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BVerwG, 09.02.2022 - 2 WDB 12.21 |
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- openjur.de
- Bundesverwaltungsgericht
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und ... Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 10 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 Satz 2, Art. 100 Abs. 1; SG § 1 Abs. 4, § 10 Abs. 3 und 6, § 17 Abs. 2; SoldGG § 3 Abs. 4, § 7 Abs. 2; StPO § 94 Abs. 1 und 2, § 102, § 105, § 110 Abs. 3, § 111n, § 111o Abs. 1 und 2; VwVfG § 3a Abs. 2 Satz 2; WDO § 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 8, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5, § 42 Nr. 5 Satz 1 und 2, § 81 Abs. 2 Satz 1, § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 114 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 139 Abs. 2, § 148
Erfolglose Beschwerde gegen truppendienstrichterliche Durchsuchungsanordnung - rechtsprechung-im-internet.de
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 10 Abs 1 GG
Truppendienstrichterliche Durchsuchungsanordnung; elektronische Kommunikationsmittel; Verdacht der sexuellen Belästigung
- rewis.io
Erfolglose Beschwerde gegen truppendienstrichterliche Durchsuchungsanordnung
- rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
Durchsuchung elektronischer Kommunikationsmittel eines Soldaten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung; Beschränkung einer Beschlagnahmeanordnung als gewichtiger Eingriff in das Eigentumsgrundrecht auf Einzelgegenstände
- datenbank.nwb.de
Erfolglose Beschwerde gegen truppendienstrichterliche Durchsuchungsanordnung
Verfahrensgang
- TDG Nord, 03.09.2021 - N 5 DsL 12/21
- BVerwG, 09.02.2022 - 2 WDB 12.21
Papierfundstellen
- NVwZ 2022, 1728
Wird zitiert von ... (7)
- BVerwG, 10.07.2022 - 2 WDB 11.21
Zur Rechtswidrigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses bei unklarem Anfangsverdacht
Gegen sie kann der Soldat entsprechend der dem Beschluss beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung nur mit einer in die abschließende Zuständigkeit des Truppendienstgerichts fallenden Beschwerde nach § 42 Nr. 5 Satz 1 WDO vorgehen; dies betrifft etwa die Frage der Verhältnismäßigkeit der fortdauernden Besitzentziehung der Gegenstände und die Frage, ob auf seine Willensfreiheit rechtswidrig eingewirkt worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 17 und 58).Im Gegensatz dazu muss sich jedoch eine Beschlagnahmeanordnung als gewichtiger Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) auf Einzelgegenstände beschränken, deren Beweiseignung und Beschlagnahmefähigkeit bereits konkret gegenstandsbezogen geprüft worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - Leitsatz 4).
Ihr kommt lediglich die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung mit dem Ziel der Begrenzung des Durchsuchungsbeschlusses zu (zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 12 ff. m. w. N.).
Denn die "Beschlagnahmeanordnung" findet vorliegend nicht nur parenthetisch etwa in Gestalt von Hinweisen Erwähnung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris), sondern als Inhalt der Beschlussformel.
Der Frage braucht indes nicht abschließend nachgegangen zu werden, weil schon die Durchsuchungsordnung nach der zur Zeit des Erlasses des Beschlusses maßgeblichen Rechtslage (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 20 m. w. N.) rechtswidrig ist, so dass selbst bei einer ausgesprochenen Beschlagnahmeanordnung es ihr an der rechtlichen Grundlage fehlte.
Sie geht in gerichtlichen Disziplinarverfahren (Dritter Abschnitt des Zweiten Teils) als spezielle Regelung über Durchsuchungen in der Wehrdisziplinarordnung dem subsidiären Verweis in § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO auf die Vorschriften der Strafprozessordnung vor und erfasst auch elektronische Kommunikationsmittel (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 22 ff. und 29 f.).
Denn § 20 WDO sieht keine Beschränkung des Antragsrechts auf den Disziplinarvorgesetzten vor (vgl. zu allem: BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 41 ff.).
dd) Ob die Durchsuchungsanordnung bereits deshalb rechtswidrig ist, weil sie den Tatvorwurf nicht kohärent so umschreibt, dass der mit dem Vollzug der Durchsuchungsanordnung verbundene Eingriff in Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 47), kann dahingestellt bleiben.
