Strafprozeßordnung
1. Buch - Allgemeine Vorschriften (§§ 1 - 150) |
8. Abschnitt - Ermittlungsmaßnahmen (§§ 94 - 111q) |
(1) Für Maßnahmen nach den §§ 98a, 99, 100a bis 100f, 100h, 100i, 110a, 163d bis 163g gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die nachstehenden Regelungen.
(2) 1Entscheidungen und sonstige Unterlagen über Maßnahmen nach den §§ 100b, 100c, 100f, 100h Abs. 1 Nr. 2 und § 110a werden bei der Staatsanwaltschaft verwahrt. 2Zu den Akten sind sie erst zu nehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung nach Absatz 5 erfüllt sind.
(3) 1Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erhoben wurden, sind entsprechend zu kennzeichnen. 2Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrechtzuerhalten.
(4) 1Von den in Absatz 1 genannten Maßnahmen sind im Falle
1. | des § 98a die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden, | ||
2. | des § 99 der Absender und der Adressat der Postsendung, | ||
3. | des § 100a die Beteiligten der überwachten Telekommunikation, | ||
4. | des § 100b die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen, | ||
5. | des § 100c | ||
a) | der Beschuldigte, gegen den sich die Maßnahme richtete, | ||
b) | sonstige überwachte Personen, | ||
c) | Personen, die die überwachte Wohnung zur Zeit der Durchführung der Maßnahme innehatten oder bewohnten, | ||
6. | des § 100f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen, | ||
7. | des § 100h Abs. 1 die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen, | ||
8. | des § 100i die Zielperson, | ||
9. | des § 110a | ||
a) | die Zielperson, | ||
b) | die erheblich mitbetroffenen Personen, | ||
c) | die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat, | ||
10. | des § 163d die betroffenen Personen, gegen die nach Auswertung der Daten weitere Ermittlungen geführt wurden, | ||
11. | des § 163e die Zielperson und die Person, deren personenbezogene Daten gemeldet worden sind, | ||
12. | des § 163f die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen, | ||
13. | des § 163g die Zielperson |
zu benachrichtigen. 2Dabei ist auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes nach Absatz 7 und die dafür vorgesehene Frist hinzuweisen. 3Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. 4Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nummer 2 und 3 bezeichneten Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat. 5Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.
(5) 1Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und der persönlichen Freiheit einer Person und von bedeutenden Vermögenswerten, im Fall des § 110a auch der Möglichkeit der weiteren Verwendung des Verdeckten Ermittlers möglich ist. 2Wird die Benachrichtigung nach Satz 1 zurückgestellt, sind die Gründe aktenkundig zu machen.
(6) 1Erfolgt die nach Absatz 5 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedürfen weitere Zurückstellungen der gerichtlichen Zustimmung. 2Das Gericht bestimmt die Dauer weiterer Zurückstellungen. 3Es kann dem endgültigen Absehen von der Benachrichtigung zustimmen, wenn die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden. 4Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden, so beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme. 5Bei Maßnahmen nach den §§ 100b und 100c beträgt die in Satz 1 genannte Frist sechs Monate.
(7) 1Gerichtliche Entscheidungen nach Absatz 6 trifft das für die Anordnung der Maßnahme zuständige Gericht, im Übrigen das Gericht am Sitz der zuständigen Staatsanwaltschaft. 2Die in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen können bei dem nach Satz 1 zuständigen Gericht auch nach Beendigung der Maßnahme bis zu zwei Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragen. 3Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. 4Ist die öffentliche Klage erhoben und der Angeklagte benachrichtigt worden, entscheidet über den Antrag das mit der Sache befasste Gericht in der das Verfahren abschließenden Entscheidung.
(8) 1Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung und für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen. 2Die Löschung ist aktenkundig zu machen. 3Soweit die Löschung lediglich für eine etwaige gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zurückgestellt ist, dürfen die Daten ohne Einwilligung der betroffenen Personen nur zu diesem Zweck verwendet werden; ihre Verarbeitung ist entsprechend einzuschränken.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.06.2021
Inkrafttreten | Änderungsgesetz | Ausfertigung | Fundstelle |
---|---|---|---|
01.07.2021 | Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften | 25.06.2021 | |
26.11.2019 | Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 | 20.11.2019 | |
24.08.2017 | Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens | 17.08.2017 | |
18.12.2015 | Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten | 10.12.2015 | |
01.01.2008 | Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG | 21.12.2007 | |
