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   BVerfG, 14.06.2023 - 2 BvL 3/20, 2 BvL 8/23, 2 BvL 2/23, 2 BvL 1/23, 2 BvL 14/22, 2 BvL 13/22, 2 BvL 12/22, 2 BvL 5/22, 2 BvL 4/22, 2 BvL 3/22, 2 BvL 7/21, 2 BvL 5/21, 2 BvL 14/20   

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BVerfG, 14.06.2023 - 2 BvL 3/20, 2 BvL 8/23, 2 BvL 2/23, 2 BvL 1/23, 2 BvL 14/22, 2 BvL 13/22, 2 BvL 12/22, 2 BvL 5/22, 2 BvL 4/22, 2 BvL 3/22, 2 BvL 7/21, 2 BvL 5/21, 2 BvL 14/20 (https://dejure.org/2023,16119)
BVerfG, Entscheidung vom 14.06.2023 - 2 BvL 3/20, 2 BvL 8/23, 2 BvL 2/23, 2 BvL 1/23, 2 BvL 14/22, 2 BvL 13/22, 2 BvL 12/22, 2 BvL 5/22, 2 BvL 4/22, 2 BvL 3/22, 2 BvL 7/21, 2 BvL 5/21, 2 BvL 14/20 (https://dejure.org/2023,16119)
BVerfG, Entscheidung vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20, 2 BvL 8/23, 2 BvL 2/23, 2 BvL 1/23, 2 BvL 14/22, 2 BvL 13/22, 2 BvL 12/22, 2 BvL 5/22, 2 BvL 4/22, 2 BvL 3/22, 2 BvL 7/21, 2 BvL 5/21, 2 BvL 14/20 (https://dejure.org/2023,16119)
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Volltextveröffentlichungen (6)

  • Bundesverfassungsgericht

    Unzulässige Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot

  • rechtsprechung-im-internet.de

    Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 31 Abs 1 GG, Art 31 Abs 2 GG
    Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot unzulässig - erhöhte Begründungsanforderungen an erneute Vorlage nicht erfüllt - Prozesshindernis entgegenstehender Gesetzeskraft (§ 31 Abs 2 BVerfGG) des Beschlusses BVerfGE 90, 145

  • Wolters Kluwer

    Unzulässige Richtervorlagen zu konkrete Normenkontrollverfahren gegen das strafbewehrte Cannabisverbot aufgrund Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Strafnormen des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln; Verletzungen der Grundrechtsgarantieen aus Art. 2 Abs. ...

  • rewis.io

    Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot unzulässig - erhöhte Begründungsanforderungen an erneute Vorlage nicht erfüllt - Prozesshindernis entgegenstehender Gesetzeskraft (§ 31 Abs 2 BVerfGG) des Beschlusses BVerfGE 90, 145

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)

    Unzulässige Richtervorlagen zu konkrete Normenkontrollverfahren gegen das strafbewehrte Cannabisverbot aufgrund Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Strafnormen des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln ; Verletzungen der Grundrechtsgarantieen aus Art. ...

  • datenbank.nwb.de

    Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot unzulässig - erhöhte Begründungsanforderungen an erneute Vorlage nicht erfüllt - Prozesshindernis entgegenstehender Gesetzeskraft (§ 31 Abs 2 BVerfGG) des Beschlusses BVerfGE 90, 145

Kurzfassungen/Presse (5)

  • Bundesverfassungsgericht (Pressemitteilung)

    Unzulässige Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot

  • Rechtslupe (Kurzinformation/Zusammenfassung)

    Das strafbewehrte Cannabisverbot - und Karlsruhe will sich nicht damit befassen

  • lto.de (Kurzinformation)

    BVerfG lässt geltendes Cannabisverbot unbeanstandet

  • lto.de (Pressebericht zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung, 27.01.2023)

    Cannabis-Legalisierung: Sorgt Karlsruhe für die Entkriminalisierung?

  • hanfverband.de (Kurzinformation zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung)

    Bundesverfassungsgericht prüft weiteren Normenkontrollantrag

Besprechungen u.ä.

