Rechtsprechung
KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04 |
Volltextveröffentlichungen (5)
- openjur.de
- Wolters Kluwer(Abodienst, Leitsatz/Tenor frei)
Schadensersatzanspruch bei fehlerhaftem Erlass eines Arrestes; Ungerechtfertigte Anordnung des Arrestes; Abgrenzung zwischen vorübergehender Zahlungsstockung und Insolvenzantragspflicht; Darlegungslast und Beweislast beim Arrestgläubiger; ...
- Judicialis
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
BGB § 823 Abs. 2; GmbHG § 64 Abs. 1
Zum Schadenersatzanspruch aus § 945 ZPO und zur Darlegungslast bei der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG - juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
Verfahrensgang
- LG Berlin, 27.08.2004 - 28 O 89/03
- KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Wird zitiert von ... (2) Neu Zitiert selbst (8)
- BGH, 24.05.2005 - IX ZR 123/04
Begriff der Zahlungsunfähigkeit
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 GmbHG ist im selben Sinne wie in § 17 InsO zu verstehen (vgl. BGHZ 143, 184, 185; BGH NJW 2005, 3062, 3063).Wenn dieser erkennt, dass die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in der Lage ist, ihre fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, jedoch aufgrund einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung der Meinung sein kann, die Gesellschaft werde vor der Erreichung des Zeitpunkts, bei dem eine Zahlungsstockung in eine Zahlungsunfähigkeit umschlägt - also binnen drei Wochen -, sämtliche Gläubiger voll befriedigen können, muss er innerhalb dieses Zeitraum nicht mit einer Schadensersatzpflicht gegenüber Gläubigern der Gesellschaft wegen der unterlassenen Stellung eines Insolvenzantrages rechnen (vgl. BGH NJW 2005, 3062, 3064).
Für die Prognose, die der Geschäftsführer anstellen muss, sobald bei einer Liquiditätsbilanz eine Unterdeckung festzustellen ist, sind die konkreten Gegebenheiten in Bezug auf die Gesellschaft - insbesondere deren Außenstände, deren Kreditwürdigkeit und die Bonität etwaiger Schuldner der Gesellschaft -, auf die Branche und die Art der fälligen Schulden zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2005, 3062, 3064 m.w.N.).
aa) Der Bundesgerichtshof hat jüngst im Grundsatzurteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04 - (NJW 2005, 3062ff) im Einzelnen dazu Stellung genommen, wann nicht mehr von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung, sondern von einer zur Insolvenzantragspflicht führenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist.
Beträgt die Liquiditätslücke 10 % oder mehr, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH NJW 2005, 3062, 3065f).
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers der Insolvenzordnung sollten nur ganz geringfügige Liquiditätslücken bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit außer Betracht bleiben (vgl. BGHZ NJW 2005, 3062, 3063;… Müller in Jaeger, a.a.O., § 17, Rn. 20).
- BGH, 06.02.2002 - VIII ZR 185/00
Darlegungs- und Beweislast bei Geltendmachung der Zahlungsunfähigkeit eines …
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Gewichtiges Indiz für eine Zahlungseinstellung, bei deren Vorliegen gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO anzunehmen ist, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist es, dass der Schuldner über längere Zeit Verbindlichkeiten nicht begleicht, deren Erfüllung für das Unternehmen von existentieller Bedeutung ist (vgl. BGH ZIP 2002, 853, 855; OLG Hamburg GmbHR 2004, 797, 798;… Müller in Jaeger, InsO, 2004, § 17, Rn. 32).Die Nichterfüllung gerade dieser Verbindlichkeiten spricht im besonderen Maße für das Vorliegen der fehlenden Fähigkeit der Beklagten zu 1. hierzu, weil sie gemäß § 266a StGB unter Strafandrohung steht, und daher in aller Regel der Geschäftsführer einer GmbH bemüht sein wird, vor anderen Verbindlichkeiten zunächst diese zu begleichen (vgl. zur besonderen Indizwirkung von Rückständen bei Sozialversicherungsbeiträgen: BGH ZIP 2002, 853, 855).
- OLG Hamburg, 29.12.2003 - 11 W 90/03
Begriff der Zahlungsunfähigkeit und der Zahlungseinstellung
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Gewichtiges Indiz für eine Zahlungseinstellung, bei deren Vorliegen gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO anzunehmen ist, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist es, dass der Schuldner über längere Zeit Verbindlichkeiten nicht begleicht, deren Erfüllung für das Unternehmen von existentieller Bedeutung ist (vgl. BGH ZIP 2002, 853, 855; OLG Hamburg GmbHR 2004, 797, 798;… Müller in Jaeger, InsO, 2004, § 17, Rn. 32).Die Nichtbegleichung der unstreitig jedenfalls gegenüber Sozialversicherungsträgern bestehender Verbindlichkeiten bei gleichzeitiger Begleichung von neuen Verbindlichkeiten ist sogar ein weiteres Indiz für die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zu 1. bereits im März 2001 (vgl. insoweit OLG Hamburg, GmbHR 2004, 797, 798).
