Rechtsprechung
   BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86, 2 BvR 962/86   

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BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86, 2 BvR 962/86 (https://dejure.org/1987,26)
BVerfG, Entscheidung vom 01.07.1987 - 2 BvR 478/86, 2 BvR 962/86 (https://dejure.org/1987,26)
BVerfG, Entscheidung vom 01. Juli 1987 - 2 BvR 478/86, 2 BvR 962/86 (https://dejure.org/1987,26)
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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • BVerfGE 76, 143
  • BVerwGE 76, 143
  • NJW 1988, 817 (Ls.)
  • NVwZ 1988, 237
  • DVBl 1988, 45
 
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Wird zitiert von ... (1337)Neu Zitiert selbst (21)

  • BVerfG, 02.07.1980 - 1 BvR 147/80

    Wirtschaftsasyl

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Diesem Aufsuchen der "politischen" Verfolgungsgründe liegt die von der Achtung der Unverletzlichkeit der Menschenwürde bestimmte Überzeugung zugrunde, daß kein Staat das Recht hat, Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung oder religiösen Grundentscheidung oder in unverfügbaren, jedem Menschen von Geburt an anhaftenden Merkmalen lie gen (vgl. BVerwGE 67, 184 [187]; siehe auch BVerfGE 54, 341 [357]).

    Auch religiöse oder religiös motivierte Verfolgung kann politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG sein (vgl. BVerfGE 54, 341 [357]).

    Vielmehr müssen die Eingriffe und Beeinträchtigungen eine Schwere und Intensität aufweisen, die die Menschenwürde verletzt (vgl. BVerfGE 54, 341 [357]): Sie müssen ein solches Gewicht haben, daß sie in den elementaren Bereich der sittlichen Person eingreifen, in dem für ein menschenwürdiges Dasein die Selbstbestimmung möglich bleiben muß, sollen nicht die metaphysischen Grundlagen menschlicher Existenz zerstört werden (vgl. auch BVerwGE 74, 31 [40]).

    Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in bezug auf den Tatbestand "politisch Verfolgter" sowohl hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts selbst als auch seiner rechtlichen Bewertung zu prüfen, ob die tatsächliche und rechtliche Wertung der Gerichte sowie Art und Umfang ihrer Ermittlungen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG gerecht werden (vgl. BVerfGE 52, 391 [407 f., 410]; 54, 341 [356]; 63, 197 [214 vor IV.]; 63, 215 [225]).

    Allein der Umstand, daß in den Strafvorschriften die Verhängung einer Freiheitsstrafe angedroht wird, führt nicht dazu, daß statt der für religiöse Beschränkungen geltenden Maßstäbe diejenigen anzuwenden sind, die für Eingriffe in die Freiheit der Person maßgebend sind; denn deren Anwendung setzt voraus, daß eine unmittelbare Gefahr für die Freiheit der Person gegeben ist (vgl. BVerfGE 54, 341 [357]).

    Die Auffassung der Gerichte, der Erlaß noch weitergehender Strafbestimmungen z.B. für Apostasie oder für Beleidigungen Mohammeds sei - ausgehend von dem Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenverhandlung (vgl. BVerfGE 54, 341 [359 f.]) - mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen gewesen, erscheint zweifelhaft:.

    a) Soweit die Gefahr künftiger asylerheblicher Eingriffe in Frage steht, ist die Einschätzung nötig, ob eine politische Verfolgung in absehbarer Zeit mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit droht bzw. - wenn der Betroffene bereits einmal politische Verfolgung erlitten hatte - ob eine Wiederholung gleicher oder ähnlicher Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 54, 341, [359 ff.] und BVerwGE 55, 82 [83]; 70, 169 ff.; 71, 175 [178 f.]).

    Weder die Gliederung des Wahlrechts nach religiösen Gruppen noch die Beschränkung des Zugangs zu den Ausbildungsstätten und dem öffentlichen Dienst nach Maßgabe von Quoten gemäß dem Anteil der Gruppe an der Gesamtbevölkerung stellen Diskriminierungen von asylrelevanter Intensität und Schwere dar (vgl. oben I 2 a und BVerfGE 54, 341 [357]).

    a) Übergriffe Dritter, die nach ihrer Intensität und Zielrichtung die Merkmale politischer Verfolgung erfüllen, können grundsätzlich nur dann einen Asylanspruch begründen, wenn sie dem Staat zurechenbar sind (vgl. BVerfGE 54, 341 [358]).

