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   Generalanwalt beim EuGH, 14.09.2023 - C-582/21   

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Generalanwalt beim EuGH, 14.09.2023 - C-582/21 (https://dejure.org/2023,23727)
Generalanwalt beim EuGH, Entscheidung vom 14.09.2023 - C-582/21 (https://dejure.org/2023,23727)
Generalanwalt beim EuGH, Entscheidung vom 14. September 2023 - C-582/21 (https://dejure.org/2023,23727)
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Volltextveröffentlichung

  • Europäischer Gerichtshof

    Profi Credit Polska (Réouverture de la procédure terminée par une décision définitive)

    Vorlage zur Vorabentscheidung - Richtlinie 93/13/EWG - Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen - Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Versäumnisurteil abgeschlossenen Verfahrens - Rechtskraft - Gründe für die Wiederaufnahme eines Verfahrens - Grundsätze der ...

Verfahrensgang

 
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Wird zitiert von ... (0)Neu Zitiert selbst (46)

  • RG, 10.06.1913 - V 93/13

    Wer hat den Gewahrsam am Inhalt eines verschlossenen Behältnisses, das sich im

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 14.09.2023 - C-582/21
    Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG(2) lautet: "Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.".

    Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt: "Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.".

    Sie machte geltend, das Gericht habe die Richtlinie 93/13 falsch ausgelegt und insbesondere das (nach Erlass des Versäumnisurteils ergangene) Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Profi Credit Polska I(4) nicht berücksichtigt.

    Bedeutsam ist der Hinweis des vorlegenden Gerichts, dass es angesichts der Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Profi Credit Polska I, Profi Credit Polska II(7) und Kancelaria Medius "sehr wahrscheinlich" sei, dass das Versäumnisurteil unter "eklatantem Verstoß" gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13(8) ergangen sei.

    Das vorlegende Gericht entnimmt drei Vorabentscheidungen über Auslegungsfragen (Profi Credit Polska I, Profi Credit Polska II und Kancelaria Medius), dass das Versäumnisurteil unter Verstoß gegen die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 ergangen sei.

    Zur Erläuterung: In seinem Urteil Kancelaria Medius hat der Gerichtshof konkrete Vorschriften der Richtlinie 93/13 dahin ausgelegt, dass sie eine bestimmte Auslegung des nationalen Rechts(40) ausschließen, die, wie die Kommission ausführt, mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden übereinzustimmen scheint(41).

    Erstens ist der Gerichtshof in seinem Urteil Profi Credit Polska I zu dem Ergebnis gelangt, dass die Richtlinie 93/13 einer nationalen Regelung entgegensteht, die es dem nationalen Gericht unmöglich macht, die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln in einem Verbrauchervertrag von Amts wegen zu prüfen, wenn die nationalen Modalitäten für die Ausübung des Rechts, Widerspruch gegen einen Zahlungsbefehl einzulegen, vereinfacht gesagt zu restriktiv sind.

    Insoweit scheint die zweite Vorlagefrage auf der Prämisse zu beruhen, dass das Unionsrecht, insbesondere Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, die Möglichkeit der Wiederaufnahme eines durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Zivilverfahrens verlangt, um angesichts des gerügten Versäumnisses des nationalen Gerichts, die Rechtmäßigkeit der Klauseln eines Verbrauchervertrags zu überprüfen, Abhilfe zu schaffen.

    In Ermangelung einer entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung im Unionsrecht kann somit nicht ohne weitere Prüfung davon ausgegangen werden, dass das Versäumnis des nationalen Gerichts, in einem durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahren eine der in Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 enthaltenen Verpflichtungen zu erfüllen, automatisch zu der Schlussfolgerung führt, dass die Mitgliedstaaten einen außerordentlichen Rechtsbehelf vorsehen müssen , um die Aufhebung eines solchen rechtskräftigen Urteils zu ermöglichen.

    In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof, wie die Kommission in Erinnerung ruft, wiederholt erklärt, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 (der im Wesentlichen vorschreibt, dass missbräuchliche Klauseln die Verbraucher nicht binden) "als eine Norm zu betrachten ist, die den nationalen Bestimmungen, die im nationalen Recht zwingend sind, gleichwertig ist"(57).

