Elftes Buch Sozialgesetzbuch
- Soziale Pflegeversicherung -
Viertes Kapitel - Leistungen der Pflegeversicherung (§§ 28 - 45f) |
Dritter Abschnitt - Leistungen (§§ 36 - 43c) |
Erster Titel - Leistungen bei häuslicher Pflege (§§ 36 - 40b) |
(1) 1Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. 2Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. 3Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat
(2) 1Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. 2Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. 3Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. 4§ 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.
(3) 1Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben
1. | bei Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich einmal, | |
2. | bei Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich einmal |
eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch einen zugelassenen Pflegedienst, durch eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder, sofern dies durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann, durch eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft abzurufen. 2Die Beratung dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. 3Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen. 4Die Vergütung für die Beratung ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von den Beihilfefestsetzungsstellen. 5Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. 6Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. 7Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden ab dem Jahr 2020 die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach Satz 5 und 6 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. 8Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen. 9Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch abzurufen. 10Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch in Anspruch nehmen; für die Vergütung der Beratung gelten die Sätze 4 bis 9.
(4) 1Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. 2Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. 3Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. 4Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. 5Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. 6Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.
(5) 1Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. 2Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens
1. | zu Beratungsstandards, | |
2. | zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie | |
3. | zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall. |
3Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. 4Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.
(5a) 1Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. 2Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. 3Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. 4Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.
(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.
(7) 1Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 und 4 anzuerkennen. 2Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. 3Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.
(8) 1Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. 2Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. 3Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.
(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.
Fassung aufgrund des Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz) vom 06.05.2019
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
11.05.2019 | Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz) | 06.05.2019 | |
01.01.2019 | Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz) | 11.12.2018 | |
01.01.2017 | Drittes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz) | 23.12.2016 | |
01.01.2017 | Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz) | 21.12.2015 | |
01.01.2016 | Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz) | 21.12.2015 | |
01.01.2015 | Erstes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz) | 17.12.2014 | |
30.10.2012 | Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz) | 23.10.2012 | |
01.07.2008 | Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) | 28.05.2008 | |
01.07.2008 | Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) | 26.03.2007 |
leistung) § 38aZusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen § 39Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson § 39aErgänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen § 40Pflegehilfsmittel und wohnumfeld-
verbessernde Maßnahmen § 40aDigitale Pflegeanwendungen § 40bLeistungsanspruch beim Einsatz digitaler Pflegeanwendungen
Rechtsprechung zu § 37 SGB XI
1.039 Entscheidungen zu § 37 SGB XI in unserer Datenbank:
- LSG Niedersachsen-Bremen, 24.02.2022 - L 12 P 25/20
1. Die Übertragung der den Pflegekassen obliegenden Aufgaben nach dem SGB XI im ...
Zum selben Verfahren:
- BSG - B 3 A 1/22 R (anhängig)
Sind Pflegekassen dazu ermächtigt, die ihnen obliegenden Aufgaben nach dem SGB XI ...
- BSG - B 3 A 1/22 R (anhängig)
- LSG Baden-Württemberg, 17.04.2019 - L 2 SO 4356/18
Sozialhilfe - Bestattungskosten - Unzumutbarkeit der Kostentragung - ...
- BGH, 29.01.2020 - XII ZB 500/19
Zur Frage, ob der Einsatz von angespartem Pflegegeld bei der Bemessung der ...
Zum selben Verfahren:
- OVG Rheinland-Pfalz, 07.11.2019 - 7 A 11144/19
Jugendhilferecht (Hilfe zur Erziehung)
- LSG Baden-Württemberg, 25.03.2022 - L 4 P 4005/18
- BGH, 21.12.2017 - IX ZB 18/17
Insolvenzverfahren. Erhöhung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens bei ...
- SG Landshut, 27.08.2015 - S 11 SO 22/13
Streitigkeiten nach dem SGB XII (Sozialhilfe)
- LSG Bayern, 30.07.2020 - L 4 P 50/19
Kürzung und Entziehung des Pflegegeldes wegen nicht abgerufener ...
Querverweise
Auf § 37 SGB XI verweisen folgende Vorschriften:
- Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI)
- Allgemeine Vorschriften
- Leistungen der Pflegeversicherung
- Gemeinsame Vorschriften
- Leistungen
- Leistungen bei häuslicher Pflege
- Angebote zur Unterstützung im Alltag, Entlastungsbetrag, Förderung der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und des Ehrenamts sowie der Selbsthilfe
- § 45a (Angebote zur Unterstützung im Alltag, Umwandlung des ambulanten Sachleistungsbetrags (Umwandlungsanspruch), Verordnungsermächtigung)
- Beziehungen der Pflegekassen zu den Leistungserbringern
- Beziehungen zu den Pflegeeinrichtungen
- § 72 (Zulassung zur Pflege durch Versorgungsvertrag)
- Datenschutz und Statistik
- Übermittlung von Leistungsdaten, Nutzung der Telematikinfrastruktur
- § 106a (Mitteilungspflichten)
- Qualitätssicherung, Sonstige Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen
- Befristete Modellvorhaben
- § 123 (Durchführung der Modellvorhaben zur kommunalen Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen, Verordnungsermächtigung)
- Überleitungs- und Übergangsrecht
- Regelungen zur Rechtsanwendung im Übergangszeitraum, zur Überleitung in die Pflegegrade, zum Besitzstandsschutz für Leistungen der Pflegeversicherung sowie Übergangsregelungen im Begutachtungsverfahren im Rahmen der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs
- § 141 (Besitzstandsschutz und Übergangsrecht zur sozialen Sicherung von Pflegepersonen)
- Sonstige Überleitungs-, Übergangs- und Besitzstandsschutzregelungen
- § 146 (Übergangs- und Überleitungsregelung zur Beratung nach § 37 Absatz 3)
- Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der pflegerischen Versorgung während der durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Pandemie
- § 148 (Beratungsbesuche nach § 37)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- II. Einkommen
- 2. Steuerfreie Einnahmen
- § 3 [Steuerfreie Einnahmen]
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG)
- Wertermittlung
- § 13 (Steuerbefreiungen)
- Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV)
- Grundsätze und Begriffsbestimmungen
- Einkommen beim Zusammentreffen mit Renten wegen Todes
- § 18a (Art des zu berücksichtigenden Einkommens)
- Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V)
- Finanzierung
- Beiträge
- Beitragspflichtige Einnahmen der Mitglieder
- § 240 (Beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder)
- Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI)
- Versicherter Personenkreis
- Versicherung kraft Gesetzes
- § 3 (Sonstige Versicherte)
- Leistungen
- Finanzierung
- Beiträge und Verfahren
- Beiträge
- Beitragsbemessungsgrundlagen
- § 166 (Beitragspflichtige Einnahmen sonstiger Versicherter)