Betriebsverfassungsgesetz
Vierter Teil - Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer (§§ 74 - 113) |
Sechster Abschnitt - Wirtschaftliche Angelegenheiten (§§ 106 - 113) |
Zweiter Unterabschnitt - Betriebsänderungen (§§ 111 - 113) |
(1) 1Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. 2Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). 3Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. 4§ 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) 1Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. 2Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. 3Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) 1Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. 2Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. 3Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) 1Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. 2Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) 1Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. 2Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
1. | Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. | |
2. | 1Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. 2Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. | |
2a. | Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. | |
3. | Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. |
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14.06.2021
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
18.06.2021 | Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz | 14.06.2021 | |
01.01.2004 | Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt | 23.12.2003 |
Rechtsprechung zu § 112 BetrVG
3.024 Entscheidungen zu § 112 BetrVG in unserer Datenbank:
- BAG, 14.02.2023 - 1 ABR 28/21
Sozialplan - wirtschaftliche Vertretbarkeit
Zum selben Verfahren:
- ArbG Iserlohn, 02.03.2021 - 2 BV 1/20
Sozialplan, Dotierung, wirtschaftliche Vertretbarkeit, "Sozialplan 0"
- LAG Hamm, 26.10.2021 - 7 TaBV 19/21
Sozialplan; Dotierung; wirtschaftliche Vertretbarkeit; "Sozialplan 0"
- ArbG Iserlohn, 02.03.2021 - 2 BV 1/20
- BAG, 28.07.2020 - 1 AZR 590/18
Sozialplan - mittelbare Benachteiligung wegen Behinderung
- BAG, 24.10.2019 - 2 AZR 158/18
Tarifvertrag - verkürzte Kündigungsfrist - Sozialplan
Zum selben Verfahren:
- BAG, 24.10.2019 - 2 AZR 168/18
Tarifvertrag - verkürzte Kündigungsfrist - Sozialplan
- LAG Hamburg, 13.02.2018 - 4 Sa 92/17
- LAG Hamburg, 15.02.2018 - 8 Sa 97/17
Sozialplan mit verkürzten Kündigungsfristen
- BAG, 24.10.2019 - 2 AZR 168/18
- LAG Berlin-Brandenburg, 18.10.2018 - 21 TaBV 1372/17
Sozialplandotierung - wirtschaftliche Vertretbarkeit - Finanzierungsverantwortung ...
- ArbG Berlin, 21.12.2017 - 41 BV 13752/17
Wegfall des Rechtsschutzinteresses für den Antrag auf gerichtliche Zustimmung zur ...
§ 112 BetrVG in Nachschlagewerken
- § 112 BetrVG wird in Wikipedia unter folgenden Stichworten zitiert:
- Interessenausgleich
Querverweise
Auf § 112 BetrVG verweisen folgende Vorschriften:
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
- Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer
- Wirtschaftliche Angelegenheiten
- Betriebsänderungen
- § 112a (Erzwingbarer Sozialplan bei Personalabbau, Neugründungen)
- Umwandlungsgesetz (UmwG)
- Verschmelzung
- Allgemeine Vorschriften
- Verschmelzung durch Aufnahme
- § 35a (Interessenausgleich und Betriebsübergang)
- Spaltung
- Allgemeine Vorschriften
- Spaltung zur Aufnahme
- § 134 (Schutz der Gläubiger in besonderen Fällen)