienenden Ziele anbelangt, die eine nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassene Vorschrift rechtfertigen können, geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus dem Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), hervor, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Hierarchie zwischen diesen Zielen entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung besteht und dass die Bedeutung des mit einer solchen Vorschrift verfolgten Ziels im Verhältnis zur Schwere des daraus resultierenden Eingriffs stehen muss (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 56).

    Diese Rechtsvorschriften müssen durch klare und präzise Regeln sicherstellen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 168, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 67).

    Zwar nimmt die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung den Inhalt der Kommunikation sowie die Daten über aufgerufene Internetseiten von der Speicherpflicht aus und schreibt die Speicherung der Funkzellenkennung lediglich zu Beginn der Kommunikation vor, jedoch ist darauf hinzuweisen, dass dies im Wesentlichen auch für die nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24 galt, um die es in den Rechtssachen ging, in denen das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergangen ist.

    Die für eine solche Nachverfolgung erforderliche Vorratsspeicherung und Analyse der IP-Adressen stellen daher schwere Eingriffe in die Grundrechte des Internetnutzers aus den Art. 7 und 8 der Charta dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 153).

    Im vorliegenden Fall sind diese Fristen, die gemäß § 113b Abs. 1 TKG vier Wochen für Standortdaten und zehn Wochen für sonstige Daten betragen, zwar deutlich kürzer als die Fristen, die in den nationalen Regelungen, die eine Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung vorschreiben, vorgesehen sind, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a. (C-140/20, EU:C:2022:258), geprüft hat.

    Gleichwohl verstößt eine Rechtsvorschrift, die eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung allein der IP-Adressen der Quelle einer Verbindung vorsieht, grundsätzlich nicht gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta, sofern diese Möglichkeit von der strikten Einhaltung der materiellen und prozeduralen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die die Nutzung dieser Daten regeln müssen (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 155).

    Schließlich muss eine derartige Maßnahme strenge Voraussetzungen und Garantien hinsichtlich der Auswertung dieser Daten, insbesondere in Form einer Nachverfolgung, in Bezug auf die Online-Kommunikationen und -Aktivitäten der Betroffenen vorsehen (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 156).

    Entgegen den Ausführungen des vorlegenden Gerichts besteht somit kein Spannungsverhältnis zwischen den Rn. 155 und 168 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791).

    Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass die Dauer der in den Rn. 105 bis 110 des vorliegenden Urteils beschriebenen Maßnahmen gezielter Speicherung das im Hinblick auf das verfolgte Ziel sowie die sie rechtfertigenden Umstände absolut Notwendige nicht überschreiten darf, unbeschadet einer etwaigen Verlängerung wegen des fortbestehenden Erfordernisses einer solchen Speicherung (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 151, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 82).

    In einer solchen Situation steht es den Mitgliedstaaten angesichts dessen, dass nach den Ausführungen in den Rn. 65 bis 68 des vorliegenden Urteils die widerstreitenden Rechte und berechtigten Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen, frei, in Rechtsvorschriften, die sie gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassen, vorzusehen, dass den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste mittels einer Entscheidung der zuständigen Behörde, die einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, aufgegeben wird, für einen festgelegten Zeitraum die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 163, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 86).

    Angesichts der Schwere des Eingriffs in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte, der mit einer solchen Speicherung verbunden sein kann, sind nur die Bekämpfung schwerer Kriminalität und, a fortiori , der Schutz der nationalen Sicherheit geeignet, diesen Eingriff zu rechtfertigen, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 87).

    Dazu gehören die Daten des Opfers sowie seines sozialen oder beruflichen Umfelds (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 165, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 88).

    Es ist klarzustellen, dass Gegenstand einer solchen Maßnahme auch die Verkehrs- und Standortdaten sein können, die sich auf den Ort beziehen, an dem eine Person, die möglicherweise Opfer einer schweren Straftat ist, verschwunden ist, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf diese Weise auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des für die Bekämpfung schwerer Straftaten oder den Schutz der nationalen Sicherheit absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 90).

    Unter diesen Umständen steht Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta in der Auslegung durch die auf das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), zurückgehende Rechtsprechung einer Kombination dieser Maßnahmen nicht entgegen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 92).

    Viertens und letztens ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus dem die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zusammenfassenden Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergibt, die Verhältnismäßigkeit der nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 getroffenen Maßnahmen die Einhaltung nicht nur der Erfordernisse der Geeignetheit und der Erforderlichkeit verlangt, sondern auch des Erfordernisses, dass diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen müssen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 93).

    Im selben Sinne hat der Gerichtshof in Rn. 145 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), klargestellt, dass selbst die positiven Verpflichtungen der Mitgliedstaaten - die sich, je nach Fall, aus den Art. 3, 4 und 7 der Charta ergeben können und, wie in Rn. 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Schaffung von Regeln für eine wirksame Bekämpfung von Straftaten betreffen - keine so schwerwiegenden Eingriffe rechtfertigen können, wie sie mit nationalen Rechtsvorschriften, die eine Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, für die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte fast der gesamten Bevölkerung verbunden sind, ohne dass die Daten der Betroffenen einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit dem verfolgten Ziel aufweisen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 95).

    In der mündlichen Verhandlung hat die dänische Regierung vorgebracht, dass die zuständigen nationalen Behörden zum Zweck der Bekämpfung schwerer Kriminalität Zugang zu Verkehrs- und Standortdaten haben müssten, die gemäß der aus dem Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 135 bis 139), hervorgegangenen Rechtsprechung allgemein und unterschiedslos auf Vorrat gespeichert worden seien, um einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit zu begegnen.

  • Generalanwalt beim EuGH, 15.01.2020 - C-520/18

    Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. - Vorlage zur

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 14. Juli 2020 ist das Verfahren in den verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst. b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs bis zur Verkündung des Urteils in der Rechtssache La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18) ausgesetzt worden.

    Nachdem der Gerichtshof am 6. Oktober 2020 sein Urteil in der Rechtssache La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791) erlassen hatte, hat der Präsident des Gerichtshofs am 8. Oktober 2020 die Fortsetzung des Verfahrens in den verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 angeordnet.

    Insoweit hat das vorlegende Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung vorgesehene Speicherpflicht weniger Daten und eine kürzere Speicherungsfrist betreffe, als sie die nationalen Regelungen vorgesehen hätten, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergangen sei.

    Schließlich hat es hervorgehoben, dass weiterhin Unsicherheiten hinsichtlich der Frage bestünden, ob die in der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung vorgesehene Speicherung der IP-Adressen mit dem Unionsrecht vereinbar sei, weil zwischen den Rn. 155 und 168 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), eine Inkohärenz bestehe.

    Was das Vorbringen Irlands sowie der französischen, der niederländischen, der polnischen und der schwedischen Regierung anbelangt, die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung falle nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58, da sie insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit erlassen worden sei, genügt der Hinweis, dass eine nationale Regelung, die wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit und zur Bekämpfung der Kriminalität zur Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten verpflichtet, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58 fällt (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 104).

    Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 der Grundsatz der Vertraulichkeit sowohl elektronischer Nachrichten als auch der damit verbundenen Verkehrsdaten aufgestellt wird, der u. a. das grundsätzliche Verbot für jede andere Person als die Nutzer, ohne deren Einwilligung solche Nachrichten und Daten auf Vorrat zu speichern, impliziert (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 107, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 35).

    Durch den Erlass der Richtlinie 2002/58 hat der Unionsgesetzgeber somit diese Rechte konkretisiert, so dass die Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel grundsätzlich erwarten dürfen, dass ihre Nachrichten und die damit verbundenen Verkehrsdaten anonym bleiben und nicht gespeichert werden dürfen, es sei denn, sie haben darin eingewilligt (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 109, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 37).

    Was die dem Gemeinwohl dienenden Ziele anbelangt, die eine nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassene Vorschrift rechtfertigen können, geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere aus dem Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), hervor, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Hierarchie zwischen diesen Zielen entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung besteht und dass die Bedeutung des mit einer solchen Vorschrift verfolgten Ziels im Verhältnis zur Schwere des daraus resultierenden Eingriffs stehen muss (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 56).

    Diese Rechtsvorschriften müssen durch klare und präzise Regeln sicherstellen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 168, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 67).

    Zwar nimmt die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung den Inhalt der Kommunikation sowie die Daten über aufgerufene Internetseiten von der Speicherpflicht aus und schreibt die Speicherung der Funkzellenkennung lediglich zu Beginn der Kommunikation vor, jedoch ist darauf hinzuweisen, dass dies im Wesentlichen auch für die nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24 galt, um die es in den Rechtssachen ging, in denen das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergangen ist.

    Die für eine solche Nachverfolgung erforderliche Vorratsspeicherung und Analyse der IP-Adressen stellen daher schwere Eingriffe in die Grundrechte des Internetnutzers aus den Art. 7 und 8 der Charta dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 153).

    Im vorliegenden Fall sind diese Fristen, die gemäß § 113b Abs. 1 TKG vier Wochen für Standortdaten und zehn Wochen für sonstige Daten betragen, zwar deutlich kürzer als die Fristen, die in den nationalen Regelungen, die eine Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung vorschreiben, vorgesehen sind, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a. (C-140/20, EU:C:2022:258), geprüft hat.

    Gleichwohl verstößt eine Rechtsvorschrift, die eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung allein der IP-Adressen der Quelle einer Verbindung vorsieht, grundsätzlich nicht gegen Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta, sofern diese Möglichkeit von der strikten Einhaltung der materiellen und prozeduralen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die die Nutzung dieser Daten regeln müssen (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 155).

    Schließlich muss eine derartige Maßnahme strenge Voraussetzungen und Garantien hinsichtlich der Auswertung dieser Daten, insbesondere in Form einer Nachverfolgung, in Bezug auf die Online-Kommunikationen und -Aktivitäten der Betroffenen vorsehen (Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 156).

    Entgegen den Ausführungen des vorlegenden Gerichts besteht somit kein Spannungsverhältnis zwischen den Rn. 155 und 168 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791).

    Der Gerichtshof hat nämlich bereits entschieden, dass die Dauer der in den Rn. 105 bis 110 des vorliegenden Urteils beschriebenen Maßnahmen gezielter Speicherung das im Hinblick auf das verfolgte Ziel sowie die sie rechtfertigenden Umstände absolut Notwendige nicht überschreiten darf, unbeschadet einer etwaigen Verlängerung wegen des fortbestehenden Erfordernisses einer solchen Speicherung (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 151, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 82).

    In einer solchen Situation steht es den Mitgliedstaaten angesichts dessen, dass nach den Ausführungen in den Rn. 65 bis 68 des vorliegenden Urteils die widerstreitenden Rechte und berechtigten Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen, frei, in Rechtsvorschriften, die sie gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlassen, vorzusehen, dass den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste mittels einer Entscheidung der zuständigen Behörde, die einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, aufgegeben wird, für einen festgelegten Zeitraum die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 163, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 86).

    Angesichts der Schwere des Eingriffs in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte, der mit einer solchen Speicherung verbunden sein kann, sind nur die Bekämpfung schwerer Kriminalität und, a fortiori , der Schutz der nationalen Sicherheit geeignet, diesen Eingriff zu rechtfertigen, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 87).

    Dazu gehören die Daten des Opfers sowie seines sozialen oder beruflichen Umfelds (Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 165, sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 88).

    Es ist klarzustellen, dass Gegenstand einer solchen Maßnahme auch die Verkehrs- und Standortdaten sein können, die sich auf den Ort beziehen, an dem eine Person, die möglicherweise Opfer einer schweren Straftat ist, verschwunden ist, sofern diese Maßnahme sowie der Zugang zu den auf diese Weise auf Vorrat gespeicherten Daten die Grenzen des für die Bekämpfung schwerer Straftaten oder den Schutz der nationalen Sicherheit absolut Notwendigen, wie sie in den Rn. 164 bis 167 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), dargelegt sind, einhalten (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 90).

    Unter diesen Umständen steht Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta in der Auslegung durch die auf das Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), zurückgehende Rechtsprechung einer Kombination dieser Maßnahmen nicht entgegen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 92).

    Viertens und letztens ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus dem die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zusammenfassenden Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), ergibt, die Verhältnismäßigkeit der nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 getroffenen Maßnahmen die Einhaltung nicht nur der Erfordernisse der Geeignetheit und der Erforderlichkeit verlangt, sondern auch des Erfordernisses, dass diese Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen müssen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 93).

    Im selben Sinne hat der Gerichtshof in Rn. 145 des Urteils vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), klargestellt, dass selbst die positiven Verpflichtungen der Mitgliedstaaten - die sich, je nach Fall, aus den Art. 3, 4 und 7 der Charta ergeben können und, wie in Rn. 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Schaffung von Regeln für eine wirksame Bekämpfung von Straftaten betreffen - keine so schwerwiegenden Eingriffe rechtfertigen können, wie sie mit nationalen Rechtsvorschriften, die eine Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, für die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte fast der gesamten Bevölkerung verbunden sind, ohne dass die Daten der Betroffenen einen zumindest mittelbaren Zusammenhang mit dem verfolgten Ziel aufweisen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 95).

    In der mündlichen Verhandlung hat die dänische Regierung vorgebracht, dass die zuständigen nationalen Behörden zum Zweck der Bekämpfung schwerer Kriminalität Zugang zu Verkehrs- und Standortdaten haben müssten, die gemäß der aus dem Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 135 bis 139), hervorgegangenen Rechtsprechung allgemein und unterschiedslos auf Vorrat gespeichert worden seien, um einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit zu begegnen.

  • EuGH, 01.02.2016 - C-698/15

    Davis u.a.

