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   SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14   

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SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14 (https://dejure.org/2016,22582)
SG Mainz, Entscheidung vom 18.04.2016 - S 3 AS 99/14 (https://dejure.org/2016,22582)
SG Mainz, Entscheidung vom 18. April 2016 - S 3 AS 99/14 (https://dejure.org/2016,22582)
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Volltextveröffentlichungen (5)

  • openjur.de
  • Justiz Rheinland-Pfalz

    § 7 Abs 5 SGB 2, § 7 Abs 6 SGB 2, § 27 SGB 2, § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 BAföG, Art 1 Abs 1 GG
    Vorlagebeschluss an das BVerfG - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende - Verfassungswidrigkeit

  • Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei)

    Verstoß des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums; Verstoß des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs. 5 SGB II gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen ...

  • ra.de
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Verfahrensgang

 
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Wird zitiert von ... (8)Neu Zitiert selbst (52)

  • BVerfG, 09.02.2010 - 1 BvL 1/09

    Hartz IV

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    Soweit der Kläger geltend mache, der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1 i.V.m. Art. 20 GG (Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 134 und BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09) erfordere seine Einbeziehung in den Kreis der nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II a.F. Leistungsberechtigten, vermöge der Senat dem nicht zu folgen.

    1.9 Die vorlegende 3. Kammer des SG Mainz hat hingegen im Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 (S 3 AS 130/14 - Rn. 220) hervorgehoben, dass es einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik darstelle, wenn das BVerfG in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) die Auffassung vertrete, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden, obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsähen.

    Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133).

    Mit dem Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.), bestätigt und ergänzt durch das Urteil vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) und durch den Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 ), hat das BVerfG die auf Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) gestützte staatliche Pflicht zur Existenzsicherung subjektivrechtlich fundiert und ein Recht auf parlamentsgesetzliche Konkretisierung in strikten einfachgesetzlichen Anspruchspositionen konstituiert (so Rixen , SGb 2010, S. 240).

    Der Bundesgesetzgeber stehe, da er von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfassend Gebrauch gemacht habe (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 181), demnach in der Verantwortung, das Sozialstaatsprinzip selbst durch ein Gesetz hinreichend zu konkretisieren und zu gewährleisten, dass auf die zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlichen Leistungen auch ein entsprechender Rechtsanspruch besteht ( Berlit in: LPK-SGB II, § 22a Rn. 6, 5. Auflage 2013).

    Dabei stehe dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133).

    Er gewährleiste hierbei das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasse, da der Mensch als Person notwendig in sozialen Bezügen existiere (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 135).

    Derartige Entscheidungen seien dem Gesetzgeber vorbehalten (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 136).

    Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkomme, sei das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 137).

    Dieser umfasse die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie die wertende Einschätzung des notwendigen Bedarfs und sei zudem von unterschiedlicher Weite: Er sei enger, soweit der Gesetzgeber das zur Sicherung der physischen Existenz eines Menschen Notwendige konkretisiere, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehe (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 138).

    Das GG schreibe ihm dafür keine bestimmte Methode vor (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 139).

    Komme er dieser Obliegenheit nicht hinreichend nach, stehe die Ermittlung des Existenzminimums bereits wegen dieser Mängel nicht mehr mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 144).

    6.1 Die Unverfügbarkeit des Grundrechts (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 74) resultiert aus dessen Verankerung im Grundsatz der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), soweit hierin der Schutz der Selbstbestimmung des Menschen auf Grund seines Eigenwerts angesprochen wird (vgl. Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 10, 4. Auflage 1999).

    Die Verpflichtung zur "Konkretisierung" und "Aktualisierung" (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 74) bedeutet keine Einschränkungsbefugnis im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

    6.2 Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 137).

    Da der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge umfassend Gebrauch gemacht hat, ist dieser in Folge des Ausschlusses der Länder gemäß Art. 72 Abs. 1 GG allein verpflichtet ( Kempny / Krüger , SGb 2013, S. 387 f.; im Ergebnis ebenso BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 181).

    Das BVerfG stellt im Urteil vom 09.02.2010 fest, dass sich der Grundrechtsschutz (auch) deshalb auf das Verfahren zur Ermittlung des Existenzminimums erstrecke, weil eine Ergebniskontrolle am Maßstab dieses Grundrechts nur begrenzt möglich sei (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 142).

    Das BVerfG prüfe deshalb, ob der Gesetzgeber das Ziel, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, in einer Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gerecht werdenden Weise erfasst und umschrieben habe, ob er im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein zur Bemessung des Existenzminimums im Grundsatz taugliches Berechnungsverfahren gewählt habe, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und sich in allen Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt habe (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 143).

    Komme der Gesetzgeber dieser Obliegenheit nicht hinreichend nach, stehe die Ermittlung des Existenzminimums bereits wegen dieser Mängel nicht mehr mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn.143).

