Rechtsprechung
BGH, 04.02.2021 - I ZR 79/20 |
Volltextveröffentlichungen (7)
- rewis.io
Wettbewerbsverstoß und Gehörsverletzung im Pressebereich: Anforderungen an die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags bei Bezugnahme auf Anlagen
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
Verletzung des Anspruchs auf die Gewährung rechtlichen Gehörs gem Art. 103 Abs. 1 GG ; Recht sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten
- datenbank.nwb.de
- juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Verfahrensgang
- LG Potsdam, 25.07.2018 - 2 O 105/17
- OLG Brandenburg, 17.03.2020 - 6 U 145/18
- BGH, 04.02.2021 - I ZR 79/20
Wird zitiert von ... (8)
- OLG Hamm, 10.06.2021 - 4 U 1/20
Darf eine Stadt auf ihrem Internetportal mit eigenen Angeboten in Wettbewerb zur …
Auf die vom Senat mit Beschluss vom 12.11.2020 erteilten Hinweise hat die Klägerin ihr Vorbringen ergänzt und unter Bezugnahme auf den Beschluss des BGH vom 04.02.2021 (I ZR 79/20) hat sie die Auffassung vertreten, dass der Antrag "unbedenklich" sei.Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die beklagte Partei deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, BGH…, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 108/17, GRUR 2019, 627 Rn. 15 = WRP 2019, 731 - Deutschland-Kombi, mwN).
Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14, GRUR 2016, 395 Rn. 40 = WRP 2016, 454 - Smartphone-Werbung;… Urteil vom 21. März 2018 - VIII ZR 68/17, BGHZ 218, 139 Rn. 31).
Zudem dient ein solches Verfahrensverständnis der Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Ansprüche der klagenden Partei auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14, WM 2016, 1599 Rn. 12;… BGHZ 218, 139 Rn. 32 mwN).
Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses der beklagten Partei, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie ihres Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse der Klagepartei an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, Urteil vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, GRUR 2007, 693 Rn. 23 = WRP 2008, 986 - Archivfotos;… BGHZ 218, 139 Rn. 30).
Der Antrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil der Begriff "Telemedienangebot" auslegungsfähig und nicht Gegenstand einer Definition im Rundfunkstaatsvertrag ist (so i.E. auch BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20).
- BGH, 14.07.2022 - I ZR 97/21
Zu den wettbewerbsrechtlichen Grenzen des Betriebs eines kommunalen …
Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug genommen wird und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Verhaltens die Grundlage und der Anknüpfungspunkt für den Wettbewerbsverstoß und damit das Unterlassungsgebot liegen soll (vgl. BGH…, Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 108/17, GRUR 2019, 627 [juris Rn. 15] = WRP 2019, 731 - Deutschland-Kombi; Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20, K&R 2021, 333 [juris Rn. 12]). - BGH, 23.02.2023 - I ZR 127/22 Befasst sich das Gericht zu Unrecht nicht mit der Sache selbst, ist deshalb - neben Art. 19 Abs. 4 Satz 1 beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG - zugleich der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20, ZUM-RD 2021, 466 [juris Rn. 10] mwN).