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Dieses Gericht war nämlich im Licht des Urteils vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), der Auffassung, dass diese Pflicht zur Vorratsspeicherung gegen das Unionsrecht verstoße.

    Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof bereits im Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), abschließend geklärt habe, dass Regelungen über die Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten sowie über den Zugang der nationalen Behörden zu diesen Daten grundsätzlich in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58 fielen.

    Insoweit gehe aus dem Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), hervor, dass Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie des Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Regelung entgegenstehe, die für Zwecke der Bekämpfung von Straftaten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel vorsehe.

    Erstens verlange die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung im Gegensatz zu den nationalen Regelungen, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), ergangen sei, nicht die Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrsdaten bezüglich der Telekommunikation aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel.

    Zweitens weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass § 113b Abs. 1 TKG eine Speicherungsfrist von vier Wochen für Standortdaten und von zehn Wochen für Verkehrsdaten vorsehe, während die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. 2006, L 105, S. 54), die den nationalen Regelungen zugrunde gelegen habe, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), ergangen sei, eine Speicherungsfrist zwischen sechs Monaten und zwei Jahren vorgesehen habe.

    Im vorliegenden Fall sind diese Fristen, die gemäß § 113b Abs. 1 TKG vier Wochen für Standortdaten und zehn Wochen für sonstige Daten betragen, zwar deutlich kürzer als die Fristen, die in den nationalen Regelungen, die eine Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung vorschreiben, vorgesehen sind, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a. (C-140/20, EU:C:2022:258), geprüft hat.

  • EuGH, 21.12.2016 - C-203/15

    Die Mitgliedstaaten dürfen den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Dieses Gericht war nämlich im Licht des Urteils vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), der Auffassung, dass diese Pflicht zur Vorratsspeicherung gegen das Unionsrecht verstoße.

    Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof bereits im Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), abschließend geklärt habe, dass Regelungen über die Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten sowie über den Zugang der nationalen Behörden zu diesen Daten grundsätzlich in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58 fielen.

    Insoweit gehe aus dem Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), hervor, dass Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie des Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen sei, dass er einer nationalen Regelung entgegenstehe, die für Zwecke der Bekämpfung von Straftaten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel vorsehe.

    Erstens verlange die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung im Gegensatz zu den nationalen Regelungen, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), ergangen sei, nicht die Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrsdaten bezüglich der Telekommunikation aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel.

    Zweitens weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass § 113b Abs. 1 TKG eine Speicherungsfrist von vier Wochen für Standortdaten und von zehn Wochen für Verkehrsdaten vorsehe, während die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. 2006, L 105, S. 54), die den nationalen Regelungen zugrunde gelegen habe, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen das Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), ergangen sei, eine Speicherungsfrist zwischen sechs Monaten und zwei Jahren vorgesehen habe.

    Im vorliegenden Fall sind diese Fristen, die gemäß § 113b Abs. 1 TKG vier Wochen für Standortdaten und zehn Wochen für sonstige Daten betragen, zwar deutlich kürzer als die Fristen, die in den nationalen Regelungen, die eine Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung vorschreiben, vorgesehen sind, die der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u. a. (C-203/15 und C-698/15, EU:C:2016:970), vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a. (C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791), sowie vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a. (C-140/20, EU:C:2022:258), geprüft hat.

  • EuGH, 02.03.2021 - C-746/18

    Grenzen für Vorratsdatenspeicherung

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Folglich ist die Speicherung von Verkehrs- oder Standortdaten, die Informationen über die Kommunikationen des Nutzers eines elektronischen Kommunikationsmittels oder über den Standort der von ihm verwendeten Endgeräte liefern können, in jedem Fall schwerwiegend, unabhängig von der Länge des Speicherzeitraums und von der Menge oder Art der gespeicherten Daten, sofern der Datensatz geeignet ist, sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der betroffenen Person bzw. der betroffenen Personen zuzulassen (vgl. zum Zugang zu solchen Daten Urteil vom 2. März 2021, Prokuratuur [Voraussetzungen für den Zugang zu Daten über die elektronische Kommunikation], C-746/18, EU:C:2021:152, Rn. 39).

    Somit erfolgt die Beurteilung der Schwere des in der Speicherung bestehenden Eingriffs notwendigerweise anhand der mit der Kategorie gespeicherter Daten allgemein verbundenen Gefahr für das Privatleben der Betroffenen, ohne dass es überdies darauf ankommt, ob die daraus resultierenden Informationen über das Privatleben im konkreten Fall sensiblen Charakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. März 2021, Prokuratuur [Voraussetzungen für den Zugang zu Daten über die elektronische Kommunikation], C-746/18, EU:C:2021:152, Rn. 40).

  • EuGH, 17.12.2020 - C-336/19

    Centraal Israëlitisch Consistorie van België u.a. - Schächten kann zum Tierschutz

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass mit Art. 52 Abs. 3 der Charta die notwendige Kohärenz zwischen den in der Charta enthaltenen Rechten und den entsprechenden durch die EMRK garantierten Rechten gewährleistet werden soll, ohne dass dadurch die Eigenständigkeit des Unionsrechts und des Gerichtshofs der Europäischen Union berührt wird, so dass die entsprechenden Rechte der EMRK bei der Auslegung der Charta nur als Mindestschutzstandard zu berücksichtigen sind (Urteil vom 17. Dezember 2020, Centraal Israëlitisch Consistorie van België u. a., C-336/19, EU:C:2020:1031, Rn. 56).
  • EuGH, 08.04.2014 - C-293/12

    Der Gerichtshof erklärt die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten für

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 51 des Urteils vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland u. a. (C-293/12 und C-594/12, EU:C:2014:238), entschieden hat, dass zwar die Bekämpfung schwerer Kriminalität von größter Bedeutung für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist und dass ihre Wirksamkeit in hohem Maß von der Nutzung moderner Ermittlungstechniken abhängen kann; eine solche dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung kann aber, so grundlegend sie auch sein mag, für sich genommen die Erforderlichkeit einer Maßnahme der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten - wie sie die Richtlinie 2006/24 vorsieht - nicht rechtfertigen (Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 94).
  • EGMR, 25.05.2021 - 35252/08

    CENTRUM FÖR RÄTTVISA v. SWEDEN

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Im Übrigen sind die Urteile des EGMR vom 25. Mai 2021, Big Brother Watch u. a./Vereinigtes Königreich (CE:ECHR:2021:0525JUD005817013), und vom 25. Mai 2021, Centrum för Rättvisa/Schweden (CE:ECHR:2021:0525JUD003525208), die von einigen Regierungen in der mündlichen Verhandlung angeführt worden sind, um geltend zu machen, dass die EMRK nationalen Regelungen, die im Wesentlichen eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen, nicht entgegenstehe, nicht geeignet, die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58, die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, in Frage zu stellen.
  • EGMR, 25.05.2021 - 58170/13