  • BVerwG, 18.02.1986 - 9 C 104.85

    Asylrecht - Berufliche Benachteiligung - Progrom - Religiöse Minderheit

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Mit Beschluß vom 18. März 1986 wies das Bundesverwaltungsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde zurück: Seit seinen Grundsatzurteilen vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und 74, 41, letzteres vollständig abgedruckt in DVBl. 1986, S. 834) sei geklärt, daß ein asylerheblicher Eingriff in die Religionsfreiheit nur dann vorliege, wenn ein religiös ausgerichtetes Leben nicht einmal mehr im Sinne eines "religiösen Existenzminimums" möglich sei.

    Diese Nichtzulassungsbeschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluß vom 9. Juli 1986 zurück: Die vom Beschwerdeführer als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen seien zwischenzeitlich durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und BVerwGE 74, 41 = DVBl. 1986, S. 834) geklärt.

    Die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Nichtzulassungsbeschluß vom 18. März 1986 in Bezug genommenen Urteile vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und BVerwGE 74, 41 = DVBl. 1986, S. 834) widersprächen den Maßstäben des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG auch insofern, als darin den Strafbestimmungen vom April 1984 die Qualität einer "politischen" Verfolgung abgesprochen werde.

    Ebenfalls zutreffend habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 74, 41, [44 f.] = DVBl. 1986, S. 834 [836]) die hinter den Strafbestimmungen stehende Motivation als nicht politisch im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG angesehen; denn sie zielten nicht darauf ab, die Ahmadis gerade in ihrer Religionszugehörigkeit zu treffen, sondern dienten der äußeren Abgrenzung zwischen den verschiedenen religiösen Richtungen; sie sollten gerade den weitergehenden Forderungen der Mullahs zuvorkommen, die innere Ruhe im Lande erhalten und damit die Herrschaftsstruktur sichern, ohne dem einzelnen Ahmadi die erforderlichen Freiräume für die Religionsausübung zu nehmen.

    Die Religionsausübung im häuslich -privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, aber auch die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, ferner das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf, gehören unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde wie nach internationalem Standard zu dem elementaren Bereich, den der Mensch als "religiöses Existenzminimum" zu seinem Leben- und Bestehenkönnen als sittliche Person benötigt (vgl. BVerwGE 74, 31 [38, 40]; vgl. auch BVerwG, DVBl. 1986, S. 834 [836], insoweit in BVerwGE 74, 41 nicht abgedruckt); sie gehören zu dem unentziehbaren Kern seiner Privatsphäre ("privacy"), gehen aber nicht darüber hinaus.

    Mit der Begründung, der pakistanische Staat habe mit dem Erlaß der Strafvorschriften vom April 1984 in erster Linie drohende Ausschreitungen verhindern und die Ruhe und Ordnung im Lande erhalten wollen (vgl. hierzu BVerwGE 74, 41 [44 f.]), läßt sich das Vorliegen einer politischen Verfolgung nicht verneinen.

  • BVerwG, 18.02.1986 - 9 C 16.85

    Intensität - Schwere - Objektive Beurteilung - Beschränkungen der

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Mit Beschluß vom 18. März 1986 wies das Bundesverwaltungsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde zurück: Seit seinen Grundsatzurteilen vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und 74, 41, letzteres vollständig abgedruckt in DVBl. 1986, S. 834) sei geklärt, daß ein asylerheblicher Eingriff in die Religionsfreiheit nur dann vorliege, wenn ein religiös ausgerichtetes Leben nicht einmal mehr im Sinne eines "religiösen Existenzminimums" möglich sei.

    Diese Nichtzulassungsbeschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluß vom 9. Juli 1986 zurück: Die vom Beschwerdeführer als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen seien zwischenzeitlich durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und BVerwGE 74, 41 = DVBl. 1986, S. 834) geklärt.