- OLG München, 30.09.2021 - 6 U 6754/20
Offizielles Stadtportal der Stadt München muenchen.de verstößt gegen Grundsatz …
Diese Bewertung werde auch gestützt durch den als Anlage K 124 beigefügten Beschluss des BGH vom 04.02.2021, Az. I ZR 79/20, in dem ein (nahezu) identischer Unterlassungsantrag gestellt worden sei. - LG Düsseldorf, 12.08.2022 - 38 O 91/21
Spielzeughändler muss Vertrieb von Minifiguren unterlassen
a) Ein Unterlassungs- oder Verbotsantrag muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (ebenso wie eine darauf beruhende Verurteilung gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) so deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) und der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennbar abgegrenzt sind, so dass sich die in Anspruch genommene Partei erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, nicht letztlich dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter C I 3 a]; Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 194/20 - Rundfunkhaftung [unter B III 1]; Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20 [unter III 2 a]; Urteile vom 12. Dezember 2019 - I ZR 173/16 - ÖKO-TEST I und I ZR 117/17 - ÖKO-TEST II [jeweils unter B I 1]; Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - TÜV I [unter I 2 a]; Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00 - P-Vermerk [unter II 2 b (1)]; s.a. Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 7/16 - Cookie-Einwilligung II [unter B I 1 c]). - LG Düsseldorf, 11.11.2022 - 38 O 144/22 a) Ein Unterlassungs- oder Verbotsantrag muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (ebenso wie eine darauf beruhende Verurteilung gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) so deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) und der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennbar abgegrenzt sind, so dass sich die in Anspruch genommene Partei erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, nicht letztlich dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet [unter C I 3 a]; Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 194/20 - Rundfunkhaftung [unter B III 1]; Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20 [unter III 2 a]; Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - TÜV I [unter I 2 a]; Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00 - P-Vermerk [unter II 2 b (1)]; s.a. Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 7/16 - Cookie-Einwilligung II [unter B I 1 c]).
Die genauen Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands hängen von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab und sind in Abwägung des zu schützenden Interesses des Anspruchsgegners, sich gegen die erhobene Forderung erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Anspruchsstellers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20 [unter III 2 a]; Urteil vom 13. März 2018 - VI ZR 143/17 [unter II 1 b aa]; Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 273/16 [unter II A I 1 a]; Urteil vom 9. September 2004 - I ZR 93/02 - Ansprechen in der Öffentlichkeit II [unter II 4 a]; Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00 - P-Vermerk [unter II 2 b (1)]).
bb) Macht der Anspruchsteller hingegen - was bei der Geltendmachung eines auf Wiederholungsgefahr gestützten Anspruchs regelmäßig ohne weiteres möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 205/20 - Servicepauschale [unter B I 1 c dd]) und sich vielfach empfehlen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZB 79/11 [unter II 2 b aa]) - die konkrete Verletzungshandlung zum Gegenstand seines Begehrens und erstrebt lediglich das Verbot der Handlung so, wie sie begangen worden ist, ist ein Unterlassungsantrag in der Regel hinreichend bestimmt, weil sich durch die Bezugnahme auf die beanstandete Handlung und unter Heranziehung des zur Begründung des Anspruchs gehaltenen Sachvortrags für gewöhnlich eindeutig ergeben wird, welche Verhaltensweisen dem Anspruchsgegner verboten werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2021 - I ZR 126/19 - Dr. Z [unter II 3 a aa]; Beschluss vom 4. Februar 2021 - I ZR 79/20 [unter III 2 a]; Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - Crailsheimer Stadtblatt II [unter B I 1]; Urteil vom 8. November 2018 - I ZR 108/17 - Deutschland-Kombi [unter II 1]; Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 7/13 - Online-Versicherungsvermittlung [unter II 2 a]).
- OLG Nürnberg, 26.11.2021 - 3 U 2473/21
Bereitstellung des Online-Portals eines Landkreises zur Bewerbung von Angeboten …
Dies hat zur Folge, dass dem Antrag - auch in Verbindung mit dem zur Auslegung heranzuziehenden Klagevorbringen - nicht das Charakteristische der beanstandeten Verletzungsform entnommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, GRUR-RS 2021, 4282, Rn. 17 - Presseportal der Rundfunkanstalt). - OLG Nürnberg, 22.12.2021 - 3 U 2473/21 Dies hat zur Folge, dass dem Antrag - auch in Verbindung mit dem zur Auslegung heranzuziehenden Klagevorbringen - nicht das Charakteristische der beanstandeten Verletzungsform entnommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 - I ZR 79/20, GRUR-RS 2021, 4282 , Rn. 17 - Presseportal der Rundfunkanstalt).