Elftes Buch Sozialgesetzbuch
- Soziale Pflegeversicherung -

   Zweites Kapitel - Leistungsberechtigter Personenkreis, Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Berichtspflichten, Begriff der Pflegeperson (§§ 14 - 19)   
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§ 18a
Begutachtungsverfahren

(1) Im Rahmen der Prüfung nach § 18 Absatz 1 Satz 1 haben der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachterinnen und Gutachter durch eine Untersuchung des Antragstellers die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten bei den in § 14 Absatz 2 genannten Kriterien nach Maßgabe des § 15 sowie die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln.

(2) 1Der Versicherte ist in seinem Wohnbereich zu untersuchen. 2Erteilt der Versicherte dazu nicht sein Einverständnis, kann die Pflegekasse die beantragten Leistungen verweigern. 3Hinsichtlich der Grenzen der Mitwirkung des Versicherten und der Folgen fehlender Mitwirkung gelten die §§ 65 und 66 des Ersten Buches. 4Die Untersuchung ist in angemessenen Zeitabständen zu wiederholen. 5Abweichend von Satz 1 kann die Begutachtung ausnahmsweise auch ohne Untersuchung des Versicherten in seinem Wohnbereich erfolgen, wenn

1. auf Grund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht oder
2. bei einer Krisensituation von nationaler Tragweite oder, bezogen auf den Aufenthaltsort des Versicherten, von regionaler Tragweite der Antrag auf Pflegeleistungen während der Krisensituation gestellt wird oder ein Untersuchungstermin, der bereits vereinbart war, in den Zeitraum einer Krisensituation fällt.

6Eine Begutachtung nach Satz 5 Nummer 2 setzt voraus, dass die Krisensituation einer Untersuchung des Versicherten in seinem Wohnbereich entgegensteht; der Wunsch des Versicherten, persönlich in seinem Wohnbereich untersucht zu werden, ist zu berücksichtigen. 7Grundlage für eine Begutachtung nach Satz 5 Nummer 2 bilden die zum Versicherten zur Verfügung stehenden Unterlagen sowie die Angaben und Auskünfte, die beim Versicherten, seinen Angehörigen und sonstigen zur Auskunft fähigen Personen einzuholen sind. 8Das Nähere zu den Voraussetzungen und die weiteren, insbesondere inhaltlichen und organisatorischen Einzelheiten für eine Begutachtung nach Satz 5 Nummer 2 konkretisiert der Medizinische Dienst Bund im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen bis spätestens 31. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1.

(3) 1Bei der Begutachtung sind darüber hinaus die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten in den Bereichen außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung festzustellen. 2Beide Bereiche werden bei der rechnerischen Ermittlung des Pflegegrades nicht gesondert berücksichtigt; § 14 Absatz 3 bleibt unberührt. 3Mit den Feststellungen nach Satz 1 sollen eine umfassende Beratung und das Erstellen eines individuellen Versorgungsplans nach § 7a, das Versorgungsmanagement nach § 11 Absatz 4 des Fünften Buches und eine individuelle Pflegeplanung sowie eine sachgerechte Erbringung von Hilfen bei der Haushaltsführung ermöglicht werden. 4Bei der Feststellung nach Satz 1 ist im Einzelnen auf die nachfolgenden Kriterien abzustellen:

1. in Bezug auf außerhäusliche Aktivitäten: Verlassen des Bereiches der Wohnung oder der Einrichtung, Fortbewegen außerhalb der Wohnung oder der Einrichtung, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Nahverkehr, Mitfahren in einem Kraftfahrzeug, Teilnahme an kulturellen, religiösen oder sportlichen Veranstaltungen, Besuch von Schule, Kindergarten, Arbeitsplatz, einer Werkstatt für behinderte Menschen oder Besuch einer Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege oder eines Tagesbetreuungsangebots, Teilnahme an sonstigen Aktivitäten mit anderen Menschen;
2. in Bezug auf Haushaltsführung: Einkaufen für den täglichen Bedarf, Zubereitung einfacher Mahlzeiten, einfache Aufräum- und Reinigungsarbeiten, aufwändige Aufräum- und Reinigungsarbeiten einschließlich Wäschepflege, Nutzung von Dienstleistungen, Umgang mit finanziellen Angelegenheiten, Umgang mit Behördenangelegenheiten.

5Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die in Satz 4 genannten Kriterien für die Bereiche außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen pflegefachlich unter Berücksichtigung der Ziele nach Satz 3.

(4) Im Übrigen erstreckt sich die Begutachtung auf die im Gutachten gemäß § 18b darzulegenden Feststellungen und Empfehlungen.

(5) 1Die Begutachtung ist unverzüglich, spätestens am fünften Arbeitstag nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen, wenn sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung befindet und

1. Hinweise vorliegen, dass zur Sicherstellung der ambulanten oder stationären Weiterversorgung und Betreuung eine Begutachtung in der Einrichtung erforderlich ist, oder
2. die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt wurde oder
3. mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart wurde.

2Die Frist nach Satz 1 kann durch regionale Vereinbarungen verkürzt werden. 3Die verkürzte Begutachtungsfrist nach Satz 1 oder Satz 2 gilt auch dann, wenn der Antragsteller sich in einem Hospiz befindet oder ambulant palliativ versorgt wird.

(6) Befindet sich der Antragsteller in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und wurde die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart, so ist

1. eine Begutachtung des Antragstellers spätestens innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen und
2. der Antragsteller vom Medizinischen Dienst oder von der von der Pflegekasse beauftragten Gutachterin oder von dem von der Pflegekasse beauftragten Gutachter unverzüglich schriftlich darüber zu informieren, welche Empfehlung der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragte Gutachterin oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter an die Pflegekasse weiterleitet.