    Die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Nichtzulassungsbeschluß vom 18. März 1986 in Bezug genommenen Urteile vom 18. Februar 1986 (BVerwGE 74, 31 und BVerwGE 74, 41 = DVBl. 1986, S. 834) widersprächen den Maßstäben des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG auch insofern, als darin den Strafbestimmungen vom April 1984 die Qualität einer "politischen" Verfolgung abgesprochen werde.

    Vielmehr müssen die Eingriffe und Beeinträchtigungen eine Schwere und Intensität aufweisen, die die Menschenwürde verletzt (vgl. BVerfGE 54, 341 [357]): Sie müssen ein solches Gewicht haben, daß sie in den elementaren Bereich der sittlichen Person eingreifen, in dem für ein menschenwürdiges Dasein die Selbstbestimmung möglich bleiben muß, sollen nicht die metaphysischen Grundlagen menschlicher Existenz zerstört werden (vgl. auch BVerwGE 74, 31 [40]).

    Die Religionsausübung im häuslich -privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, aber auch die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, ferner das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf, gehören unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde wie nach internationalem Standard zu dem elementaren Bereich, den der Mensch als "religiöses Existenzminimum" zu seinem Leben- und Bestehenkönnen als sittliche Person benötigt (vgl. BVerwGE 74, 31 [38, 40]; vgl. auch BVerwG, DVBl. 1986, S. 834 [836], insoweit in BVerwGE 74, 41 nicht abgedruckt); sie gehören zu dem unentziehbaren Kern seiner Privatsphäre ("privacy"), gehen aber nicht darüber hinaus.

  • BVerwG, 17.05.1983 - 9 C 36.83

    Zum Begriff der politischen Verfolgung

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Mit ihr sollte dasjenige als individuelles subjektives Grundrecht ausgestaltet werden, was zur damaligen Zeit als Asyl und Asylgewährung begriffen wurde; hierin spiegelte sich das unmittelbare Erlebnis ungezählter Verfolgungs- und Vertreibungsschicksale vor allem auch während der NS-Zeit und nach 1945 wider (vgl. BVerfGE 74, 51 [57]; auch BVerwGE 67, 184 [185 f.]).

    Diesem Grundgedanken gemäß hat die Rechtspraxis und insbesondere die Rechtsprechung - auch in der Erkenntnis, daß das Adjektiv "politisch" nicht einen abgegrenzten Gegenstandsbereich von Politik, sondern eher eine Eigenschaft bezeichnen soll, die alle Sachbereiche unter bestimmten Umständen jederzeit annehmen können (vgl. BVerwGE 67, 184 [188]) - die nähere inhaltliche Bestimmung und Abgrenzung des Begriffs politisch Verfolgter wiederholt in Anlehnung an den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) vorgenommen.

    Diesem Aufsuchen der "politischen" Verfolgungsgründe liegt die von der Achtung der Unverletzlichkeit der Menschenwürde bestimmte Überzeugung zugrunde, daß kein Staat das Recht hat, Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung oder religiösen Grundentscheidung oder in unverfügbaren, jedem Menschen von Geburt an anhaftenden Merkmalen lie gen (vgl. BVerwGE 67, 184 [187]; siehe auch BVerfGE 54, 341 [357]).

    Auch wenn eine solche Maßnahme in das Gewand einer polizei- oder strafrechtlichen Norm gekleidet ist, kann sie eine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG darstellen (vgl. auch BVerwGE 67, 184 [189]).

  • BVerfG, 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85

    Nachfluchttatbestände

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Mit ihr sollte dasjenige als individuelles subjektives Grundrecht ausgestaltet werden, was zur damaligen Zeit als Asyl und Asylgewährung begriffen wurde; hierin spiegelte sich das unmittelbare Erlebnis ungezählter Verfolgungs- und Vertreibungsschicksale vor allem auch während der NS-Zeit und nach 1945 wider (vgl. BVerfGE 74, 51 [57]; auch BVerwGE 67, 184 [185 f.]).

    Diese Eingrenzung widerstreitet nicht, sondern entspricht der humanitären Intention des Asylrechts; diese ist darauf gerichtet, demjenigen Aufnahme und Schutz zu gewähren, der sich in einer für ihn ausweglosen Lage befindet (BVerfGE 74, 51 [64]).