    Das BVerfG hat sich bei der Folgerichtigkeitsprüfung trotz der Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die "tragfähige Begründbarkeit" jedoch fast ausschließlich an den zur Verfügung stehenden Gesetzgebungsmaterialien bzw. im Falle des Beschlusses vom 23.07.2014 am gesetzlich fixierten Verfahren zur Bestimmung der Regelbedarfe im RBEG orientiert (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn.160 ff.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 91 f.; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 91 ff.).

    Daher ist auch nicht klar, wer zur Erfüllung von "Obliegenheiten' des Gesetzgebers (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn.143) berufen sein sollte.

    Dies unternimmt das BVerfG auch, in dem es postuliert, welche Kategorien von Bedürfnissen jedenfalls zum menschenwürdigen Existenzminimum hinzugehören (Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene, Gesundheit, Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben - BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 135) und einen Verfassungsverstoß in der mangelnden Berücksichtigung von Bildungs- und Teilhabebedarfen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 192) sieht, die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse dem Grunde nach also gerade nicht einer Wertentscheidung des Gesetzgebers überlasst.

    Dies steht der Auffassung des BVerfG, dass Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 GG für die Bemessung des Existenzminimums im Sozialrecht keine weiteren Maßstäbe zu setzen vermögen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 145; vgl. auch Aubel in: Emmenegger/Wiedmann, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Band 2, 1. Auflage 2011, S. 284) nicht entgegen, sofern die "Bemessung des Existenzminimums' nicht mit der gesetzlichen Konkretisierung des Leistungsanspruchs gleichgesetzt wird.

    In den Worten des BVerfG betrifft dieser Aspekt die Pflicht des Gesetzgebers, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen selbst zu treffen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 136).

    Die das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums konturierenden Entscheidungen des BVerfG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a.) enthalten selbst keine näheren Ausführungen über den Grad der Bestimmtheit, den gesetzliche Regelungen zur Sicherung des Existenzminimums haben müssen.

    Dass dieser Grad der Bestimmbarkeit bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums besonders hoch sein muss, ergibt sich zum einen aus der Grundrechte verwirklichenden Funktion des Gesetzes ( Stölting , SGb 2013, S. 545), zum anderen und wesentlich aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die politische Transformation der "gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche" (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 138) überhaupt erst vollziehen muss, um seiner Gestaltungsverpflichtung nachzukommen.

    Die Einräumung von Ermessen widerspräche der Anforderung, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch ein Parlamentsgesetz erfolgen muss, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 136; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 96: "Eine Regelung zur Existenzsicherung hat vor der Verfassung nur Bestand, wenn Bedarfe durch Anspruchsnormen gesichert werden').

    Beide Kategorien von Rechtsnormen haben im Hinblick auf die Grundrechtsverletzung den gleichen Effekt; sie bestimmen gleichermaßen den Umfang der defizitären Gestaltung des einfachen Rechts (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 137).

    Das Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133).

    Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 137).

    5.4 Die in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) weiter geäußerte Auffassung, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden, vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 13), obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsehen, stellt daher einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der zuerst im Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik dar.

  • BVerfG, 23.07.2014 - 1 BvL 10/12

    Sozialrechtliche Regelbedarfsleistungen derzeit noch verfassungsgemäß

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    Mit dem Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.), bestätigt und ergänzt durch das Urteil vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) und durch den Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 ), hat das BVerfG die auf Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) gestützte staatliche Pflicht zur Existenzsicherung subjektivrechtlich fundiert und ein Recht auf parlamentsgesetzliche Konkretisierung in strikten einfachgesetzlichen Anspruchspositionen konstituiert (so Rixen , SGb 2010, S. 240).

    Die getroffene Entscheidung verändere allerdings nicht die grundrechtlichen Maßstäbe (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 78).

    Aus verfassungsrechtlicher Sicht komme es vielmehr entscheidend darauf an, dass die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten werde und die Höhe der Leistungen zu dessen Sicherung insgesamt tragfähig begründbar sei (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 80).

    Evident unzureichend seien Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich sei, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen könnten, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen sei (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 81).

    Ließen sich diese nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen, stünden sie mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG im Einklang (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 82).

    Entscheidend sei, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichte und die Leistungen zur Konkretisierung des grundrechtlich fundierten Anspruchs tragfähig begründet werden könnten (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 76).

    Darum zu ringen sei vielmehr Sache der Politik (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 77).

    Das Grundrecht ist zwar dem Grunde nach unverfügbar und abwägungsfest, der Höhe nach aber nicht vom gesellschaftlichen Wohlstand und dessen ökonomischen Grundlagen entkoppelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 74; Voßkuhle , SGb 2011, S. 186).

    6.1 Die Unverfügbarkeit des Grundrechts (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 74) resultiert aus dessen Verankerung im Grundsatz der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), soweit hierin der Schutz der Selbstbestimmung des Menschen auf Grund seines Eigenwerts angesprochen wird (vgl. Starck in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 10, 4. Auflage 1999).