    Ausgehend von der oben in Nr. 143 erläuterten Prämisse, die der Frage des vorlegenden Gerichts zugrunde liegt, stellt sich die Frage, ob die Wirksamkeit der Rechte, die den Verbrauchern nach dem Unionsrecht und insbesondere nach der Richtlinie 93/13 zustehen, es erforderlich macht, dass ein außerordentlicher Rechtsbehelf zur Verfügung gestellt wird, wenn geltend gemacht wird, dass diese Rechte nicht angemessen geschützt worden seien.

    Meines Erachtens ist es durchaus verständlich, dass eine solche Frage angesichts des recht umfassenden Schutzes gestellt wird, den der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung den Rechten der Verbraucher nach dem Unionsrecht, insbesondere der Richtlinie 93/13, bisher gewährt hat.

    Die jeweiligen Ausprägungen der Verpflichtung der nationalen Gerichte, einen solchen proaktiven Ansatz zu verfolgen, wurden schrittweise aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 abgeleitet, wonach die Mitgliedstaaten im Wesentlichen dafür sorgen müssen, dass missbräuchliche Klauseln die Verbraucher nicht binden, und "angemessene und wirksame Mittel" vorsehen müssen, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

    Insbesondere hat er klargestellt, dass die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes des Rechts der Verbraucher, nicht durch Vertragsklauseln gebunden zu sein, die als missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13 anzusehen sind, die Nichtberücksichtigung der nationalen Wirkungen der Rechtskraft entweder in der Rechtsmittelphase des ordentlichen Verfahrens oder während des Vollstreckungsverfahrens erfordert.

    Später entschied der Gerichtshof, dass eine solche zeitliche Begrenzung gegen die Richtlinie 93/13 verstoße(69).

    Der Gerichtshof kam im Wesentlichen zu dem Schluss, dass der den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zu gewährende Schutz "unvollständig und unzureichend" wäre, wenn das die Hypothek vollstreckende Gericht daran gehindert wäre, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit der übrigen, noch keiner Prüfung unterzogenen Klauseln zu prüfen(71).

    Auf diese frühere Rechtsprechung hat der Gerichtshof in seinem kürzlich ergangenen, oben erörterten Urteil Unicaja Banco Bezug genommen und bestätigt, dass der Sachverhalt, der diesem Urteil zugrunde lag, nicht durch eine völlige Untätigkeit des Verbrauchers gekennzeichnet war: Zwar focht er ein im Ausgangsverfahren ergangenes erstinstanzliches Urteil nicht an, doch lag dies daran, dass das Urteil Gutierrez Naranjo des Gerichtshofs, mit dem die nationale Rechtsprechung, auf die sich das erstinstanzliche Urteil stützte, für unvereinbar mit der Richtlinie 93/13 erklärt wurde, erst nach Ablauf der Fristen für die Einlegung des Rechtsmittels ergangen war(78).

    Aus dem Urteil Profi Credit Polska I ergibt sich meines Erachtens, dass eine solche verfahrensrechtliche Lösung nicht per se mit den Anforderungen der Richtlinie 93/13 unvereinbar ist, sofern die Überprüfung in der zweiten Instanz erfolgen kann und die Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs so gestaltet sind, dass seine wirksame Einlegung dem Verbraucher nicht übermäßig erschwert oder unmöglich gemacht wird.

    Ich bin der Ansicht, dass dies in Verbindung mit der fehlenden Prüfung der etwaigen Missbräuchlichkeit der Klauseln im ersten Rechtszug in der Tat eine ähnliche Schlussfolgerung rechtfertigen kann, und zwar, dass die Wahrung der Rechte, die dem Verbraucher nach der Richtlinie 93/13 zustehen, nicht gewährleistet ist.

    Dies muss erst recht gelten, wenn der Verbraucher lediglich eine Zahlung an den Gewerbetreibenden vorgenommen hat (auf der Grundlage einer Vertragsklausel, die als missbräuchlich und folglich als unwirksam anzusehen ist, und wenn die Voraussetzungen für den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil mit dem Schutzniveau, das den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zu gewährleisten ist, unvereinbar waren, wie ich oben bereits ausgeführt habe).