  • verfassungsblog.de (Aufsatz mit Bezug zum Verfahren - vor Ergehen der Entscheidung)

    Gleichheit im Rausch

Sonstiges

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Verfahrensgang

Papierfundstellen

  • NJW 2023, 3072
 
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Wird zitiert von ... (2)Neu Zitiert selbst (133)

  • BVerfG, 09.03.1994 - 2 BvL 43/92

    Cannabis

    Auszug aus BVerfG, 14.06.2023 - 2 BvL 3/20
    Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Beschluss vom 9. März 1994 unter anderem fest, dass § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, soweit er das Handeltreiben sowie die Einfuhr, die Abgabe und den Erwerb von Cannabisprodukten ohne Erlaubnis mit Strafe bedroht, und § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, soweit er den Besitz von Cannabisprodukten mit Strafe bedroht, mit dem Grundgesetz vereinbar sind (vgl. BVerfGE 90, 145 ff.).

    a) Danach existiert kein "Recht auf Rausch", das den Beschränkungen des Art. 2 Abs. 1 GG entzogen wäre, weil der Umgang mit Drogen wegen seiner vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen nicht zum Kernbereich privater Lebensgestaltung gerechnet werden kann (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, die den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten mit Strafe bedrohen, maß das Bundesverfassungsgericht im strafbewehrten Verbot am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG, in der angedrohten Freiheitsentziehung an Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Bei der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geforderten Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des erstrebten Zwecks sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren erkannte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen vom Gericht nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Zugleich hob es hervor, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt werden müsse (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Nach diesen Maßstäben war es verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass der Gesetzgeber auf den Einsatz strafrechtlicher Mittel setzt und dabei an der Auffassung festhält, das generelle strafbewehrte Cannabisverbot schrecke eine größere Anzahl potentieller Konsumenten ab als die Aufhebung der Strafdrohung und sei daher zum Rechtsgüterschutz besser geeignet (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    b) Das Bundesverfassungsgericht erachtete auch die Strafdrohung in Fällen für verhältnismäßig, die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind, weil der Gesetzgeber es den Strafverfolgungsorganen ermöglicht, durch das Absehen von Strafe (vgl. § 29 Abs. 5 BtMG) oder Strafverfolgung (vgl. §§ 153 ff. StPO, § 31a BtMG) einem geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    In diesen Fällen haben die Strafverfolgungsorgane im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach dem Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Das Bundesverfassungsgericht hielt allerdings die unterschiedliche Einstellungspraxis der Strafverfolgung bei geringer Schuld in den verschiedenen Bundesländern nach Inkrafttreten des § 31a BtMG für bedenklich und sah die Länder in der Pflicht, für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis bei den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften Sorge zu tragen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Weiter gab der Beschluss vom 9. März 1994 dem Gesetzgeber auf, die Auswirkungen des geltenden Rechts unter Beobachtung der Erfahrungen des Auslandes zu überprüfen und insbesondere einzuschätzen, ob und inwieweit die Freigabe von Cannabis zu einer Trennung der Drogenmärkte führen und zur Eindämmung des Drogenkonsums insgesamt beitragen kann oder ob umgekehrt nur die strafbewehrte Gegenwehr hinreichenden Erfolg verspricht (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    c) Schließlich sah das Bundesverfassungsgericht auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es der Gleichheitssatz nicht gebiete, alle potentiell gleich schädlichen Drogen gleichermaßen zu verbieten oder zuzulassen, weshalb der Gesetzgeber ohne Verfassungsverstoß den Umgang mit Cannabisprodukten einerseits, mit Alkohol oder Nikotin andererseits unterschiedlich regeln konnte (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Für die unterschiedliche Behandlung von Cannabisprodukten einerseits und Nikotin und Alkohol andererseits sah das Bundesverfassungsgericht gewichtige Gründe, unter anderem, dass es sich bei Nikotin um kein Betäubungsmittel handele und der Gesetzgeber den Genuss von Alkohol wegen der herkömmlichen Konsumgewohnheiten in Deutschland und im europäischen Kulturkreis nicht effektiv unterbinden könne (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    a) Sie sei zulässig, weil es seit der Senatsentscheidung vom 9. März 1994 (BVerfGE 90, 145 ff.) neue entscheidungserhebliche Tatsachen gebe.

    Entscheidungserheblich ist eine Norm nur, wenn das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren bei Ungültigkeit der Norm anders entscheiden müsste als bei deren Gültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 ; 11, 294 ; 25, 129 ; 46, 268 ; 84, 233 ; 90, 145 ; 91, 118 ).