    BIG BROTHER WATCH AND OTHERS v. THE UNITED KINGDOM

    Auszug aus EuGH, 20.09.2022 - C-793/19
    Im Übrigen sind die Urteile des EGMR vom 25. Mai 2021, Big Brother Watch u. a./Vereinigtes Königreich (CE:ECHR:2021:0525JUD005817013), und vom 25. Mai 2021, Centrum för Rättvisa/Schweden (CE:ECHR:2021:0525JUD003525208), die von einigen Regierungen in der mündlichen Verhandlung angeführt worden sind, um geltend zu machen, dass die EMRK nationalen Regelungen, die im Wesentlichen eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen, nicht entgegenstehe, nicht geeignet, die Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58, die sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, in Frage zu stellen.
  • BVerwG, 14.08.2023 - 6 C 6.22

    Gesetzliche Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter zur Vorratsspeicherung

    Die in § 175 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 176 TKG (§ 113a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 113b TKG a. F.) geregelte Verpflichtung der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zur Speicherung der dort genannten Telekommunikations-Verkehrsdaten ist in vollem Umfang unvereinbar mit Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG und daher nicht anwendbar, weil eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vorgeschrieben wird und - soweit das Unionsrecht einer eingeschränkten Vorratsdatenspeicherung nicht von vornherein entgegensteht - die Voraussetzungen hinsichtlich der Bestimmtheit und Normenklarheit der Regelung, der zulässigen Zwecke sowie der weiteren inhaltlichen und verfahrensmäßigen Anforderungen nicht vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 [ECLI:EU:C:2022:702], SpaceNet u. a. -).

    Mit Urteil vom 20. September 2022 (verbundene Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 [ECLI:EU:C:2022:702], berichtigt durch Beschluss vom 27. Oktober 2022) hat der EuGH die Vorlage wie folgt beschieden:.

    Durch die auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats ergangene Entscheidung des EuGH vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - ist geklärt, dass die in § 113a Abs. 1 i. V. m. § 113b TKG a. F. angeordnete Speicherpflicht gegen Unionsrecht verstößt.

    a) Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt eine nationale Regelung, die die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit und zur Bekämpfung der Kriminalität zur Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten verpflichtet, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung Richtlinie 2002/58/EG (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 48).

    Sie sind insbesondere verpflichtet, das Mithören, Abhören und Speichern sowie andere Arten des Abfangens oder Überwachens von Nachrichten und der damit verbundenen Verkehrsdaten durch andere Personen als die Nutzer zu untersagen, wenn keine Einwilligung der betroffenen Nutzer vorliegt, es sei denn, dass diese Personen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie gesetzlich dazu ermächtigt sind (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 51).

    Insoweit hat der EuGH entschieden, dass in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG der Grundsatz der Vertraulichkeit sowohl elektronischer Nachrichten als auch der damit verbundenen Verkehrsdaten aufgestellt wird, der u. a. das grundsätzliche Verbot für jede andere Person als die Nutzer, ohne deren Einwilligung solche Nachrichten und Daten auf Vorrat zu speichern, impliziert (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 52).

    Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt hieraus, dass sich die Richtlinie 2002/58/EG nicht darauf beschränkt, den Zugang zu solchen Daten durch Garantien zu regeln, die Missbrauch verhindern sollen, sondern sie insbesondere auch den Grundsatz des Verbots der Speicherung dieser Daten durch Dritte regelt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 56).

    Dies ist durch das auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats ergangene Urteil des EuGH vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - nunmehr abschließend geklärt.

    Angesichts der großen Menge von Verkehrs- und Standortdaten, die durch eine Maßnahme allgemeiner und unterschiedsloser Vorratsspeicherung kontinuierlich gespeichert werden können, sowie des sensiblen Charakters der Informationen, die diese Daten liefern können, birgt die bloße Vorratsspeicherung durch die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste zudem Gefahren des Missbrauchs und des rechtswidrigen Zugangs (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 57 bis 62).

    Sie muss in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen, der mit einer Beschränkung der u. a. in Art. 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58/EG vorgesehenen Rechte und Pflichten verbunden ist (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 63 bis 68).

    Nationale Rechtsvorschriften, die eine Vorratsspeicherung personenbezogener Daten vorsehen, müssen daher stets objektiven Kriterien genügen, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69 f.).

    (4) Hinsichtlich der dem Gemeinwohl dienenden Ziele, die eine nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG erlassene Vorschrift rechtfertigen können, geht der EuGH davon aus, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Hierarchie zwischen diesen Zielen entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung besteht und die Bedeutung des mit einer solchen Vorschrift verfolgten Ziels im Verhältnis zur Schwere des daraus resultierenden Eingriffs stehen muss (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 71).

    Das gilt aber nur dann, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht, sofern diese Anordnung Gegenstand einer wirksamen, zur Prüfung des Vorliegens einer solchen Situation sowie der Beachtung der vorzusehenden Bedingungen und Garantien dienenden Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle sein kann, deren Entscheidung bindend ist, und sofern die Anordnung nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber im Fall des Fortbestands der Bedrohung verlängerbaren Zeitraum ergeht (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 72).

    Weitergehend hat der EuGH in Bezug auf solche nationalen Rechtsvorschriften, die die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, hervorgehoben, dass diese angesichts des sensiblen Charakters der Informationen, die sich hieraus ergeben können und der abschreckenden Wirkungen, die die Speicherung dieser Daten auf die Ausübung der in Art. 7 und 11 GRC verankerten Grundrechte haben kann, selbst dann die Grenzen des absolut Notwendigen überschreiten und nicht als in einer demokratischen Gesellschaft gerechtfertigt angesehen werden können, wenn sie den Zielen der Bekämpfung schwerer Kriminalität und der Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit dienen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 74).

    Der EuGH hebt hervor, dass diese Rechtsvorschriften durch klare und präzise Regeln sicherstellen müssen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 75).

    Dieser Einschätzung steht nach Ansicht des EuGH weder der Umstand entgegen, dass die Regelung den Inhalt der Kommunikation sowie die Daten über aufgerufene Internetseiten von der Speicherpflicht ausnimmt und die Speicherung der Funkzellenkennung lediglich zu Beginn der Kommunikation vorschreibt, noch dass Daten betreffend E-Mail-Dienste sowie die elektronische Kommunikation bestimmter Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen nicht von der Pflicht zur Vorratsspeicherung erfasst werden (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 76 bis 84).

    Hiervon ist nach Ansicht des EuGH auch im vorliegenden Fall bei den nach den §§ 113a f. TKG a. F. zu speichernden Daten auszugehen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 85 bis 90).

    Daher können nationale Rechtsvorschriften, die die vollständige Einhaltung der Voraussetzungen gewährleisten, die sich im Bereich des Zugangs zu auf Vorrat gespeicherten Daten aus der Rechtsprechung zur Auslegung der Richtlinie 2002/58/EG ergeben, den schwerwiegenden Eingriff weder beschränken noch beseitigen, der sich aus der nach diesen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen allgemeinen Vorratsspeicherung dieser Daten in die Rechte ergeben würde, die in Art. 5 und 6 dieser Richtlinie und in den durch diese Vorschriften konkretisierten Grundrechten garantiert werden (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 91).

