Elftes Buch Sozialgesetzbuch
- Soziale Pflegeversicherung -
Viertes Kapitel - Leistungen der Pflegeversicherung (§§ 28 - 45f) |
Fünfter Abschnitt - Angebote zur Unterstützung im Alltag, Entlastungsbetrag, Förderung der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und des Ehrenamts sowie der Selbsthilfe (§§ 45a - 45d) |
§ 45a
Angebote zur Unterstützung im Alltag, Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags (Umwandlungsanspruch), Verordnungsermächtigung
(1) 1Angebote zur Unterstützung im Alltag tragen dazu bei, Pflegepersonen zu entlasten, und helfen Pflegebedürftigen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und ihren Alltag weiterhin möglichst selbständig bewältigen zu können. 2Angebote zur Unterstützung im Alltag sind
3Die Angebote benötigen eine Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des gemäß Absatz 3 erlassenen Landesrechts. 4Durch ein Angebot zur Unterstützung im Alltag können auch mehrere der in Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Bereiche abgedeckt werden. 5In Betracht kommen als Angebote zur Unterstützung im Alltag insbesondere Betreuungsgruppen für an Demenz erkrankte Menschen, Helferinnen- und Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger oder vergleichbar nahestehender Pflegepersonen im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in Kleingruppen oder Einzelbetreuung durch anerkannte Helferinnen oder Helfer, Agenturen zur Vermittlung von Betreuungs- und Entlastungsleistungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige sowie vergleichbar nahestehende Pflegepersonen, Familienentlastende Dienste, Alltagsbegleiter, Pflegebegleiter und Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen.
(2) 1Angebote zur Unterstützung im Alltag beinhalten die Übernahme von Betreuung und allgemeiner Beaufsichtigung, eine die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stärkende oder stabilisierende Alltagsbegleitung, Unterstützungsleistungen für Angehörige und vergleichbar Nahestehende in ihrer Eigenschaft als Pflegende zur besseren Bewältigung des Pflegealltags, die Erbringung von Dienstleistungen, organisatorische Hilfestellungen oder andere geeignete Maßnahmen. 2Die Angebote verfügen über ein Konzept, das Angaben zur Qualitätssicherung des Angebots sowie eine Übersicht über die Leistungen, die angeboten werden sollen, und die Höhe der den Pflegebedürftigen hierfür in Rechnung gestellten Kosten enthält. 3Das Konzept umfasst ferner Angaben zur zielgruppen- und tätigkeitsgerechten Qualifikation der Helfenden und zu dem Vorhandensein von Grund- und Notfallwissen im Umgang mit Pflegebedürftigen sowie dazu, wie eine angemessene Schulung und Fortbildung der Helfenden sowie eine kontinuierliche fachliche Begleitung und Unterstützung insbesondere von ehrenamtlich Helfenden in ihrer Arbeit gesichert werden. 4Bei wesentlichen Änderungen hinsichtlich der angebotenen Leistungen ist das Konzept entsprechend fortzuschreiben; bei Änderung der hierfür in Rechnung gestellten Kosten sind die entsprechenden Angaben zu aktualisieren.
(3) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Anerkennung der Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne der Absätze 1 und 2 einschließlich der Vorgaben zur regelmäßigen Qualitätssicherung der Angebote und zur regelmäßigen Übermittlung einer Übersicht über die aktuell angebotenen Leistungen und die Höhe der hierfür erhobenen Kosten zu bestimmen. 2Beim Erlass der Rechtsverordnung sollen sie die gemäß § 45c Absatz 7 beschlossenen Empfehlungen berücksichtigen.