    Es fehlt an einer substantiierten Darlegung rechtserheblicher Änderungen der Sach- und Rechtslage, welche geeignet sind, eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung der mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 (BVerfGE 90, 145 ff.) entschiedenen Vorlagefragen zu veranlassen.

    Das Bundesverfassungsgericht hat diese Handlung allerdings den Schranken des 2. Halbsatzes von Art. 2 Abs. 1 GG unterworfen (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 80, 137 )und ausgeführt, dass der Umgang mit Drogen, insbesondere das Sichberauschen, nicht zum unbeschränkbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 6, 32 ; 54, 143 ; 80, 137 ).

    Aber auch inhaltlich vermag es die Grundaussage des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 9. März 1994, der Umgang mit Drogen, insbesondere das Sichberauschen, könne wegen seiner vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen nicht zu dem keinen Beschränkungen unterworfenen Kernbereich privater Lebensgestaltung gerechnet werden (vgl. BVerfGE 90, 145 ), nicht zu erschüttern.

    Diese Argumentation steht in keinem Widerspruch zur Cannabisentscheidung vom 9. März 1994, in der darauf abgestellt wird, dass das Sichberauschen schon wegen seiner vielfältigen sozialen Aus- und Wechselwirkungen nicht zum Kernbereich privater Lebensgestaltung gerechnet werden kann, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen wäre (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Absolut geschützt, und damit der Einwirkung der öffentlichen Gewalt, mithin auch der Strafgesetzgebung, entzogen, ist ein Kernbereich privater Lebensgestaltung (vgl. BVerfGE 80, 367 ; 90, 145 ; 109, 279 ; 120, 224 ).

    Einschränkungen der Freiheit der Person kommen zwar unter engen Voraussetzungen auch zum Schutz des Betroffenen in Betracht, wenn der Betroffene daran gehindert werden soll, sich selbst einen größeren persönlichen Schaden zuzufügen (vgl. BVerfGE 22, 180 ; 58, 208 ; 59, 275 ; 60, 123 ; 90, 145 ; 149, 293 ).

    Im Allgemeinen sind Eingriffe in die persönliche Freiheit jedoch nur zulässig, wenn sie dem Schutz anderer oder der Allgemeinheit dienen (vgl. BVerfGE 90, 145 ; 109, 133 ; 120, 224 ; 149, 293 ; 160, 284 ).

    Es kann sie nicht darauf prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat; es hat lediglich darüber zu wachen, dass die Strafvorschrift materiell in Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung steht und den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen sowie Grundentscheidungen des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 27, 18 ; 80, 244 ; 90, 145 ; 96, 10 ; 120, 224 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2020 - 2 BvR 1985/19 -, Rn. 37).

    Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfGE 30, 292 ; 63, 88 ; 67, 157 ; 90, 145 ; 120, 224 ; 160, 284 ).

    Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BVerfGE 30, 292 ; 63, 88 ; 67, 157 ; 90, 145 ; 120, 224 ; 160, 284 ).

    Dieser kann vom Bundesverfassungsgericht je nach Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter und den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, nur in begrenztem Umfang überprüft werden (vgl. BVerfGE 47, 109 ; 90, 145 ; 110, 226 ; 120, 224 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    (3) Schließlich muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt sein (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn) (vgl. BVerfGE 30, 292 ; 67, 157 ; 90, 145 ; 160, 284 ).

    Die Maßnahme darf sie nicht übermäßig belasten (vgl. BVerfGE 48, 396 ; 83, 1 ; 90, 145 ; 120, 224 ; 160, 284 ).