    Die Anerkennung eines solchen objektiven Nachfluchttatbestandes unterliegt keinen besonderen Einschränkungen (vgl. BVerfGE 74, 51 [64 f.]).

  • BVerwG, 18.03.1986 - 9 B 17.85

    Rechtmäßigkeit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision -

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    121, Ratingen-Tiefenbroich -- gegen a) den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 1986 -- 9 B 17.85 -, b) das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. November 1984 -- 19 A 10962/82 -, c) das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. April 1982 -- 17 K 12444/80 -, d) den Beschluß des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 15. September 1980 -- Pak.-S-17.755 -, - 2 BvR 478/86 - 2. des Herrn A .

    Der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 1986 -- 9 B 17.85 -- wird damit gegenstandslos.

  • BVerfG, 15.05.1963 - 2 BvR 106/63

    Rechtswegerschöpfung bei Mängeln im finanzgerichtlichen Verfahren

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Die Beschwerdeführer haben alle Rechtsmittel ergriffen, die nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen statthaft waren, und sie auch in der vorgeschriebenen Form eingelegt (vgl. BVerfGE 16, 124 [127]; 51, 386 [395 f.]).

    Keinem der Beschwerdeführer kann entgegengehalten werden, seine Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision bzw. der Berufung sei offensichtlich ungeeignet gewesen, in verfahrensrechtlicher oder inhaltlicher Hinsicht die Überprüfung der asylversagenden behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen zu eröffnen (vgl. BVerfGE 16, 124 [127]; 28, 314 [319 f.]; 54, 53 [65]).

  • BVerfG, 15.01.1958 - 1 BvR 400/51

    Lüth - Boykottaufruf, mittelbare Drittwirkung der Grundrechte

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    Anders als bei der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf das einfache Recht, die sie als Elemente objektiver Ordnung in alle Rechtsbereiche hinein entfalten (vgl. BVerfGE 7, 198 [205]; 73, 261 [269]; st. Rspr.), kann die verfassungsrechtliche Prüfung sich beim Asylrecht aber nicht lediglich darauf beschränken, ob etwa die Auslegung und Anwendung des Asylverfah rensgesetzes auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung dieses Grundrechts beruht.
  • BVerwG, 26.03.1985 - 9 C 107.84

    Gruppenverfolgung - Nachweiserleichterung für Vorverfolgte - Asylbewerber -

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    a) Soweit die Gefahr künftiger asylerheblicher Eingriffe in Frage steht, ist die Einschätzung nötig, ob eine politische Verfolgung in absehbarer Zeit mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit droht bzw. - wenn der Betroffene bereits einmal politische Verfolgung erlitten hatte - ob eine Wiederholung gleicher oder ähnlicher Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 54, 341, [359 ff.] und BVerwGE 55, 82 [83]; 70, 169 ff.; 71, 175 [178 f.]).
  • BVerfG, 16.10.1968 - 1 BvR 241/66

    (Aktion) Rumpelkammer

    Auszug aus BVerfG, 01.07.1987 - 2 BvR 478/86
    a) Sie ist dies allerdings nicht schon dann, wenn die Religionsfreiheit, gemessen an der umfassenden Gewährleistung, wie sie Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthält (vgl. dazu BVerfGE 24, 236 [245 f., 248]), Eingriffen und Beeinträchtigungen ausgesetzt ist.
  • BVerfG, 14.11.1979 - 1 BvR 654/79

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Auslieferung

  • BVerfG, 23.04.1986 - 2 BvR 487/80

    Sozialplan

  • BVerwG, 25.09.1984 - 9 C 17.84

    Asylrecht - Asylbewerber - Politische Verfolgung - Anerkennung -

  • BVerwG, 29.11.1977 - I C 33.71

    Politische Verfolgung - Verfolgerstaat - Asylbewerber - Beitritts zur

  • BVerfG, 10.06.1964 - 1 BvR 37/63

    Spezifisches Verfassungsrecht

  • BVerfG, 23.02.1983 - 1 BvR 1019/82

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Entscheidung über die Auslieferung