Denn das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass noch Ermittlungen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 49).
Hierbei sind auch die Bedeutung der potenziellen Beweismittel für das Disziplinarverfahren sowie der Grad des auf die verfahrenserheblichen Informationen bezogenen Auffindeverdachts zu bewerten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 55;… BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. November 2019 - 2 BvR 31/19, 2 BvR 889/19 - NJW 2020, 384 Rn. 25 m. w. N.,).
- BVerwG, 02.09.2022 - 2 WDB 6.22
Teilweise begründete Beschwerde gegen truppendienstrichterliche …
Ihr kommt lediglich die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung mit dem Ziel der Begrenzung des Durchsuchungsbeschlusses zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 2 BvR 902/06 - BVerfGE 124, 43 zu §§ …und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken">94 ff. StPO sowie Kammerbeschlüsse vom 29. Juni 2009 - 2 BvR 174/05 - juris Rn. 25 …und vom 20. September 2018 - 2 BvR 708/18 - NJW 2018, 3571 Rn. 22; BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 11 f.).§ 114 WDO gilt nach seiner systematischen Stellung in der Wehrdisziplinarordnung auch für richterliche Beschlüsse, die - wie hier - in einem von der Wehrdisziplinaranwaltschaft geführten Vorermittlungsverfahren (§ 92 WDO) ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 16 m. w. N.).
Ein solcher Eingriff bedarf gemäß Art. 10 Abs. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage und verlangt nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Wehrdisziplinarordnung das eingeschränkte Grundrecht zitiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 BvR 236, 237, 422/08 - BVerfGE 129, 208 sowie BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 35 ff.).
Da § 148 der gemäß Gesetz vom 15. März 1957 (BGBl. I S. 189) am 1. April 1957 in Kraft getretenen und somit - wegen Inkrafttretens des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 (BGBl. I S. 1 ff.) - nachkonstitutionellen Wehrdisziplinarordnung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 36;… S. Engel, Das Zitiergebot. Rekonstruktion einer verkannten Norm, 2022, S. 115 ff.) eine Einschränkung des Grundrechts auf das Fernmeldegeheimnis nicht zitiert, steht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens der Annahme entgegen, jedenfalls aus der Verweisung des § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO auf die Strafprozessordnung ergebe sich eine gesetzliche Eingriffsgrundlage für einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis.
Sie geht in gerichtlichen Disziplinarverfahren (Dritter Abschnitt des Zweiten Teils) als spezielle Regelung über Durchsuchungen in der Wehrdisziplinarordnung dem lediglich ergänzenden und damit subsidiären Verweis in § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO auf die Vorschriften der Strafprozessordnung vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 21 m. w. N.).
bb) Soweit § 20 WDO zur Anordnung von Durchsuchungen zwecks Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und darauf gespeicherten Kommunikationsinhalten aus abgeschlossenen Kommunikationsvorgängen ermächtigt, ist er auch eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage für die in Rede stehende Durchsuchungsanordnung; insbesondere verstößt die Regelung, die insoweit nicht an Art. 10 GG, sondern am Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) zu messen ist, nicht gegen das Zitiergebot (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 22 ff.).
Denn das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass noch Ermittlungen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 49).
Bei der dienstlichen Stube handelt es sich nicht um eine Wohnung im Sinne des § 20 WDO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 53).
Zu den durchsuchungsfähigen Sachen im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 3 WDO gehören vielmehr auch die im (Mit-)Besitz oder (Mit-)Gewahrsam eines Soldaten befindlichen dienstlichen Gegenstände einschließlich elektronischer Datenträger oder EDV-Anlagen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 54 m. w. N.).
- BVerwG, 13.12.2022 - 2 WDB 8.22 Da die Beschwerde auf den Beschluss vom 26. Juli 2022 beschränkt ist, soweit damit die Durchsuchung der persönlichen Sachen und des Fahrzeugs des Soldaten, seiner Stube, seines Spindes und seines Wertfachs angeordnet worden ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob mit dem Beschluss angesichts der Formulierung "wird [...] die Durchsuchung [...] und gegebenenfalls die Beschlagnahme von unten näher genannten Beweismitteln angeordnet" zudem eine Beschlagnahme der in den Beschlussgründen bezeichneten Gegenstände ("...", dienstliche Bilder, ... und Jagdtrophäe "...") angeordnet wurde (dazu BVerwG, Beschlüsse vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 11 ff., vom 10. Juli 2022 - 2 WDB 11.21 - juris Rn. 20 ff. …und vom 2. September 2022 - 2 WDB 6, 22 - juris Rn. 13 ff., jeweils m. w. N.).