    Die Regelungen sollen die Gesundheit sowohl des Einzelnen als auch der Bevölkerung im Ganzen vor den von Cannabisprodukten ausgehenden Gefahren schützen und vor allem Jugendliche vor der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln bewahren (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Die Annahme gänzlich fehlender Gefährlichkeit von Cannabis sei aber weiterhin ungesichert (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Dabei setzen sie sich nicht damit auseinander, dass das Bundesverfassungsgericht bereits berücksichtigt hat, dass über die Bewertung der Gefahren des Cannabiskonsums keine Einigkeit besteht, die unmittelbaren gesundheitlichen Schäden bei mäßigem Genuss jedoch eher als gering eingeschätzt werden (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    (a) Ausgangspunkt der dortigen Geeignetheitsprüfung des Bundesverfassungsgerichts waren die von ihm angenommenen Gefahren und Risiken des Cannabiskonsums, wobei es auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt hat, dass sich die von Cannabisprodukten ausgehenden Gesundheitsgefahren schon damals als geringer darstellten, als es der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes angenommen hatte (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Weiterer Ausgangspunkt der Prüfung war die gesetzliche Konzeption, den gesamten Umgang mit Cannabisprodukten mit Ausnahme des Konsums selbst wegen der von der Droge und dem Handel mit ihr ausgehenden Gefahren für den Einzelnen und die Allgemeinheit einer umfassenden staatlichen Kontrolle zu unterwerfen und zur Durchsetzung dieser Kontrolle den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten lückenlos mit Strafe zu bedrohen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    (a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. März 1994 die aus Anlass der mehrfachen Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes und der Zustimmung zum Suchtstoffübereinkommen 1988 wiederholt überprüfte und festgehaltene Einschätzung des Gesetzgebers, die strafbewehrten Verbote gegen den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten seien erforderlich, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen, von Verfassungs wegen nicht beanstandet (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Den Einwand, die bisherige Cannabis-Prohibition habe die Gesetzesziele nicht vollständig erreichen können und eine Freigabe von Cannabis würde als milderes Mittel diese Zwecke eher erfüllen, hat es nicht als durchgreifend angesehen, weil die kriminalpolitische Diskussion darüber, ob eine Verminderung des Cannabiskonsums eher durch die generalpräventive Wirkung des Strafrechts oder durch die Freigabe von Cannabis und eine davon erhoffte Trennung der Drogenmärkte erreicht werden könne, noch nicht abgeschlossen sei (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    (b) Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht die Einschätzungs- und Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers für die Wahl zwischen mehreren potentiell geeigneten Wegen zur Erreichung eines Gesetzesziels herausgestellt (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 77, 84 ).

    Es hat darauf verwiesen, dass nur unter besonderen Voraussetzungen Fälle denkbar seien, in denen gesicherte kriminologische Erkenntnisse im Rahmen der Normenkontrolle Beachtung erforderten, weil sie den Gesetzgeber zu einer bestimmten Behandlung einer von Verfassungs wegen gesetzlich zu regelnden Frage zwängen oder ihm geböten, die getroffene Regelung als mögliche Lösung auszuschließen (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 50, 205 ).

    Gesicherte kriminologische Erkenntnisse, die geeignet wären, den Gesetzgeber zu einer bestimmten Behandlung einer von Verfassungs wegen gesetzlich zu regelnden Frage zu zwingen oder doch die getroffene Regelung als mögliche Lösung auszuschließen (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 50, 205 ), zeigen die Vorlagen nicht auf.

    (a) Das allgemeine Konzept des Gesetzgebers, den Umgang mit Cannabisprodukten - abgesehen von sehr engen Ausnahmen - umfassend zu verbieten, verstößt nach der Entscheidung vom 9. März 1994 nicht gegen das Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Der Zweite Senat hat außerdem die Entscheidung des Gesetzgebers gebilligt, zur Durchsetzung des Verbots das Mittel der Kriminalstrafe einzusetzen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Aus generalpräventiven Erwägungen hat er es verfassungsrechtlich nicht beanstandet, den Gemeinschaftsgüterschutz von einer konkreten Gefährdung oder gar Verletzung in den Bereich abstrakter Gefährdungen vorzuverlagern, indem die Tatbestände eines unerlaubten Umgangs mit Cannabisprodukten den Schutz umfassend auf alle Verhaltensweisen erstrecken, die generell geeignet sind, die beschriebenen Gefahren herbeizuführen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Dabei hat das Bundesverfassungsgericht auch die in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG enthaltene Strafdrohung für den unerlaubten Erwerb von Cannabisprodukten sowie die in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG normierte Strafdrohung für den unerlaubten Besitz dieser Droge nicht für unverhältnismäßig gehalten (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Einschränkend hat der Senat jedoch betont, dass gerade in diesen Fällen das Maß der von der einzelnen Tat ausgehenden Rechtsgütergefährdung und der individuellen Schuld gering sei (vgl. BVerfGE 90, 145 ) und die Verhängung von Kriminalstrafe gegen Probierer und Gelegenheitskonsumenten kleiner Mengen von Cannabisprodukten in ihren Auswirkungen auf den einzelnen Täter zu spezialpräventiv eher nachteiligen Ergebnissen führen könne (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Dennoch hat er auch unter Berücksichtigung solcher Fallgestaltungen keinen Verstoß der generellen - generalpräventiv begründeten - Strafandrohung für den unerlaubten Erwerb und den unerlaubten Besitz von Cannabisprodukten gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot angenommen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Er hat insoweit auf die Möglichkeiten verwiesen, von der Verfolgung solcher Taten gemäß § 31a BtMG oder von einer Bestrafung des Täters gemäß § 29 Abs. 5 BtMG abzusehen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Der Zweite Senat hat betont, dass es Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist, zu entscheiden, ob er bei der Ausgestaltung von Strafgesetzen das Übermaßverbot durch eine Einschränkung des Verfolgungszwangs oder die Einführung von Privilegierungstatbeständen berücksichtigt (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 50, 205 ).