    Die Verpflichtung zur "Konkretisierung" und "Aktualisierung" (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 133; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 74) bedeutet keine Einschränkungsbefugnis im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

    Im Beschluss vom 23.07.2014 hebt das BVerfG dann hervor, dass die Entscheidung anhand des vom BVerfG entwickelten Folgerichtigkeitsmaßstabs "tragfähig begründbar" sein müsse (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 80).

    Die Verfassung schreibe nicht vor, was, wie und wann genau im Gesetzgebungsverfahren zu begründen und zu berechnen sei (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 77).

    Auf Grund des Beschlusses des BVerfG vom Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12 u.a.) liegt es nahe die "tragfähige Begründbarkeit' als rein objektiven Maßstab zu verstehen, so dass Wertentscheidungen über die Auswahl der Methoden zur Bestimmung des Existenzminimums weder anhand des Gesetzes noch anhand der Gesetzgebungsmaterialien belegbar sein müssten und es auch nicht darauf ankommen würde, wer für die Begründung oder Begründbarkeit verantwortlich zeichnet.

    Das BVerfG hat sich bei der Folgerichtigkeitsprüfung trotz der Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die "tragfähige Begründbarkeit" jedoch fast ausschließlich an den zur Verfügung stehenden Gesetzgebungsmaterialien bzw. im Falle des Beschlusses vom 23.07.2014 am gesetzlich fixierten Verfahren zur Bestimmung der Regelbedarfe im RBEG orientiert (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn.160 ff.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 91 f.; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 91 ff.).

    Aus dem GG lassen sich weder Begründungspflichten noch sonstige Dokumentationspflichten über den Gesetzgebungsprozess als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für ein Bundesgesetz herleiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 77; Groth , NZS 2011, S. 571 m.w.N.).

    Die das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums konturierenden Entscheidungen des BVerfG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a.) enthalten selbst keine näheren Ausführungen über den Grad der Bestimmtheit, den gesetzliche Regelungen zur Sicherung des Existenzminimums haben müssen.

    In Bezug auf den Regelungsgegenstand unterliegen sie auch nicht den durch den parlamentarischen Prozess garantierten Sicherungen im Hinblick auf die Öffentlichkeit der Debatte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 77).

  • BVerfG, 18.07.2012 - 1 BvL 10/10

    "Asylbewerberleistungsgesetz/Grundleistungen"

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    Mit dem Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.), bestätigt und ergänzt durch das Urteil vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) und durch den Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 ), hat das BVerfG die auf Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsprinzip) gestützte staatliche Pflicht zur Existenzsicherung subjektivrechtlich fundiert und ein Recht auf parlamentsgesetzliche Konkretisierung in strikten einfachgesetzlichen Anspruchspositionen konstituiert (so Rixen , SGb 2010, S. 240).

    Das Menschenwürdeprinzip aus Art. 1 Abs. 1 GG wird dabei als eigentliche Anspruchsgrundlage herangezogen, während das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG im Sinne eines Gestaltungsgebots mit erheblichem Wertungsspielraum verstanden wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 62).

    Der Pakt statuiere in Art. 9 ein Recht auf Soziale Sicherheit und in Art. 15 Abs. 1 a) das Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 68).

    Als Menschenrecht stehe das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 63).

    Eine Differenzierung sei nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweiche und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden könne (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 73).

    Auch hier komme dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse dieser Personengruppe wie auch die wertende Einschätzung ihres notwendigen Bedarfs umfasse, aber nicht davon entbinde, das Existenzminimum hinsichtlich der konkreten Bedarfe zeit- und realitätsgerecht zu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 73).

    Insofern ist es konsequent, die Garantie der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums terminologisch und dogmatisch in den Rang eines Grundrechts und Menschenrechts (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 u.a. - Rn. 62) zu erheben und hiermit auch die Möglichkeit des Verfassungsbeschwerdeverfahrens nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG zu eröffnen (vgl. Berlit , KJ 2010, S. 147).

    7.2 Anspruchsberechtigte sind zweitens alle Menschen, die sich in Deutschland tatsächlich aufhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 63; Kirchhof , NZS 2015, S. 4; Kempny / Krüger , SGb 2013, S. 386; vgl. zum Territorialitätsprinzip auch Neumann , NVwZ 1995, S. 428).

    Im verfassungsrechtlichen Sinne hilfebedürftig ist eine Person, wenn ihr die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 63).

    Im Urteil vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 79) führt das BVerfG diesbezüglich aus, dass sich die Art und die Höhe der Leistungen "mit einer Methode erklären lassen (müssen), nach der die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt werden und nach der sich alle Berechnungsschritte mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegen".

    Das BVerfG hat sich bei der Folgerichtigkeitsprüfung trotz der Reduzierung des Prüfungsmaßstabs auf die "tragfähige Begründbarkeit" jedoch fast ausschließlich an den zur Verfügung stehenden Gesetzgebungsmaterialien bzw. im Falle des Beschlusses vom 23.07.2014 am gesetzlich fixierten Verfahren zur Bestimmung der Regelbedarfe im RBEG orientiert (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn.160 ff.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 91 f.; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a. - Rn. 91 ff.).