    Eine solche Bedrohung unterscheidet sich somit ihrer Art, ihrer Schwere und der Besonderheit der sie begründenden Umstände nach von der allgemeinen und ständigen Gefahr, dass - auch schwere - Spannungen oder Störungen der öffentlichen Sicherheit auftreten, oder schwerer Straftaten (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 92 bis 94).

    Denn die Regelung im Telekommunikationsgesetz schreibt keine gezielte Vorratsdatenspeicherung, sondern eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vor (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 83 f.).

    Insbesondere enthalten die genannten Bestimmungen keine Angaben dazu, unter welchen Umständen und Voraussetzungen eine Maßnahme, die die Verarbeitung solcher Daten vorsieht, getroffen werden darf, damit gewährleistet ist, dass sich der Eingriff auf das absolut Notwendige beschränkt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69 f.).

    Da jedoch die Vorratsspeicherung der genannten Daten und der Zugang zu ihnen unterschiedliche Eingriffe in die in Art. 7 und 11 GRC garantierten Grundrechte darstellen, die eine gesonderte Rechtfertigung nach Art. 52 Abs. 1 GRC erfordern (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 91), ist die Begrenzung der Verwendungszwecke in § 177 Abs. 1 TKG (§ 113c Abs. 1 TKG a. F.) von vornherein nicht geeignet, die unionsrechtliche Anforderung klarer und präziser Regeln für die vorgelagerte Maßnahme der Speicherung der Daten zu erfüllen.

    (2) Soweit die Regelung in § 175 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 176 Abs. 2 und 4 Satz 1 und 3 TKG (§ 113a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 113b Abs. 2 und 4 Satz 1 und 3 TKG a. F.) die Erbringung von Telefondiensten und in diesem Zusammenhang insbesondere die Daten betrifft, die erforderlich sind, um die Quelle und den Adressaten einer Nachricht, Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Verbindung oder - im Fall der Übermittlung von Kurz-, Multimedia- oder ähnlichen Nachrichten - die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Nachricht sowie, im Fall der mobilen Nutzung, die Bezeichnung der Funkzellen, die vom Anrufer und vom Angerufenen bei Beginn der Verbindung genutzt wurden, zu identifizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 77), fehlt es außerdem an der vom EuGH geforderten strikten Begrenzung der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten auf den Zweck des Schutzes der nationalen Sicherheit (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 72, 131).

    Diese umfassen im Fall der IP-Adressen zwar neben dem Schutz der nationalen Sicherheit auch die Bekämpfung schwerer Kriminalität und die Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 75, 83 f.).

    Diese Regelungen können nicht ohne Weiteres auf den unionsrechtlich zulässigen Zweck der Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gestützt werden und gehen insbesondere auch über den Zweck des Schutzes der nationalen Sicherheit hinaus, den der EuGH - wie erwähnt - nur dann für einschlägig hält, wenn tragende Strukturen eines Landes im Bereich der Verfassung, Politik oder Wirtschaft oder im sozialen Bereich in schwerwiegender Weise destabilisiert zu werden drohen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 92).

    Diese Rechtsvorschriften müssen nach nationalem Recht bindend sein und insbesondere Angaben dazu enthalten, unter welchen Umständen und unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme, die die Verarbeitung solcher Daten vorsieht, getroffen werden darf, damit gewährleistet ist, dass sich der Eingriff auf das absolut Notwendige beschränkt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69).

  • BVerwG, 14.08.2023 - 6 C 7.22

    Gesetzliche Verpflichtung der Telekommunikationsanbieter zur Vorratsspeicherung

    Mit Urteil vom 20. September 2022 (verbundene Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 [ECLI:EU:C:2022:702], berichtigt durch Beschluss vom 27. Oktober 2022) hat der EuGH die Vorlage wie folgt beschieden:.

    Durch die auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats ergangene Entscheidung des EuGH vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - ist geklärt, dass die in § 113a Abs. 1 i. V. m. § 113b TKG a. F. angeordnete Speicherpflicht gegen Unionsrecht verstößt.

    a) Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt eine nationale Regelung, die die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste insbesondere zum Schutz der nationalen Sicherheit und zur Bekämpfung der Kriminalität zur Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten verpflichtet, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung - Richtlinie 2002/58/EG - (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 48).

    Sie sind insbesondere verpflichtet, das Mithören, Abhören und Speichern sowie andere Arten des Abfangens oder Überwachens von Nachrichten und der damit verbundenen Verkehrsdaten durch andere Personen als die Nutzer zu untersagen, wenn keine Einwilligung der betroffenen Nutzer vorliegt, es sei denn, dass diese Personen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie gesetzlich dazu ermächtigt sind (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 51).

    Insoweit hat der EuGH entschieden, dass in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG der Grundsatz der Vertraulichkeit sowohl elektronischer Nachrichten als auch der damit verbundenen Verkehrsdaten aufgestellt wird, der u. a. das grundsätzliche Verbot für jede andere Person als die Nutzer, ohne deren Einwilligung solche Nachrichten und Daten auf Vorrat zu speichern, impliziert (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 52).

    Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt hieraus, dass sich die Richtlinie 2002/58/EG nicht darauf beschränkt, den Zugang zu solchen Daten durch Garantien zu regeln, die Missbrauch verhindern sollen, sondern sie insbesondere auch den Grundsatz des Verbots der Speicherung dieser Daten durch Dritte regelt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 56).

    Dies ist durch das auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats ergangene Urteil des EuGH vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - nunmehr abschließend geklärt.

    Angesichts der großen Menge von Verkehrs- und Standortdaten, die durch eine Maßnahme allgemeiner und unterschiedsloser Vorratsspeicherung kontinuierlich gespeichert werden können, sowie des sensiblen Charakters der Informationen, die diese Daten liefern können, birgt die bloße Vorratsspeicherung durch die Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste zudem Gefahren des Missbrauchs und des rechtswidrigen Zugangs (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 57 bis 62).

    Sie muss in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs stehen, der mit einer Beschränkung der u. a. in Art. 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58/EG vorgesehenen Rechte und Pflichten verbunden ist (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 63 bis 68).

    Nationale Rechtsvorschriften, die eine Vorratsspeicherung personenbezogener Daten vorsehen, müssen daher stets objektiven Kriterien genügen, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69 f.).

    (4) Hinsichtlich der dem Gemeinwohl dienenden Ziele, die eine nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG erlassene Vorschrift rechtfertigen können, geht der EuGH davon aus, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Hierarchie zwischen diesen Zielen entsprechend ihrer jeweiligen Bedeutung besteht und die Bedeutung des mit einer solchen Vorschrift verfolgten Ziels im Verhältnis zur Schwere des daraus resultierenden Eingriffs stehen muss (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 71).