    Die aktuellen Bestrebungen, die Cannabisregulierung insgesamt neu zu ordnen, zeigen nur, dass - auch mit Blick auf die Regelungen in anderen Staaten (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 50, 290 ; 56, 54 ; 65, 1 ; 88, 203 ) - die Diskussion über den rechtspolitisch sinnvollsten Weg geführt wird, ohne dass die Vorlagen daraus einen verfassungsrechtlich relevanten Ertrag ziehen können.

    (1) Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 9. März 1994 die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zu Art. 3 Abs. 1 GG entfaltet, wonach der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Dabei ist es grundsätzlich Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will, solange er die Auswahl sachgerecht trifft (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 53, 313 ).

    Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich - auch das hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 9. März 1994 betont - nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur stets in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 17, 122 ; 75, 108 ).

    Unter anderem hat der Senat darauf abgestellt, dass der Gesetzgeber den Genuss von Alkohol wegen der herkömmlichen Konsumgewohnheiten in Deutschland und im europäischen Kulturkreis nicht effektiv unterbinden könne (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Soweit die Vorlagen einen Gefährlichkeits- und Schädlichkeitsvergleich bemühen, verkennen sie, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das Maß der Gesundheitsgefährdung nicht das einzig maßgebliche Kriterium für die Aufnahme eines Stoffs in die Positivliste bildet (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Der Zweite Senat ist vielmehr davon ausgegangen, dass der Missbrauch von Alkohol Gefahren sowohl für den Einzelnen wie auch die Allgemeinheit mit sich bringt, die denen des Konsums von Cannabisprodukten gleichkommen oder sie sogar übertreffen (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Gleichwohl hat er es nicht als durch Art. 3 Abs. 1 GG geboten angesehen, auf das Verbot des Rauschmittels Cannabis zu verzichten, weil der Genuss von Alkohol nicht effektiv unterbunden werden könne (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

    Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 9. März 1994 angemahnt, dass es bedenklich wäre, wenn es nach Inkrafttreten des § 31a BtMG bei einer so stark unterschiedlichen Einstellungspraxis in den verschiedenen Ländern bliebe, wie sie für die Jahre 1985 bis 1987 festgestellt worden sei, und hat die Länder in die Pflicht genommen, insbesondere hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der geringen Menge und bei der Behandlung von Wiederholungstätern für eine im Wesentlichen einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften zu sorgen (vgl. BVerfGE 90, 145 mit Verweis auf BVerfGE 11, 6 ; 76, 1 ).

    Jedoch setzen sich die Vorlagen insoweit nicht mit den Erwägungen des Senats zu einer Verletzung des Übermaßverbots durch § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG a.F. und § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG a.F. auseinander (vgl. BVerfGE 90, 145 ).

  • BVerfG, 26.02.2020 - 2 BvR 2347/15

    Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

    Auszug aus BVerfG, 14.06.2023 - 2 BvL 3/20
    Unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Straflosigkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 26. Februar 2020 (BVerfGE 153, 182 ff.) führt die Vorlage aus, es sei widersinnig, einen Menschen, der seinen eigenen Tod vorbereite, straflos zu stellen und auch nicht zu bestrafen, wenn sein Suizid erfolglos bleibe, ihn aber für das "Besorgen illegaler Drogen" zu bestrafen, wenn er sich zur Vorbereitung seines Suizids Cannabis oder ein anderes Rauschmittel beschaffe.

    Dem Beschluss vom 9. März 1994 steht in seinen Aussagen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 zur geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (vgl. BVerfGE 153, 182 ff.) nicht entgegen.