    Hierbei sind Ungleichbehandlungen nur auf Grund unterschiedlicher Bedürfnisse gestattet, beispielsweise bei Abweichungen von Bedarfslagen in Folge eines absehbar nur kurzfristigen Aufenthalts im Inland (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 73) oder zwischen Erwachsenen und Kindern.

    Die das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums konturierenden Entscheidungen des BVerfG (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a.; BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11; BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a.) enthalten selbst keine näheren Ausführungen über den Grad der Bestimmtheit, den gesetzliche Regelungen zur Sicherung des Existenzminimums haben müssen.

    Die Einräumung von Ermessen widerspräche der Anforderung, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch ein Parlamentsgesetz erfolgen muss, das einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - Rn. 136; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 96: "Eine Regelung zur Existenzsicherung hat vor der Verfassung nur Bestand, wenn Bedarfe durch Anspruchsnormen gesichert werden').

    Auf der ersten Ebene der Grundrechtskonkretisierung kommt eine Differenzierung nur auf Grund abweichender Bedarfslagen in Betracht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - Rn. 73; s.o. unter I.9.4).

  • BVerfG, 08.10.2014 - 1 BvR 886/11

    Leistungen nach SGB 2 und Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    b) Im Beschluss vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11 - Rn. 13 ff.) kommt die 3. Kammer des 1. Senats des BVerfG ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG im der Verfassungsbeschwerde zu Grunde liegenden Fall nicht verletzt sei.

    Zur Begründung verweist er ohne weitere Erläuterungen auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11).

    1.9 Die vorlegende 3. Kammer des SG Mainz hat hingegen im Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 (S 3 AS 130/14 - Rn. 220) hervorgehoben, dass es einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik darstelle, wenn das BVerfG in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) die Auffassung vertrete, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden, obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsähen.

    Das BVerfG hat sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 5 SGB II (in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung) bereits in den Nichtannahmebeschlüssen vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) auseinandergesetzt.

    Die gleichwohl in den Beschlüssen skizzierte Auffassung, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II (a.F.) sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 - Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 12 ff.), bringt daher keine zusätzlichen Begründungslasten oder sonstigen Anforderungen für die Zulässigkeit des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 BVerfGG mit sich.

    Demzufolge ist auch der Hinweis des BVerfG auf die in § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB II geregelte Obliegenheit für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einzusetzen ( BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 13), nicht zur Rechtfertigung des Leistungsausschlusses geeignet.

    5.4 Die in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) weiter geäußerte Auffassung, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden, vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 13), obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsehen, stellt daher einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der zuerst im Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik dar.

    Mit dem Verweis auf eine denkbare Verletzung der teilhaberechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 - Rn. 23 f. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 14) lässt sich weder die fehlende Existenzsicherung rechtfertigen, noch eine Beschränkung der verfassungsrechtlichen Prüfung auf die jeweiligen Ausschlussvorschriften im BAföG bzw. im SGB III begründen.

  • SG Mainz, 12.12.2014 - S 3 AS 130/14

    Regelung der Unterkunftskosten im SGB II verfassungswidrig?

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    Die Frage, ob § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II verfassungswidrig ist (vgl. SG Mainz, Vorlagebeschlüsse vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 und S 3 AS 370/14), ist daher im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.

    Entscheidungserheblichkeit im Sinne des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG liegt vor, wenn bei Gültigkeit der Vorschrift (3.1) ein Entscheidungsspektrum eröffnet wird, das eine Abweichung von der Entscheidung bei Nichtigkeit der Vorschrift (3.2) ermöglicht (SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 127).

    1.9 Die vorlegende 3. Kammer des SG Mainz hat hingegen im Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 (S 3 AS 130/14 - Rn. 220) hervorgehoben, dass es einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik darstelle, wenn das BVerfG in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) die Auffassung vertrete, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden, obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsähen.

    Diese subjektivrechtliche Seite der verfassungsrechtlichen Garantie folgt aus dem Umstand, dass Art. 1 Abs. 1 GG als echte Rechtsnorm zu verstehen ist (SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 212); das Sozialstaatsprinzip allein würde diese der Verrechtlichung folgende Subjektivierung der verfassungsrechtlichen Verpflichtung noch nicht erzwingen (vgl. Schulz , SGb 2010, S. 202).

    6.4 Leistungsausschlüsse dem Grunde nach, die trotz bestehender Hilfebedürftigkeit eintreten und nicht durch ein anderes existenzsicherndes Leistungssystem (z.B. durch Leistungen nach dem SGB XII oder nach dem AsylbLG) aufgefangen werden, sind per se verfassungswidrig, da sie die staatliche Pflicht zur Gewährleistung von Lebensbedingungen, die physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen sind, unterlaufen (vgl. SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 219; so auch Frerichs , ZESAR 2014, S. 285).