    Das gilt aber nur dann, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht, sofern diese Anordnung Gegenstand einer wirksamen, zur Prüfung des Vorliegens einer solchen Situation sowie der Beachtung der vorzusehenden Bedingungen und Garantien dienenden Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle sein kann, deren Entscheidung bindend ist, und sofern die Anordnung nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber im Fall des Fortbestands der Bedrohung verlängerbaren Zeitraum ergeht (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 72).

    Weitergehend hat der EuGH in Bezug auf solche nationalen Rechtsvorschriften, die die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen, hervorgehoben, dass diese angesichts des sensiblen Charakters der Informationen, die sich hieraus ergeben können und der abschreckenden Wirkungen, die die Speicherung dieser Daten auf die Ausübung der in Art. 7 und 11 GRC verankerten Grundrechte haben kann, selbst dann die Grenzen des absolut Notwendigen überschreiten und nicht als in einer demokratischen Gesellschaft gerechtfertigt angesehen werden können, wenn sie den Zielen der Bekämpfung schwerer Kriminalität und der Verhütung ernster Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit dienen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 74).

    Der EuGH hebt hervor, dass diese Rechtsvorschriften durch klare und präzise Regeln sicherstellen müssen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 75).

    Dieser Einschätzung steht nach Ansicht des EuGH weder der Umstand entgegen, dass die Regelung den Inhalt der Kommunikation sowie die Daten über aufgerufene Internetseiten von der Speicherpflicht ausnimmt und die Speicherung der Funkzellenkennung lediglich zu Beginn der Kommunikation vorschreibt, noch dass Daten betreffend E-Mail-Dienste sowie die elektronische Kommunikation bestimmter Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen nicht von der Pflicht zur Vorratsspeicherung erfasst werden (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 76 bis 84).

    Hiervon ist nach Ansicht des EuGH auch im vorliegenden Fall bei den nach den §§ 113a f. TKG a. F. zu speichernden Daten auszugehen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 85 bis 90).

    Daher können nationale Rechtsvorschriften, die die vollständige Einhaltung der Voraussetzungen gewährleisten, die sich im Bereich des Zugangs zu auf Vorrat gespeicherten Daten aus der Rechtsprechung zur Auslegung der Richtlinie 2002/58/EG ergeben, den schwerwiegenden Eingriff weder beschränken noch beseitigen, der sich aus der nach diesen nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen allgemeinen Vorratsspeicherung dieser Daten in die Rechte ergeben würde, die in Art. 5 und 6 dieser Richtlinie und in den durch diese Vorschriften konkretisierten Grundrechten garantiert werden (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 91).

    Eine solche Bedrohung unterscheidet sich somit ihrer Art, ihrer Schwere und der Besonderheit der sie begründenden Umstände nach von der allgemeinen und ständigen Gefahr, dass - auch schwere - Spannungen oder Störungen der öffentlichen Sicherheit auftreten, oder schwerer Straftaten (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 92 bis 94).

    Denn die Regelung im Telekommunikationsgesetz schreibt keine gezielte Vorratsdatenspeicherung, sondern eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vor (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 83 f.).

    Insbesondere enthalten die genannten Bestimmungen keine Angaben dazu, unter welchen Umständen und Voraussetzungen eine Maßnahme, die die Verarbeitung solcher Daten vorsieht, getroffen werden darf, damit gewährleistet ist, dass sich der Eingriff auf das absolut Notwendige beschränkt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69 f.).

    Da jedoch die Vorratsspeicherung der genannten Daten und der Zugang zu ihnen unterschiedliche Eingriffe in die in den Art. 7 und 11 GRC garantierten Grundrechte darstellen, die eine gesonderte Rechtfertigung nach Art. 52 Abs. 1 GRC erfordern (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 91), ist die Begrenzung der Verwendungszwecke in § 177 Abs. 1 TKG (§ 113c Abs. 1 TKG a. F.) von vornherein nicht geeignet, die unionsrechtliche Anforderung klarer und präziser Regeln für die vorgelagerte Maßnahme der Speicherung der Daten zu erfüllen.

    (2) Soweit die Regelung in § 175 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 176 Abs. 2 und 4 Satz 1 und 3 TKG (§ 113a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 113b Abs. 2 und 4 Satz 1 und 3 TKG a. F.) die Erbringung von Telefondiensten und in diesem Zusammenhang insbesondere die Daten betrifft, die erforderlich sind, um die Quelle und den Adressaten einer Nachricht, Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Verbindung oder - im Fall der Übermittlung von Kurz-, Multimedia- oder ähnlichen Nachrichten - die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Nachricht sowie, im Fall der mobilen Nutzung, die Bezeichnung der Funkzellen, die vom Anrufer und vom Angerufenen bei Beginn der Verbindung genutzt wurden, zu identifizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 77), fehlt es außerdem an der vom EuGH geforderten strikten Begrenzung der allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten auf den Zweck des Schutzes der nationalen Sicherheit (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 72, 131).

    Diese umfassen im Fall der IP-Adressen zwar neben dem Schutz der nationalen Sicherheit auch die Bekämpfung schwerer Kriminalität und die Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 75, 83 f.).

    Diese Regelungen können nicht ohne Weiteres auf den unionsrechtlich zulässigen Zweck der Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit gestützt werden und gehen insbesondere auch über den Zweck des Schutzes der nationalen Sicherheit hinaus, den der EuGH - wie erwähnt - nur dann für einschlägig hält, wenn tragende Strukturen eines Landes im Bereich der Verfassung, Politik oder Wirtschaft oder im sozialen Bereich in schwerwiegender Weise destabilisiert zu werden drohen (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 92).

    Diese Rechtsvorschriften müssen nach nationalem Recht bindend sein und insbesondere Angaben dazu enthalten, unter welchen Umständen und unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme, die die Verarbeitung solcher Daten vorsieht, getroffen werden darf, damit gewährleistet ist, dass sich der Eingriff auf das absolut Notwendige beschränkt (EuGH, Urteil vom 20. September 2022 - C-793/19 und C-794/19 - Rn. 69).

  • EuGH, 21.03.2024 - C-61/22

    Landeshauptstadt Wiesbaden - Vorlage zur Vorabentscheidung - Verordnung (EU)

    Nach ständiger Rechtsprechung können die in Art. 7 bzw. Art. 8 der Charta garantierten Rechte auf Achtung des Privatlebens bzw. auf Schutz personenbezogener Daten keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern müssen im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet und Telekom Deutschland, C-793/19 und C-794/19, EU:C:2022:702, Rn. 63).
  • LG Berlin, 19.10.2022 - 525 KLs 8/22

    EncroChat; Vorabentscheidungsverfahren; Telekommunikationsüberwachung

    Vor dem Hintergrund, dass die Speicherung der Daten und der Zugang zu ihnen zwei unterschiedliche Grundrechtseingriffe darstellen, hat der Gerichtshof entschieden, dass nationale Vorschriften über den Zugang zu Daten nicht geeignet sind, den mit der Speicherung verbundenen schwerwiegenden Eingriff zu beschränken oder zu beseitigen (Gerichtshof, Urteile vom 5. April 2022 - C-140/20 -, juris Rn. 47, und vom 20. September 2022, Spacenet u.a. - C-793/19 u.a. -, juris Rn. 91).

    Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - mit einiger Wahrscheinlichkeit von der Datenabschöpfung auch Berufsgeheimnisträger - wie etwa Rechtsanwälte und Journalisten - betroffen sind (vgl. zu diesen Gesichtspunkt Gerichtshof, Urteil vom 20. September 2022, Spacenet u.a. - C-793/19 u.a. -, juris Rn. 82) und auch Kommunikationsinhalte erfasst werden.

  • BVerfG, 09.12.2022 - 1 BvR 1345/21

    Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern

    aa) Die gesetzliche Ermächtigung zu einer heimlichen Überwachungsmaßnahme muss hinreichend normenklar sein (vgl. BVerfGE 113, 348 ; 120, 378 ; 141, 220 ; 150, 244 ; 154, 152 ; 156, 11 ; vgl. dazu auch EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a., C-511/18 u.a., EU:C:2020:791, Rn. 168; Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of An Garda Síochána, C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 67; Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet, C-793/19 u.a., EU:C:2022:702, Rn. 69, 75, 131; EGMR (GK), S. and Marper v. The United Kingdom, Urteil vom 4. Dezember 2008, Nr. 30562/04 u.a., § 99).
  • BVerfG, 15.02.2023 - 1 BvR 141/16

    Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung erfolglos

    Auf die Vorlagefrage des Bundesverwaltungsgerichts hin hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 entschieden.

    Vorliegend waren die Beschwerdeführenden jedenfalls nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 gehalten, ihren Vortrag substantiiert dahingehend zu ergänzen, ob und inwieweit ihr Rechtsschutzbedürfnis weiter fortbestand.

    bb) Auf diese Vorlage hin hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung im Wesentlichen entschieden, dass die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation - ABl L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl L 337, S. 11) geänderten Fassung im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 131).

  • BVerfG, 04.12.2023 - 1 BvR 229/16

    Anordnung der Auslagenerstattung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nach

    (2) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung im Wesentlichen entschieden, dass die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation - ABl L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl L 337, S. 11) geänderten Fassung im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 131; zum Ganzen BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2023 - 1 BvR 141/16 -, Rn. 12 ff.; sowie vom 14. Februar 2023 - 1 BvR 2683/16 - und - 1 BvR 2845/16 -, jeweils Rn. 13 ff.).
  • BVerfG, 04.12.2023 - 1 BvR 2023/16

    Anordnung der Auslagenerstattung für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nach

    (2) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung im Wesentlichen entschieden, dass die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation - ABl L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl L 337, S. 11) geänderten Fassung im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 131; zum Ganzen BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 2023 - 1 BvR 141/16 -, Rn. 12 ff.; sowie vom 14. Februar 2023 - 1 BvR 2683/16 - und - 1 BvR 2845/16 -, jeweils Rn. 13 ff.).
  • EuGH, 07.09.2023 - C-162/22

    Rechtsstaatlichkeit in Rumänien: Die Beförderung von Richtern an ein höheres

    Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta Rechtsvorschriften entgegensteht, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen (Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet und Telekom Deutschland, C-793/19 und C-794/19, EU:C:2022:702, Rn. 74 und 131 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    sofern diese Rechtsvorschriften durch klare und präzise Regeln sicherstellen, dass bei der Vorratsspeicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen (Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet und Telekom Deutschland, C-793/19 und C-794/19, EU:C:2022:702, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

  • BVerfG, 14.02.2023 - 1 BvR 2845/16

    Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung erfolglos

    Auf die Vorlagefrage des Bundesverwaltungsgerichts hin hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 entschieden.

    Vorliegend waren die Beschwerdeführenden jedenfalls nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 gehalten, ihren Vortrag substantiiert dahingehend zu ergänzen, ob und inwieweit ihr Rechtsschutzbedürfnis weiter fortbestand.

    bb) Auf diese Vorlage hin hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 20. September 2022, SpaceNet AG u.a., C-793/19, C-794/19, EU:C:2022:702 unter Bestätigung seiner früheren Rechtsprechung im Wesentlichen entschieden, dass die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation - ABl L 201, S. 37) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl L 337, S. 11) geänderten Fassung im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsähen (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 131).

  • BVerfG, 14.02.2023 - 1 BvR 2683/16

    Verfassungsbeschwerden gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung erfolglos

  • EuGH, 23.03.2023 - C-365/21

    Generalstaatsanwaltschaft Bamberg (Exception au principe ne bis in idem) -

  • EuGH, 27.10.2022 - C-793/19

    SpaceNet - Urteilsberichtigung

  • Generalanwalt beim EuGH, 27.10.2022 - C-470/21

    Erster Generalanwalt Szpunar: Eine nationale Behörde müsste auf Identitätsdaten

  • EGMR, 15.02.2024 - 19920/20

    SKOBERNE v. SLOVENIA

  • Generalanwalt beim EuGH, 28.09.2023 - C-470/21

    Generalanwalt Szpunar: die Vorratsspeicherung und der Zugriff auf

  • Generalanwalt beim EuGH, 15.06.2023 - C-333/22

    Generalanwältin Medina: Eine betroffene Person muss über einen gerichtlichen

  • Generalanwalt beim EuGH, 20.10.2022 - C-365/21

    Generalstaatsanwaltschaft Bamberg (Exception au principe ne bis in idem) -

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Rechtsprechung
   Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19, C-794/19   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2021,46648
Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2021,46648)
Generalanwalt beim EuGH, Entscheidung vom 18.11.2021 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2021,46648)
Generalanwalt beim EuGH, Entscheidung vom 18. November 2021 - C-793/19, C-794/19 (https://dejure.org/2021,46648)
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Volltextveröffentlichungen (2)

  • Europäischer Gerichtshof

    SpaceNet

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Telekommunikation - Verarbeitung personenbezogener Daten und Schutz des Privatlebens im Bereich der elektronischen Kommunikation - Richtlinie 2002/58/EG - Art. 15 Abs. 1 - Art. 4 Abs. 2 EUV - Charta der Grundrechte der Europäischen Union - ...

  • rechtsportal.de

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Telekommunikation - Verarbeitung personenbezogener Daten und Schutz des Privatlebens im Bereich der elektronischen Kommunikation - Richtlinie 2002/58/EG - Art. 15 Abs. 1 - Art. 4 Abs. 2 EUV - Charta der Grundrechte der Europäischen Union - ...

Kurzfassungen/Presse (4)

  • Europäischer Gerichtshof PDF (Pressemitteilung)

    Rechtsangleichung - Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona wiederholt, dass die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten im Bereich der elektronischen Kommunikation nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit ...

