Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
- Gesetzliche Krankenversicherung -
Achtes Kapitel - Finanzierung (§§ 220 - 274) |
Vierter Abschnitt - Finanzausgleiche und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§§ 265 - 273) |
(1) 1Die Krankenkassen erhalten als Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 271) zur Deckung ihrer Ausgaben eine Grundpauschale und risikoadjustierte Zu- und Abschläge zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen und Zuweisungen für sonstige Ausgaben (§ 270). 2Mit den risikoadjustierten Zuweisungen wird jährlich ein Risikostrukturausgleich durchgeführt. 3Durch diesen werden die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden zwischen den Krankenkassen ausgeglichen, die sich aus der Verteilung der Versicherten auf nach Risikomerkmalen getrennte Risikogruppen gemäß Absatz 2 ergeben.
(2) 1Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen erfolgt anhand der Risikomerkmale Alter, Geschlecht, Morbidität, regionalen Merkmalen und danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach § 44 haben. 2Die Morbidität der Versicherten wird auf der Grundlage von Diagnosen, Diagnosegruppen, Indikationen, Indikationengruppen, medizinischen Leistungen oder Kombinationen dieser Merkmale unmittelbar berücksichtigt. 3Regionale Merkmale sind solche, die die unterschiedliche Ausgabenstruktur der Region beeinflussen können.
(3) Die Grundpauschale und die risikoadjustierten Zu- und Abschläge dienen zur Deckung der standardisierten Leistungsausgaben der Krankenkassen.
(4) 1Die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 orientiert sich an der Höhe der durchschnittlichen krankheitsspezifischen Leistungsausgaben der den Risikogruppen zugeordneten Versicherten. 2Dabei bleiben außer Betracht
1. | die von Dritten erstatteten Ausgaben, | |
2. | Aufwendungen für satzungsgemäße Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. |
3Die Aufwendungen für die Leistungen der Knappschaftsärzte und -zahnärzte werden in der gleichen Weise berechnet wie für Vertragsärzte und -zahnärzte.
(5) Die Bildung der Risikogruppen nach Absatz 2 und die Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben nach Absatz 3 erfolgt nach Kriterien, die zugleich
1. | Anreize zu Risikoselektion verringern und | |
2. | keine Anreize zu medizinisch nicht gerechtfertigten Leistungsausweitungen setzen. |
(6) 1Das Bundesamt für Soziale Sicherung ermittelt die Höhe der Zuweisungen und weist die entsprechenden Mittel den Krankenkassen zu. 2Es gibt für die Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 jährlich bekannt
3Das Bundesamt für Soziale Sicherung kann zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen.
(7) 1Das Bundesamt für Soziale Sicherung stellt im Voraus für ein Kalenderjahr die Werte nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 vorläufig fest. 2Es legt bei der Berechnung der Höhe der monatlichen Zuweisungen die Werte nach Satz 1 und die zuletzt erhobenen Versichertenzahlen der Krankenkassen je Risikogruppe nach Absatz 2 zugrunde. 3Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Höhe der Zuweisungen für jede Krankenkasse vom Bundesamt für Soziale Sicherung aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und den für dieses Jahr erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. 4Die nach Satz 2 erhaltenen Zuweisungen gelten als Abschlagszahlungen. 5Sie sind nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisung für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen. 6Werden nach Abschluss der Ermittlung der Werte nach Satz 3 sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung diese bei der nächsten Ermittlung der Höhe der Zuweisungen nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. 7Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im Risikostrukturausgleich einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) 1Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
1. | die Ermittlung der Höhe der Grundpauschale nach Absatz 1 Satz 1, der Werte nach Absatz 6 sowie die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Bekanntmachung der für die Durchführung des Risikoausgleichsverfahrens erforderlichen Berechnungswerte, | |
2. | die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der Leistungsausgaben nach den Absätzen 3 bis 6; dabei können für Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, besondere Standardisierungsverfahren und Abgrenzungen für die Berücksichtigung des Krankengeldes geregelt werden, | |
2a. | die Abgrenzung und die Verfahren der Standardisierung der sonstigen Ausgaben nach § 270, die Kriterien der Zuweisung der Mittel zur Deckung dieser Ausgaben sowie das Verfahren der Verarbeitung der nach § 270 Absatz 2 zu übermittelnden Daten, | |
2b. | die Abgrenzung der zu berücksichtigenden Risikogruppen nach Absatz 2 einschließlich der Altersabstände zwischen den Altersgruppen, auch abweichend von Absatz 2; hierzu gehört auch die Festlegung des Verfahrens zur Auswahl der regionalen Merkmale, | |
3. | die Festlegung der Anforderungen an die Zulassung der Programme nach § 137g hinsichtlich des Verfahrens der Einschreibung der Versicherten einschließlich der Dauer der Teilnahme und des Verfahrens der Verarbeitung der für die Durchführung der Programme erforderlichen personenbezogenen Daten, | |
4. | die Berechnungsverfahren sowie die Durchführung des Zahlungsverkehrs, | |
5. | die Fälligkeit der Beträge und die Erhebung von Säumniszuschlägen, | |
6. | das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs einschließlich des Ausschlusses von Risikogruppen, die anhand der Morbidität der Versicherten gebildet werden, mit den höchsten relativen Steigerungsraten, | |
7. | die Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 5 und 12, | |
8. | die Vergütung des wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung für die Erstellung von Gutachten nach Absatz 10, | |
9. | die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien, auch abweichend von § 274. |
2Abweichend von Satz 1 können die Verordnungsregelungen zu Satz 1 Nr. 3 ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden.