    Dies schließt sowohl die Verwendung zu unbestimmter Rechtsbegriffe (vgl. SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 252 ff.) als auch die Einräumung von Ermessen gegenüber der zuständigen Stelle über den Inhalt (bei Geldleistungen: die Höhe) der Leistungsgewährung im Kernbereich der Existenzsicherung aus.

    Aus der Grundrechtsrelevanz der existenzsichernden Leistungen erwachsen jedoch qualitative Anforderungen hinsichtlich der Merkmalsdichte (oder "Intensionstiefe', vgl. Müller / Christensen , Juristische Methodik, 10. Auflage 2009, S. 196) der textlich verfassten gesetzlichen Bestimmungen (SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 253 ff.).

    Dies wirkt sich dahingehend aus, dass die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegen (vgl. zum Begriff der "Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II: BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 - Rn. 21 ff.; Knickrehm , jM 2014, S. 340; zum Ganzen: SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 - Rn. 255 ff.).

    Aus diesen Anforderungen aus Demokratieprinzip und Bestimmtheitsgebot folgt zum einen, dass die Verwendung (besonders) unbestimmter Rechtsbegriffe im Existenzsicherungsrecht verfassungswidrig sein kann (vgl. SG Mainz, Vorlagebeschlüsse vom 12.12.2014 - S 3 AS 130/14 und S 3 AS 370/14; vgl. auch Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 3 AsylbLG i.d.F. v. 23.12.2014, Rn. 57, Stand 01.04.2016), zum anderen, dass die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums dem Grunde und der Höhe nach nicht von einer Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde abhängig gemacht werden darf.

  • BVerfG, 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11

    Leistungen nach SGB 2 und Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    a) Im Beschluss vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11 - Rn. 21 ff.) kommt sie zu dem Schluss, dass eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG im der Verfassungsbeschwerde zu Grunde liegenden Fall nicht vorliege.

    1.9 Die vorlegende 3. Kammer des SG Mainz hat hingegen im Vorlagebeschluss vom 12.12.2014 (S 3 AS 130/14 - Rn. 220) hervorgehoben, dass es einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik darstelle, wenn das BVerfG in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) die Auffassung vertrete, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden, obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsähen.

    Das BVerfG hat sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs. 5 SGB II (in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung) bereits in den Nichtannahmebeschlüssen vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) auseinandergesetzt.

    Die gleichwohl in den Beschlüssen skizzierte Auffassung, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II (a.F.) sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 - Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 12 ff.), bringt daher keine zusätzlichen Begründungslasten oder sonstigen Anforderungen für die Zulässigkeit des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 BVerfGG mit sich.

    5.4 Die in den Nichtannahmebeschlüssen des BVerfG vom 03.09.2014 (1 BvR 1768/11) und vom 08.10.2014 (1 BvR 886/11) weiter geäußerte Auffassung, der Leistungsausschluss von Auszubildenden in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, da existenzielle Bedarfe, soweit sie durch die Ausbildung entstünden, vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise nach dem SGB III gedeckt würden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 13), obwohl diese Leistungssysteme bedarfsunabhängige Ausschlussgründe vorsehen, stellt daher einen nicht ohne Weiteres nachvollziehbaren Bruch mit der zuerst im Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u.a.) entwickelten Dogmatik dar.

    Soweit das BVerfG darauf abstellt, § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. konkretisiere den Nachrang gegenüber vorrangigen besonderen Sozialleistungssystemen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesetzgeber gehe im Rahmen seines Gestaltungsspielraums in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass das menschenwürdige Existenzminimum, soweit eine durch die Ausbildung bedingte Bedarfslage entstanden sei, vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise dem SGB III zu decken sei (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 - Rn. 22), vermag dies nicht zu überzeugen.

    Mit dem Verweis auf eine denkbare Verletzung der teilhaberechtlichen Dimension des Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2014 - 1 BvR 1768/11 - Rn. 23 f. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 - Rn. 14) lässt sich weder die fehlende Existenzsicherung rechtfertigen, noch eine Beschränkung der verfassungsrechtlichen Prüfung auf die jeweiligen Ausschlussvorschriften im BAföG bzw. im SGB III begründen.

  • BSG, 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsvereinbarung - Zusage der

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    In einem Urteil vom 02.04.2014 (B 4 AS 26/13) zu einem Verfahren, in dem der nach dem BAföG geförderte dortige Kläger einen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II (a.F.) (heute weitgehend übernommen in § 27 Abs. 3 SGB II) begehrt hatte, ohne dessen spezielle Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen, wiederholte der 4. Senat des BSG im Wesentlichen seine Argumentation aus dem Urteil vom 30.09.2008 (B 4 AS 28/07 R - Rn. 14).

    Es sollten nicht mehrere Träger zur Deckung ein und desselben Bedarfs zuständig sein (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 - Rn. 18).