    In Anbetracht dieser Erwägungen bin ich der Auffassung, dass die Pflicht zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Rechte der Verbraucher nach Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 nicht verlangt, dass ein außerordentlicher Rechtsbehelf zur Verfügung gestellt wird, um die Wiederaufnahme eines durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens zu ermöglichen, die ohne Prüfung der etwaigen Missbräuchlichkeit der in einem Verbrauchervertrag enthaltenen Klauseln ergangen ist.

    Diese Pflicht macht es jedoch erforderlich, einen in der betreffenden nationalen Rechtsordnung vorzusehenden Rechtsbehelf zur Verfügung zu stellen, sofern eine solche rechtskräftige gerichtliche Entscheidung aufgrund von Verfahrensvorschriften ergangen und rechtskräftig geworden ist, die es nicht ermöglichen, die Wahrung der dem Verbraucher nach der Richtlinie 93/13 zustehenden Rechte zu gewährleisten.

    Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.

    Diese Bestimmungen sind jedoch dahin auszulegen, dass sie es erforderlich machen, einen in der betreffenden nationalen Rechtsordnung vorzusehenden Rechtsbehelf zur Verfügung zu stellen, sofern eine solche rechtskräftige gerichtliche Entscheidung aufgrund von Verfahrensvorschriften ergangen und rechtskräftig geworden ist, die es nicht ermöglichen, die Wahrung der dem Verbraucher nach der Richtlinie 93/13 zustehenden Rechte zu gewährleisten.

  • EuGH, 04.06.2020 - C-495/19

    Kancelaria Medius

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 14.09.2023 - C-582/21
    Zur Erläuterung: In seinem Urteil Kancelaria Medius hat der Gerichtshof konkrete Vorschriften der Richtlinie 93/13 dahin ausgelegt, dass sie eine bestimmte Auslegung des nationalen Rechts(40) ausschließen, die, wie die Kommission ausführt, mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden übereinzustimmen scheint(41).

    Drittens wurde der zwingende Charakter eines solchen proaktiven Ansatzes meines Erachtens im Urteil Lintner (das vor dem Urteil Kancelaria Medius ergangen ist) bestätigt(45).

    Ein solches Maß an Klarheit findet sich wohl am ehesten im Urteil Kancelaria Medius.

    6 Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 4. Juni 2020, Kancelaria Medius (C-495/19, EU:C:2020:431, im Folgenden: Urteil Kancelaria Medius).

    34 Vgl. als inhaltlich vergleichbares Beispiel das Urteil Kancelaria Medius, Rn. 47 bis 51, in dem der Gerichtshof das vorlegende Gericht aufforderte, zunächst die Möglichkeiten einer unionsrechtskonformen Auslegung der in Rede stehenden nationalen Bestimmung zu prüfen, bevor er auf die (subsidiäre) Verpflichtung verwies, die Bestimmung unangewendet zu lassen.

    40 Vgl. den Tenor des Urteils Kancelaria Medius, Rn. 53.

    41 Die speziellen im Urteil Kancelaria Medius angeführten Vorschriften ergeben sich allerdings aus dem in dessen Rn. 8 wiedergegebenen Art. 339 § 2 KPC, während die Vorlageentscheidung in der vorliegenden Rechtssache nur auf Art. 399 § 1 KPC Bezug nimmt, der die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils im Allgemeinen zum Gegenstand hat.

    42 Urteil Kancelaria Medius, Rn. 37 bis 40.

    Wie ich bereits ausgeführt habe, betrafen die nationalen Vorschriften, um die es im Urteil Kancelaria Medius ging, auch Art. 339 § 2 KPC, wonach das nationale Gericht verpflichtet ist, sich auf das Tatsachenvorbringen des Klägers zu stützen.

  • EuGH, 06.10.2021 - C-561/19

    Institutionelles Recht

    Auszug aus Generalanwalt beim EuGH, 14.09.2023 - C-582/21
    31 Vgl. insbesondere Urteil vom 6. Oktober 2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi (C-561/19, EU:C:2021:799, Rn. 27 bis 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    Vgl. bezüglich der Begriffe Mikro- und Makrozweck Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi (C-561/19, EU:C:2021:291, Nr. 55).

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