  • BVerfG, 23.02.1983 - 1 BvR 990/82

    Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Entscheidung über die Auslieferung

  • BVerfG, 15.04.1980 - 2 BvR 842/77

    Ausbürgerung II

  • BVerfG, 26.05.1970 - 2 BvR 311/67

    Grundrechtsschutz des Personalrats

  • BVerfG, 04.02.1959 - 1 BvR 193/57

    Politisch Verfolgter

  • BVerfG, 18.07.1979 - 1 BvR 650/77

    Ausweisung II

  • BVerfG, 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00

    Wohnungsdurchsuchung

    Dabei ist den Fachgerichten ein gewisser Wertungsrahmen in Bezug auf die rechtliche Beurteilung des ermittelten Sachverhalts und die Einschätzung von Sachverhaltselementen zuzuerkennen (vgl. zum Grundrecht auf Asyl BVerfGE 76, 143 ).
  • BVerfG, 10.07.1989 - 2 BvR 502/86

    Tamilen

    Allgemein liegt dem Asylgrundrecht die von der Achtung der Unverletzlichkeit der Menschenwürde bestimmte Überzeugung zugrunde, daß kein Staat das Recht hat, Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen zu gefährden oder zu verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (asylerhebliche Merkmale); von dieser Rechtsüberzeugung ist das grundgesetzliche Asylrecht maßgeblich bestimmt (vgl. BVerfGE 76, 143 [157 f.]).

    b) Das Attribut "politisch" in Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG meint nicht einen gegenständlich abgegrenzten Bereich von Politik, sondern kennzeichnet eine Eigenschaft oder Qualität, die Maßnahmen in jedem Sachbereich unter bestimmten Umständen jederzeit annehmen können (vgl. BVerfGE 76, 143 [157]).

    Politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung (st. Rspr.; vgl. BVerfGE 9, 174 [180]; 54, 341 [356 f., 358]; 76, 143 [157 f., 169]).

    c) Staaten stellen in sich befriedete Einheiten dar, die nach innen alle Gegensätze, Konflikte und Auseinandersetzungen durch eine übergreifende Ordnung in der Weise relativieren, daß diese unterhalb der Stufe der Gewaltsamkeit verbleiben und die Existenzmöglichkeit des Einzelnen nicht in Frage stellen, insgesamt also die Friedensordnung nicht aufheben (vgl. BVerfGE 76, 143 [159 f.]).

    Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. BVerfGE 76, 143 [157, 166 f.]).

    Es muß der humanitären Intention entnommen werden, die das Asylrecht trägt, demjenigen Aufnahme und Schutz zu gewähren, der sich in einer für ihn ausweglosen Lage befindet (vgl. BVerfGE 74, 51 [64] und allgemein BVerfGE 54, 341 [357]; 76, 143 [158 ff., 163 f.]).

    Dies setzt allerdings voraus, daß sie dem jeweiligen Staat zuzurechnen sind (vgl. BVerfGE 54, 341 [358]; 76, 143 [169]).

    Geht man aber davon aus, daß Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG dasjenige zum Rechtsanspruch erheben wollte, was seinerzeit im Völkerrecht als Asyl oder Asylgewährung begriffen wurde (vgl. BVerfGE 74, 51 [57, 63]; 76, 143 [156 f.]), so ist das Grundrecht auf Asyl nach dem Grundgesetz, wenn dafür keine besonderen Anhaltspunkte vorliegen, jedenfalls nicht großzügiger auszulegen als das Flüchtlingsvölkerrecht nach der Genfer Konvention.

    Die tatsächliche Basis für diese Würdigung, der sich das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach angeschlossen hat - öffentliche Garantieerklärungen der Regierung zugunsten der Tamilen, daneben einige frühzeitig verhängte Ausgangssperren in singhalesischen Wohnvierteln Colombos -, mag schmal sein; sie hält sich jedoch noch innerhalb des den Fachgerichten vorbehaltenen Wertungsrahmens (vgl. BVerfGE 76, 143 [162]).

    In diesem Sinne hat der Senat bereits entschieden, daß Strafgesetze gegen eine religiöse Minderheit ihre Qualität als politische Verfolgung nicht einbüßen, wenn der verfolgende Staat mit ihnen in erster Linie drohende Ausschreitungen verhindern und die Ruhe und Ordnung im Lande erhalten will (vgl. BVerfGE 76, 143 [166]).