    Soweit der Kläger über die geregelten Ausnahmefälle des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II a.F. hinaus einen weitergehenden gesetzlich nicht vorgesehenen Anspruch geltend mache, rüge er daher keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung des Existenzminimums, sondern eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 - Rn. 27).

    Eine Verletzung des Gleichheitsgrundrechts verneinte der Senat allerdings (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 - Rn. 28 ff.).

    Deshalb geht auch das Argument des 4. Senats des BSG fehl, es sollten nicht mehrere Träger zur Deckung ein und desselben Bedarfes zuständig sein (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 - Rn. 18).

  • BSG, 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende bei

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    Angesichts der insgesamt pauschalierten Höhe der Leistungen nach dem BAföG würde die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, jedenfalls in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 22 Abs. 7 SGB II zum 01.01.2007 auch zu einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung von Personen führen, die eine förderungsfähige Ausbildung absolvierten, aber die besonderen Voraussetzungen einer Ausbildungsförderung nach den spezialgesetzlichen Vorschriften nicht erfüllten (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R - Rn. 29; ähnlich: BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - Rn. 28).

    1.6 Im Urteil vom 30.09.2008 stellte auch der 4. Senat des BSG unter Bezugnahme auf die Urteile vom 06.09.2007 (B 14/7b AS 28/06 R und B 14/7b AS 36/06 R) ohne weitere Ausführungen fest, dass eine verfassungswidrige Benachteiligung durch den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht ersichtlich sei (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R - Rn. 30).

    Soweit jemand die Ausbildung trotz Ausschluss der Ausbildungsförderung betreibe, handele es sich um eine vom Auszubildenden zu verantwortende Entscheidung, die nicht die Konsequenz haben könne, wegen des ausbildungsbedingten Fehlens einer Erwerbsmöglichkeit Leistungen der Grundsicherung beanspruchen zu können (Hinweis auf BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R).

    5.5 Auch das Argument, dass, wenn jemand eine Ausbildung betreibt, obwohl er die Anspruchsvoraussetzungen des zur Förderung einer Ausbildung vorgesehenen Sozialleistungssystems nicht erfüllt, es sich um eine vom Auszubildenden selbst zu verantwortende Entscheidung handele, die nicht die Konsequenz haben könne, den Gesetzgeber zu verpflichten, auch während dieser Ausbildung Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach einem System (SGB II) zu gewähren (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R - Rn. 29), ist zur Rechtfertigung des Leistungsausschlusses nicht geeignet.

  • BSG, 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende -

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    1.6 Im Urteil vom 30.09.2008 stellte auch der 4. Senat des BSG unter Bezugnahme auf die Urteile vom 06.09.2007 (B 14/7b AS 28/06 R und B 14/7b AS 36/06 R) ohne weitere Ausführungen fest, dass eine verfassungswidrige Benachteiligung durch den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht ersichtlich sei (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R - Rn. 30).

    Die Ausschlussregelung solle die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R - Rn. 14).

    In einem Urteil vom 02.04.2014 (B 4 AS 26/13) zu einem Verfahren, in dem der nach dem BAföG geförderte dortige Kläger einen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II (a.F.) (heute weitgehend übernommen in § 27 Abs. 3 SGB II) begehrt hatte, ohne dessen spezielle Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen, wiederholte der 4. Senat des BSG im Wesentlichen seine Argumentation aus dem Urteil vom 30.09.2008 (B 4 AS 28/07 R - Rn. 14).

    Auf Grund der Verwendung des (besonders) unbestimmten Rechtsbegriffs der "besondere(n) Härte' (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R - Rn. 20 ff.; BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R - Rn. 17 ff.; BSG, Beschluss vom 23.08.2012 - B 4 AS 32/12 B - Rn. 20) als Leistungsvoraussetzung und der Einräumung von Ermessen ist diese Vorschrift zudem wegen ihrer nicht ausreichenden Bestimmtheit zur verfassungskonformen Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ungeeignet (s.o. unter I.9.3).

  • BSG, 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Anwendung des Leistungsausschlusses für

    Auszug aus SG Mainz, 18.04.2016 - S 3 AS 99/14
    1.7 In späteren Entscheidungen des BSG (Urteile vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R und vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R) wurde die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht mehr aufgegriffen.

    Zwar ließe sich auch mit dieser Formulierung isoliert betrachtet noch vereinbaren, wegen der Verwendung des Relativpronomens "deren' zwischen "Auszubildende' und "Ausbildung' auf die Förderungsfähigkeit der konkreten Ausbildung abzustellen, allerdings ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang mit den Rückausnahmeregelungen in § 7 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 3 SGB II, dass der Leistungsausschluss abgesehen von den dort genannten Ausnahmefällen auch dann greift, wenn kein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG oder nach dem SGB III besteht (so im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 197/11 R - Rn. 14; BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - Rn. 17 m.w.N.; ausführlich mit Erläuterungen zur Systematik, Gesetzgebungsgeschichte und Sinn und Zweck: BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R - Rn. 20 ff.).