    Im Ansatz zutreffend erkennt das Amtsgericht Bernau bei Berlin, dass nach diesem Urteil das Recht des zur freien Selbstbestimmung und Eigenverantwortung fähigen Menschen, sich das Leben zu nehmen, vom Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst ist (vgl. BVerfGE 153, 182 ).

    Das Bundesverfassungsgericht hat in der betreffenden Entscheidung indes betont, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Einwirkung der öffentlichen Gewalt nicht vollständig entzogen ist und der Einzelne staatliche Maßnahmen hinnehmen muss, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit ergriffen werden (vgl. BVerfGE 153, 182 mit Verweis auf BVerfGE 120, 224 ).

    Dabei hat der Zweite Senat hervorgehoben, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, die organisierte Suizidhilfe zum Schutz der Selbstbestimmung über das eigene Leben - auch mit den Mitteln des Strafrechts - zu regulieren (vgl. BVerfGE 153, 182 ).

    Von ihnen gehen Folge- und Vorwirkungen aus, die erhebliche Missbrauchsgefahren und Gefährdungen für die autonome Selbstbestimmung Dritter umfassen (vgl. BVerfGE 153, 182 ).

    aa) Aus dem Wesen der Strafe folgt, dass dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gesteigerte Bedeutung bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Strafvorschrift zukommt (vgl. BVerfGE 110, 226 ; 120, 224 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    Dem Maßstab strikter Verhältnismäßigkeit genügt ein grundrechtseinschränkendes Gesetz nur, wenn es geeignet und erforderlich ist, um die von ihm verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen, und die Einschränkungen des jeweiligen grundrechtlichen Freiraums hierzu in angemessenem Verhältnis stehen (vgl. BVerfGE 30, 292 ; 67, 157 ; 76, 1 ; 153, 182 ).

    Der Erhalt eines tatsächlich bestehenden oder mutmaßlichen Konsenses über Wert- oder Moralvorstellungen kann nicht unmittelbares Ziel strafgesetzgeberischer Tätigkeiten sein (vgl. BVerfGE 153, 182 mit Verweis auf BVerfGE 120, 224 , abw. Meinung Hassemer).

    Es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg in jedem Einzelfall auch tatsächlich erreicht wird oder jedenfalls erreichbar ist; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 96, 10 ; 120, 224 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    Dieser kann vom Bundesverfassungsgericht je nach Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter und den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, nur in begrenztem Umfang überprüft werden (vgl. BVerfGE 47, 109 ; 90, 145 ; 110, 226 ; 120, 224 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    Die verfassungsgerichtliche Überprüfung erstreckt sich darauf, ob der Gesetzgeber die im Einzelfall maßgeblichen Beurteilungskriterien ausreichend berücksichtigt und seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat (vgl. BVerfGE 153, 182 ).

    Es genügt, wenn er sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientiert (vgl. BVerfGE 153, 182 ; 159, 223 ).

    Bei der Prüfung des Übermaßverbots ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte dient, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig (vgl. BVerfGE 92, 277 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    Die Interessen des Gemeinwohls müssen umso gewichtiger sein, je empfindlicher der Einzelne in seiner Freiheit beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 36, 47 ; 40, 196 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

    Andererseits wird der Gemeinschaftsschutz umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können (vgl. BVerfGE 7, 377 ; 153, 182 ; 160, 284 ).

  • BVerfG, 27.10.2021 - 2 BvL 12/11

    Unzulässiges Normenkontrollverfahren zum Solidaritätszuschlag auf

    Auszug aus BVerfG, 14.06.2023 - 2 BvL 3/20
    Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG hat das vorlegende Gericht zu begründen, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist, wobei es diesem Begründungserfordernis nur genügt, wenn seine Ausführungen erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 ; 136, 127 ; 159, 149 ).

    Die Begründung, die das Bundesverfassungsgericht entlasten soll (vgl. BVerfGE 37, 328 ; 65, 265 ; 141, 1 ; 153, 310 ; 159, 149 ), muss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und weshalb das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als bei ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 ; 79, 240 ; 105, 61 ; 121, 108 ; 133, 1 ; 135, 1 ; 136, 127 ; 141, 1 ; 153, 310 ; 159, 149 ).

    Es muss dabei den Sachverhalt darstellen (vgl. BVerfGE 22, 175 ; 159, 149 ), sich mit der einfachrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, seine insoweit einschlägige Rechtsprechung darlegen und die in Schrifttum und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 65, 308 ; 94, 315 ; 97, 49 ; 105, 61 ; 121, 233 ; 136, 127 ; 141, 1 ; 159, 149 ).