    Dies begegnet jedenfalls für die Zeit seit Jahresende 1984, bezogen auf die Jaffna-Halbinsel, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 76, 143 [162]).

  • VGH Hessen, 25.09.1992 - 10 UE 2587/86

    Zur Situation der Ahmadis in Pakistan - Asylrelevanz der Strafvorschriften sec

    Zur Begründung führt er aus, es komme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerwGE 76, 143 ) für das Vorliegen einer politischen Verfolgung der Ahmadis darauf an, ob sich die Gültigkeit der fraglichen pakistanischen Strafgesetze auf den Bereich der Öffentlichkeit beschränkten oder ob sie auch in den internen Bereich der religiösen Gemeinschaft eindrängen.

    Asylrelevant sind religionsbeschränkende staatliche Straf- oder Verbotsnormen dann, wenn sie darauf gerichtet sind, Gläubigen ihre religiöse Identität zu nehmen, indem ihnen als Angehörige einer Religionsgemeinschaft unter Androhung von Strafen an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit eine Verleugnung oder Preisgabe tragender Inhalte ihrer Glaubensüberzeugung zugemutet wird oder wenn sie gehindert werden, ihren Glauben entsprechend den tragenden Glaubensinhalten im privaten oder nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich zu bekennen (BVerfG, Beschluß vom 01.07.1987 -- 2 BvR 478/86 u.a., BVerfGE 76, 143 = EZAR 200 Nr. 20, S. 10; ferner BVerwG, Urteil vom 25.10.1988 -- 9 C 37.88 --, EZAR 201 Nr. 16).

    Staatliche Verbots- oder Strafnormen, die die Religionsausübung im häuslich-privaten Bereich sowie das Gebet abseits von der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen entsprechend den tragenden Glaubensinhalten nicht mehr gewährleisten, greifen in den von der Menschenwürde umfaßten, unverzichtbaren Kern der Religionsfreiheit ein (BVerfGE 76, 143 ; BVerwG, Urteil v. 30.06.1992 -- BVerwG 9 C 52.91 -- unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung).

    Entscheidend ist, ob die Angehörigen der religiösen Gemeinschaft daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen (BVerfGE 76, 143 ; BVerfG, Beschluß vom 09.11.1988 -- 2 BvR 288/88 und 2 BvR 388/88 --, InfAuslR 1989, 63 ff. ; BVerfG, Beschluß vom 23.09.1991 -- 2 BvR 1350/89 --, n. v., S. 17; BVerwG, Urteil v. 06.03.1990 -- 9 C 14.89 --, BVerwGE 85, 12 = EZAR 202 Nr. 17, für syrisch-orthodoxe Christen aus der Türkei).

    Eine Befugnis zu Eingriffen des Staates in diese im forum internum ausgeübte, religiöse Betätigungsformen könnte nur dann angenommen werden, sofern etwa die besondere Art und Weise des Bekenntnisses oder der Glaubensbekundung in erheblich friedensstörender Weise in die Lebenssphäre anderer Bürger hinübergriffe oder mit dem Grundtatbestand des ordre public nicht vereinbar wäre (BVerfGE 76, 143 ff. ).

    Bei der Bewertung der Asylrelevanz von religiöse Verhaltensweisen einschränkenden Strafnormen kommt es dann nicht mehr auf die Wahrscheinlichkeit einer konkreten Bestrafung des von der Strafnorm Betroffenen an, wenn bereits der normierte Straftatbestand nach seinem objektiven Gehalt eine bestimmte religiöse Gruppe oder ihre Anschauung oder Verhaltensweise in asylerheblicher Weise diskriminiert und den Betroffenen wegen der in Frage stehenden Strafbestimmungen nicht mehr der erforderliche Mindestfreiraum für eine religiöse Betätigung verblieben ist (vgl. BVerfG, Beschluß vom 09.11.1988 -- 2 BvR 188/88 u. 2 BvR 388/88 --, BVerfGE 76, 143 ).