    5.2 Der zur Rechtfertigung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II regelmäßig angeführte Zweck, eine (verdeckte) Ausbildungsförderung durch Leistungen nach dem SGB II zu verhindern, insbesondere unter Umgehung der dortigen Anspruchsvoraussetzungen und der unter Umständen niedrigeren Leistungshöhe (BSG, Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 24/09 R - Rn. 15; BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 197/11 R - Rn. 13; BSG, Urteil vom 17.02.2015 - B 14 AS 25/14 R - Rn. 21; BSG, Urteil vom 17.02.2016 - B 4 AS 2/15 R - Rn. 23; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.02.2010 - L 1 SO 84/09 - Rn- 38; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.06.2013 - L 2 AS 1518/12 - Rn. 26) ist nicht geeignet, den Leistungsausschluss zu legitimieren.

  • BSG, 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende -

  • BVerfG, 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09

    Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Anrechnung von BAföG-Leistungen auf

  • BVerfG, 22.11.2000 - 1 BvR 2307/94

    EALG

  • SG Mainz, 12.12.2014 - S 3 AS 370/14

    Regelung der Unterkunftskosten im SGB II verfassungswidrig?

  • BSG, 22.08.2012 - B 14 AS 197/11 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Studenten - abstrakte

  • LSG Sachsen, 15.12.2014 - L 3 AS 176/14
  • BSG, 23.08.2012 - B 4 AS 32/12 B

    Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Grundsicherung für Arbeitsuchende -

  • BVerfG, 07.02.2012 - 1 BvL 14/07

    Ausschluss von Nicht-EU-Bürgern von der Gewährung des Landeserziehungsgeldes nach

  • BVerwG, 18.07.1994 - 5 B 25.94

    Sozialhilfe - Ausbildungsförderung - Hilfe zum Lebensunterhalt - Förderungsfähige

  • BSG, 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R

    Kein Arbeitslosengeld II für Studenten

  • BSG, 19.08.2010 - B 14 AS 24/09 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende -

  • LSG Rheinland-Pfalz, 12.02.2010 - L 1 SO 84/09

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Erwerbsfähigkeit einer rumänischen Studentin

  • BSG, 16.06.2015 - B 4 AS 37/14 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Auszubildende -

  • BSG, 17.02.2016 - B 4 AS 2/15 R

    Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - erhöhter Raumbedarf aufgrund der

  • BSG, 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss wegen

  • LSG Nordrhein-Westfalen, 11.06.2013 - L 2 AS 1518/12
  • BVerfG, 29.05.2013 - 1 BvR 1083/09

    Verfassungsbeschwerde gegen Einkommensanrechnung des "unechten Stiefvaters" bei

  • BVerfG, 07.06.2005 - 1 BvR 1508/96

    Unterhalt für pflegebedürftige Mutter: Verfassungsbeschwerde erfolgreich

  • BSG, 27.09.2011 - B 4 AS 160/10 R

    Arbeitslosengeld II - Leistungsausschluss für Studenten - abstrakte

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 28.02.1995 - 8 B 540/95

    Vorliegen einer besonderen Härte; Hilfe zum Lebensunterhalt;

  • SG Reutlingen, 23.03.2016 - S 4 AS 114/14

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Ausländer bei

  • BVerfG, 15.09.1980 - 1 BvR 715/80
  • BVerfG, 12.05.2005 - 1 BvR 569/05

    Verletzung des Grundrechts auf wirksamen Rechtsschutz (GG Art 19 Abs 4)

  • BVerwG, 24.06.1954 - V C 78.54

    Rechte eines Bedürftigen bei gesetzlichen Pflichten des Fürsorgeträgers gegenüber

  • BSG, 27.09.2011 - B 4 AS 145/10 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Studenten -

  • LSG Berlin-Brandenburg, 18.07.2008 - L 14 B 774/08

    Hinreichende Erfolgsaussicht; Härtegründe bei unbefriedigendem Rechtszustand, der

  • BVerfG, 29.05.1990 - 1 BvL 20/84

    Steuerfreies Existenzminimum

  • BVerfG, 08.05.2013 - 1 BvL 1/08

    "Landeskinderregelung" im früheren Bremischen Studienkontengesetz ist

  • SG Mainz, 12.11.2015 - S 12 AS 946/15

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss von Ausländern bei

  • LSG Baden-Württemberg, 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15

    Einstweiliger Rechtsschutz - Grundsicherung für Arbeitsuchende -

  • BVerwG, 17.01.1985 - 5 C 29.84

    Vorschrift - Ausschlußwirkung - Ausbildungsbezogener Bedarf

  • BVerfG, 12.01.1967 - 1 BvR 169/63

    Grundstücksverkehrsgesetz

  • BVerfG, 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11

    Verfassungsbeschwerden in Sachen Optionskommunen nur zu geringem Teil erfolgreich

