Jugendgerichtsgesetz
2. Teil - Jugendliche (§§ 3 - 104) |
1. Hauptstück - Verfehlungen Jugendlicher und ihre Folgen (§§ 3 - 32) |
1. Abschnitt - Allgemeine Vorschriften (§§ 3 - 8) |
(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden (§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).
(2) 1Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
1. | der Jugendliche zu einer Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren verurteilt wird wegen oder auch wegen eines Verbrechens | ||
a) | gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder | ||
b) | nach § 251 des Strafgesetzbuches, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255 des Strafgesetzbuches, | ||
durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist, und | |||
2. | die Gesamtwürdigung des Jugendlichen und seiner Tat oder seiner Taten ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Nummer 1 bezeichneten Art begehen wird. |
2Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm Straftaten der in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Art zu erwarten sind; § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. 3Für die Prüfung, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am Ende des Vollzugs der Jugendstrafe auszusetzen ist, und für den Eintritt der Führungsaufsicht gilt § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches entsprechend.
(3) 1Wird neben der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten und hat der Verurteilte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet, so ordnet das Gericht an, dass bereits die Jugendstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist, es sei denn, dass die Resozialisierung des Verurteilten dadurch nicht besser gefördert werden kann. 2Diese Anordnung kann auch nachträglich erfolgen. 3Solange der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung noch nicht angeordnet oder der Gefangene noch nicht in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt worden ist, ist darüber jeweils nach sechs Monaten neu zu entscheiden. 4Für die nachträgliche Anordnung nach Satz 2 ist die Strafvollstreckungskammer zuständig, wenn der Betroffene das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, sonst die für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen nach § 92 Absatz 2 zuständige Jugendkammer. 5Im Übrigen gelten zum Vollzug der Jugendstrafe § 66c Absatz 2 und § 67a Absatz 2 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend.
(4) Ist die wegen einer Tat der in Absatz 2 bezeichneten Art angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht nachträglich die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung anordnen, wenn
1. | die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 des Strafgesetzbuches wegen mehrerer solcher Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 des Strafgesetzbuches führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und | |
2. | die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten der in Absatz 2 bezeichneten Art begehen wird. |
(5) Die regelmäßige Frist zur Prüfung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist (§ 67e des Strafgesetzbuches), beträgt in den Fällen der Absätze 2 und 4 sechs Monate, wenn die untergebrachte Person bei Beginn des Fristlaufs das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 05.12.2012
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
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01.06.2013 | Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung | 05.12.2012 | |
01.01.2011 | Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen | 22.12.2010 | |
12.07.2008 | Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Verurteilungen nach Jugendstrafrecht | 08.07.2008 |
Rechtsprechung zu § 7 JGG
204 Entscheidungen zu § 7 JGG in unserer Datenbank:
- BGH, 12.01.2021 - 4 StR 280/20
BGHR; Maßregeln der Besserung und Sicherung im Jugendstrafrecht (vorbehaltene ...
- BGH, 09.03.2010 - 1 StR 554/09
Nachträgliche Sicherungsverwahrung bei Heranwachsenden (Jugendliche; Altfälle; ...
Zum selben Verfahren:
- BVerfG, 04.12.2008 - 2 BvR 2333/08
- BVerfG, 04.05.2011 - 2 BvR 2365/09
Regelungen zur Sicherungsverwahrung verfassungswidrig
- BVerfG, 19.07.2011 - 2 BvR 1152/10
Gegenstandswertfestsetzung im Verfassungsbeschwerdeverfahren
- EGMR, 02.02.2017 - 10211/12
Sexualstraftäter scheitert mit Beschwerde gegen nachträgliche ...
- EGMR, 04.12.2018 - 10211/12
Sicherungsverwahrung für deutschen Sexualmörder gebilligt
- LG Regensburg, 27.05.2008 - NSV 121 Js 17270/98
Nachträgliche Sicherungsverwahrung bei Verurteilung nach Jugendstrafrecht: ...
- OLG Nürnberg, 16.08.2011 - 2 Ws 365/11
Voraussetzungen der nachträglichen Anordnung der Sicherheitsverwahrung
- OLG Nürnberg, 19.07.2012 - 15 W 1110/12
Unterbringung eines jugendlichen Straftäters nach dem ...
Bekanntmachungen im Bundesgesetzblatt mit Bezug auf § 7 JGG
30.05.2011 | Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zu den §§ 66, 66a, 66b und § 67d in Verbindung mit § 2 des Strafgesetzbuchs sowie den §§ 7 und 106 des Jugendgerichtsgesetzes) | BGBl. I S. 1003 |
Querverweise
Auf § 7 JGG verweisen folgende Vorschriften:
- Jugendgerichtsgesetz (JGG)
- Jugendliche
- 2. Hauptstück - Jugendgerichtsverfassung und Jugendstrafverfahren
- Zuständigkeit
- § 41 (Sachliche Zuständigkeit der Jugendkammer)
- 3. Hauptstück - Vollstreckung und Vollzug
- Vollstreckung
- Verfassung der Vollstreckung und Zuständigkeit
- § 82 (Vollstreckungsleiter)
- 5. Hauptstück - Jugendliche vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind
- § 104 (Verfahren gegen Jugendliche)
- Heranwachsende
- Anwendung des sachlichen Strafrechts
- § 105 (Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende)
- Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr
- § 112a (Anwendung des Jugendstrafrechts)
- Viertes Buch Justizvollzugsgesetzbuch - Jugendstrafvollzug (JVollzGB IV)
- Vorbehaltene Sicherungsverwahrung
- § 88 (Vorbehaltene Sicherungsverwahrung)
Redaktionelle Querverweise zu § 7 JGG:
- Strafgesetzbuch (StGB)
- Allgemeiner Teil
- Rechtsfolgen der Tat
- Maßregeln der Besserung und Sicherung
- Freiheitsentziehende Maßregeln
- § 66b (Nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung) (zu § 7 II, III, IV)