(9) Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt am Risikostrukturausgleich nicht teil.
(10) 1Die Wirkungen des Risikostrukturausgleichs insbesondere auf den Wettbewerb der Krankenkassen und die Manipulationsresistenz des Risikostrukturausgleichs sind regelmäßig, mindestens alle vier Jahre, durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung in einem Gutachten zu überprüfen. 2Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Gegenstand des Gutachtens näher bestimmen; im Jahr 2023 sind gesondert die Wirkungen der regionalen Merkmale als Risikomerkmal im Risikostrukturausgleich zu untersuchen. 3Die Wirkungen des Ausschlusses von Risikogruppen nach § 18 Absatz 1 Satz 4 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung insbesondere auf die Manipulationsresistenz und Zielgenauigkeit des Risikostrukturausgleichs einschließlich der Einhaltung der Vorgaben des § 266 Absatz 5 sind zusätzlich zu dem Gutachten nach Satz 2 zweiter Halbsatz durch den wissenschaftlichen Beirat zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesamt für Soziale Sicherung im Jahr 2023 zu untersuchen. 4Für den Zweck des Gutachtens nach Satz 3 ist auch die Veränderung der Häufigkeit der Diagnosen nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unter Berücksichtigung der Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen zu untersuchen.
(11) 1Die Krankenkassen erhalten die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Ausgleichsjahre 2019 und 2020 nach Maßgabe der §§ 266 bis 270 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung. 2Die Anpassung der Datenmeldung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung ist ab dem Ausgleichsjahr 2021 bei den Zuweisungen nach Absatz 3 zu berücksichtigen. 3Die Zuordnung der Versicherten zu Risikogruppen, die nach dem Anspruch der Mitglieder auf Krankengeld zu bilden sind, erfolgt für das Ausgleichsjahr 2020 danach, ob die Mitglieder Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 und 45 haben.
(12) 1Bei den Zuweisungen nach Absatz 3 werden die finanziellen Auswirkungen der Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen nach Absatz 2 durch Zu- und Abschläge im Ausgleichsjahr 2021 auf 75 Prozent begrenzt. 2Die Begrenzung erfolgt für alle Länder jeweils einheitlich für die Summe der Zuweisungen nach Absatz 3 für die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land. 3Durch die Zu- und Abschläge werden 25 Prozent der Differenz der hypothetischen Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 ohne Bildung von Risikogruppen anhand von regionalen Merkmalen und der Höhe der Zuweisungen nach Absatz 3 einheitlich auf die Versicherten mit Wohnsitz in einem Land verteilt.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz) vom 11.07.2021
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
20.07.2021 | Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz) | 11.07.2021 | |
01.04.2020 | Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung (Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz) | 22.03.2020 | |
01.01.2015 | Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz) | 21.07.2014 | |
01.01.2013 | Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz) | 12.04.2012 | |
01.01.2012 | Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz) | 22.12.2011 | |
01.01.2009 | Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) | 26.03.2007 | |
08.11.2006 | Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung | 31.10.2006 |
ausgleich), Verordnungs-
ermächtigung § 267Datenverarbeitung für die Durchführung und Weiterentwicklung des Risikostruktur-
ausgleichs § 268Risikopool § 269Sonderregelungen für Krankengeld und Auslandsversicherte § 270Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für sonstige Ausgaben § 270aEinkommensausgleich § 271Gesundheitsfonds § 271aSicherstellung der Einnahmen des Gesundheitsfonds § 272Sonderregelungen für den Gesundheitsfonds im Jahr 2021 § 272aSonderregelung für den Gesundheitsfonds im Jahr 2022 § 272bSonderregelungen für den Gesundheitsfonds im Jahr 2023, Aussetzung des Zusatzbeitragssatz-
anhebungsverbots für das Jahr 2023 § 273Sicherung der Datengrundlagen für den Risikostruktur-
ausgleich
Rechtsprechung zu § 266 SGB V
173 Entscheidungen zu § 266 SGB V in unserer Datenbank:
- BSG, 29.11.2017 - B 6 KA 32/16 R
Krankenversicherung - Disease-Management-Programm (hier: Diabetes mellitus Typ 2) ...