    Richten sich die Bedenken gegen eine Vorschrift, von deren Anwendung die Entscheidung nicht allein abhängt, müssen die weiteren mit ihr im Zusammenhang stehenden Bestimmungen in die rechtlichen Erwägungen einbezogen werden, soweit dies zum Verständnis der zur Prüfung gestellten Norm erforderlich ist (vgl. BVerfGE 89, 329 ; 105, 48 ; 124, 251 ; 131, 1 ; 159, 149 ).

    § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht jedoch nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen (vgl. BVerfGE 141, 1 ; 145, 106 ; 152, 274 ; 159, 149 ).

    Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 ; 88, 187 ; 105, 61 ; 129, 186 ; 133, 1 ; 138, 1 ; 141, 1 ; 143, 38 ; 149, 1 ; 159, 149 ).

    Was die verfassungsrechtliche Beurteilung der zur Prüfung gestellten Norm angeht, muss das vorlegende Gericht von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt sein und die für seine Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 ; 86, 71 ; 88, 70 ; 88, 198 ; 93, 121 ; 136, 127 ; 138, 1 ; 159, 149 ).

    Der Vorlagebeschluss muss hierzu den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben und sich mit der Rechtslage, insbesondere der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 136, 127 ; 141, 1 ; 159, 149 ).

    Soweit die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung naheliegt, muss das vorlegende Gericht diese Möglichkeit prüfen und vertretbar begründen, weshalb eine verfassungskonforme Auslegung ausgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 85, 329 ; 96, 315 ; 121, 108 ; 131, 88 ; 159, 149 ).

    Eine solche Erörterung ist insbesondere dann geboten, wenn offensichtlich mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen und mindestens eine von ihnen nicht in gleicher Weise den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts ausgesetzt ist (vgl. BVerfGE 138, 64 ; 149, 1 ; 159, 149 ).

    Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (vgl. BVerfGE 69, 1 ; 83, 201 ; 122, 39 ; 148, 69 ; 159, 149 ).

    Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde, denn der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfGE 130, 372 ; 138, 296 ; 148, 69 ; 159, 149 ).

    Damit genügen die Vorlagen ihrer Aufgabe nicht, die weiteren mit den zur Überprüfung gestellten Normen im Zusammenhang stehenden Bestimmungen in ihre rechtlichen Erwägungen einzubeziehen (vgl. BVerfGE 89, 329 ; 105, 48 ; 124, 251 ; 131, 1 ; 159, 149 ).

    Sie setzen sich mit diesen Zielsetzungen des Betäubungsmittelstrafrechts nicht auseinander und genügen damit den Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht, denn ein vorlegendes Gericht hat sich mit der einfachrechtlichen Rechtslage zu befassen, seine insoweit einschlägige Rechtsprechung darzulegen und die in Schrifttum und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen zu berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 65, 308 ; 94, 315 ; 97, 49 ; 105, 61 ; 121, 233 ; 136, 127 ; 141, 1 ; 159, 149 ).

    bb) Dies genügt den Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erneut nicht, weil sich die Vorlagen nicht in der gebotenen Weise mit dem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab und der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetzlichkeitsprinzip und dessen Ausprägung als Bestimmtheitsgebot auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 136, 127 ; 141, 1 ; 159, 149 ).

  • BVerfG, 05.07.2023 - 2 BvL 9/23

    Weitere Richtervorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot unzulässig

    Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Beschluss vom 9. März 1994 unter anderem fest, dass § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, soweit er das Handeltreiben sowie die Einfuhr, die Abgabe und den Erwerb von Cannabisprodukten ohne Erlaubnis mit Strafe bedroht, und § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, soweit er den Besitz von Cannabisprodukten mit Strafe bedroht, mit dem Grundgesetz vereinbar sind (BVerfGE 90, 145 ff.; vgl. die Zusammenfassung der maßgeblichen Erwägungen dieser Entscheidung in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 8 ff.).

    Nach einer Darstellung der vom Amtsgericht als wesentlich erachteten Prozessgeschichte, des Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung übernimmt das Amtsgericht zur Begründung der Vorlage - durch Einrücken als Zitat gekennzeichnet - Auszüge aus dem Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 18. September 2019 (2 BvL 3/20), der sich wiederum an einer im Internet veröffentlichten Mustervorlage des Deutschen Hanfverbandes orientiert.