  • BVerfG, 08.08.1978 - 2 BvL 8/77

    Kalkar I

  • LSG Bayern, 13.10.2015 - L 16 AS 612/15

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Ausländer bei

  • BVerwG, 13.05.1993 - 5 B 47.93

    Antrag auf Prozesskostenhilfe abhängig von den Erfolgsaussichten der Revision -

  • LSG Berlin-Brandenburg, 26.02.2016 - L 28 AS 2230/12

    Nichtberücksichtigung eines ausbildungsgeprägten Bedarfs bei der Gewährung von

  • BVerfG, 20.10.1992 - 1 BvR 698/89

    Zur Auslegung des Gewaltdarstellungsverbotes nach § 131 StGB

  • BSG, 28.03.2013 - B 4 AS 59/12 R

    Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Rücknahme eines rechtswidrigen

  • BVerwG, 24.04.1975 - V C 9.74

    Ausbildungshilfe - Sozialhilfe - Ausbildungsförderung

  • BSG, 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - kein Leistungsausschluss wegen Aufenthalts

  • BVerfG, 06.11.2014 - 2 BvL 2/11

    Unzulässige Richtervorlage zur Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs 4 S 3 WDO

  • SG Speyer, 29.12.2017 - S 16 AS 1466/17

    Sozialgerichtliches Verfahren - einstweiliger Rechtsschutz - Regelungsanordnung -

    bb) Zur Darlegung der dogmatischen Herleitung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und dessen näherer Konkretisierung wird auf die Vorlagebeschlüsse des SG Mainz vom 12.12.2014 (S 3 AS 130/14 und S 3 AS 370/14) und vom 18.04.2016 (S 3 AS 149/16 und S 3 AS 99/14) verwiesen.
  • SG Speyer, 17.08.2017 - S 16 AS 908/17

    Sozialgerichtliches Verfahren - einstweiliger Rechtsschutz - Regelungsanordnung -

    Dass der gleiche Spruchkörper seine These, die Wahrscheinlichkeit, dass auf Grund der Entscheidung des BVerfG (1 BvL 4/16) über den Vorlagebeschluss des SG Mainz vom 18.04.2016 (wohl irrtümlich mit dem Aktenzeichen S 3 AS 99/14 bezeichnet) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II nicht weiter angewandt werden könne, sei gering, nicht mit Sachargumenten, sondern lediglich mit einem Verweis auf eine (noch dazu durch einseitige Zitierweise suggerierte) "überwiegende Ansicht" begründen vermag (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.03.2017 - L 5 AS 449/17 B ER -, Rn. 20), spricht für sich.
  • LSG Berlin-Brandenburg, 02.08.2017 - L 5 AS 1357/17

    Sozialgerichtliches Verfahren - einstweiliger Rechtsschutz - Regelungsanordnung -

    Die Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 4/16) über den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Mainz vom 18. April 2016 (S 3 AS 99/14) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II nicht weiter angewandt werden kann, ist gering.
  • LSG Nordrhein-Westfalen, 26.02.2018 - L 19 AS 249/18

    SGB-II -Leistungen

    Auch in Hinblick auf den beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Mainz vom 18.04.2016, S 3 AS 99/14 (1 BvL 4/16), der den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II i.d.F. bis zum 28.12.2016 zum Gegenstand hat, ist nach Auffassung des Senats keine Ermessenreduzierung auf null zu Gunsten der Antragstellerin gegeben.
  • LSG Berlin-Brandenburg, 24.03.2017 - L 5 AS 449/17

    Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Ausländer ohne

    Die Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 4/16) über den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Mainz vom 18. April 2016 (S 3 AS 99/14) § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II nicht weiter angewandt werden kann, ist gering.
  • SG München, 26.05.2017 - S 46 AS 843/17

    Grundsicherungsleistungen für bulgarischen Staatsangehörigen mit

    Die vom LSG Niedersachsen-Bremen genannten Vorlagen des SG Mainz vom 18.04.2016, S 3 AS 149/16 und S 3 AS 99/14, betreffen den Leistungsausschluss für Auszubildende nach § 7 Abs. 5 SGB II, der hier nicht relevant ist und den das BVerfG nicht beanstandet hat (BVerfG, Beschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11) sowie den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II alter Fassung für usbekische Staatsangehörige, für die allerdings das BSG aufgrund längeren Aufenthalts einen unbedingten Anspruch auf Sozialhilfe in Form zum Lebensunterhalt bejahen würde.
  • LSG Niedersachsen-Bremen, 10.11.2020 - L 7 AS 169/20
    Insoweit werde auf den Vorlagenbeschluss des Sozialgerichts Mainz zum Aktenzeichen S 3 AS 99/14 verwiesen.
  • LSG Niedersachsen-Bremen, 10.11.2020 - L 7 AS 171/20
    Insoweit werde auf den Vorlagenbeschluss des Sozialgerichts Mainz zum Aktenzeichen S 3 AS 99/14 verwiesen.
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