  • lto.de (Pressebericht, 18.11.2021)

    Generalanwalt sieht Verstoß gegen Unionsrecht: Was von der deutschen Vorratsdatenspeicherung übrig bleibt

  • datenschutzrecht-praxis.de (Kurzinformation)

    Vorratsdatenspeicherung

  • wbs.legal (Kurzinformation)

    Vorratsdatenspeicherung weiterhin rechtswidrig

Verfahrensgang

 
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Wird zitiert von ... (5)Neu Zitiert selbst (15)

  • Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-140/20

    Der Gerichtshof erklärt die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten für

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19
    Die vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen - zu denen das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-140/20(2) hinzukommt - zeigen erneut die Besorgnis, die die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Vorratsspeicherung und zum Zugang zu personenbezogenen Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation bei einigen Mitgliedstaaten hervorgerufen hat.

    Bis zum 6. Oktober 2020 gingen jedoch drei weitere Vorabentscheidungsersuchen (die zwei im vorliegenden Verfahren verbundenen Vorabentscheidungsersuchen und das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-140/20) beim Gerichtshof ein, mit denen die ständige Rechtsprechung zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erneut in Frage gestellt wird.

    Die mündliche Verhandlung hat am 13. September 2021 gemeinsam mit der Verhandlung in der zusammenhängenden Rechtssache C-140/20 stattgefunden.

    2 Rechtssache C-140/20, Commissioner of the Garda Síochána u. a., zu der ich am heutigen Tag ebenfalls meine Schlussanträge vortrage.

  • Generalanwalt beim EuGH, 15.01.2020 - C-520/18

    Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. - Vorlage zur

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19
    In meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen C-511/18 und C-512/18, La Quadrature du Net u. a.(3), und C-520/18, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a.(4), habe ich die folgenden Urteile als die wichtigsten bisherigen Beispiele dieser Rechtsprechung angeführt:.

    4 Im Folgenden: Schlussanträge Ordre des barreaux francophones et germanophone (EU:C:2020:7).

    11 Rechtssachen C-511/18, C-512/18 und C-520/18 (EU:C:2020:791, im Folgenden: Urteil La Quadrature du Net).

  • EGMR, 04.12.2015 - 47143/06

    EGMR verurteilt Russland wegen geheimer Telefonüberwachung

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-793/19
    29 CE:ECHR:2015:1204JUD004714306.
  • EuGH, 05.04.2022 - C-140/20

    Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und

    Wie Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona in Nr. 50 seiner Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen SpaceNet und Telekom Deutschland (C-793/19 und C-794/19, EU:C:2021:939) ausgeführt hat, kann jedenfalls das etwaige Bestehen von Schwierigkeiten bei der genauen Bestimmung der Fälle und Bedingungen, in bzw. unter denen eine gezielte Vorratsspeicherung durchgeführt werden kann, nicht rechtfertigen, dass Mitgliedstaaten, indem sie die Ausnahme zur Regel machen, eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen.
  • Generalanwalt beim EuGH, 27.01.2022 - C-817/19

    Generalanwalt Pitruzzella: Übermittlung sowie allgemeine und unterschiedslose

    180 Vgl. Urteil La Quadrature du Net (Rn. 115 und 116); vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona in den verbundenen Rechtssachen SpaceNet und Telekom Deutschland (C-793/19 und C-794/19, EU:C:2021:939, Nrn. 74 und 75).

    190 Anstrengungen in diese Richtung hat der deutsche Gesetzgeber in der Regelung unternommen, die Gegenstand der verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19, SpaceNet und Telekom Deutschland, ist, in denen Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona seine Schlussanträge vorgelegt hat (EU:C:2021:939, Nrn. 60 und 61).

  • Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-140/20

    Commissioner of the Garda Síochána u.a. - Vorlage zur Vorabentscheidung -

    Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen - zu dem die verbundenen Rechtssachen C-793/19, SpaceNet, und C-794/19, Telekom Deutschland, hinzukommen, für die ich ebenfalls am heutigen Tag meine Schlussanträge(2) vortragen werde - zeigt erneut die Besorgnis, die die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Vorratsspeicherung und zum Zugang zu personenbezogenen Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation bei einigen Mitgliedstaaten hervorgerufen hat.

    Bis zum 6. Oktober 2020 gingen jedoch drei weitere Vorabentscheidungsersuchen (das der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegende sowie die den verbundenen Rechtssachen C-793/19 und C-794/19 zugrunde liegenden) beim Gerichtshof ein, mit denen die ständige Rechtsprechung zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erneut in Frage gestellt wurde.

    Die mündliche Verhandlung hat gemeinsam mit den verbundenen Rechtssachen C-793/19, SpaceNet, und C-794/19, Telekom Deutschland, am 13. September 2021 stattgefunden.

  • Generalanwalt beim EuGH, 18.11.2021 - C-339/20

    VD - Vorlage zur Vorabentscheidung - Insidergeschäfte und Finanzmarktmanipulation

    Die in diesem Verfahren verbundenen Vorabentscheidungsersuchen stehen in engem Zusammenhang mit den Rechtssachen C-793/19, SpaceNet, C-794/19, Telekom Deutschland, und C-140/20, Commissioner of the Garda Síochána u. a., zu denen ich heute ebenfalls meine Schlussanträge vortrage(2).
  • EuGH, 02.03.2023 - C-31/21

    Eurocostruzioni

    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Ausnahme von einer allgemeinen Regel jedoch eng auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. April 2022, Commissioner of the Garda Síochána u. a., C-140/20, EU:C:2022:258, Rn. 40 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
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Rechtsprechung
   EuGH, 27.10.2022 - C-793/19 REC, C-794/19 REC   

Zitiervorschläge
https://dejure.org/2022,30119
EuGH, 27.10.2022 - C-793/19 REC, C-794/19 REC (https://dejure.org/2022,30119)
EuGH, Entscheidung vom 27.10.2022 - C-793/19 REC, C-794/19 REC (https://dejure.org/2022,30119)
EuGH, Entscheidung vom 27. Oktober 2022 - C-793/19 REC, C-794/19 REC (https://dejure.org/2022,30119)
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Volltextveröffentlichungen (3)

Besprechungen u.ä.

  • anwaltverein.de (Entscheidungsbesprechung)

    Deutsche Vorratsdatenspeicherung gekippt - und öffnet Tor für Neuregelung

Verfahrensgang

 
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Wird zitiert von ... (0)Neu Zitiert selbst (1)

  • EuGH, 20.09.2022 - C-793/19

    Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und

    Auszug aus EuGH, 27.10.2022 - C-793/19
    Am 20. September 2022 hat der Gerichtshof (Große Kammer) das Urteil SpaceNet und Telekom Deutschland (C-793/19 und C-794/19, EU:C:2022:702) erlassen.

    Im Rubrum des Urteils vom 20. September 2022, SpaceNet und Telekom Deutschland (C - 793/19 und C - 794/19, EU:C:2022:702), ist der Hinweis auf die von der SpaceNet AG eingereichten Erklärungen wie folgt zu berichtigen:.

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