    Das Bundesverfassungsgericht hat zwischenzeitlich die Unzulässigkeit der Vorlage des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 18. September 2019 (2 BvL 3/20) sowie zwölf weiterer Vorlagen der Amtsgerichte Bernau bei Berlin, Münster und Pasewalk festgestellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a.-).

    Das Amtsgericht Münster begründet die Vorlage - unter wörtlichem Rückgriff auf die Argumentation des Amtsgerichts Bernau bei Berlin - maßgeblich wie folgt (zur ausführlicheren Darstellung des übernommenen Teils der Antragsbegründung vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 44 ff.):.

    Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 14. Juni 2023, mit dem es die Unzulässigkeit von 13 Vorlagen zum strafbewehrten Cannabisverbot festgestellt hat, nach der Darstellung der allgemeinen Anforderungen an die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 54 ff.) auf die erhöhten Anforderungen hingewiesen, die im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG an eine erneute Richtervorlage zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 60 f.).

    Insbesondere hat es hervorgehoben, dass es ungenügend ist, dem Rechtsstandpunkt des Bundesverfassungsgerichts unter nur scheinbarem Verweis auf tatsächliche oder rechtliche Veränderungen einen abweichenden Rechtsstandpunkt gegenüberzustellen (vgl. BVerfGK 3, 285 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 61).

    Dass dies auf alle Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes zutrifft, ist fernliegend (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 63).

    Die Vorlagen zeigen keine rechtserheblichen Änderungen der Sach- und Rechtslage auf, auf deren Grundlage die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 1994 (BVerfGE 90, 145 ff.), wonach der mit dem strafbewehrten Cannabisverbot verbundene Eingriff in die Freiheitsrechte der Konsumenten gerechtfertigt ist, nicht mehr tragfähig sein könnte (vgl. ebenso BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 64 ff.).

    a) Soweit die Vorlagen eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG annehmen, werden sie in ihrer Darlegung den verfassungsrechtlichen Maßstäben für die angestrebte (erneute) Überprüfung eines Strafgesetzes nicht gerecht (ausführlich zu diesen Maßstäben vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 68 ff.).

    Sie machen nicht deutlich, weshalb die tragenden Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit des strafbewehrten Cannabisverbots und der dieses Verbot ausfüllenden Strafnormen von Verfassungs wegen keinen Bestand mehr haben können (vgl. dazu ausführlich BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 76 ff.).

    Die Vorlagen bringen keine rechtserheblichen Änderungen der Sach- und Rechtslage vor, die die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts erschüttern, sondern stellen lediglich ihre Auffassung von der Unverhältnismäßigkeit des Cannabisverbots der Auffassung des Senats gegenüber (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 97 ff.).

    Vielmehr machen sie einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG geltend und lassen dabei außer Acht, dass - ihrer Argumentation folgend - dieser Verstoß in der Rechtsanwendung und nicht in der Rechtssetzung liegt (vgl. ebenso BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 104).

    Eine solche Konstellation zeigen die Vorlagen nicht auf (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 104).

    Soweit die Vorlagen den Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG darin sehen, dass der Gesetzgeber keine Schwellenwerte für den Begriff der geringen Menge in § 31a Abs. 1 Satz 1 BtMG festgelegt hat, genügen diese Ausführungen den Begründungsanforderungen nicht, weil sich die Vorlagen nicht in der gebotenen Weise mit dem verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab und der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetzlichkeitsprinzip in der Ausprägung als Bestimmtheitsgebot (vgl. BVerfGE 136, 127 , 145 ff. Rn. 53 ff.>; 141, 1 ; 159, 149 ) auseinandersetzen (ausführlich dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2023 - 2 BvL 3/20 u.a. -, Rn. 105 ff.).

  • VGH Bayern, 02.01.2024 - 11 C 23.2333

    Unstatthafte Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nach Erledigung der

    Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG würde voraussetzen, dass der Senat mit Gewissheit (vgl. BVerfG, B.v. 14.6.2023 - 2 BvL 3/20 u.a. - NJW 2023, 3072 Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Detterbeck in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 100 Rn. 13; Dederer in Dürig/Herzog/Scholz, GG-Komm., Stand August 2023, Art. 100 Rn. 128 ff.) davon überzeugt wäre, dass § 158 Abs. 2 VwGO, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers ankommt, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
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