Zum selben Verfahren:
- LSG Bayern, 16.03.2016 - L 12 KA 59/14
Teilnahme an Betreuungsvereinbarungen als diabetologisch besonders qualifizierter ...
- LSG Bayern, 16.03.2016 - L 12 KA 59/14
- BSG, 02.09.2009 - B 12 KR 4/08 R
Krankenversicherung - Risikostrukturausgleich - pauschale Abgeltung der ...
Zum selben Verfahren:
- SG Köln, 07.12.2007 - S 26 KR 89/05
Krankenversicherung
- SG Köln, 07.12.2007 - S 26 KR 89/05
- BSG, 20.05.2014 - B 1 KR 2/14 R
Krankenversicherung - Ermittlung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds - ...
Zum selben Verfahren:
- BSG, 20.05.2014 - B 1 KR 5/14 R
Krankenversicherung - Risikostrukturausgleich - Gesundheitsfonds - ...
Zum selben Verfahren:
- LSG Nordrhein-Westfalen, 06.06.2013 - L 16 KR 24/09
Sogenannter "Morbiditäts-Risikostrukturausgleich" zwischen den Krankenkassen ...
- LSG Nordrhein-Westfalen, 06.06.2013 - L 16 KR 24/09
- BSG, 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R
Risikostrukturausgleich: Zuschüsse für AOK Rheinland gestrichen
Zum selben Verfahren:
- LSG Nordrhein-Westfalen, 29.10.2015 - L 5 KR 745/14
AOK Rheinland gewinnt gegen die Bundesrepublik Deutschland. Nachzahlung aus dem ...
- LSG Nordrhein-Westfalen, 29.10.2015 - L 5 KR 745/14
Bekanntmachungen im Bundesgesetzblatt mit Bezug auf § 266 SGB V
20.09.2005 | Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zu den §§ 266, 267, 313a, 137f, 137g, 268 und 269 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) | BGBl. I S. 2888 |
Querverweise
Auf § 266 SGB V verweisen folgende Vorschriften:
- Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V)
- Allgemeine Vorschriften
- § 4b (Sonderregelungen zum Verwaltungsverfahren)
- Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern
- Allgemeine Grundsätze
- § 71 (Beitragssatzstabilität, besondere Aufsichtsmittel)
- Beziehungen zu Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten
- Landesausschüsse und Gemeinsamer Bundesausschuss
- § 92a (Innovationsfonds, Grundlagen der Förderung von neuen Versorgungsformen zur Weiterentwicklung der Versorgung und von Versorgungsforschung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss)
- Sicherung der Qualität der Leistungserbringung
- § 137g (Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme)
- Finanzierung
- Beiträge
- Aufbringung der Mittel
- § 220 (Grundsatz)
- Beitragssätze, Zusatzbeitrag
- § 242a (Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz)
- Finanzausgleiche und Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds
- § 266 (Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (Risikostrukturausgleich), Verordnungsermächtigung)
§ 267 (Datenverarbeitung für die Durchführung und Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs)
§ 268 (Risikopool)
§ 269 (Sonderregelungen für Krankengeld und Auslandsversicherte)
§ 270 (Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für sonstige Ausgaben)
§ 270a (Einkommensausgleich)
§ 271 (Gesundheitsfonds)
§ 273 (Sicherung der Datengrundlagen für den Risikostrukturausgleich)
- Versicherungs- und Leistungsdaten, Datenschutz, Datentransparenz
- Informationsgrundlagen
- Grundsätze der Datenverarbeitung
- § 284 (Sozialdaten bei den Krankenkassen)
- Datenlöschung, Auskunftspflicht
- § 304 (Aufbewahrung von Daten bei Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Geschäftsstellen der Prüfungsausschüsse)
- Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch - Soziale Entschädigung - (SGB XIV)
- Krankenbehandlung der Sozialen Entschädigung
- Erstattungen von Aufwendungen und Verwaltungskosten
- § 60 (Erstattung an Krankenkassen)