§ 114 WDO gilt nach seiner systematischen Stellung in der Wehrdisziplinarordnung auch für richterliche Beschlüsse, die - wie hier - in einem von der Wehrdisziplinaranwaltschaft geführten Vorermittlungsverfahren (§ 92 WDO) ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 16 m. w. N.).
Sie geht in gerichtlichen Disziplinarverfahren (Dritter Abschnitt des Zweiten Teils) als spezielle Regelung über Durchsuchungen in der Wehrdisziplinarordnung dem lediglich ergänzenden und damit subsidiären Verweis in § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO auf die Vorschriften der Strafprozessordnung vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 21 m. w. N.).
Denn das Stadium des Anfangsverdachts zeichnet sich gerade dadurch aus, dass noch Ermittlungen nötig sind, weil die Tat in ihren Einzelheiten noch nicht aufgeklärt ist (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 49).
Bei der dienstlichen Stube handelt es sich nicht um eine Wohnung im Sinne des § 20 WDO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 53).
Zu den durchsuchungsfähigen Sachen im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 3 WDO gehören vielmehr auch die im (Mit-)Besitz oder (Mit-)Gewahrsam eines Soldaten befindlichen dienstlichen Gegenstände einschließlich elektronischer Datenträger oder EDV-Anlagen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 54 m. w. N.).
- BVerwG, 09.12.2022 - 2 WNB 1.22
Erfolgreiche Verfahrensrüge bei Entscheidung durch unzuständiges Gericht
§ 114 WDO gilt nach seiner systematischen Stellung in der Wehrdisziplinarordnung auch für richterliche Beschlüsse, die - wie hier - in einem von der Wehrdisziplinaranwaltschaft geführten Vorermittlungsverfahren (§ 92 WDO) ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - NVwZ 2022, 1728 Rn. 16 m. w. N.).Der Vorsitzende der Truppendienstkammer wird die Abhilfeprüfung nach § 114 Abs. 3 Satz 1 WDO im Lichte der neueren Rechtsprechung des 2. Wehrdienstsenats zum Durchsuchungsrecht nachholen müssen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Februar 2022 - 2 WDB 12.21 - NVwZ 2022, 1728, vom 10. Juli 2022 - 2 WDB 11.21 - juris und vom 2. September 2022 - 2 WDB 6, 22 - NVwZ 2022, 1733).
- BVerwG, 30.11.2022 - 2 WRB 1.22
Zulässigkeit der Anhörungsrüge trotz Erledigung der Hauptsache
- VGH Bayern, 23.09.2022 - 16a DC 22.1940
Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung, Polizeihauptmeister, Jugendbeamter, …
Eine Durchsuchungsanordnung setzt damit eine berechtigte Auffindevermutung im Hinblick auf potenzielle Beweismittel voraus (BVerwG, B.v. 9.2.2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 12 zu § 20 Abs. 1 WDO).Dabei ist zu prüfen, ob die zur Durchsicht mitgenommenen Gegenstände nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zurückgegeben werden können, ob die Beschlagnahme einer Kopie der auf den Geräten befindlichen Daten ausreicht, inwiefern dabei eine Trennung der potenziell beweiserheblichen Daten von den restlichen Daten möglich und in welchem Umfang eine Löschung oder Herausgabe der für das Verfahren irrelevanten Daten geboten ist (…vgl. BVerfG, B.v. 12.4.2005 - 2 BvR 1027/02 - juris Rn. 114 ff.; BVerwG, B.v. 9.2.2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 14).
- VGH Bayern, 22.07.2022 - 16b DC 22.1484
Beschlagnahmeanordnung gegen Polizisten wegen rechtsradikalen Gedankengutes
Ihr kommt lediglich die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung mit dem Ziel der Begrenzung des Durchsuchungsbeschlusses zu (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2022 - 2 WDB 12.21 - juris Rn. 11 ff. m.w.N.).