    Anderenfalls kann es notwendig sein, ein Gesamtbild aus vielen Einzelentscheidungen dortiger unterinstanzlicher Gerichte zu gewinnen (BVerfG, Beschluß vom 23.09.1991 -- 2 BvR 1350/89 und 2 BvR 1352/89 --, n.v., S. 12 des Umdrucks, unter Bezugnahme auf BVerfGE 76, 143 ).

    298-C PPC haben folgenden Wortlaut (vgl. Übersetzung in BVerfGE 76, 143 ff., Fußnote 1 auf Seite 146 f.):.

    Die Tathandlung erfordert nur, daß "the religious feelings of Muslims" (Text in: BVerfGE 76, 143 ) verletzt sind.

    Sie empfinden sich nach ihrem religiösen Selbstverständnis, dessen Entscheidungserheblichkeit vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betont worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 01.07.1987 -- 2 BvR 478, 962/86 --, BVerfGE 76, 143 <158 Zeile 4 von unten: "...ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen >, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen..."> und vom 23.09.1991 -- 2 BvR 1350, 1352/89 --, n.v., S. 17 des Umdrucks, drittletzte Zeile des ersten Absatzes: "...ihren eigenen Glauben so bekennen dürfen, wie sie ihn verstehen..."), ohne Zweifel als Moslems mit der Folge, daß sie das moslemische Glaubensbekenntnis aussprechen und gemeinschaftlich bezeugen und sich moslemischer Riten und Gebräuche bedienen, die mit ihrem Glaubensinhalt auch so eng verknüpft sind, daß das eine nur schwer vom anderen getrennt werden kann.

    298-C PPC (Text in: BVerfGE 76, 143 ) ist in einer Entscheidung des Obergerichts Quetta vom 22. Dezember 1987 (PLD 1988 Quetta 22, 0riginaltext in: Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 08.01.1992 an VG Koblenz, Nr. 225, Liste Pak 2) näher erläutert worden.

    295 -- C PPC sowie ihrer Auslegung in Entscheidungen oberinstanzlicher pakistanischer Gerichte entsprechend von einem auch die private Glaubensbetätigung der Ahmadis umfassenden Regelungsgehalt der in Frage stehenden Strafvorschriften ausgeht, folgt daraus, daß gegen Mitglieder der Ahmadiyya in Pakistan strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen privater Glaubensausübung eingeleitet und einige Ahmadis deswegen auch bestraft worden sind und die sonstigen Umstände darauf hindeuten, daß ein -- ohnehin in der Regel vorauszusetzendes -- staatliches Interesse, die Strafvorschriften in der Praxis auch im vollen Umfang anzuwenden (vgl. zur letzteren Vermutungsregel, BVerfGE 76, 143 ), gegenwärtig und in absehbarer Zukunft besteht.

    Andererseits wird jedoch wegen der allenfalls geringen öffentlichen Auffälligkeit der verfolgten Verhaltensweisen auch bei diesen Verfahren deutlich, daß mit der Anwendung der Strafnormen nicht die Durchsetzung des öffentlichen Friedens unter verschiedenen, in ihrem Verhältnis zueinander möglicherweise aggressiv-intoleranten Glaubensrichtungen (vgl. BVerfGE 76, 143 ), sondern das Ziel verfolgt wird, die Ahmadis zur Abkehr vom Islam zu veranlassen.

    Innerhalb einer Religionsgemeinschaft können sich demnach durchaus für praktizierende und für eher am Rande stehende Gläubige unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Asylrelevanz ergeben (BVerfGE 76, 143 ), wobei in den Fällen, in denen Strafbestimmungen auch auf den internen Bereich der Glaubensgemeinschaft und ihrer Angehörigen übergreifen, davon nicht nur "besonders stark religiös geprägte Persönlichkeiten" betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluß vom 09.11.1988 -- 2 BvR 288/88 und 2 BvR 388/88).

    Aus diesem Grunde kommt es darauf an, ob und inwieweit der Kläger mit der Ahmadiyya-Glaubenslehre derart verbunden ist, daß er durch die Strafbestimmungen einen Eingriff in seine religiöse Identität fürchten muß (BVerfGE 76, 143 ).

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