- BGH, 06.06.1994 - II ZR 292/91
Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Verschulden bei Vertragsschluß; Aufgabe …
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Da der Beklagte zu 2. als seinerzeitiger Geschäftsführer der Beklagten zu 1. anders als die außerhalb der Gesellschaft stehenden Kläger die insoweit maßgeblichen Tatsachen kennt, trifft den Beklagten zu 2. - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - eine so genannte sekundäre Behauptungslast, aufgrund derer es ihm ausnahmsweise zuzumuten ist, den Klägern durch nähere Angaben zu den zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Liquiditätsverhältnissen der Beklagten zu 1. zu ermöglichen (…vgl. allgemein m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH: Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., 2005, vor § 284, Rn. 34; speziell für den Fall zum Vorliegen der Voraussetzungen des Insolvenzgrundes der Überschuldung: BGHZ 126, 181, 200).Vertragliche Neugläubiger, also solche, die erst nach der Insolvenzreife auf der Basis eines Vertragsverhältnisses Gesellschaftsgläubiger geworden sind, können den ihnen entstandenen Vertrauensschaden ersetzt verlangen (vgl. BGHZ 126, 181, 190ff; BGHZ 138, 211, 214;… auch Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 64, Rn. 48f).
- BGH, 29.11.1999 - II ZR 273/98
Zahlungsverbot für den Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 GmbHG ist im selben Sinne wie in § 17 InsO zu verstehen (vgl. BGHZ 143, 184, 185; BGH NJW 2005, 3062, 3063).Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der Zahlung bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns die Insolvenzreife der Gesellschaft für den Geschäftsführer nicht erkennbar ist, wobei diesen die volle Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. - ausdrücklich auch zu § 64 Abs. 1 GmbHG -: BGHZ 143, 184, 185; BGH NJW 1994, 2149, 2150;… auch Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., 2004, § 64, Rn. 44).
- BGH, 30.03.1998 - II ZR 146/96
Geltendmachung eines Quoten- oder sonstigen Schadens der Neugläubiger wegen …
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Vertragliche Neugläubiger, also solche, die erst nach der Insolvenzreife auf der Basis eines Vertragsverhältnisses Gesellschaftsgläubiger geworden sind, können den ihnen entstandenen Vertrauensschaden ersetzt verlangen (vgl. BGHZ 126, 181, 190ff; BGHZ 138, 211, 214;… auch Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 64, Rn. 48f). - BGH, 07.06.1988 - IX ZR 278/87
Schadensersatz wegen Vollziehung einer einstweiligen Verfügung
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Maßgeblich für das Bestehen des Schadensersatzanspruches ist, ob die Voraussetzungen für den Erlass des Arrestes zur Zeit des Erlasses nicht vorlagen (vgl. BGH NJW 1988, 3268, 3269). - LG Berlin, 27.08.2004 - 28 O 89/03
Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, vertraglichem Schadensersatz und …
Auszug aus KG, 14.10.2005 - 6 U 217/04
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin - 28 O 89/03 - vom 27. August 2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagten von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz 1/4 als Gesamtschuldner und die Beklagte zu 1.3/4 allein zu tragen hat.
- KG, 28.04.2022 - 2 U 39/18
Ersatz pflichtwidriger Zahlungen: Exkulpation des Geschäftsführers einer …
Die Nichtzahlung sowie die schleppende Zahlung von Steuerforderungen kann daher in besonderem Maße eine Zahlungseinstellung indizieren (vgl. BGH…, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10 -, Rn. 16, juris; KG, Urteil vom 14. Oktober 2005 - 6 U 217/04 -, Rn. 38, juris;… BeckOK-GmbHG/Mätzig, 51. Ed. 01.12.2021, § 64 Rn. 27). - OLG München, 16.11.2010 - 33 UF 1650/10
Familienstreitsache: Rechtsmittel gegen die Ablehnung eines beantragten Arrests; …
Ein Arrestgrund liegt beispielsweise vor, wenn der Schuldner die Gefährdung durch Verschleuderung (AG Warendorf FamRZ 2000, 965) oder Beiseiteschaffen (KG ZInsO 2005, 1323) bewirkt.