01.07.2005 | Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) | 24.06.2005 | |
01.01.2002 | Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung | 20.12.2001 |
überwachung § 100bOnline-Durchsuchung § 100cAkustische Wohnraumüberwachung § 100dKernbereich privater Lebensgestaltung; Zeugnisverweigerungs-
berechtigte § 100eVerfahren bei Maßnahmen nach den §§ 100a bis 100c § 100fAkustische Überwachung außerhalb von Wohnraum § 100gErhebung von Verkehrsdaten § 100hWeitere Maßnahmen außerhalb von Wohnraum § 100iTechnische Ermittlungsmaßnahmen bei Mobilfunkendgeräten § 100jBestandsdaten-
auskunft § 100kErhebung von Nutzungsdaten bei Telemediendiensten § 101Verfahrensregelungen bei verdeckten Maßnahmen § 101aGerichtliche Entscheidung; Datenkennzeichnung und -
auswertung; Benachrichtigungs-
pflichten bei Verkehrs-
und Nutzungsdaten § 101bStatistische Erfassung; Berichtspflichten § 102Durchsuchung bei Beschuldigten § 103Durchsuchung bei anderen Personen § 104Durchsuchung von Räumen zur Nachtzeit § 105Verfahren bei der Durchsuchung § 106Hinzuziehung des Inhabers eines Durchsuchungsobjekts § 107Durchsuchungs-
bescheinigung; Beschlagnahme-
verzeichnis § 108Beschlagnahme anderer Gegenstände § 109Kenntlichmachung beschlagnahmter Gegenstände § 110Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien § 110aVerdeckter Ermittler § 110bVerfahren beim Einsatz eines Verdeckten Ermittlers § 110cBefugnisse des Verdeckten Ermittlers § 110dBesonderes Verfahren bei Einsätzen zur Ermittlung von Straftaten nach den §§ 176e und 184b des Strafgesetzbuches § 110e(weggefallen) § 111Errichtung von Kontrollstellen an öffentlich zugänglichen Orten § 111aVorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis § 111bBeschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung § 111cVollziehung der Beschlagnahme § 111dWirkung der Vollziehung der Beschlagnahme; Rückgabe beweglicher Sachen § 111eVermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung § 111fVollziehung des Vermögensarrestes § 111gAufhebung der Vollziehung des Vermögensarrestes § 111hWirkung der Vollziehung des Vermögensarrestes § 111iInsolvenzverfahren § 111jVerfahren bei der Anordnung der Beschlagnahme und des Vermögensarrestes § 111kVerfahren bei der Vollziehung der Beschlagnahme und des Vermögensarrestes § 111lMitteilungen § 111mVerwaltung beschlagnahmter oder gepfändeter Gegenstände § 111nHerausgabe beweglicher Sachen § 111oVerfahren bei der Herausgabe § 111pNotveräußerung § 111qBeschlagnahme von Verkörperungen eines Inhalts und Vorrichtungen
Rechtsprechung zu § 101 StPO
177 Entscheidungen zu § 101 StPO in unserer Datenbank:
- BVerwG, 10.06.2020 - 6 AV 7.19
Anfangsverdacht; Anordnung; Anordnungsbeschluss; Auffindeerwartung; ...
- BVerfG, 21.03.2023 - 2 BvR 626/20
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Telekommunikationsüberwachung bei ...
- BVerfG, 12.10.2011 - 2 BvR 236/08
TKÜ-Neuregelung
Zum selben Verfahren:
- BVerfG, 15.10.2008 - 2 BvR 236/08
(Erfolgloser) Antrag auf Einstweilige Anordnung gegen Art. 1 des Gesetzes zur ...
- BVerfG, 15.10.2008 - 2 BvR 236/08
- BGH, Ermittlungsrichter, 16.05.2013 - 2 BGs 147/13
Rechtmäßigkeit der Telekommunikationsüberwachung (keine Erforderlichkeit einer ...
Zum selben Verfahren:
- BGH, 18.02.2014 - StB 8/13
Verwendungsverbot für Erkenntnisse aus Verteidigerkommunikation (Erstreckung auf ...
- BGH, 18.02.2014 - StB 8/13
- BGH, 26.01.2017 - StB 26/14
Nachträglicher Rechtsschutz gegen erledigte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen ...
- BGH, 22.09.2009 - StB 28/09
Akteneinsicht in Ermittlungsakten des Generalbundesanwalts durch Drittbetroffenen ...
- BVerwG, 10.06.2020 - 6 AV 1.19
Postbeschlagnahme zum Zwecke der Ermittlung im Vereinsverbotsverfahren und zur ...
- BVerwG, 10.06.2020 - 6 AV 3.19
Streit um die Durchführung einer Postbeschlagnahme im Zusammenhang mit dem Verbot ...
Bekanntmachungen im Bundesgesetzblatt mit Bezug auf § 101 StPO
19.03.2004 | Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zu § 100c Abs. 1 Nr. 3, § 100d Abs. 3, § 100d Abs. 5 Satz 2, § 100f Abs. 1, § 101 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 101 Abs. 1 Satz 3, § 100d Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 100b Abs. 6 der Strafprozessordnung) | BGBl. I S. 470 |
Querverweise
Auf § 101 StPO verweisen folgende Vorschriften:
- Strafprozeßordnung (StPO)
- Allgemeine Vorschriften
- Zeugen
- § 58a (Aufzeichnung der Vernehmung in Bild und Ton)
- Rechtsmittel
- Beschwerde
- § 304 (Zulässigkeit)
- Besondere Arten des Verfahrens
- Verfahren bei Einziehung und Vermögensbeschlagnahme
- § 435 (Selbständiges Einziehungsverfahren)
- Vereinsgesetz (VereinsG)
- Verbot von Vereinen
- § 4 (Ermittlungen)
- Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens verbotener Vereine
- § 10 (Vermögensbeschlagnahme)
- Börsengesetz (BörsG)
- Allgemeine Bestimmungen über die Börsen und ihre Organe
- § 3 (Aufgaben und Befugnisse der Börsenaufsichtsbehörde)
Redaktionelle Querverweise zu § 101 StPO:
- Grundgesetz (GG)
- I. Die Grundrechte
- Art. 19 IV