(4) 1Pflegebedürftige in häuslicher Pflege mit mindestens Pflegegrad 2 können eine Kostenerstattung zum Ersatz von Aufwendungen für Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag unter Anrechnung auf ihren Anspruch auf ambulante Pflegesachleistungen nach § 36 erhalten, soweit für den entsprechenden Leistungsbetrag nach § 36 in dem jeweiligen Kalendermonat keine ambulanten Pflegesachleistungen bezogen wurden. 2Der hierfür verwendete Betrag darf je Kalendermonat 40 Prozent des nach § 36 für den jeweiligen Pflegegrad vorgesehenen Höchstleistungsbetrags nicht überschreiten. 3Zur Inanspruchnahme der Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags nach Satz 1 bedarf es keiner vorherigen Antragstellung. 4Die Anspruchsberechtigten erhalten die Kostenerstattung nach Satz 1 bei Beantragung der dafür erforderlichen finanziellen Mittel von der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen sowie im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von der Beihilfefestsetzungsstelle gegen Vorlage entsprechender Belege über Eigenbelastungen, die ihnen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Leistungen der Angebote zur Unterstützung im Alltag entstanden sind. 5Die Vergütungen für ambulante Pflegesachleistungen nach § 36 sind vorrangig abzurechnen. 6Im Rahmen der Kombinationsleistung nach § 38 gilt die Erstattung der Aufwendungen nach Satz 1 als Inanspruchnahme der dem Anspruchsberechtigten nach § 36 Absatz 3 zustehenden Sachleistung. 7Ist vor der Auszahlung der Kostenerstattung nach Satz 1 für den jeweiligen Kalendermonat bereits mehr Pflegegeld oder anteiliges Pflegegeld an den Pflegebedürftigen ausgezahlt worden, als er nach Berücksichtigung des Betrags der zu erstattenden Aufwendungen beanspruchen kann, wird der Kostenerstattungsbetrag insoweit mit dem bereits ausgezahlten Pflegegeldbetrag verrechnet. 8Beziehen Anspruchsberechtigte die Leistung nach Satz 1, findet § 37 Absatz 3 bis 5 und 7 bis 9 Anwendung; § 37 Absatz 6 findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass eine Kürzung oder Entziehung in Bezug auf die Kostenerstattung nach Satz 1 erfolgt. 9Die Inanspruchnahme der Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags nach Satz 1 und die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrags nach § 45b erfolgen unabhängig voneinander.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz) vom 11.07.2021
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
01.07.2021 | Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz) | 11.07.2021 | |
01.01.2019 | Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz) | 11.12.2018 | |
01.01.2017 | Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz) | 21.12.2015 | |
01.01.2015 | Erstes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz) | 17.12.2014 | |
30.10.2012 | Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz) | 23.10.2012 | |
01.07.2008 | Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) | 28.05.2008 | |
01.07.2008 | Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) | 26.03.2007 |
anspruch), Verordnungs-
ermächtigung § 45bEntlastungsbetrag § 45cFörderung der Weiterentwicklung der Versorgungs-
strukturen und des Ehrenamts, Verordnungs-
ermächtigung § 45dFörderung der Selbsthilfe, Verordnungs-
ermächtigung
Rechtsprechung zu § 45a SGB XI
202 Entscheidungen zu § 45a SGB XI in unserer Datenbank:
- LSG Bayern, 14.02.2023 - L 16 BA 9/20
Tätigkeit einer Betreuungsassistentin im ambulanten Bereich
- LSG Baden-Württemberg, 16.03.2023 - L 6 SB 3065/22
- BSG, 20.04.2016 - B 3 P 1/15 R
Pflegeversicherung - Aufenthalt eines Pflegebedürftigen in vollstationärer ...
Zum selben Verfahren:
- LSG Baden-Württemberg, 26.10.2016 - L 4 P 2609/16
Soziale Pflegeversicherung - Voraussetzungen der Gewährung zusätzlicher ...
Zum selben Verfahren:
- BSG, 04.01.2017 - B 3 P 26/16 B
Pflegeversicherung - Feststellung der Pflegebedürftigkeit - Zuordnung zur ...
- BSG, 04.01.2017 - B 3 P 26/16 B
- LSG Sachsen, 15.09.2020 - L 8 SO 70/16
- LSG Bayern, 23.06.2015 - L 8 SO 50/13
Pflegegeld in der Sozialhilfe; Keine Erhöhung des Pflegegeldes in der Sozialhilfe ...
- FG Münster, 25.02.2020 - 15 K 2427/17
Umsatzsteuer - Steuerbefreiung; Befreiung von Umsätzen gem. § 4 Nr. 16 UStG aus ...
- LSG Nordrhein-Westfalen, 12.12.2019 - L 5 P 7/19
Querverweise
Auf § 45a SGB XI verweisen folgende Vorschriften:
- Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI)
- Allgemeine Vorschriften
- Leistungen der Pflegeversicherung
- Leistungen
- Leistungen bei häuslicher Pflege
- § 38a (Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen)
- Qualitätssicherung, Sonstige Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen
- § 120 (Pflegevertrag bei häuslicher Pflege)
- Überleitungs- und Übergangsrecht
- Regelungen zur Rechtsanwendung im Übergangszeitraum, zur Überleitung in die Pflegegrade, zum Besitzstandsschutz für Leistungen der Pflegeversicherung sowie Übergangsregelungen im Begutachtungsverfahren im Rahmen der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs
- § 140 (Anzuwendendes Recht und Überleitung in die Pflegegrade)
- Sonstige Überleitungs-, Übergangs- und Besitzstandsschutzregelungen
- § 144 (Überleitungs- und Übergangsregelungen, Verordnungsermächtigung)
- Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung während der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Pandemie
- § 150 (Sicherstellung der pflegerischen Versorgung, Kostenerstattung für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige)
- Umsatzsteuergesetz (UStG)
- Steuerbefreiungen und Steuervergütungen
- § 4 (Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen)
- Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
- § 28b (Besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) unabhängig von einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite bei saisonal hoher Dynamik)
- Infektionsschutz bei bestimmten Einrichtungen, Unternehmen und Personen
- § 35 (Infektionsschutz in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe, Verordnungsermächtigung)