Rechtsprechung
KG, 19.09.2005 - 12 U 49/04 |
Volltextveröffentlichungen (6)
- openjur.de
- Wolters Kluwer
Wegfall der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters für die Masse durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung; Missbräuchlichkeit eines widersprüchlichen Verhaltens nur bei bereits betätigtem Vertrauen des Vertragspartners; Anrechnung von ...
- grundeigentum-verlag.de(Abodienst, Leitsatz frei)
Aktivlegitimation des Zwangsverwalters auch nach Zuschlag; zulässige spätere Änderung der Verrechnung durch Gläubiger
- Judicialis
- rechtsportal.de
ZVG § 152; BGB § 242 § 366 Abs. 2
Zwangsversteigerung: Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters besteht bis zum rechtskräftigen Zuschlag fort - Zulässigkeit der Anrechnung gem. § 366 Abs. 2 BGB - juris (Volltext/Leitsatz)
Verfahrensgang
- LG Berlin, 19.01.2004 - 34 O 361/03
- KG, 19.09.2005 - 12 U 49/04
Papierfundstellen
- AnwBl 2006, 103
Wird zitiert von ... (2) Neu Zitiert selbst (3)
- BGH, 02.11.1989 - IX ZR 197/88
Schuldhafte Verkürzung der Zwangsverwaltungsmasse durch den Verwalter
Auszug aus KG, 19.09.2005 - 12 U 49/04
Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis beschränken sich auf die Vorgänge bis zum rechtsbeständigen Zuschlag, da sich die aus § 152 ZVG für den Zwangsverwalter ergebende gesetzliche Prozessstandschaft nur auf das Schuldnervermögen bezieht (BGHZ 109, 171). - BGH, 27.06.1995 - XI ZR 213/94
Maßgeblichkeit der Tilgungsbestimmung des Grundstückseigentümers
Auszug aus KG, 19.09.2005 - 12 U 49/04
c) Umstände, aus denen auf eine konkludente bzw. nachträgliche Zahlungsbestimmung (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 1995, 1257) geschlossen werden könnte, haben die Beklagten nicht dargelegt. - BGH, 21.10.1992 - XII ZR 125/91
Fortdauer der Prozeßführungsbefugnis des Zwangsverwalters nach Aufhebung der …
Auszug aus KG, 19.09.2005 - 12 U 49/04
Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung lässt die Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters für die Masse auch dann nicht entfallen, wenn - wie vorliegend - anschließend die Zwangsverwaltung durch gerichtlichen Beschluss aufgehoben wird (BGH NJW-RR 1993, 442).
- OLG Düsseldorf, 08.10.2009 - 10 U 62/09
Geltendmachung von mietvertraglichen Ansprüchen durch den früheren Eigentümer …
Für Ansprüche, welche einen früheren Zeitraum betreffen, ist der Zwangsverwalter daher jedenfalls dann, wenn Grund der Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht die Rücknahme des Antrags durch den betreibenden Gläubiger ist (…vgl. hierzu BGH, Urt. v. 16.7.2003, DWW 2003, 335 = GE 2003, 1328 = MDR 2003, 1409 = NJW 2003, 3342 = NZM 2003, 849 = Rpfleger 2003, 678 = WM 2003, 630 = ZfIR 2003, 1012 = ZMR 2003, 903 - VIII ZR 11/03), sondern - wie hier - der Eigentumswechsel durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung am 12.07.2006, auch nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung grundsätzlich prozessführungsbefugt (…BGH, Urt. v. 19.5.2009, IX ZR 89/08;… Urt. v. 21.10.1992, NJW-RR 1993, 442 = WM 1993, 61 = ZMR 1993, 61 - XII ZR 125/91; BGH, Beschl. v. 7.2.1990, NJW-RR 1990, 1213 = WM 1990, 742 - VIII ZR 98/89; OLG Celle, Beschl. v. 26.3.2007, OLGR 2007, 420 - 2 U 49/07; KG, Urt. v. 19.9.2005, GE 2005, 1487 = KGR 2006, 120 - 12 U 49/04;… Senat, Urt. v. 10.5.1990, DWW 1990, 204 = JR 1990, 377 = MDR 1990, 833 = OLGZ 1990, 481-484 = Rpfleger 1990, 381 - 10 U 24/90). - KG, 17.07.2006 - 12 U 23/05
Feststellungsklage des gewerblichen Zwischenmieters gegen den Zwangsverwalter: …
Der Zwangsverwalter ist grundsätzlich auch weiterhin prozessführungsbefugt, soweit es sich um Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse handelt, die bereits während der Zeit der Zwangsverwaltung entstanden sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 385/00 -, BGHZ 155, 38 mit Nachweisen zur Rechtsprechung; Senat, Urteil vom 19. September 2005 - 12 U 49/04 -, KGR Berlin 2006, 120).