(7) 1In den Fällen der Absätze 5 und 6 muss die Empfehlung nur die Feststellung beinhalten, ob Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14 und 15 vorliegt und ob mindestens die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 erfüllt sind. 2Die abschließende Begutachtung des Versicherten ist unverzüglich nachzuholen. 3Nimmt der Versicherte unmittelbar im Anschluss an den Aufenthalt in einem Krankenhaus, einschließlich eines Aufenthalts im Rahmen der Übergangspflege nach § 39e des Fünften Buches, oder im Anschluss an den Aufenthalt in einer stationären Rehabilitationseinrichtung Kurzzeitpflege in Anspruch, hat die abschließende Begutachtung spätestens am zehnten Arbeitstag nach Beginn der Kurzzeitpflege in dieser Einrichtung zu erfolgen.

(8) 1Der Antragsteller ist bei der Begutachtung auf die maßgebliche Bedeutung des Gutachtens insbesondere für eine umfassende Beratung, das Erstellen eines individuellen Versorgungsplans nach § 7a, das Versorgungsmanagement nach § 11 Absatz 4 des Fünften Buches und die Pflegeplanung hinzuweisen. 2Die Zustimmung des Versicherten nach § 18b Absatz 3 Satz 1 erfolgt gegenüber der Gutachterin oder dem Gutachter im Rahmen der Begutachtung und wird im Begutachtungsformular schriftlich oder elektronisch dokumentiert. 3Gleiches gilt spätestens ab 1. November 2023 für die Zustimmung des Versicherten nach § 18c Absatz 3 Satz 3. 4Über die Möglichkeiten nach § 18c Absatz 4 Satz 3 und 4 und das Erfordernis der Einwilligung ist der Antragsteller bei der Begutachtung zu informieren; die Einwilligung ist jeweils schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren.

(9) 1Der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragte Gutachterin oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter soll, soweit der Versicherte einwilligt, die behandelnden Ärztinnen und behandelnden Ärzte des Antragstellers, insbesondere die Hausärztin oder den Hausarzt, in die Begutachtung einbeziehen und ärztliche Auskünfte und Unterlagen über die für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wichtigen Vorerkrankungen sowie über Art, Umfang und Dauer der Hilfebedürftigkeit einholen. 2Mit Einwilligung des Versicherten sollen auch pflegende Angehörige oder sonstige Personen oder Dienste, die an der Pflege des Versicherten beteiligt sind, befragt werden.

(10) 1Die Aufgaben des Medizinischen Dienstes werden durch Pflegefachkräfte oder Ärztinnen und Ärzte in enger Zusammenarbeit mit anderen geeigneten Fachkräften wahrgenommen. 2Die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern ist in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderärztin oder Kinderarzt vorzunehmen. 3Der Medizinische Dienst ist befugt, den Pflegefachkräften oder sonstigen geeigneten Fachkräften, die nicht dem Medizinischen Dienst angehören, die für deren jeweilige Beteiligung erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln.

(11) 1Für andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter gilt Absatz 10 entsprechend. 2Die unabhängigen Gutachterinnen und Gutachter sind bei der Wahrnehmung ihrer fachlichen Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. 3Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung und pflegerische Versorgung der Versicherten einzugreifen.

(12) Für die Gutachterinnen und Gutachter, die von den die private Pflege-Pflichtversicherung betreibenden Versicherungsunternehmen beauftragt werden, Pflegebedürftigkeit festzustellen und Pflegegrade zuzuordnen, gilt § 23 Absatz 6 Nummer 1.

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Fassung aufgrund des Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz) vom 19.06.2023 (BGBl. I Nr. 155), in Kraft getreten am 01.10.2023 Gesetzesbegründung verfügbar

Änderungsübersicht
InkrafttretenÄnderungsgesetzAusfertigungFundstelle
01.10.2023
Änderung
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Änderung
Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz)19.06.2023BGBl. I Nr. 155
29.10.2020
Änderung
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Änderung
Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz)23.10.2020BGBl. I S. 2220
01.01.2020
Änderung
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Änderung
Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz)14.12.2019BGBl. I S. 2789
11.05.2019
Änderung
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Änderung
Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz)06.05.2019BGBl. I S. 646
01.01.2016
Änderung
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Änderung
Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz)21.12.2015BGBl. I S. 2424
25.07.2015
Änderung
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Änderung
Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz)17.07.2015BGBl. I S. 1368
30.10.2012
Änderung
Vorherige Fassung und Synopse über buzer.de (öffnet in neuem Tab)
Änderung
Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz)23.10.2012BGBl. I S. 2246

Querverweise

Auf § 18a SGB XI verweisen folgende Vorschriften:

    Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) 
      Leistungsberechtigter Personenkreis, Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Berichtspflichten, Begriff der Pflegeperson
        § 16 (Verordnungsermächtigung)
        § 17 (Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund; Richtlinien der Pflegekassen)
        § 18b (Inhalt und Übermittlung des Gutachtens)
        § 18c (Entscheidung über den Antrag, Fristen)
        § 18d (Berichtspflichten und Statistik zum Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit)
        § 18e (Weiterentwicklung des Verfahrens zur Pflegebegutachtung durch Modellvorhaben, Studien und wissenschaftliche Expertisen)
     
      Datenschutz, Statistik und Interoperabilität
        Informationsgrundlagen
          Grundsätze der Datenverarbeitung
            § 94 (Personenbezogene Daten bei den Pflegekassen)
            § 97 (Personenbezogene Daten beim Medizinischen Dienst)
            § 97d (Begutachtung durch unabhängige Gutachter)
     
      Zulagenförderung der privaten Pflegevorsorge
        § 127 (Pflegevorsorgezulage; Fördervoraussetzungen)
Was ist das?

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